Entscheidungsstichwort (Thema)
Unlautere Machenschaften. Inanspruchnahme nach dem Aufbaugesetz. Abriss. baufällige Gebäude. fehlende Neubebauungsabsicht. Grundstück unter staatlicher Verwaltung
Leitsatz (amtlich)
Die Enteignung eines Grundstücks nach dem Aufbaugesetz der DDR zum Zweck des Abrisses von Gebäuden stellt keine unlautere Machenschaft dar, wenn die Gebäude der beabsichtigten Nutzung des Grundstücks (hier: Materialfreilager für Gewerbebetrieb) entgegenstanden und die sonstigen Enteignungsvorschriften eingehalten wurden.
Normenkette
VermG § 1 Abs. 3
Verfahrensgang
VG Berlin (Urteil vom 30.03.2006; Aktenzeichen 29 A 55.00) |
Tenor
Die Revision der Klägerin gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts Berlin vom 30. März 2006 wird zurückgewiesen.
Die Klägerin trägt die Kosten des Revisionsverfahrens mit Ausnahme der außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen, die diese selbst trägt.
Tatbestand
I
Die Klägerin begehrt die Rückübertragung des 793 m(2) großen in B… gelegenen Grundstücks D…straße 29, eingetragen im Grundbuch von K… Band … Blatt … N…, Flur … Flurstück … Sie war seit 1978 durch Erbfolge nach ihrer Mutter Eigentümerin des Grundstücks.
Das Grundstück wurde am 7. November 1952 nach § 2 der Verordnung zur Sicherung von Vermögenswerten vom 4. September 1952 in staatliche Verwaltung genommen. Es war nach Kriegsende unbebaut und wurde gewerblich genutzt. Im vorderen Grundstücksteil errichtete ein Ofenbaumeister aufgrund einer Baugenehmigung vom 25. Oktober 1954 einen Lager- und Abstellschuppen, im hinteren Grundstücksteil ein Tischlermeister aufgrund einer Baugenehmigung vom 5. März 1954 eine L-förmige Werkstatt. Beide Gebäude waren nicht unterkellert und eingeschossig ausgeführt. Das vordere Gebäude war seit den 70er Jahren baufällig. Nach dem Tod des Tischlermeisters ca. 1971 wurde das von ihm errichtete Gebäude von der PGH Polstermöbel bis Anfang 1980 genutzt. Später nutzte der VEB Rohrmontagen das Grundstück aufgrund eines Nutzungsvertrages mit dem staatlichen Verwalter.
Mit Schreiben vom 5. Juni 1981 bat der VEB Rohrmontagen um die Einleitung eines Inanspruchnahmeverfahrens. Das “Gelände einschließlich bauaufsichtlich gesperrter und einsturzgefährdeter Räume” müsse zur Herstellung ordnungsgemäßer Zustände durch den VEB geräumt werden, bevor es als Materialfreilager genutzt werden könne. Mit Schreiben vom 28. September 1981 an den Rat des Stadtbezirks teilte der staatliche Verwalter mit, dass die staatliche Bauaufsicht die Bauzustandsstufe 4 für die Gebäude bestätigt und die Abrissgenehmigung erteilt habe. Seit Januar 1980 würden keine Einnahmen mehr erzielt, da das Grundstück unbenutzbar sei. Aus der Verwaltung stünden 5 000 M für den Abriss zur Verfügung.
Ein Wertgutachten des Magistrats von Berlin vom 7. März 1983 stellte den Zeitwert des Grundstücks mit 6 809 M fest. Mit Schreiben vom 22. März 1983 beantragte der Rat des Stadtbezirks beim Magistrat von Berlin die Inanspruchnahme des Grundstücks zum Zweck des Abrisses “lt. Beauflagung”. Am 22. April 1983 wurde das Grundstück im Register der Aufbaugebiete eingetragen. Mit Inanspruchnahmebescheid vom 14. Juni 1983 überführte der Magistrat von Berlin, Abteilung Finanzen, das Grundstück mit Wirkung zum 1. Mai 1983 in das Eigentum des Volkes. Zum Rechtsträger wurde der VEB KWV Berlin-Köpenick bestellt. Das Eigentum des Volkes wurde am 11. April 1984 im Grundbuch eingetragen.
Am 24. April 1984 schlossen der VEB KWV und der VEB Rohrmontagen einen Vertrag über den Wechsel der Rechtsträgerschaft an den VEB Rohrmontagen Berlin. Ausweislich eines Schreibens vom 12. Juli 1984 der KWV seien die Kosten der Abrissmaßnahmen – die allein für das Werkstattgebäude mit 15 bis 20 TM veranschlagt waren – nun durch den VEB Rohrmontagen zu tragen. 1984 wurden die Gebäude auf dem Grundstück abgerissen.
Mit Schreiben vom 1. Oktober 1990 beantragte die Klägerin die Rückübertragung des Eigentums an dem streitgegenständlichen Grundstück. Mit Bescheid vom 26. März 1997 lehnte das Amt zur Regelung offener Vermögensfragen Köpenick-Treptow den Antrag mit der Begründung ab, es handele sich weder um eine entschädigungslose oder um eine Enteignung gegen zu geringe Entschädigung noch hätten unlautere Machenschaften vorgelegen. Der dagegen gerichtete Widerspruch der Klägerin wurde mit Widerspruchsbescheid vom 3. März 2000 zurückgewiesen.
Zur Begründung ihrer Klage hat die Klägerin insbesondere vorgetragen, dass sich ein Werkstattgebäude auf der D…straße 30 in einem schlechten Bauzustand befunden habe. Es habe eine bewusste Vermengung der D…straße 29 mit dem Nachbargrundstück unter Mitwirkung staatlicher Stellen gegeben, um sich der D…straße 29 zu bemächtigen. Unlautere Machenschaften ergäben sich auch aus der Bewertung der Grundmittel und der Berechnung der Entschädigung allein auf der Grundlage des Bodenwertes.
Mit Urteil vom 30. März 2006 hat das Verwaltungsgericht nach Beweiserhebung über die Umstände des Abrisses durch Vernehmung eines Zeugen die Klage abgewiesen. Das Grundstück sei nicht von einer schädigenden Maßnahme i.S.d. § 1 VermG betroffen gewesen. Es sei nicht entschädigungslos oder gegen eine geringere Entschädigung enteignet worden, als sie Bürgern der früheren DDR zugestanden hätte. Denn es sei eine Entschädigung nach dem Entschädigungsgesetz festgesetzt und an das Amt für Rechtsschutz der DDR überwiesen worden. Generell diskriminierende Entschädigungsregelungen seien nicht angewendet worden. Das Grundstück sei auch nicht aufgrund unlauterer Machenschaften erworben worden. Der Abriss von Gebäuden rechtfertige die Inanspruchnahme des Grundstücks, unabhängig von der Baufälligkeit eines Gebäudes (§ 1 der Zweiten Durchführungsbestimmung zum Aufbaugesetz). Der Abriss sei durchgeführt worden, um die Nutzung des Grundstücks als Lagerfläche für den VEB Rohrmontagen zu ermöglichen. Auch die sonstigen Voraussetzungen der Enteignung nach dem Aufbaugesetz hätten zweifelsfrei vorgelegen. Das Grundstück sei in das Register der Aufbaugebiete eingetragen worden. Andere Maßnahmen zur Sicherung des Abrisses seien nicht zweckmäßig gewesen, insbesondere habe die Maßnahme nicht aus grundstückseigenen Mitteln finanziert werden können. Die veranschlagten Abrisskosten hätten die auf dem Grundstückskonto ausgewiesenen Mittel wesentlich überschritten. Da der Bodenwert des Grundstücks ebenfalls erheblich unter den Abrisskosten gelegen habe, sei auch eine Finanzierung mittels Aufbauhypotheken nicht in Betracht gekommen. Nach den maßgeblichen Regelungen der DDR sei es nicht erforderlich gewesen, dass ein erheblicher oder zumindest beachtlicher Neubau mit dem Abriss verbunden werde. Auch der Umstand, dass die später aufgrund ihrer Baufälligkeit die Inanspruchnahme erfordernden Gebäude erst nach Beginn der staatlichen Verwaltung errichtet worden seien, begründe keine unlautere Machenschaft. Die Verpachtung bzw. die Genehmigung der Errichtung von Gebäuden durch den staatlichen Verwalter in den 50er Jahren sei offenkundig nicht mit dem Ziel erfolgt, das Grundstück in den 80er Jahren in Anspruch zu nehmen.
Die Klägerin hat die vom Verwaltungsgericht zugelassene Revision eingelegt. Sie rügt eine Verletzung des § 1 Abs. 3 VermG.
Die Klägerin beantragt,
unter Abänderung des Urteils des Verwaltungsgerichts Berlin vom 30. März 2006 und unter Aufhebung des Bescheides des Amtes zur Regelung offener Vermögensfragen Köpenick-Treptow vom 26. März 1997 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides des Landesamtes zur Regelung offener Vermögensfragen vom 3. März 2000 den Beklagten zu verpflichten, der Klägerin das Eigentum an dem Grundstück D…straße 29 (Grundbuch von K… Band …, Blatt … N…, Flur …, Flurstück …) mit einer Größe von 793 m(2) zurückzuübertragen.
Der Beklagte beantragt,
die Revision zurückzuweisen.
Die Beigeladene stellt keinen Antrag. Beklagter und Beigeladene verteidigen das angefochtene Urteil.
Entscheidungsgründe
II
Die Revision der Klägerin ist unbegründet. Das angefochtene Urteil beruht nicht auf der Verletzung von Bundesrecht. Das streitgegenständliche Grundstück unterlag keiner schädigenden Maßnahme i.S.d. § 1 VermG.
Da es sich um eine Enteignung nach den Vorschriften des Aufbaugesetzes handelte, für die eine Entschädigung festzusetzen war und auch festgesetzt worden ist, scheidet der Schädigungstatbestand des § 1 Abs. 1 Buchst. a VermG von vornherein aus (grundlegend Urteil vom 24. März 1994 – BVerwG 7 C 16.93 – BVerwGE 95, 284 = Buchholz 428 § 1 VermG Nr. 19; s.a. Urteil vom 28. Oktober 1999 – BVerwG 7 C 38.98 – Buchholz 428 § 1 Abs. 3 VermG Nr. 6).
Auch der Schädigungstatbestand des § 1 Abs. 1 Buchst. b VermG ist nicht einschlägig. Nach den von der Revision nicht angegriffenen tatsächlichen Feststellungen des Verwaltungsgerichts war die Höhe der Entschädigung nicht zu beanstanden. Es ist auch nicht ersichtlich, dass die Berechnung unter Anwendung diskriminierender Vorschriften erfolgte.
Ohne Rechtsfehler ist das Verwaltungsgericht davon ausgegangen, dass die Enteignung des Grundstücks der Klägerin nicht auf unlauteren Machenschaften i.S.d. § 1 Abs. 3 VermG beruhte. Nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts (grundlegend Urteil vom 27. Juli 1995 – BVerwG 7 C 12.94 – BVerwGE 99, 82 = Buchholz 428 § 1 VermG Nr. 49) betrifft der Schädigungstatbestand des § 1 Abs. 3 VermG Vorgänge, bei denen im Einzelfall in manipulativer, sittlich vorwerfbarer Weise unter Verstoß gegen die Rechtsordnung der DDR auf bestimmte Vermögenswerte zugegriffen wurde. Ein derartiges qualifiziertes Einzelfallunrecht liegt deshalb nicht vor, wenn bei dem Erwerbsvorgang – gemessen an den in der DDR gültigen Rechtsvorstellungen und den sie tragenden ideologischen Grundsätzen – “alles mit rechten Dingen zugegangen” ist.
Die zum Vermögensverlust führende unlautere Machenschaft ist nicht auf bestimmte Handlungsformen und Erwerbsvorgänge beschränkt. Erfasst wird vielmehr grundsätzlich jede Art des Rechtserwerbs. So können nicht nur rechtsgeschäftliche Vorgänge, sondern auch hoheitliche Erwerbsakte in Form willkürlicher Enteignungen den Tatbestand des § 1 Abs. 3 VermG erfüllen.
Enteignungen hat das Bundesverwaltungsgericht insbesondere dann als willkürlich oder manipulativ beurteilt und diesem Schädigungstatbestand zugeordnet, wenn ein den gesetzlichen Bestimmungen grundsätzlich entsprechendes Vorhaben als Enteignungszweck nur vorgeschoben wurde, um in Wahrheit zu ganz anderen Zwecken das Eigentum an dem Vermögenswert zu erlangen, oder wenn der wahrheitsgemäß angegebene Grund der Inanspruchnahme offenkundig von keiner Rechtsgrundlage gedeckt sein konnte (Urteil vom 3. September 1998 – BVerwG 7 C 26.97 – Buchholz 428 § 1 VermG Nr. 160 m.w.N.). Die einfache Rechtswidrigkeit eines Enteignungsakts unterhalb der Schwelle der Willkürlichkeit reicht demgemäß für die Annahme einer unlauteren Machenschaft nicht aus; denn die Vorschrift des § 1 Abs. 3 VermG will keinen Anspruch auf Rückübertragung von Vermögenswerten allein deswegen gewähren, weil bei einer vermögensentziehenden Maßnahme Regelungen des DDR-Rechts nicht beachtet worden sind (Urteil vom 26. Juni 1997 – BVerwG 7 C 25.96 – Buchholz 428 § 1 VermG Nr. 113 m.w.N.).
Bei Anwendung dieser Grundsätze ergibt sich, dass eine unlautere Machenschaft nicht vorliegt. Dem nach der Eintragung im Register der Aufbaugebiete vom Magistrat von Berlin erlassenen Inanspruchnahmebescheid vom 14. Juni 1983 lag als Zweck der Inanspruchnahme der Abriss der auf dem Grundstück befindlichen Gebäude zugrunde, um eine Nutzung des Grundstücks als Materialfreilager für den VEB Rohrmontagen zu ermöglichen. Es gibt keinerlei Anhaltspunkte dafür, dass dieser Enteignungszweck nur vorgeschoben gewesen wäre. Im Gegenteil ist unstreitig, dass die Gebäude 1984 abgerissen wurden und dass der VEB Rohrmontagen das Grundstück als Lagerfläche genutzt hat.
Ebenso wenig ist die Enteignung wegen offenkundigen Fehlens einer Rechtsgrundlage im Aufbaugesetz willkürlich gewesen. Die Enteignung zum Zweck des Abrisses von Gebäuden wurde durch § 1 Abs. 1 2. Spiegelstrich und § 3 der Zweiten Durchführungsbestimmung zum Aufbaugesetz vom 29. September 1972 (GBl DDR II S. 641) ausdrücklich gestattet. Die erforderliche vorangegangene Erklärung zum Aufbaugebiet war hier erfolgt. Sie bewirkte nach § 14 Abs. 2 Aufbaugesetz, dass in diesem Gebiet eine Inanspruchnahme von bebauten und unbebauten Grundstücken “für den Aufbau” erfolgen durfte. Der Begriff “für den Aufbau” wurde durch die Zweite Durchführungsbestimmung zum Aufbaugesetz präzisiert, wie sich dies bereits aus der Einleitung der Bestimmung ergibt: “Zu § 14 des Aufbaugesetzes” (vgl. Beschluss vom 11. Juli 2005 – BVerwG 8 B 31.05 – Buchholz 428 § 1 Abs. 3 VermG Nr. 39). Die Erklärung zum Aufbaugebiet und die anschließende Inanspruchnahme von Grundstücken waren nicht nur ein Instrument für den großflächigen städtebaulichen Wiederaufbau oder Neubau, sondern auch für die Durchführung kleinerer Maßnahmen, nämlich u.a. für die Sicherung der Instandsetzung, der Modernisierung, des Um- und Ausbaus sowie des Abrisses von Gebäuden. Ob zu den zulässigen Aufbaumaßnahmen auch betriebliche Investitionsvorhaben – hier Abriss der vorhandenen Gebäude ohne Neubebauungsabsicht, um eine Nutzung als Lagerplatz zu ermöglichen – zählten, ist nach dem in der DDR maßgebenden Rechtsverständnis und nicht nach den in der Bundesrepublik Deutschland geläufigen Vorstellung über den Gegenstand städtebaulicher Enteignungen zu beurteilen (Urteil vom 28. Juli 1994 – BVerwG 7 C 41.93 – Buchholz 428 § 1 VermG Nr. 28).
Sowohl nach dem Wortlaut der Zweiten Durchführungsbestimmung zum Aufbaugesetz als auch nach dem Rechtsverständnis der DDR war zur Durchsetzung der dem Aufbaugesetz zugrundeliegenden Zielvorstellung auch der Abriss von Gebäuden ohne Neubebauungsabsicht zulässig (s. dazu bereits Beschluss vom 10. Mai 1999 – BVerwG 7 B 300.98 – juris). Die mit der Zweiten Durchführungsbestimmung zum Aufbaugesetz geschaffene Möglichkeit, Grundstücke auch zum Zweck des Abrisses von Gebäuden in Anspruch zu nehmen, sollte die Grundsätze des sozialistischen Städtebaus u.a. mit dem Ziel durchsetzen, die für die Entwicklung der Volkswirtschaft erforderlichen Bedingungen zu schaffen (Bodenrecht, Lehrbuch, 1976, hrsg. im Staatsverlag der DDR durch ein Autorenkollektiv unter Leitung von Rohde, S. 520). Hier sollte die – volkswirtschaftlich gewünschte – Nutzung als Materialfreilager für den VEB Rohrmontagen ermöglicht werden. Nach den – nicht mit Verfahrensrügen angegriffenen – Feststellungen des Verwaltungsgerichts lag ein Rückbau zugunsten von Freiflächen, die als Lagerflächen genutzt werden sollen, im Rahmen der Zielvorstellungen des Aufbaugesetzes (UA S. 9).
Nach dem Rechtsverständnis der DDR war es irrelevant, ob die abzureißenden Gebäude vor oder nach der Übernahme des Grundstücks in staatliche Verwaltung errichtet worden waren. Das Aufbaugesetz und die Zweite Durchführungsbestimmung zu dem Gesetz stellten nicht darauf ab, wer die Gebäude errichtet hat oder unter welcher Verantwortung die Errichtung erfolgt war. Auch kann nicht von einem gleichsam selbst geschaffenen Enteignungszweck gesprochen werden, da bei der Errichtung der Gebäude – zumal durch private Pächter – in den Jahren 1954 und 1955 die spätere Inanspruchnahme im Jahr 1983 nicht im Blickfeld war.
Die Revision unterstellt bundesdeutsche Maßstäbe und nicht das Rechtsverständnis der DDR, wenn sie meint, dass die Enteignung des Grundstücks nur gerechtfertigt gewesen wäre, wenn sie notwendig gewesen wäre, um die künftige Nutzung als Materialfreilager für den VEB Rohrmontagen zu ermöglichen. § 3 der Zweiten Durchführungsbestimmung zum Aufbaugesetz ließ die Inanspruchnahme nicht nur dann zu, wenn sie erforderlich war um den beabsichtigten Abriss zu sichern, sondern bereits dann, wenn sich andere Maßnahmen für die Sicherung des Abrisses nicht als zweckmäßig erwiesen. Das war hier der Fall.
Die Gebäude waren mit ihrer Errichtung in das Eigentum der Mutter der Klägerin, später der Klägerin selbst gelangt. § 95 BGB greift nicht ein. Der Pachtvertrag des Ofenbauers, der noch mit der Mutter der Klägerin abgeschlossen worden war, und der Vertrag des Tischlers, die ihnen das Recht gaben, das Grundstück zu bebauen, waren spätestens seit Januar 1980 beendet. Ein zivilrechtlicher Beseitigungsanspruch ist insoweit nicht ersichtlich. An seiner Durchsetzbarkeit wären zudem erhebliche Zweifel angebracht. Dem staatlichen Verwalter fehlte das Geld für einen Abriss, da das Grundstückskonto nur einen Betrag von 6 750,40 M aufwies. Ein Kredit war nicht gewährt worden. Es liegt auch fern anzunehmen, dass die Klägerin im Jahr 1983 zur Vermeidung der Enteignung bereit gewesen wäre, geschätzte 63 000 M für den Abriss aufzuwenden. Der VEB Rohrmontagen war dazu zwar finanziell in der Lage, hielt sich aber, wie aus der in den Akten befindlichen Korrespondenz hervorgeht, als Organ der staatlichen Planwirtschaft nicht für berechtigt, in ein im Privateigentum stehendes Grundstück zu investieren und es als Produktionsmittel betriebsfertig zu stellen. Es entsprach den Gepflogenheiten der DDR, dass ein neuer Nutzer nur in ein Grundstück investierte, wenn es vorher in Volkseigentum überführt war. Anhaltspunkte für ein manipulatives Verhalten bestehen insoweit nicht.
Die Kostenentscheidung ergibt sich aus § 154 Abs. 2, § 162 Abs. 3 VwGO.
Unterschriften
Gödel, Dr. von Heimburg, Neumann, Guttenberger
Ri'inBVerwG Dr. Hauser ist wegen Urlaubs verhindert zu unterschreiben.
Gödel
Fundstellen