Entscheidungsstichwort (Thema)
Flugsicherungs-An- und Abflug-Gebühren-Verordnung. Luftverkehrsrecht. Luftfahrzeuge. zulässige Starthöchstmasse. Gebühren. Flugsicherung. Organisationsprivatisierung. Fluglotsendienste. Sichtflug – Instrumentenflug. Äquivalenzprinzip. Gleichheitssatz. Willkürverbot
Leitsatz (amtlich)
- Die Erhebung von Flugsicherungs-An- und Abflug-Gebühren nach der Gebührenverordnung vom 28. September 1989 (BGBl I S. 1809) – FlusAAGV – verstößt nicht gegen Bundesrecht.
- Die Gebührenbemessungsformel des § 2 Abs. 1 FlusAAGV ist nicht deshalb rechtswidrig, weil sie in dem hier streitigen Erhebungszeitraum (August 1990) nicht zwischen Sicht- und Instrumentenflug unterschieden hat.
Normenkette
GG Art. 87d Abs. 1; LuftVG § 32 Abs. 1 S. 1 Nr. 14; FlusAAGV § 2 Abs. 1, §§ 5-6
Verfahrensgang
Hessischer VGH (Urteil vom 06.07.1995; Aktenzeichen 5 UE 2872/93) |
VG Frankfurt am Main (Urteil vom 18.08.1993; Aktenzeichen III/1 E 891/91) |
Tenor
Die Revision des Klägers gegen das Urteil des Hessischen Verwaltungsgerichtshofs vom 6. Juli 1995 wird zurückgewiesen.
Der Kläger trägt die Kosten des Revisionsverfahrens.
Tatbestand
I.
Die Beteiligten streiten über die Rechtmäßigkeit der Erhebung von Flugsicherungs-An- und Abflug-Gebühren für den Monat August 1990.
Der Kläger ist Eigentümer und Halter eines Flugzeuges mit einem Gewicht von 2 346 kg. Mit Bescheid vom 25. September 1990 setzte die Bundesanstalt für Flugsicherung für den Monat August 1990 bei drei Starts des Klägers vom Flughafen Düsseldorf Gebühren in Höhe von insgesamt 126 DM fest. Hiergegen erhob der Kläger Widerspruch, mit dem er unter Hinweis auf ein in seinem Auftrag erstelltes Sachverständigengutachten die Zulässigkeit der Gebührenerhebung dem Grunde nach verneinte. Diesen Widerspruch wies die Bundesanstalt für Flugsicherung mit Widerspruchsbescheid vom 28. März 1991 als unbegründet zurück.
Der vom Kläger erhobenen Klage gab das Verwaltungsgericht im wesentlichen mit der Begründung statt, die Flugsicherungs-An- und Abflug-Gebührenverordnung vom 28. September 1989 (BGBl I S. 1809), auf die der Gebührenbescheid gestützt worden sei, verstoße gegen das Äquivalenzprinzip und sei nichtig, soweit sie bei der Gebührenbemessung für Luftfahrzeuge mit einer zulässigen Starthöchstmasse über 2 000 kg nicht zwischen Sicht- und Instrumentenflug unterscheide.
Auf die Berufung der Beklagten hat der Verwaltungsgerichtshof das Urteil des Verwaltungsgerichts geändert und die Klage abgewiesen. In der Begründung der Entscheidung ist im wesentlichen ausgeführt: Die angefochtenen Bescheide seien rechtmäßig. Der Gebührenbescheid sei nicht von der zwischenstaatlichen Einrichtung EUROCONTROL, sondern von der Bundesanstalt für Flugsicherung (BFS) erlassen worden, was sich bereits aus der äußeren Form des Bescheides ergebe. Zwar berechne EUROCONTROL aufgrund der von der BFS übermittelten Daten die Gebühren und versende die Bescheide; Anhaltspunkte für ihre Zuordnung zu EUROCONTROL seien aber nicht gegeben. Ermächtigungsgrundlage für den hier streitigen Gebührenbescheid sei die Flugsicherungs-An- und Abflug-Gebühren-Verordnung vom 28. September 1989 (BGBl I S. 1809) – FlusAAGV –; diese sei von § 32 Abs. 1 Satz 1 Nr. 14 und Satz 4 i.V.m. Satz 1 Nr. 13 Sätze 2 bis 4 LuftVG in der Fassung der Bekanntmachung vom 14. Januar 1981 (BGBl I S. 61), geändert durch Art. 4 des Gesetzes vom 2. Februar 1984 (BGBl II S. 69), gedeckt. Mit den genannten Vorschriften habe sich der Gesetz- und Verordnungsgeber im Rahmen des Grundgesetzes gehalten. Die Gesetzgebungskompetenz des Bundes nach Art. 73 Nr. 6 GG erstrecke sich nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts (BVerwGE 95,188) auch auf die hier streitige Gebührenerhebung. Diese halte sich im Rahmen der Finanzverfassungsvorschriften der Art. 105 ff. GG; sie sei keine verdeckte Steuer. § 32 Abs. 1 Satz 1 Nr. 14 LuftVG entspreche ferner den Anforderungen des Art. 80 Abs. 1 Satz 2 GG. Die Gebührenerhebung verstoße weder gegen das Äquivalenzprinzip noch gegen das allgemeine Gleichbehandlungsgebot. Art. 3 Abs. 1 GG verbiete nicht die Gebührenerhebung von Personen, die aus Sicherheitsgründen Leistungen der Flugsicherung in Anspruch nähmen. Auch die Gebührenberechnungsformel des § 2 Abs. 1 FlusAAGV sei rechtmäßig. Der Verordnungsgeber habe, soweit erkennbar, bei der Kalkulation der umzulegenden Kosten keine nichtumlagefähigen Kosten in Ansatz gebracht; es seien keine Flugsicherungskosten für von der Gebührenpflicht befreite Flugzeuge einbezogen worden. Die Berücksichtigung der zulässigen Starthöchstmasse für die Bemessung der Höhe der Gebühren sei zulässig. Bedeutung und wirtschaftlicher Nutzen seien für den Halter von Luftfahrzeugen mit größeren zulässigen Starthöchstmassen offensichtlich größer als bei kleineren Flugzeugen. Ob es sich bei der vom Verordnungsgeber gewählten Wurzelformel des § 2 Abs. 1 FlusAAGV um den sachdienlichsten oder wirklichkeitsnächsten Maßstab handele, habe das Gericht nicht zu beurteilen. Eine fast 14fach höhere Gebühr für ein Luftfahrzeug mit einer zulässigen Starthöchstmasse von 362,9 t (Boeing 747) berücksichtige im Verhältnis zu einem Flugzeug mit einer zulässigen Starthöchstmasse von knapp über 2 t den unterschiedlichen wirtschaftlichen Nutzen und die Bedeutung für die jeweiligen Halter der Luftahrzeuge ausreichend. Entgegen der Auffassung des Verwaltungsgerichts sei die Gebürenerhebung nicht deshalb rechtswidrig, weil für Luftfahrzeuge von mehr als 2 000 kg zulässiger Starthöchstmasse im streitigen Erhebungszeitraum nicht zwischen Sicht- und Instrumentenflügen unterschieden worden sei. Die eigentlichen Kosten bestünden in der Bereithaltung der Flugsicherung. Deren Leistungen im An- und Abflugbereich (Turm- und Radarkontrolle) bestünden grundsätzulich in gleichem Umfang für Sicht- und Instrumentenflüge. Unterschiede zwischen ihnen bestünden nur darin, in welchem Umfange die Flugsicherung im konkreten Fall jeweils Dienstleistungen erbringen müsse. Auch Sichtflüge erhielten unter bestimmten Umständen durch die Anflugkontrolle – etwa bei besonderen Verkehrsverhältnissen, Nachtflügen, schlechten Sichtverhältnissen u.ä. – unterschiedliche Dienstleistungen. Der Verordnungsgeber sei daher rechtlich nicht gezwungen gewesen, bei einem Gewicht über 2 000 kg zulässiger Starthöchstmasse eine besondere Differenzierung der Gebührenhöhe zwischen Sicht- und Instrumentenflügen anzuordnen.
Mit der vom Verwaltungsgerichtshof zugelassenen Revision rügt der Kläger ungenügende Sachaufklärung und macht ferner geltend: Die Mitwirkung von EUROCONTROL beim Erlaß des Gebührenbescheids sei unzulässig und verstoße gegen das Datenschutzrecht. Die Organisationsprivatisierung der Flugsicherung sei verfassungswidrig; dies schlage rückwirkend auf die hier streitige Gebührenerhebung durch. Diese verstoße gegen Art. 105 ff. GG, weil sie in Wirklichkeit eine verdeckte Steuer sei. Ferner sei der Grundsatz der Finanzierungsverantwortlichkeit verletzt, weil Kosten für von der Gebührenpflicht befreite Flugzeuge zu seinen Lasten in die Gesamtrechnung einbezogen worden seien. Es liege wegen mangelnder Transparenz der Gebührenkalkulation ferner ein Verstoß gegen Art. 19 Abs. 4 GG in der Ausprägung der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts zu Monopolbetrieben (BVerfGE 90, 60) vor. Das Berufungsgericht habe ferner zu Unrecht unterstellt, mit der gebührenmäßigen Gleichstellung von Sicht- und Instrumentenflug sei “unzulässigerweise eine Lenkung hin zu mehr Instrumentenflug beabsichtigt” gewesen. Es hätte der Frage nachgehen müssen, daß Sichtflug nicht gefährlicher sei als Instrumentenflug. Schließlich liege in der mangelnden Differenzierung zwischen Sicht- und Instrumentenflug ein Verstoß gegen Art. 37 des Abkommens vom 7. Dezember 1944 über die Internationale Zivilluftfahrt. Zur Ergänzung ihres Vorbringens verweist die Revision ferner auf von ihr eingeholte Gutachten von G… (Stand: August 1991) und J… (Stand: Juni 1995).
Der Kläger beantragt,
unter Aufhebung des Urteils des Hessischen Verwaltungsgerichtshofs vom 6. Juli 1995 die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts Frankfurt am Main vom 18. August 1993 zurückzuweisen.
Die Beklagte beantragt,
die Revision zurückzuweisen.
Sie tritt dem Vorbringen des Klägers in allen Punkten entgegen.
Entscheidungsgründe
II.
Die Revision ist zulässig, aber nicht begründet. Das Berufungsurteil verstößt nicht gegen Bundesrecht.
Rechtsgrundlage für den streitigen Gebührenbescheid ist die Verordnung über die Erhebung von Gebühren für die Inanspruchnahme von Diensten und Einrichtungen der Flugsicherung beim An- und Abflug (Flugsicherungs-An- und Abflug-Gebühren-Verordnung – FlusAAGV) vom 28. September 1989 (BGBl I S. 1809). Diese Gebühren waren nach § 5 FlusAAGV in der hier fraglichen Erhebungszeit (August 1990) von der Bundesanstalt für Flugsicherung zu erheben. Die Gebührenverordnung ist gestützt auf § 32 Abs. 1 Satz 1 Nr. 14 des Luftverkehrsgesetzes – LuftVG – in der Fassung der Bekanntmachung vom 14. Januar 1981 (BGBl I S. 61), geändert durch Art. 4 des Gesetzes vom 2. Februar 1984 (BGBl II S. 69). Danach können durch Rechtsverordnung des Bundesministers für Verkehr mit Zustimmung des Bundesrats Kosten (Gebühren und Auslagen) für die Inanspruchnahme von Diensten und Einrichtungen der Flugsicherung erhoben werden. Die Gebührensätze sind dabei so zu bemessen, daß der mit den Amtshandlungen verbundene Sach- und Personalaufwand gedeckt wird; bei begünstigenden Amtshandlungen kann daneben die Bedeutung, der wirtschaftliche Wert oder der sonstige Nutzen für den Gebührenschuldner angemessen berücksichtigt werden (§ 32 Abs. 1 Satz 1 Nr. 14 Satz 2 i.V.m. Satz 1 Nr. 13 Satz 4 LuftVG). Diese Rechtsvorschriften stehen, wie das Berufungsgericht zutreffend entschieden hat, mit Bundesrecht in Einklang.
1. Das Berufungsgericht hat mit Recht angenommen, daß der streitige Gebührenbescheid nicht verfahrensfehlerhaft erlassen wurde. Er ist – wie in § 5 FlusAAGV vorgesehen und aus seinem Briefkopf ersichtlich – ein Bescheid der Bundesanstalt für Flugsicherung, auf deren Konto nach seinem Wortlaut die Gebühr zu überweisen und bei der nach der Rechtsmittelbelehrung ein Widerspruch einzulegen war. Ob die vom Berufungsgericht festgestellte Berechnung der Gebührenhöhe und die Versendung des Bescheids durch EUROCONTROL den Rahmen zulässiger Amtshilfe überschritt, bedarf keiner Entscheidung; denn selbst wenn dies der Fall wäre, kann nach § 46 VwVfG die Aufhebung eines – wie hier – nicht nichtigen Verwaltungsakts nicht allein deshalb beansprucht werden, weil er unter Verletzung von Vorschriften über das Verfahren, die Form oder die örtliche Zuständigkeit zustande gekommen ist, wenn keine andere Entscheidung in der Sache hätte getroffen werden können. Für die Aufhebung eines Verwaltungsakts muß nach den Umständen des Falles stets die konkrete Möglichkeit bestanden haben, daß ohne den Mangel der Inhalt der Entscheidung anders ausgefallen wäre (vgl. BVerwGE 69, 256 ≪269, 270≫; 75, 214 ≪228≫). Das ist hier nicht der Fall. Ob die Einschaltung von EUROCONTROL unter das Datenschutzrecht fällt, kann ebenfalls offenbleiben; denn jedenfalls ergibt sich daraus kein Anspruch auf Aufhebung eines inhaltlich richtigen Gebührenbescheids.
2. Der Gebührenbescheid verstößt auch materiellrechtlich nicht gegen Bundesrecht.
Zunächst geht die Auffassung der Revision fehl, dem angefochtenen Gebührenbescheid fehle schon deshalb eine wirksame Rechtsgrundlage, weil die aufgrund des Art. 87d Abs. 1 GG i.d.F. des Änderungsgesetzes zum Grundgesetz vom 14. Juli 1992 (BGBl I S. 1254) in Verbindung mit dem Zehnten Gesetz zur Änderung des Luftverkehrsgesetzes vom 23. Juli 1992 (BGBl I S. 1370) eingeführte Organisationsprivatisierung der Flugsicherung verfassungswidrig sei und dies auf die hier streitige Zeit rückwirkend “durchschlagen” müsse. Es gibt keine Anhaltspunkte dafür, daß Art. 87d GG n.F. eine mit Art. 79 Abs. 3 GG unvereinbare verfassungswidrige Verfassungsnorm ist (vgl. hierzu Windthorst, in Sachs (Hrsg.), GG, 1996, Art. 87d Rn. 17 ff., 32 ff.) und die für die Zeit ab 1. Juli 1990 (§ 6 FlusAAGV) vorgeschriebene Gebührenerhebung von der rechtswirksamen Entstehung der privatisierten Flugsicherung abhängig sein und mit ihr “stehen und fallen” sollte.
Ferner trifft die Meinung der Revision nicht zu, die Kosten der Flugsicherung müßten von der Allgemeinheit getragen werden, weil es sich hier nicht um eine Gebühr, sondern um eine verdeckte Steuer handele, die von Art. 105 ff. GG nicht gedeckt sei. In der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts ist bereits entschieden, daß sich die Gesetzgebungskompetenz des Bundes nach Art. 73 Nr. 6 GG auch auf Regelungen zur Aufrechterhaltung der öffentlichen Sicherheit und Ordnung des Luftverkehrs erstreckt, die Befugnis zur Gebührenerhebung einschließt und daß Flugsicherheitsgebühren nach § 32 Abs. 1 Satz 1 Nr. 13 LuftVG keine Steuern, sondern Gebühren sind (vgl. Urteil vom 3. März 1994 – BVerwG 4 C 1.93 – BVerwGE 95, 188).
Für die Erhebung von Kosten für die Inanspruchnahme von Diensten und Einrichtungen der Flugsicherung gemäß § 32 Abs. 1 Satz 1 Nr. 14 LuftVG kann nichts anderes gelten. Die auf dieser Grundlage nach der Flugsicherungs-An- und Abflug-Gebührenverordnung begründete Kostenpflicht entsteht allein bei tatsächlichen Abflügen mit Luftfahrzeugen und weist damit die für eine Gebühr notwendige Verknüpfung von Leistung und Gegenleistung auf (vgl. BVerfGE 20, 257 ≪269≫; Wolff/Bachof/Stober, Verwaltungsrecht I, 10. Aufl., 1994, § 42 Rn. 22 ff.). Sie betrifft – anders als bei der allgemeinen Gefahrenabwehr im Polizei- und Ordnungsrecht – einen von der Allgemeinheit deutlich abgrenzbaren speziellen Personenkreis, nämlich den der Halter von Flugzeugen, und ist das besondere Entgelt für die besondere Inanspruchnahme der Einrichtungen der Flugsicherung.
Ferner versößt die Gebührenbemessungsformel des § 2 Abs. 1 FlusAAGV weder gegen das bundesrechtliche Äquivalenzprinzip noch gegen den Gleichheitssatz.
Nach § 32 Abs. 1 Satz 1 Nr. 14 Satz 2 i.V.m. Nr. 13 Satz 4 LuftVG sind die Gebührensätze so zu bemessen, daß der mit den Amtshandlungen verbundene Personal- und Sachaufwand gedeckt wird; bei begünstigenden Amtshandlungen kann daneben die Bedeutung, der wirtschaftliche Wert oder der sonstige Nutzen für den Gebührenschuldner angemessen berücksichtigt werden. Das darin neben dem Kostendeckungs- (auch) zum Ausdruck kommende Äquivalenzprinzip ergibt sich aus dem allgemeinen Verhältnismäßigkeitsprinzip. Es besagt, daß zwischen Leistung und Gegenleistung ein angemessenes Verhältnis bestehen muß und die Gebühr nicht in einem Mißverhältnis zu der erbrachten Leistung stehen darf (vgl. BVerfGE 50, 217 ≪226 f.≫; 85, 337 ≪346≫; 91, 207 ≪223≫; BVerwGE 26, 305 ≪308≫; 80, 36 ≪39≫). Dem Verordnungsgeber steht bei der Festlegung der Gebührentatbestände ein weiter Ermessensspielraum zu, der von den Gerichten auch unter dem Gesichtspunkt der Gleichbehandlung im Abgabenrecht nicht darauf geprüft werden kann, ob der Verordnungsgeber die gerechteste, vernünftigste oder zweckmäßigste Lösung gewählt hat, sondern nur darauf, ob einleuchtende Gründe für eine vorhandene oder fehlende Differenzierung gegeben sind und ob die getroffene Regelung willkürlich ist (vgl. BVerwGE 80, 36 ≪41≫; Beschluß vom 28. März 1995 – BVerwG 8 N 3.93 – Buchholz 401.84 Benutzungsgebühren Nr. 75). Von Willkür kann bei der Anknüpfung der Gebühr an die zulässige Starthöchstmasse keine Rede sein; denn ersichtlich sind Bedeutung, wirtschaftlicher Wert oder sonstiger Nutzen der Leistungen der Flugsicherung für die Halter größerer Flugzeuge höher als bei kleinen Flugzeugen. Daß die Gebühr mit zunehmendem Gewicht des Flugzeugs nach der Wurzelformel des § 2 Abs. 1 FlusAAGV nicht linear, sondern degressiv steigt, ist gleichfalls nicht zu beanstanden. Denn die vom Berufungsgericht festgestellte, von der Revision nicht bezweifelte 14fach höhere Gebühr bei einem großen Flugzeug mit 362 t (Boeing 747) gegenüber einem Flugzeug mit etwas mehr als 2 t steht jedenfalls nicht in einem groben Mißverhältnis zur erbrachten Leistung der Flugsicherung und widerspricht daher weder dem Äquivalenzprinzip noch dem Willkürverbot. Ein solcher Verstoß liegt auch nicht in der Anknüpfung der Gebührenprogression nach § 2 Abs. 1 FlusAAGV an das Erreichen der 2-t-Grenze, denn das Berufungsgericht hat – ohne daß hiergegen Verfahrensrügen erhoben sind – festgestellt, der Verordnungsgeber habe davon ausgehen dürfen, daß über der Grenze von 2 000 kg zulässiger Starthöchstmasse die Zahl der Luftfahrzeuge, die über Instrumentenflugausrüstungen verfügen, erheblich zunehme. Dieser Gesichtspunkt stellt einen sachlichen Differenzierungsgrund dar.
Ein Verstoß gegen Bundesrecht liegt ferner nicht darin, daß die Gebührenverordnung für den hier streitigen Erhebungszeitraum August 1990 nicht zwischen Sicht- und Instrumentenflügen unterscheidet. Das Berufungsgericht hat hierzu festgestellt, daß die eigentlichen Kosten in der Einrichtung und Bereithaltung der Flugsicherung im An- und Abflugbereich (Turm- und Radarkontrolle) liegen und die Leistungen gleichermaßen für Sicht- und Instrumentenflüge zur Verfügung stehen. Es hat Unterschiede zwischen ihnen nur darin gesehen, in welchem Umfange die Flugsicherung im konkreten Fall Dienstleistungen erbringen muß. Auch Sichtflüge erhalten hiernach unter bestimmten Umständen durch die Anflugkontrolle – etwa bei besonderen Verkehrsverhältnissen, Nachtflügen oder bei schlechten Sichtverhältnissen – unterschiedliche Dienstleistungen. Diese Sachverhaltswürdigung des Berufungsgerichts hat die Revision nicht in Zweifel gezogen. Die Verfahrensrüge der Revision, der Verwaltungsgerichtshof hätte der Behauptung nachgehen müssen, daß die Flugsicherung bei Sichtflug erheblich weniger in Anspruch genommen werde als bei Instrumentenflug und daß Sichtflug nicht gefährlicher sei als Instrumentenflug, begründet keinen rechtserheblichen Aufklärungsmangel. Denn ausgehend von der Rechtsauffassung der Vorinstanz, daß die wesentliche Leistung in der Bereitstellung der Flugsicherung in der An- und Abflugphase gleichermaßen für Sicht- und Instrumentenflug besteht, mußte sich ihm nicht eine nähere Aufklärung darüber aufdrängen, ob und welche zeitliche Inanspruchnahme der Flugsicherung im Schnitt für die eine oder andere Flugart besteht. Pauschalierungen und Typisierungen sind erst dann von der Gestaltungsfreiheit des Verordnungsgebers nicht mehr gedeckt und verstoßen gegen den Gleichheitssatz im Abgabenrecht, wenn ein einleuchtender Grund für eine vorhandene oder fehlende Differenzierung nicht mehr erkennbar ist und die getroffene Regelung willkürlich erscheint (vgl. BVerwGE 80, 36 ≪42≫; Beschluß vom 28. März 1995, a.a.O.). Dafür gibt es keine Anhaltspunkte.
Ob – wie die Revision ferner geltend macht – das Berufungsgericht in der gebührenrechtlichen Gleichbehandlung von Sicht- und Instrumentenflug im streitigen Erhebungszeitraum zu Unrecht eine Lenkung in Richtung auf mehr Instrumentenflug angenommen hat, bedarf schon deshalb keiner abschließenden Entscheidung, weil die Ausführungen im Berufungsurteil insoweit nur Hilfserwägungen sind und die Entscheidung darauf nicht entscheidungserheblich gestützt ist. Daher ist die von der Revision vermißte nähere Sachaufklärung zu verschiedenen damit zusammenhängenden Fragen entbehrlich.
Der Revision muß der Erfolg auch versagt bleiben, soweit sie einen Verstoß gegen den von ihr angenommenen bundesrechtlichen Grundsatz der “Finanzierungsverantwortlichkeit” geltend macht. Damit soll zum Ausdruck gebracht werden, daß Kosten für von der Gebührenpflicht befreite Starts bestimmter Flugzeuge nicht in die Geamtkostenrechnung hätten einbezogen und zu Lasten des Klägers umgelegt werden dürfen. Ob es ein solches zwingendes bundesrechtliches Verbot gibt, kann offenbleiben, weil im Berufungsurteil festgestellt ist, daß der durch Gebührenbefreiungen verursachte Gebührenausfall den nichtbefreiten Gebührenpflichtigen im fraglichen Erhebungszeitraum nicht zur Last gefallen ist (UA, S. 17). Dies hat die Revision nicht mit substantiierten Rügen angegriffen.
Auch die weitere Rüge der Revision, die Gebührenverordnung werde den verfassungsrechtlichen Grundsätzen zur Gebührenerhebung und -kontrolle bei Monopolbetrieben (vgl. hierzu BVerfGE 90, 60) nicht gerecht und verstoße gegen Art. 19 Abs. 4 GG, greift nicht durch. Die Angabe, das Finanzgebaren der Flugsicherung sei nicht hinreichend durchschaubar und begünstige einen von den Kostenschuldnern zu zahlenden überhöhten Aufwand, bezieht sich auf die Zeit seit der “Privatisierung” der Flugsicherung. Im übrigen hat das Berufungsgericht unter Hinweis auf die Begründung des Regierungsentwurfs (BRDrucks 173/1/89, S. 4 ff.) festgestellt, daß jedenfalls in dem hier streitigen Erhebungszeitraum keine volle Deckung der Kosten der Flugsicherung bestand. Es kommt daher nicht darauf an, ob und welche Folgerungen sich aus der vorgenannten Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts zur Gebührenkontrolle bei Monopolbetrieben für die Flugsicherung ergeben können.
Schließlich ergibt sich die Rechtswidrigkeit des streitigen Gebührenbescheids entgegen der Meinung der Revision nicht aus Art. 37 des Abkommens über die Internationale Zivilluftfahrt (BGBl II 1956 S. 411); denn Flugsicherungsgebühren sind darin nicht genannt, so daß die Frage einer Vertragspflichtverletzung der Bundesrepublik Deutschland wegen fehlender Umsetzung in nationales Recht unerheblich ist und schon deshalb keiner Prüfung bedarf.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2 VwGO.
Unterschriften
Dr. Diefenbach, Prof. Dr. Bonk, Dr. Kugele, Kipp, Vallendar
Fundstellen
Haufe-Index 1476084 |
DVBl. 1997, 729 |