Entscheidungsstichwort (Thema)

Abordnung. Versetzung. Umsetzung. sonstige Funktionsänderung: Vivento. Wiederaufgreifen. Amtsangemessene Beschäftigung. Statusamt. Abstrakt-funktionelles Amt. Konkret-funktionelles Amt. Klageantrag. Bestimmtheit. Rechtskraft. Bescheidungsurteil. Ausnahmesituation. Postnachfolgeunternehmen. Juristische Person des Privatrechts. Fernmeldemarkt. Rationalisierung. Rechtsaufsicht

 

Leitsatz (amtlich)

1. Die Bestandskraft einer Versetzung zu Vivento hat nicht zur Folge, dass dem versetzten Beamten anstelle seines verfassungsrechtlich garantierten Anspruchs auf amtsangemessene Beschäftigung nur ein Anspruch auf fehlerfreie Ausübung des Rücknahmeermessens gemäß § 48 Abs. 1 VwVfG (i.V.m. § 51 Abs. 5 VwVfG) zustünde.

2. Das Begehren, "amtsangemessen beschäftigt" zu werden, entspricht den Anforderungen des § 82 Abs. 1 Satz 2 VwGO an die Bestimmtheit des Klageantrags. Ein entsprechender Verpflichtungsausspruch hat insbesondere einen vollstreckungsfähigen Inhalt.

3. Eine amtsangemessene Beschäftigung setzt neben der Übertragung eines konkret-funktionellen Amts grundsätzlich auch die Übertragung eines abstrakt-funktionellen Amts voraus. Zur Begründung einer Ausnahme hiervon reicht der anhaltende Konkurrenzdruck, dem die Telekom AG auf dem liberalisierten Fernmeldemarkts ausgesetzt ist, nicht aus.

4. Aus ihrer Rechtsstellung als juristische Person des Privatrechts kann die Telekom AG nicht die Befugnis herleiten, die durch Art. 33 Abs. 5 GG und Art. 143b Abs. 3 GG garantierten Rechte der bei ihr beschäftigten Beamten zu schmälern (wie Hessischer VGH, Beschluss vom 19.06.2008 - 1 UZ 2699/07 -).

 

Normenkette

GG Art. 33 Abs. 5, Art. 143b Abs. 3, Art. 12 Abs. 1, Art. 14 Abs. 1; VwGO § 82 Abs. 1; VwVfG § 48 Abs. 1, § 51 Abs. 5; BBesG § 18; PostPersRG §§ 8, 20

 

Verfahrensgang

VG Karlsruhe (Entscheidung vom 29.08.2007; Aktenzeichen 4 K 1984/07)

 

Tenor

Auf die Berufung des Klägers wird das Urteil des Verwaltungsgerichts Karlsruhe vom 29. August 2007 - 4 K 1984/07 - geändert. Die Beklagte wird verpflichtet, den Kläger amtsangemessen zu beschäftigen.

Die Beklagte trägt die Kosten des Verfahrens in beiden Rechtszügen.

Die Revision wird nicht zugelassen.

 

Tatbestand

Der 1953 geborene Kläger verlangt von der Beklagten, amtsangemessen beschäftigt zu werden.

Er steht als Technischer Fernmeldeamtmann (BesGr A 11) im Dienst der Beklagten und war ab dem 01.05.1999 im Ressort Bezirksbüro Netze (BBN) als Planer für Datentechnik tätig. Wegen einer Verringerung des Personalbedarfs in der Niederlassung Karlsruhe, der er bisher zugeordnet war, wurde er mit Wirkung vom 01.11.2003 zu Vivento, Geschäftsstelle Süd, Jobcenter Karlsruhe, versetzt. Ein Dauerarbeitsplatz konnte ihm in der Folgezeit nicht vermittelt werden.

Mit Schreiben vom 30.08.2006 legte der Kläger gegen seine Versetzung zu Vivento mit Wirkung vom 01.11.2003 Widerspruch ein und forderte die Beklagte auf, ihn mit sofortiger Wirkung auf einen amtsangemessenen Dienstposten CFt A 11 am Standort Mannheim zurückzuversetzen. Er führte unter anderem aus, er sei mittlerweile seit über zwei Jahren bei Vivento ohne Beschäftigung.

Mit Bescheid vom 10.10.2006 lehnte die Telekom AG den Antrag des Klägers ab und führte zur Begründung im Wesentlichen aus, die Versetzung zu Vivento sei nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts zwar rechtswidrig, die Rücknahme des bestandskräftigen Versetzungsbescheids stehe jedoch in ihrem Ermessen. Die bloße Rechtswidrigkeit der Versetzung begründe keinen Anspruch auf Aufhebung der Entscheidung. Gegen eine Rücknahme spreche, dass der Kläger die Versetzung trotz entsprechender Belehrung habe bestandskräftig werden lassen. Die Telekom AG sei schon aus organisatorischen und wirtschaftlichen Gründen nicht in der Lage, sämtliche Versetzungen zu Vivento zurückzunehmen. Angesichts der aktuellen Personalausstattung der Organisationseinheiten der Deutschen Telekom AG und angekündigter weiterer Rationalisierungsmaßnahmen seien praktisch keine freien Arbeitsplätze mehr vorhanden und eine Rücknahme somit faktisch unmöglich.

Mit Schreiben vom 25.10.2006 legte der Kläger Widerspruch ein und beantragte klarstellend nochmals, amtsangemessen beschäftigt zu werden. Mit Widerspruchsbescheid vom 01.11.2006 wies die Telekom AG den Widerspruch des Klägers zurück und führte zur Begründung aus, sein Anspruch auf amtsangemessene Beschäftigung werde nicht in Abrede gestellt. Ein freier und geeigneter amtsangemessener Arbeitsposten sei derzeit jedoch weder bei Vivento noch beim Mutterkonzern verfügbar.

Am 23.11.2006 hat der Kläger beim Verwaltungsgericht Karlsruhe Klage erhoben und beantragt, die Beklagte unter Aufhebung des Ablehnungsbescheids der Telekom AG vom 20.08.2006 und deren Widerspruchsbescheids vom 01.11.2006 zu verurteilen, ihn amtsangemessen zu beschäftigen. Mit Urteil vom 29.08.2007 - 4 K 1984/07 - hat das Verwaltungsgericht das Leistungsbegehren als unzulässig angesehen und die Klage insoweit abgewiesen. Es hat allerdings angenommen, dass im Leistungsantra...

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