Entscheidungsstichwort (Thema)
Bei einem Nachfolgeunternehmen der Deutschen Bundespost beschäftigter Beamter. Versetzung zu einer Personalserviceagentur (Vivento) ohne Übertragung der Funktionsämter. Statusamt. Funktionsämter. abstrakt-funktionelles Amt. konkret-funktionelles Amt. Anspruch auf amtsangemessene Beschäftigung. Umwandlung des Sondervermögens der Deutschen Bundespost in Unternehmen privater Rechtsform. Schutzbereich des Art. 143b Abs. 3 GG. kein Entzug eines Funktionsamtes auf unbestimmte Zeit. Gestaltungsspielraum zur Fortentwicklung und Anpassung des Beamtenrechts an veränderte Umstände steht nur dem Gesetzgeber zu
Leitsatz (amtlich)
- Ein Beamter hat jederzeit Anspruch auf amtsangemessene Beschäftigung. Der zeitlich unbefristete Entzug eines Funktionsamtes verletzt diesen Anspruch.
- Der Schutz des Art. 143b Abs. 3 Satz 1 GG erfasst nicht nur Veränderungen des Statusamtes, sondern erstreckt sich auch auf die Funktionsämter.
Der Gestaltungsspielraum nach Art. 33 Abs. 5 GG zur Fortentwicklung und Anpassung des Beamtenrechts an veränderte Umstände steht vorrangig dem Gesetzgeber zu.
(wie Urteil vom selben Tage – BVerwG 2 C 26.05)
Normenkette
GG Art. 33 Abs. 5, Art. 143b Abs. 3, Art. 87f Abs. 2; BBG §§ 26-27; PostPersRG § 2 Abs. 3 S. 1, § 3 Abs. 1, § 4 Abs. 1, 4, 6 S. 3, §§ 6, 8
Verfahrensgang
Hessischer VGH (Beschluss vom 30.11.2005; Aktenzeichen 1 UE 1733/05) |
VG Frankfurt am Main (Urteil vom 22.03.2004; Aktenzeichen 9 E 4456/03) |
Tenor
Die Revision der Beklagten gegen den Beschluss des Hessischen Verwaltungsgerichtshofs vom 30. November 2005 wird zurückgewiesen.
Die Beklagte trägt die Kosten des Revisionsverfahrens.
Tatbestand
I
Die Klägerin ist Beamtin der Beklagten und als Fernmeldehauptsekretärin der Deutschen Telekom AG zur Dienstleistung zugewiesen. Ihren Dienst verrichtete sie im Betrieb Bilanzen. Da sich der Personalbedarf in diesem Geschäftsbereich verringert hatte, wählte die Beklagte in sog. Clearingverfahren Beamte und Angestellte aus und wies sie der Personalserviceagentur Vivento zu. Deren tarifvertraglich vereinbarte Aufgabe besteht darin, das ihr zugewiesene Personal auf dauerhafte Arbeitsplätze zu vermitteln. Bis zur Vermittlung sollten die betroffenen Beschäftigten qualifiziert und zur Wahrnehmung vorübergehender Aufgaben innerhalb und außerhalb des Konzerns Deutsche Telekom AG vermittelt werden.
Nach der Zustimmung des Betriebsrats Bilanzen wurde die Klägerin durch Bescheid vom 18. März 2003 mit Wirkung zum 1. April 2003 zu Vivento versetzt und von ihren bisherigen Dienstaufgaben entbunden. Ein dauerhafter neuer Arbeitsplatz wurde ihr seither nicht übertragen.
Die Anfechtungsklage gegen die Versetzung hatte in beiden Vorinstanzen Erfolg. Das Berufungsgericht hat zur Begründung im Wesentlichen ausgeführt: Eine Versetzung zur Untätigkeit sei nicht zulässig. Sie verstoße gegen den Anspruch der Beamtin auf Übertragung eines amtsgemäßen Aufgabenbereichs. Etwas anderes gelte, wenn die Übertragung eines neuen Aufgabenbereichs in absehbarer Zeit feststehe. Dies sei nicht der Fall.
Mit der Revision rügt die Beklagte die Verletzung materiellen Rechts. Sie beantragt,
das Urteil des Verwaltungsgerichts Frankfurt am Main vom 22. März 2004 und den Beschluss des Hessischen Verwaltungsgerichtshofs vom 30. November 2005 aufzuheben und die Klage abzuweisen.
Die Klägerin hält die Revision für unzulässig und unbegründet. Sie beantragt,
die Revision der Beklagten gegen den Beschluss des Hessischen Verwaltungsgerichtshofs vom 30. November 2005 zurückzuweisen.
Die Vertreterin des Bundesinteresses beteiligt sich am Verfahren. Sie macht geltend, mit der Einrichtung einer Personalserviceagentur wie Vivento sei ein praktikabler Weg gefunden worden, die Personalüberhänge in den Nachfolgeunternehmen der Deutschen Bundespost abzubauen.
Entscheidungsgründe
II
Die Revision ist zulässig und unbegründet.
Die Revision ist zulässig. Zwar enthalten weder die Revisionsschrift vom 27. Dezember 2005 noch die Revisionsbegründungsschrift vom 19. Januar 2006 einen bestimmten Antrag. Doch ist dies ausnahmsweise unschädlich. Denn das Revisionsbegehren ergibt sich eindeutig aus der Revisionseinlegung selbst sowie aus den bis zum Ende der Begründungsfrist eingereichten Schriftsätzen (Beschluss vom 8. November 1954 – GrSen 1.54 – BVerwGE 1, 222; Urteil vom 10. Dezember 1981 – BVerwG 3 C 27.80 – Buchholz 310 § 139 VwGO Nr. 59). Die Revisionsklägerin rügt, dass die angefochtenen Bescheide zu Unrecht als rechtswidrig aufgehoben worden seien.
Die Revision ist unbegründet. Die Klägerin hat einen Anspruch auf die Übertragung amtsangemessener Funktionsämter. Dies hat das Verwaltungsgericht zu Recht entschieden.
1. Der Inhaber eines statusrechtlichen Amtes kann gemäß Art. 33 Abs. 5 GG beanspruchen, dass ihm ein abstrakt-funktionelles Amt sowie ein amtsangemessenes konkret-funktionelles Amt, d.h. ein entsprechender Dienstposten, übertragen werden (BVerfG, Beschluss vom 3. Juli 1985 – 2 BvL 16/82 – BVerfGE 70, 251 ≪266≫).
a) Das statusrechtliche Amt wird grundsätzlich durch die Zugehörigkeit zu einer Laufbahn und Laufbahngruppe, durch das Endgrundgehalt der Besoldungsgruppe und durch die dem Beamten verliehene Amtsbezeichnung gekennzeichnet. In abstrakter Weise wird dadurch seine Wertigkeit in Relation zu anderen Ämtern zum Ausdruck gebracht (Urteile vom 29. April 1982 – BVerwG 2 C 41.80 – BVerwGE 65, 270 ≪272≫, vom 24. Januar 1991 – BVerwG 2 C 16.88 – BVerwGE 87, 310 ≪313≫ und vom 3. März 2005 – BVerwG 2 C 11.04 – BVerwGE 123, 107 ≪110≫ m.w.N., stRspr).
b) Das Amt im funktionellen Sinne bezieht sich auf die dienstlichen Aufgaben des Beamten. Das konkret-funktionelle Amt, der Dienstposten, bezeichnet die dem Beamten tatsächlich übertragene Funktion, seinen Aufgabenbereich. Das abstrakt-funktionelle Amt knüpft ebenfalls an die Beschäftigung des Beamten an, jedoch im abstrakt verstandenen Sinne. Gemeint ist der einem statusrechtlichen Amt entsprechende Aufgabenkreis, der einem Inhaber dieses Statusamtes bei einer bestimmten Behörde auf Dauer zugewiesen ist (BVerfG, Beschluss vom 3. Juli 1985 a.a.O.; BVerwG, Urteile vom 4. Mai 1972 – BVerwG 2 C 13.71 – BVerwGE 40, 104 ≪107≫ und vom 29. April 1982 a.a.O. S. 272 f.). Das abstrakt-funktionelle Amt wird dem Beamten durch gesonderte Verfügung des Dienstherrn übertragen (Urteil vom 23. September 2004 – BVerwG 2 C 27.03 – BVerwGE 122, 53 ≪55≫). Die für die amtsgemäße Besoldung gemäß § 18 BBesG notwendige Zusammenschau von Amt im statusrechtlichen und im funktionellen Sinne steht einer dauernden Trennung von Amt und Funktion grundsätzlich entgegen (BVerfG, Beschluss vom 3. Juli 1985 a.a.O. S. 267, 268).
c) Im Rahmen dieser Vorgaben liegt es im Ermessen des Dienstherrn, den Inhalt des abstrakt- und des konkret-funktionellen Amtes festzulegen (Urteil vom 23. September 2004 a.a.O.). Das bedeutet aber auch, dass der Dienstherr gehalten ist, dem Beamten solche Funktionsämter zu übertragen, die in ihrer Wertigkeit dem Amt im statusrechtlichen Sinne entsprechen (Urteile vom 11. Juli 1975 – BVerwG 6 C 44.72 – BVerwGE 49, 64 ≪67 f.≫, vom 28. November 1991 – BVerwG 2 C 41.89 – BVerwGE 89, 199 ≪200≫ und vom 3. März 2005 a.a.O. S. 109, stRspr). Damit wird dem Beamten zwar kein Recht auf unveränderte oder ungeschmälerte Ausübung eines bestimmten Amtes im funktionellen Sinne gewährt. Er muss vielmehr Änderungen seines abstrakten und konkreten Aufgabenbereiches nach Maßgabe seines statusrechtlichen Amtes hinnehmen (BVerfG, Urteil vom 8. Februar 1977 – 1 BvR 79, 278, 282/70 – BVerfGE 43, 242 ≪283≫; Beschluss vom 7. November 1979 – 2 BvR 513, 558/74 – BVerfGE 52, 303 ≪354 f.≫; BVerwG, Urteile vom 22. Mai 1980 – BVerwG 2 C 30.78 – BVerwGE 60, 144 ≪150≫, vom 28. November 1991 a.a.O. S. 201 und vom 23. September 2004 a.a.O. S. 56). Bei jeder sachlich begründbaren Änderung der dem Beamten übertragenen Funktionsämter muss ihm jedoch stets ein amtsangemessener Tätigkeitsbereich verbleiben (Urteile vom 22. Mai 1980 a.a.O. S. 151, vom 28. November 1991 a.a.O. und vom 1. Juni 1995 – BVerwG 2 C 20.94 – BVerwGE 98, 334 ≪338≫). Ohne seine Zustimmung darf dem Beamten diese Beschäftigung weder entzogen, noch darf er auf Dauer unterwertig beschäftigt werden (BVerfG, Beschluss vom 3. Juli 1985 a.a.O.; BVerwG, Urteil vom 24. Januar 1991 a.a.O. S. 315). Insbesondere darf er nicht aus dem Dienst gedrängt und nicht dadurch, dass ihm Pseudobeschäftigungen zugewiesen werden, zur Untätigkeit in perspektivlosem Zuwarten genötigt werden (Urteil vom 7. September 2004 – BVerwG 1 D 20.03 – Buchholz 232 § 73 BBG Nr. 28 S. 28).
2. Der Anspruch der Klägerin auf die Übertragung ihrem Statusamt entsprechender Funktionsämter wird für den Bereich der Postnachfolgeunternehmen weder durch höherrangiges noch durch einfaches Bundesrecht verdrängt oder verändert.
a) Die Umwandlung des Sondervermögens der Deutschen Bundespost in Unternehmen privater Rechtsform erfolgte auf der Grundlage des Art. 143b GG i.V.m. Art. 87f Abs. 2 GG. Dieser Maßnahme sollte die Nachfolgeunternehmen der Deutschen Bundespost befähigen, in einem weltweit zunehmend liberalisierten Markt für Post- und Kommunikationsdienstleistungen durch größere Handlungsfreiheit im internationalen Wettbewerb mit anderen privaten Anbietern bestehen zu können (BTDrucks 12/6718 S. 1, 75). Das Personal sollte mit größerer Flexibilität eingesetzt werden können, ohne die Rechtsstellung der bei der damaligen Deutschen Bundespost tätigen Beamten zu schmälern und das Institut des Berufsbeamtentums zu verändern. Art. 143b Abs. 1 Satz 1 GG weist hierauf ausdrücklich hin (BVerfG, Kammerbeschluss vom 5. Juni 2002 – 2 BvR 2257/96 –; BVerwG, Urteile vom 20. August 1996 – BVerwG 1 D 80.95 – BVerwGE 103, 375 ≪377≫ und vom 7. Juni 2000 – BVerwG 1 D 4.99 – BVerwGE 111, 231 ≪232≫; vgl. auch BTDrucks 12/6717 S. 4 und 12/8060 S. 182).
Der Schutz nach Art. 143b Abs. 3 Satz 1 GG gilt nicht nur für Veränderungen des Statusamtes, sondern erstreckt sich auch auf die Funktionsämter. Eine darüber hinausgehende Intention ist der Vorschrift nicht zu entnehmen, insbesondere kein über die Vorgaben des Art. 33 Abs. 5 GG hinausgehender Gestaltungsspielraum der Nachfolgeunternehmen der Deutschen Bundespost. Dies ergibt sich zwar nicht aus dem Wortlaut, wohl aber aus Sinn und Zweck der Vorschrift. Mit der Verfassungsbestimmung des Art. 143b Abs. 3 Satz 1 GG sollte lediglich klargestellt werden, dass die Beschäftigung von Beamten bei privaten Unternehmen verfassungsrechtlich zulässig ist (Jarass/Pieroth, GG, 8. Auflage 2006, Art. 143b Rn. 4; BTDrucks 12/6717 S. 4) und die gemäß Art. 33 Abs. 5 GG anerkannten Strukturprinzipien des Beamtenrechts auch bei der Weiterbeschäftigung der Beamten der Deutschen Bundespost bei deren privaten Nachfolgeunternehmen grundsätzlich uneingeschränkt Anwendung finden (Urteile vom 7. Juni 1984 – BVerwG 2 C 84.81 – BVerwGE 69, 303 ≪305 f.≫, vom 19. Februar 2002 – BVerwG 1 D 10.01 – Buchholz 232 § 54 Satz 2 BBG Nr. 27 und vom 3. März 2005 a.a.O. S. 109; vgl. auch BTDrucks 12/6717 zu Art. 143b Abs. 2 GG S. 5 unter Hinweis auf BVerfG, Urteil vom 27. April 1959 – 2 BvF 2/58 – BVerfGE 9, 268 ≪286 f.≫). Für dieses Normverständnis sprechen schließlich die systematische Stellung des Art. 143b GG im Abschnitt der Übergangs- und Schlussbestimmungen des Grundgesetzes sowie der Umstand, dass der verfassungsgebende Gesetzgeber Art. 33 Abs. 5 GG weder modifiziert noch ergänzt hat.
Das öffentlich-rechtliche Dienst- und Treueverhältnis des Art. 33 GG setzt voraus, dass der Beamte zur Dienstleistung herangezogen und ihm ein funktionelles Amt übertragen wird, das den Einsatz seiner Arbeitskraft überhaupt erfordert (Urteil vom 23. Mai 2002 – BVerwG 2 A 5.01 – Buchholz 240 § 18 BBesG Nr. 27 S. 2). Dem widerspricht es, dem Beamten auf unbestimmte Zeit kein Funktionsamt zu übertragen und ihn dadurch in den Zustand der Beschäftigungslosigkeit zu versetzen oder ihn, vergleichbar einem Leiharbeiter, über einen längeren Zeitraum in Dienststellen anderer Dienstherren zu beschäftigen. Der zeitlich nicht bestimmte Entzug des abstrakten wie des konkreten Funktionsamtes verletzt den Grundsatz der Verknüpfung von Status und Funktion und damit das Prinzip der lebenszeitigen Übertragung aller einer Laufbahn zugeordneten Ämter, das Leistungsprinzip und den Grundsatz der amtsangemessenen Alimentation.
Zwar erlaubt Art. 33 Abs. 5 GG die Fortentwicklung und Anpassung des Beamtenrechts an veränderte Umstände (BVerfG, Beschlüsse vom 31. März 1998 – 2 BvR 1877/97 und 50/98 – BVerfGE 97, 351 ≪376 f.≫ und vom 24. November 1998 – 2 BvL 26/91, 5 bis 10/96, 3 bis 6/97 – BVerfGE 99, 300 ≪315≫), doch steht dieser Gestaltungsspielraum dem Gesetzgeber zu und nicht den die Organisationsgewalt ausübenden Exekutivorganen des Dienstherrn oder den die Dienstherrnbefugnisse ausübenden Nachfolgeunternehmen der Deutschen Bundespost. Art. 143b Abs. 3 GG hat diese Rechtslage nicht verändert, sondern sie bestätigt.
b) Das einfachrechtliche Bundesrecht berücksichtigt diese verfassungsrechtlichen Vorgaben.
Gemäß § 2 Abs. 3 Satz 1 des Gesetzes zum Personalrecht der Beschäftigten der Deutschen Bundespost (Postpersonalrechtsgesetz – PostPersRG) vom 14. September 1994 (BGBl I S. 2325) ist die Klägerin Bundesbeamtin im unmittelbaren Dienst des Bundes. Ihre ursprüngliche berufliche Tätigkeit bei der Deutschen Telekom AG, die keinen Dienst, sondern Arbeit darstellte (Urteil vom 7. September 2004 a.a.O.; BTDrucks 12/6718 S. 93), galt kraft der gesetzlichen Fiktion des § 4 Abs. 1 PostPersRG als Dienst. Daraus folgt, dass der dem Beamten übertragene Aufgabenkreis als Amt im Sinne des Bundesbeamtenrechts anzusehen und er amtsangemessen zu beschäftigen ist (Urteil vom 7. Juni 2000 a.a.O. S. 236). Demzufolge findet § 18 BBesG gemäß § 8 PostPersRG ausdrücklich auch für die Nachfolgeunternehmen der Deutschen Bundespost mit der Maßgabe Anwendung, dass gleichwertige Tätigkeiten bei den Aktiengesellschaften als amtsgemäße Funktionen gelten. Dies ermöglicht die Anwendung des Grundsatzes der funktionsgerechten Ämterbewertung auch für die bei den Aktiengesellschaften beschäftigten Beamten (BTDrucks 12/6718 S. 94). In § 6 PostPersRG ist dementsprechend die vorübergehende unterwertige Beschäftigung eines Beamten nur als eine – der Sache nach befristete – Ausnahme vom Grundsatz der amtsangemessenen Beschäftigung vorgesehen. Dass der Gesetzgeber auch bei den vom Postpersonalrechtsgesetz erfassten Beamten vom Grundsatz der Verknüpfung von Statusamt und Funktion ausging, obwohl ihm der Personalüberhang sowie zahlreiche Verwaltungsgerichtsentscheidungen bekannt waren, die die Zuordnung von Beamten zu Vivento als rechtswidrig qualifiziert hatten (vgl. u.a. VGH Kassel, Beschluss vom 23. März 2004 – 1 TG 137/04 – NVwZ-RR 2005, 124 f., OVG Münster, Beschluss vom 27. Oktober 2004 – 1 B 1329/04 – ZBR 2005, 97 ff.), bestätigen sowohl die Neufassung des Postpersonalrechtsgesetzes durch das Erste Gesetz zur Änderung des Postpersonalrechtsgesetzes vom 9. November 2004 (BGBl I S. 2774) sowie dessen Änderung durch Art. 2 des Gesetzes zur Reorganisation der Bundesanstalt für Post und Telekommunikation Deutsche Bundespost und zur Änderung anderer Gesetze vom 14. September 2005 (BGBl I S. 2746). Mit diesen Änderungen hat der Gesetzgeber den Aktiengesellschaften verschiedene Möglichkeiten zur Flexibilisierung des Personaleinsatzes eröffnet (BRDrucks 432/04 S. 9). So enthält § 4 Abs. 3a PostPersRG n.F. eine antragsabhängige Regelung zur Gewährung von Sonderurlaub für Beamte in Bereichen des Personalüberhangs. Ein Entzug des funktionellen Amtes im Wege der Zwangsbeurlaubung ist nicht vorgesehen. Diese keineswegs voraussetzungslose Erweiterung der Gestaltungsmöglichkeiten um konkret benannte Regelungsalternativen nimmt Rücksicht auf die verfassungsrechtlich vorgegebenen Strukturelemente. Sie lässt sich nicht im Sinne einer Öffnung für weitergehende Gestaltungselemente des Personaleinsatzes von Lebenszeitbeamten überdehnen, mag dies auch nach Wirtschaftlichkeitskriterien sinnvoll erscheinen. Die normative Gestaltung durch den Gesetzgeber ist eben nicht allein daran ausgerichtet.
Im Übrigen hat der Gesetzgeber im Bereich der Nachfolgegesellschaften der Deutschen Bundespost bislang keine Notwendigkeit einer besonderen Ruhestandsregelung gesehen. Dies ergibt sich aus dem Wegfall der bis Ende 1999 möglichen Versetzung der Beamten in den einstweiligen Ruhestand, die in den Nachfolgeunternehmen der Deutschen Bundespost eingesetzt waren, wohingegen die Geltung der Regelung im Bereich der Deutschen Bahn AG verlängert wurde (vgl. § 4 Abs. 6 Satz 3 PostPersRG i.V.m. § 3 Abs. 1 i.V.m. § 1 Nr. 2 des Gesetzes zur Verbesserung der personellen Struktur beim Bundeseisenbahnvermögen und in den Unternehmen der Deutschen Bundespost, Art. 15 Abs. 2 des Gesetzes zur Neuordnung des Postwesens und der Telekommunikation – Postneuordnungsgesetz – PTNeuOG – vom 14. September 1994 ≪BGBl I S. 2325≫; geändert durch das Gesetz zur Änderung des Gesetzes zur Verbesserung der personellen Struktur beim Bundeseisenbahnvermögen und in den Unternehmen der Deutschen Bundespost vom 15. Mai 2002 ≪BGBl I S. 1579≫; vgl. auch BTDrucks 14/8044 S. 6).
Im Ergebnis nichts anderes folgt aus § 4 Abs. 4 PostPersRG n.F. Mit dieser Vorschrift wurden die Voraussetzungen geschaffen, Beamte Tochter-, Enkelunternehmen und Beteiligungsgesellschaften zuzuweisen. Diese Regelung ermöglicht es den Aktiengesellschaften, die im Zusammenhang mit der Konzernbildung bestehenden personalwirtschaftlichen Probleme zu lösen und die personelle Flexibilität zu erhöhen (BRDrucks 432/04 S. 10). Die Formulierung der Vorschrift (“nach allgemeinen beamtenrechtlichen Grundsätzen zumutbar”) macht deutlich, dass der Bundesgesetzgeber auch hier am Grundsatz der amtsangemessenen Beschäftigung ausdrücklich festgehalten und die Übertragung einer amtsangemessenen Tätigkeit für unabdingbar erachtet hat.
Schließlich folgt aus § 123a Abs. 2 BRRG, dass der Beamte einer Dienststelle, die in eine privatrechtlich organisierte Einrichtung der öffentlichen Hand umgewandelt wurde, dieser zwar auch ohne seine Zustimmung zugewiesen werden kann, wenn dringende dienstliche Interessen dies erfordern. Nach dem ausdrücklichen Gesetzeswortlaut ist dem Beamten auch in diesem Fall eine “seinem Amt entsprechende Tätigkeit” zuzuweisen (§ 123a Abs. 2 BRRG).
3. Mit der Versetzung zu Vivento hat die Klägerin ihre bisherigen Funktionsämter nicht nur vorübergehend verloren, ohne dass ihr andere amtsgemäße Funktionsämter auf Dauer übertragen worden sind.
a) Bei Vivento besteht die Aufgabe der Klägerin gemäß Ziffer 5 Abs. 2 der Regelungen zum Rationalisierungsschutz für Beamte zwar darin, sich aktiv an der Suche nach einem Dienstposten zu beteiligen, an Qualifizierungsmaßnahmen teilzunehmen und sich für vorübergehende Tätigkeiten bereitzuhalten. Dies entspricht jedoch keinem Aufgabenbereich innerhalb des Unternehmens im Sinne eines abstrakt- und konkret-funktionellen Amtes. Die Klägerin ist in keiner Weise in die Organisation und die Abläufe des Unternehmens Vivento eingebunden und nimmt keine Verwaltungstätigkeiten wahr. Dies hatte die Beklagte auch von vornherein nicht anders beabsichtigt. Nach ihren Ausführungen war mit der Versetzung der Klägerin zu Vivento lediglich die Herbeiführung einer “unbestimmten Zeit des Bereithaltens, Wartens und damit der faktischen Nichtbeschäftigung” bezweckt. Damit ist die Klägerin nicht Subjekt, sondern Objekt einer Aufgabenbeschreibung (so – sinngemäß – auch Beschluss vom 2. August 2005 – BVerwG 6 P 11.04 – Buchholz 251.2 § 86 BlnPersVG Nr. 5 zum Stellenpool des Landes Berlin).
b) Es kann unentschieden bleiben, ob die Zuweisung der Klägerin zu Vivento eine Versetzung im Sinne des § 26 Abs. 1 oder Abs. 2 Satz 1 BBG ist und ob diese schon deshalb fehlerhaft ist, weil sie zu keiner Übertragung von Funktionsämtern führte. Ebenso braucht nicht geklärt zu werden, ob eine Abordnung zu Vivento gemäß § 27 BBG vorliegt. Auf beide Fragen kommt es nicht an, weil die Klägerin als Inhaberin eines beamtenrechtlichen Statusamtes, von Ausnahmefällen, z.B. Katastrophensituationen (Urteile vom 27. Februar 1992 – BVerwG 2 C 45.89 – Buchholz 237.8 § 56 RhpLBG Nr. 1 S. 3 und vom 1. Juni 1995 – BVerwG 2 C 20.94 – BVerwGE 98, 334 ≪339≫), abgesehen, stets, also auch nach einer Umsetzung oder Versetzung, einen Anspruch auf Übertragung eines abstrakten sowie eines konkreten Funktionsamtes hat. Ein solcher Ausnahmefall liegt nicht vor. Die Zuordnung der Klägerin zu Vivento zum 1. März 2003 beruht vielmehr auf wettbewerbsorientierten Rationalisierungsmaßnahmen und nicht auf einer kurzfristigen Ausnahmesituation des Unternehmens. Da der Klägerin bei Vivento weder ein Amt im funktionellen Sinne übertragen noch der Zeitpunkt der Übertragung eines solchen Amtes festgelegt wurde, braucht nicht darüber entschieden zu werden, ob und unter welchen Voraussetzungen im Rahmen einer Versetzung oder Abordnung die Übertragung neuer Funktionsämter zeitlich verzögert erfolgen darf. Eine unbefristete Streckung dieser im Rechtssinne einheitlichen Vorgänge ist ausgeschlossen.
c) Auch bei Annahme einer Versetzung nach § 26 Abs. 2 Satz 2 BBG wäre es aus den dargelegten Gründen unzulässig, einem Beamten die Funktionsämter vorzuenthalten. Unter den besonderen Voraussetzungen dieser Vorschrift kann er lediglich auch ohne seine Zustimmung in ein anderes Amt derselben oder einer gleichwertigen Laufbahn mit geringerem Endgrundgehalt im Bereich desselben Dienstherrn versetzt werden. Darum geht es hier nicht. Auch eine entsprechende Anwendbarkeit des § 26 Abs. 2 Satz 2 BBG ist entgegen der Auffassung der Revision nicht daraus herzuleiten, dass der Bundesgesetzgeber für den Fall von Behördenauflösungen keine ausdrückliche Verpflichtung zur Weiterbeschäftigung der Beamten geregelt hat. Denn diese Pflicht des Dienstherrn ergibt sich bereits unmittelbar aus dem gemäß Art. 33 Abs. 5 GG als hergebrachter Grundsatz des Berufsbeamtentums anerkannten Lebenszeitprinzip (vgl. BVerfG, Beschluss vom 10. Dezember 1985 – 2 BvL 18/83 – BVerfGE 71, 255 ≪268≫).
d) Die Zuordnung der Klägerin zu Vivento ohne gleichzeitige Übertragung von Funktionsämtern lässt sich ferner nicht mit § 26 Abs. 3 BBG begründen. Diese Vorschrift verpflichtet den Beamten zur Teilnahme an Qualifizierungsmaßnahmen, um zur Vermeidung seiner Versetzung in den Ruhestand wegen Dienstunfähigkeit die Voraussetzungen einer anderen Laufbahn zu erwerben. § 26 Abs. 3 BBG setzt voraus, dass Qualifizierungsmaßnahmen tatsächlich stattfinden und die Arbeitskraft des Beamten ihrem Umfang nach auch beanspruchen (vgl. Plog/Wiedow/Lemhöfer/Bayer, BBG/BeamtVG, Bd. 1, Stand Januar 2006, § 60 BBG, Rn. 2b), d.h. die Teilnahme an den Fortbildungsmaßnahmen muss die Ursache der Freistellung sein. Das Tatsachengericht hat nicht festgestellt, dass die Beklagte nach einem erkennbaren Konzept Qualifizierungs- und Vermittlungsmaßnahmen durchgeführt hätte, die es erforderlich machten, die Klägerin von ihren Dienstaufgaben vollständig zu entbinden, um ihr die Teilnahme an derartigen Maßnahmen zu ermöglichen. Grund der Freistellung der Klägerin waren vielmehr personelle Rationalisierungsmaßnahmen. Erst im Anschluss an die Freistellung wurden bei Vivento Überlegungen zur weiteren Verwendung der Klägerin angestellt.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 2 VwGO.
Unterschriften
Albers, Prof. Dawin, Dr. Kugele, Dr. Bayer, Dr. Heitz
Fundstellen