Entscheidungsstichwort (Thema)
Übernahme von Aufgaben des Bundesdisziplinaranwaltes durch Beauftragte. Aufruf zum Warnstreik durch vom Dienst freigestellte Personalratsvorsitzende und Gewerkschaftsvertreterin. disziplinarrechtliche Bewertung
Leitsatz (redaktionell)
1. Der Bundesdisziplinaranwalt ist durch seine gesetzliche Aufgabenstellung nicht gehindert, die von ihm nach § 38 Abs. 2 BDO bestellten Beauftragten auch mit der Fertigung und Unterzeichnung von Anschuldigungsschriften zu betrauen.
2. Ein von seiner dienstlichen Tätigkeit freigestelltes beamtetes Personalratsmitglied kann durch einen an Arbeiter und Angestellte gerichteten Aufruf zum Streik in seiner Dienststelle auch dann eine disziplinar zu verfolgende innerdienstliche Pflichtverletzung begehen, wenn es unter ausdrücklichem Hinweis auf seine Mitgliedschaft in der Gewerkschaft auftritt.
Orientierungssatz
1. Pflichtwidriges Verhalten eines Beamten wird durch § 91 Abs. 2 BBG nicht dadurch gerechtfertigt, daß es im Rahmen der Betätigung für eine Gewerkschaft oder einen Berufsverband erfolgt.
2. Das Recht eines Beamten, sich in einer Gewerkschaft für diese zu betätigen (Koalitionsbetätigungsfreiheit) kann im Rahmen des Art. 33 Abs. 5 GG eingeschränkt werden, soweit dies von Sinn und Zweck des konkreten Dienst- und Treueverhältnisses gefordert wird. Zu den hergebrachten Grundsätzen des Berufsbeamtentums im Sinne des Art. 33 Abs. 5 GG zählt auch das Disziplinarrecht.
Normenkette
BDO § 65; PersVG § 67; GG Art. 9 Abs. 3, Art. 33 Abs. 5; BDO § 38 Abs. 2; BBG § 91 Abs. 2, § 77 Abs. 1, § 54 S. 3; PersVG § 2 Abs. 1, § 66 Abs. 2
Verfahrensgang
BDiG Frankfurt (Entscheidung vom 15.08.1991; Aktenzeichen VI VL 23/90; PersR 1991, 434) |
Tatbestand
1. Der Bundesdisziplinaranwalt hat die Beamtin angeschuldigt, dadurch ein Dienstvergehen begangen zu haben, daß sie
1. am 24. Februar 1988 mit weiteren Mitgliedern der Ortsverwaltung der Deutschen Postgewerkschaft gegen 6.00 Uhr ohne Voranmeldung und Genehmigung der Amtsleitung die Diensträume des dem Postamt 30 unterstellten Postamts 21 betrat, wobei sie den Hinweis unterließ, daß sie dies als Mitglied der Deutschen Postgewerkschaft unternehme,
2. dabei ein für dienstliche Zwecke im Zustellersaal vorhandenes Saalmikrofon zur Durchsage eines Streikaufrufes benutzte, obwohl ihr das Recht zur Benutzung des Mikrofons für gewerkschaftliche Zwecke nicht eingeräumt worden war, und
3. sich durch diesen Streikaufruf an einer Arbeitskampfmaßnahme beteiligte, obwohl ihr als Beamtin ein Streikrecht - also auch streikähnliche Aktionen und Vorbereitungshandlungen eines legalen Streiks von Arbeitern und Angestellten - nicht zusteht, und damit das Vertrauen der übrigen Bediensteten in ihre aus dem Amt als Personalratsmitglied gebotene Neutralität erheblich beeinträchtigt hat.
2. Das Bundesdisziplinargericht hat die Beamtin durch Urteil vom 15. August 1991 vom Vorwurf eines Dienstvergehens im wesentlichen mit der Begründung freigesprochen, der Aufruf der Beamtin als zuständige Gewerkschaftsvorsitzende zu einem von allen Beteiligten als rechtmäßig angesehenen Warnstreik von Arbeitnehmern im öffentlichen Dienst sei nicht zu beanstanden. Die Funktionsfähigkeit der Institution des Berufsbeamtentums werde durch einen solchen Streik nicht berührt. Auch die Zugehörigkeit der Beamtin zum Personalrat begründe nicht den Vorwurf pflichtwidrigen Verhaltens. Es sei nicht ersichtlich, daß sie in ihrer Eigenschaft als Personalratsmitglied zum Streik aufgerufen habe.
3. Der Bundesdisziplinaranwalt hat mit seiner rechtzeitig eingegangenen Berufung beantragt, das erstinstanzliche Urteil aufzuheben und gegen die Beamtin eine Gehaltskürzung zu verhängen. Zur Begründung trägt er im wesentlichen vor: Die Beamtin habe sich pflichtwidrig verhalten, indem sie ihren Dienstherrn in - wenn auch legale - Auseinandersetzungen mit anderen Dienstkräften gezogen und dadurch den Dienstbetrieb gestört habe. Außerdem habe sie ihre zur Neutralität verpflichtende Stellung als freigestelltes Mitglied des Personalrats mißbraucht. Ihre allgemein bekannte Eigenschaft als Personalratsmitglied habe die Beamtin nicht dadurch ablegen können, daß sie sich bei ihrem Streikaufruf ausdrücklich als Gewerkschaftsmitglied bezeichnet habe. Sie habe durch dieses Verhalten ihre Pflicht zu achtungs- und vertrauensgerechtem Verhalten schuldhaft verletzt.
4. In ihrer Erwiderung auf die Berufungsschrift vertritt die Beamtin die Auffassung, die Anschuldigungsschrift und mithin das gesamte gerichtliche Disziplinarverfahren seien schon deshalb unwirksam, weil die Anschuldigungsschrift von einer Beauftragten des Bundesdisziplinaranwalts, d.h. nicht von ihm selbst oder einem seiner hauptamtlichen Mitarbeiter, verfaßt und unterzeichnet worden sei. In materieller Hinsicht stehe ihr Verhalten unter dem Schutz der Koalitionsfreiheit (Art. 9 Abs. 3 GG), die eine Beschränkung durch allgemeine beamtenrechtliche Pflichten im vorliegenden Fall nicht zulasse. Ein Verstoß gegen Vorschriften des Bundespersonalvertretungsgesetzes durch ihre Betätigung als Gewerkschaftsmitglied sei ebenfalls nicht erkennbar.
Entscheidungsgründe
Die Berufung hat teilweise Erfolg; entgegen der Ansicht des Bundesdisziplinargerichts hat sich die Beamtin eines Dienstvergehens schuldig gemacht. Die dafür gerechtfertigte Geldbuße kann jedoch gemäß § 4 Abs. 1 BDO nicht mehr verhängt werden. Das Verfahren ist deshalb einzustellen.
1. Das Rechtsmittel ist unbeschränkt eingelegt. Der Senat hat daher die Tat- und Schuldfeststellungen selbst zu treffen und sie in disziplinarrechtlicher Hinsicht zu würdigen.
2. Das gerichtliche Disziplinarverfahren leidet nicht an einem wesentlichen Verfahrensmangel. Mit dem Eingang der durch die zuständige Beauftragte des Bundesdisziplinaranwalts unterzeichneten Anschuldigungsschrift beim Bundesdisziplinargericht ist das förmliche Disziplinarverfahren wirksam anhängig geworden (§ 67 Abs. 1 BDO). Der Bundesdisziplinaranwalt, dem die Fertigung der Anschuldigungsschrift obliegt (§ 65, § 64 Abs. 3 BDO), kann gemäß § 38 Abs. 2 BDO bei den Einleitungsbehörden tätige Beamte als Beauftragte mit der Wahrnehmung seiner Aufgaben und Befugnisse betrauen. Wie die hauptamtlichen Mitarbeiter des Bundesdisziplinaranwalts (§ 37 Satz 2 BDO) müssen die Beauftragten gemäß § 38 Abs. 2 Satz 1 2. Halbsatz BDO die Befähigung zum Richteramt besitzen oder die Voraussetzungen des § 110 Satz 1 DRiG erfüllen; auch müssen sie Beamte im statusrechtlichen Sinne sein (vgl. Beschluß vom 2. Februar 1989 - BVerwG 1 DB 39.88 - ≪BVerwGE 86, 125≫). Die vom Bundesdisziplinaranwalt bestellte Beauftragte erfüllt im vorliegenden Fall diese gesetzlichen Anforderungen.
Die Beauftragten, die insoweit nebenamtlich tätig sind und ihr Amt höchstpersönlich ausüben (Claussen/Janzen, BDO, 7. Aufl., § 38 Rdnr. 5 d), unterstehen dem fachlichen Weisungsrecht des Bundesdisziplinaranwalts. Er bestimmt durch Dienstanweisungen oder Einzelanordnungen den Aufgabenbereich der Beauftragten (§ 38 Abs. 2 Satz 2 BDO). Diese Abgrenzung wirkt aber nur im Innenverhältnis. Im Außenverhältnis muß der Bundesdisziplinaranwalt Erklärungen seiner Beauftragten sowie Erklärungen diesen gegenüber gegen sich gelten lassen, soweit die nach dem Geschäftsbereich der Einleitungsbehörde bestimmte Zuständigkeit gewahrt ist (Claussen/Janzen, a.a.O. § 38 Rdnr. 6 a; Behnke, BDO, 2. Aufl., § 38 Rdnr. 11). Daraus folgt, daß Beauftragte grundsätzlich befugt sind, sämtliche Aufgaben des Bundesdisziplinaranwalts zu übernehmen. Dazu gehören auch die Fertigung und Unterzeichnung der Anschuldigungsschrift; dies ist in der Praxis sogar die Regel (Köhler/Ratz, BDO, § 65 Rdnr. 3). Der Bundesdisziplinaranwalt kann hierbei seiner gesetzlichen Aufgabe gemäß § 37 Satz 1 BDO, die einheitliche Ausübung der Disziplinargewalt zu sichern und das Interesse des öffentlichen Dienstes und der Allgemeinheit in jeder Lage des Verfahrens wahrzunehmen, durch die jederzeitige Möglichkeit einer inhaltlichen Kontrolle der von i h m einzureichenden Anschuldigungsschriften nachkommen.
3. Aufgrund der Beweisaufnahme in der Hauptverhandlung geht der Senat - im wesentlichen in Übereinstimmung mit dem Bundesdisziplinargericht - von folgendem Sachverhalt aus:
Die Beamtin war als Mitglied im Personalrat beim Postamt 30 von Juli 1976 bis März 1980 teilweise und seit März 1985 - als stellvertretende Personalratsvorsitzende - vollständig von ihrer dienstlichen Tätigkeit freigestellt. In dieser Funktion hielt sie engen Kontakt zu den örtlichen Bediensteten; u.a. fanden vor Ort wöchentlich Sprechstunden statt. Zugleich war die Beamtin stellvertretende Vorsitzende und nach 1987 Vorsitzende der Ortsverwaltung der Deutschen Postgewerkschaft beim Postamt 30. Seit 1992 übt sie keine Personalrats- oder Gewerkschaftsfunktionen mehr aus.
Die Beamtin betrat am Morgen des 24. Februar 1988 ohne Voranmeldung die Diensträume des Postamts 21. Dieses dem Postamt 30 angegliederte Postamt fiel in ihren Zuständigkeitsbereich als Mitglied des Personalrats und der Gewerkschaft. Gegen ca. 6.00 Uhr hielt sich die Beamtin in der dortigen Briefeingangsverteilung auf und sprach mit einigen Dienstkräften. Nachdem sich um ca. 6.30 Uhr eine 10- bis 15köpfige Gruppe von Amtsangehörigen, Personalrats- und Gewerkschaftsmitgliedern am Fahrstuhl der Eingangsverteilung versammelt hatte, ergriff sie das auf einem Schreibtisch stehende Saalmikrofon und stellte sich als Mitglied der Deutschen Postgewerkschaft vor. Das zusätzlich von ihr mitgeführte Megaphon ließ sie unbenutzt. Sie forderte die Arbeiterinnen auf, ab sofort die Arbeit niederzulegen und ihre Arbeitsplätze zu verlassen. Auf Nachfrage des Zeugen W., Betriebsleiter des Postamts 21, erklärte die Beamtin, daß die Verteilerinnen an diesem Tage ihre Arbeit nicht wiederaufnähmen, aber bis zu ihrem Dienstschluß um ca. 7.45 Uhr im Hause bleiben würden, was auch geschah. Von den anwesenden 25 Verteilerinnen folgten 24 dem Aufruf zur Arbeitsniederlegung und verließen zusammen mit der Beamtin und der sie begleitenden Gruppe den Saal. Nach dem Auszug der Arbeiterinnen unterrichtete die Beamtin den Zeugen W. offiziell von dem Streik, da es ihr zuvor nicht gelungen war, die Amtsleitung zu erreichen.
Durch die Streikaktion verzögerte sich der Verteilschluß von ca. 7.45 Uhr auf 9.35 Uhr. Die anschließende Zustellung konnte erst ab 9.50 Uhr statt 8.00 Uhr angetreten werden. Die Postfachverteilung endete gegen 12.00 Uhr statt wie üblich gegen 8.30 Uhr. Sonstige Beeinträchtigungen des Dienstbetriebes wurden nicht festgestellt.
Die Beamtin erkennt den Sachverhalt als richtig an. Sie macht geltend, sie habe den Streikaufruf ausdrücklich und durch einen Schriftzug über ihrer Kleidung mit den Worten "Ortsverwaltung Deutsche Postgewerkschaft" auch nach außen leicht erkennbar nur in ihrer Funktion als Gewerkschaftsvertreterin durchgeführt. Außerdem habe sie sich damals in ihrer Freizeit befunden; sie habe nämlich für den genannten Zeitraum Freizeitausgleich in Anspruch genommen. Eine Verknüpfung mit ihrer Eigenschaft als Beamtin und als Mitglied des Personalrats könne ihr deshalb nicht vorgeworfen werden. Sie habe sich vor der Aktion eingehend mit Literatur und Rechtsprechung befaßt und auch gewerkschaftlichen Rechtsrat eingeholt. Bedenken gegen ihr Vorgehen habe sie daraus nicht ersehen. Mehr könne man von ihr nicht verlangen. Im Geschäftsbereich des Postamts 30 sei es auch allgemein üblich gewesen, daß freigestellte Personalratsmitglieder und Gewerkschaftsvertreter die Diensträume ohne Voranmeldung betreten durften. Von dieser Befugnis habe sie regelmäßig Gebrauch gemacht. Auch die Benutzung des Saalmikrofons habe keiner ausdrücklichen Genehmigung bedurft, sei durch die bisherige Praxis in der Dienststelle gedeckt gewesen und vom anwesenden Betriebsleiter nicht untersagt worden.
4. Die Beamtin hat durch ihren Streikaufruf im Postamt 21 ihre Pflicht zu achtungs- und vertrauensgerechtem Verhalten gemäß § 54 Satz 3 BBG verletzt.
In Übereinstimmung mit allen am Disziplinarverfahren Beteiligten geht der Senat davon aus, daß es sich bei der Arbeitsniederlegung der Arbeiterinnen am Morgen des 24. Februar 1988 um einen im Zusammenhang mit Tarifverhandlungen stehenden rechtmäßigen Warnstreik gehandelt hat. Es bedarf keiner Entscheidung, ob das Betreten der Dienststelle, die Benutzung des Saalmikrofons und die an die Arbeiterinnen gerichtete Aufforderung zur Arbeitsniederlegung - ein disziplinarrechtlich insgesamt als einheitlicher Lebensvorgang zu würdigender Sachverhalt - bereits nach allgemeinen beamtenrechtlichen Grundsätzen eine Pflichtverletzung der Beamtin darstellen. Im vorliegenden Fall sind besondere Umstände gegeben, die zur Feststellung eines Dienstvergehens führen. Die Beamtin hat den Streikaufruf nicht nur als örtliche Gewerkschaftsvorsitzende, sondern zugleich auch als stellvertretende Personalratsvorsitzende, die von ihren dienstlichen Tätigkeiten vollständig freigestellt war (§ 46 Abs. 3 BPersVG), erlassen. Dabei hat sie sich die Autorität ihres Personalratsamtes zunutze gemacht und gegen grundlegende personalvertretungsrechtliche Pflichten verstoßen, die im vorliegenden Fall zugleich eine Verletzung ihrer beamtenrechtlichen Pflicht zu achtungs- und vertrauensgerechtem Verhalten bedeuten (§ 54 Satz 3 BBG).
a) Zwar wollte sie subjektiv, d.h. entsprechend ihrer verbalen Bekundung und äußeren Kennzeichnung, nur als Gewerkschaftsfunktionärin auftreten. Objektiv befand sie sich jedoch in einer Doppelrolle als Gewerkschaftsvertreterin und als freigestelltes Personalratsmitglied. Sie war allen damals anwesenden Postbediensteten, insbesondere den Adressaten des Streikaufrufs, als freigestellte stellvertretende Personalratsvorsitzende seit Jahren bekannt. Das Postamt 21 gehörte zu ihrem Zuständigkeitsbereich. Sie hatte generell freien Zugang zur Dienststelle, suchte dort regelmäßig die Bediensteten auf und führte Sprechstunden des Personalrats durch. In dieser Eigenschaft hat sie, ohne daß sie eine besondere Genehmigung benötigte, auch häufig das Saalmikrofon benutzt. Unter diesen Umständen kann ein freigestelltes beamtetes Personalratsmitglied, das als Mitglied der Gewerkschaft in seiner zuständigen Dienststelle zum Streik aufruft und dadurch anläßlich eines Arbeitskampfes exponiert auftritt und die Autorität seines Personalratsamtes einsetzt, weder durch verbale Bekundung noch durch äußere Kennzeichnung seine Eigenschaft, Mitglied des Personalrats zu sein, rechtlich ablegen (vgl. dazu BVerfGE 28, 295 ≪309≫; Dietz/Richardi, BPersVG, 2. Aufl., § 66 Rdnr. 21; Lorenzen/ Haas/Schmitt, BPersVG, § 66 Rdnr. 23). In der Hauptverhandlung vor dem Senat hat die Beamtin auch eingeräumt, sie könne nicht ausschließen, daß die Bediensteten im Postamt 21 ihren Streikaufruf auch mit ihrem Amt als Mitglied des Personalrats in Verbindung gebracht haben.
b) Als stellvertretende Personalratsvorsitzende hat die Beamtin durch ihren Streikaufruf gegen grundlegende personalvertretungsrechtliche Pflichten verstoßen. Der Disziplinarsenat ist befugt, über diese personalvertretungsrechtliche Vorfrage, deren Klärung zur disziplinarrechtlichen Würdigung des Verhaltens der Beamtin erforderlich ist, zu entscheiden (BVerwG, Beschluß vom 8. November 1963 - BVerwG 7 P 6.63 - ≪BVerwGE 17, 132 ≪135≫).
Nach § 66 Abs. 2 BPersVG hat die Personalvertretung alles zu unterlassen, was geeignet ist, die Arbeit und den Frieden der Dienststelle zu beeinträchtigen. Insbesondere darf sie keine Maßnahmen des Arbeitskampfes gegen die Dienststelle führen. Dazu gehören neben Streik und streikähnlichen Handlungen auch Vorbereitungs- und Beteiligungsmaßnahmen. Die Personalvertretung darf selbst einen legalen Streik nicht unterstützen. Auch dem einzelnen Personalratsmitglied ist die Vorbereitung eines legalen Streiks oder die Beteiligung an ihm insoweit untersagt, als es hierbei die Autorität seines Amtes ausnutzt (vgl. Dietz/Richardi, a.a.O., § 66 Rdnrn. 15 und 21; Grabendorff/Windscheid/Ilbertz/Widmaier, BPersVG, 7. Aufl., § 66 Rdnr. 13; Lorenzen/Haas/Schmitt, a.a.O., § 66 Rdnrn. 20 und 23). Dies folgt letztlich aus dem Gebot der vertrauensvollen Zusammenarbeit von Dienststelle und Personalvertretung (§ 2 Abs. 1 BPersVG), einem der tragenden Rechtsgrundsätze des Bundespersonalvertretungsgesetzes. Dem hat die Beamtin zuwider gehandelt.
Sie hat mit ihrem Streikaufruf ferner ihre personalvertretungsrechtliche Neutralitätspflicht gemäß § 67 Abs. 1 Satz 2 BPersVG verletzt. Nach dieser Vorschrift müssen sich Dienststelle und Personalvertretung so verhalten, daß das Vertrauen der Verwaltungsangehörigen in die Objektivität und Neutralität ihrer Amtsführung nicht beeinträchtigt wird. Diese Grundregel des Personalvertretungsrechts verlangt von den Personalratsmitgliedern, daß sie alles vermeiden, was geeignet ist, ihre Stellung als Repräsentanten der Gesamtheit der Bediensteten und als neutrale Sachwalter ihrer Interessen zweifelhaft erscheinen zu lassen (vgl. BVerfGE 28, 295 ≪308≫). Dies gilt insbesondere auch für gewerkschaftsrelevante Tätigkeiten. Denn die im Blick auf Art. 9 Abs. 3 GG zulässige gleichzeitige Mitgliedschaft in einer Personalvertretung und einer Gewerkschaft hat für Personalratsmitglieder zur Folge, daß sie ihr Amt gewerkschaftsneutral führen müssen (vgl. BVerwG, Beschluß vom 22. August 1991 - BVerwG 6 P 10.90 - ≪Buchholz 250 § 67 BPersVG Nr. 7≫ m.w.N.). Die in § 67 Abs. 2 BPersVG bestätigte Freiheit der gewerkschaftlichen Betätigung wird insoweit durch Absatz 1 Satz 2 der Vorschrift für den Dienststellenleiter und den Personalrat verfassungskonform eingeschränkt (vgl. BVerwG, Beschluß vom 22. August 1991, a.a.O. unter Hinweis auf BVerfGE 28, 295 ≪303 ff.≫; Grabendorff/Windscheid/Ilbertz/Widmaier, a.a.O., § 67 Rdnr. 22).
Der Streikaufruf war schließlich auch nicht mit dem für den Personalrat geltenden Gebot, nicht durch einseitige Handlungen in den Dienstbetrieb einzugreifen (§ 74 Abs. 2 BPersVG), zu vereinbaren.
c) Die Verstöße der Beamtin gegen ihre grundlegenden Pflichten nach dem Bundespersonalvertretungsgesetz stellen zugleich eine disziplinarrelevante Verletzung ihrer beamtenrechtlichen Pflicht zu achtungs- und vertrauensgerechtem Verhalten dar.
Eine disziplinarrechtliche Ahndung dieses Verhaltens ist nicht deshalb unzulässig, weil das Bundespersonalvertretungsgesetz eigene Sanktionsmöglichkeiten gegen pflichtwidrig handelnde Personalratsmitglieder vorsieht. So kann nach § 28 Abs. 1 BPersVG ein Personalratsmitglied wegen grober Verletzung seiner gesetzlichen Pflichten auf Antrag vom Verwaltungsgericht aus dem Personalrat ausgeschlossen werden. Diese Regelung entfaltet jedoch keine Sperrwirkung gegenüber anderen Möglichkeiten, das Handeln von Personalratsmitgliedern zu ahnden. Wenn z.B. in einem solchen Handeln zugleich eine Straftat liegt, kann strafgerichtlich eingeschritten werden. Ebenso kann disziplinar vorgegangen werden, wenn das Verhalten des Personalratsmitglieds zugleich ein Dienstvergehen darstellt (vgl. BDHE 4, 69 ≪71≫; BVerwG, Beschluß vom 8. November 1963 - BVerwG 7 P 6.63 - ≪BVerwGE 17, 132, 134≫; Urteil vom 19. September 1984 - BVerwG 1 D 38.84 - ≪BVerwGE 76, 192 (197) = NJW 1985, 1721 = RiA 1985, 14 = PersV 1985, 112≫). Durch die generelle Zulässigkeit der disziplinaren Ahndung solcher Verfehlungen wird der Beamte auch nicht in der Wahrnehmung seiner Aufgaben und Befugnisse nach dem Bundespersonalvertretungsgesetz behindert oder wegen seiner Tätigkeit benachteiligt (vgl. § 8 BPersVG). Denn geschützt ist nur eine ordnungsgemäße Betätigung des Personalrats (vgl. BDHE 4, 69 ≪70 f.≫ zur Vorgängervorschrift; Dietz/Richardi, a.a.O., § 8 Rdnr. 13).
Auch die gesetzlich geregelte besondere Stellung der Personalratsmitglieder schließt es nicht aus, daß personalvertretungsrechtliche Pflichtverstöße zugleich Disziplinarvergehen im Sinne des Beamtenrechts sein können. Zwar lassen sich aus der Zugehörigkeit eines Beamten zum Personalrat allein keine besonderen Dienstpflichten herleiten (Urteil des Senats vom 19. September 1984 - BVerwG 1 D 38.84 - a.a.O.). Dies bedeutet jedoch nicht, daß es unzulässig ist, Verstöße gegen ausdrücklich gesetzlich normierte Ge- und Verbote zugleich als Verletzung der Pflicht zu achtungs- und vertrauenswürdigem Verhalten im Sinne des Beamtenrechts zu werten. Dies gilt unter anderem, wenn ein beamtetes Personalratsmitglied gegen zentrale Vorschriften des Bundespersonalvertretungsgesetzes verstößt und diese Zuwiderhandlung zugleich die konkrete Beziehung zu seinem Dienstherrn berührt, insbesondere das für den geordneten Ablauf des öffentlichen Dienstes unerläßliche Vertrauensverhältnis beeinträchtigt oder einen Ansehensschaden für das Berufsbeamtentum bewirkt.
Die Grundpflicht des Beamten zu achtungs- und vertrauenswürdigem Verhalten gemäß § 54 Satz 3 BBG trifft auch beamtete Personalratsmitglieder, selbst wenn sie von ihren dienstlichen Tätigkeiten gemäß § 46 Abs. 3 BPersVG vollständig freigestellt sind. Die Mitgliedschaft im Personalrat setzt gerade das Fortbestehen des Dienstverhältnisses voraus (vgl. den Erlöschenstatbestand "Beendigung des Dienstverhältnisses" in § 29 Abs. 1 Nr. 3 BPersVG). Ein freigestelltes beamtetes Personalratsmitglied hat deshalb bis auf die Verpflichtung zur Dienstleistung weiterhin seine beamtenrechtlichen Pflichten zu erfüllen. Dabei werden diese fortbestehenden Pflichten für die Dauer des Personalratsamtes durch die grundlegenden Pflichten aus dem Personalratsverhältnis entscheidend mitgeprägt und in ihrer konkreten Ausgestaltung hiervon beeinflußt. Insbesondere müssen die personalvertretungsrechtlichen Aktivitäten des Beamten mit dem bestehenden Dienst- und Treueverhältnis (§ 2 Abs. 1 BBG) zum Dienstherrn - allerdings unter Berücksichtigung der besonderen Interessenlage - vereinbar bleiben. Dies gilt vor allem für ein freigestelltes Personalrats-Vorstandsmitglied, wie die Beamtin, dem innerhalb des Personalrats eine herausgehobene Funktion zukommt. Ob freilich das Verhalten eines beamteten Personalratsmitglieds anläßlich seiner ehrenamtlichen Tätigkeit eine Dienstpflichtverletzung darstellt, bleibt eine Frage des Einzelfalls. Im vorliegenden Fall ist dies zu bejahen. Die hier in Rede stehenden personalvertretungsrechtlichen Pflichten, welche die Beamtin verletzt hat, sollen im besonderen Maße die Funktionsfähigkeit nicht nur der Personalvertretung, sondern auch der Dienststelle insgesamt sicherstellen. Die von der Beamtin geforderte Neutralität und Objektivität (§ 67 Abs. 1 BPersVG) sind Grundlage dafür, daß ihr das notwendige Vertrauen aller Bediensteten und der Dienststelle entgegengebracht wird. Wird dieses Vertrauen, wie hier durch den Aufruf zu einseitigen arbeitsrechtlichen Kampfmaßnahmen, beeinträchtigt, so hat das zwangsläufig Rückwirkungen auf die beamtenrechtliche Pflicht zu achtungs- und vertrauenswürdigem Verhalten. Besonders wirkt sich dabei hier zu Lasten der Beamtin aus, daß sie entgegen dem ausdrücklichen Verbot in § 66 Abs. 2 Satz 2 BPersVG aktiv zu Maßnahmen des Arbeitskampfes aufgerufen und dazu bewußt die Möglichkeiten ausgenutzt hat, die ihr als Personalratsmitglied eingeräumt waren. Ein derartiger Rechtsverstoß schwächt auch in beamtenrechtlicher Hinsicht die Achtungs- und Vertrauenswürdigkeit der Beamtin.
Die von der Beamtin begangene Pflichtverletzung ist als innerdienstliches Vergehen im Sinne des § 77 Abs. 1 Satz 1 BBG einzustufen; die einschränkenden Voraussetzungen, die für die Annahme eines außerdienstlichen Disziplinarvergehens gelten, sind daher nicht zu beachten. Nach ständiger Rechtsprechung des Senats (vgl. BVerwGE 86, 99 ≪112≫; Urteil vom 24. November 1992 - BVerwG 1 D 52.91 - m.w.N. ≪BVerwG Dok.Ber. B 1992, 217≫) beruht die Unterscheidung zwischen inner- und außerdienstlicher Pflichtverletzung im Sinne der Sätze 1 und 2 von § 77 Abs. 1 BBG nicht in der Zufälligkeit räumlicher oder zeitlicher Beziehung eines Verhaltens zur Dienstausübung. Das wesentliche Unterscheidungselement ist vielmehr funktionaler Natur: Entscheidend für die rechtliche Einordnung kommt es auf die kausale und logische Einbindung eines Verhaltens in ein Amt und die damit verbundene dienstliche Tätigkeit an. Der Vorwurf pflichtwidrigen Handelns beruht vorliegend auf dem Verhalten der Beamtin als freigestelltes Personalratsmitglied. Personalratstätigkeit gehört aber nicht zum privaten Lebensbereich, sondern ist funktional auf die Dienststelle und den Dienstbetrieb bezogen und daher eng mit dem dienstlichen Bereich verknüpft. Die Mitglieder des Personalrats führen ihr Amt unentgeltlich als Ehrenamt (§ 46 Abs. 1 BPersVG); es ist über § 29 Abs. 1 BPersVG eng mit dem Hauptamt verbunden. Pflichtwidriges Verhalten eines freigestellten beamteten Personalratsmitglieds ist daher ungeachtet fehlender Weisungsrechte der Vorgesetzten dem innerdienstlichen Pflichtenkreis zuzuordnen (Urteil vom 19. September 1984 - BVerwG 1 D 38.84 - ≪BVerwGE 76, 192≫). Eine andere Beurteilung ergibt sich hier nicht daraus, daß die Beamtin für den Zeitraum ihrer Aktion ausdrücklich Freizeitausgleich in Anspruch genommen hat. Die enge Verbindung zum Hauptamt und zum Dienstverhältnis blieb bestehen, zumal sich das Geschehen im Dienstbetrieb und in der Dienststelle abspielte.
Die Beamtin hat schuldhaft gehandelt. Sie wußte, daß sie bei den Beschäftigten im Postamt 21 als Personalratsmitglied bekannt war und daß ihr diese Funktion besondere Autorität verlieh. Sie kannte ihre Pflichten als Mitglied des Personalrats. Ihr war klar, daß sie als Personalratsmitglied nicht zum Streik aufrufen durfte. Dies wird an dem Umstand deutlich, daß sie ausdrücklich betont hat, als Gewerkschaftsvertreterin, d.h. gerade nicht als stellvertretende Personalratsvorsitzende, aufzutreten. Gleiches zeigt ihr Bemühen, für den Zeitraum der Aktion Freizeitausgleich in Anspruch zu nehmen. Sie mußte auch wissen, daß sie sich bei der in ihren Zuständigkeitsbereich fallenden Dienststelle nicht einfach aus ihrem Ehrenamt als stellvertretende Vorsitzende des Personalrats herauslösen konnte und deshalb die Betroffenen ihre Aktion ihr auch als Mitglied der Personalvertretung zurechnen würden. Dies hat die Beamtin in der Hauptverhandlung auch eingeräumt.
Der Beamtin fehlte auch nicht das Bewußtsein der Pflichtwidrigkeit ihres Handelns. Zwar hat sie sich bemüht, sich einen Überblick darüber zu verschaffen, wie die von ihr geplante Aktion rechtlich zu beurteilen sei. Aufgrund der oben schon erwähnten höchstrichterlichen Rechtsprechung und Kommentarliteratur (BVerfGE 28, 295 ≪309≫; BVerwGE 76, 192; Dietz/Richardi, a.a.O., Lorenzen/Haas/Schmitt, a.a.O.) hätte die Beamtin hierbei jedoch erkennen können, daß sie ihre Rolle als stellvertretende Personalratsvorsitzende nicht rechtsfolgenlos ablegen konnte und in dieser Funktion - je nach den Verhältnissen des Einzelfalles - auch nicht ohne mögliche disziplinare Konsequenzen zum Streik in der eigenen Dienststelle aufrufen durfte. Indem sie diese rechtlichen Bedenken, von denen anzunehmen ist, daß sie der Beamtin hätten bekannt sein können, unberücksichtigt ließ, handelte sie auf eigenes Risiko und kann keinen entschuldbaren Rechtsirrtum für sich in Anspruch nehmen. Die Beamtin hat daher zumindest bedingt vorsätzlich gehandelt.
d) Der Verhängung einer Disziplinarmaßnahme steht § 91 Abs. 2 BBG nicht entgegen. Nach dieser Vorschrift darf kein Beamter wegen Betätigung für seine Gewerkschaft oder seinen Berufsverband dienstlich gemaßregelt oder benachteiligt werden. Die Bestimmung gilt nur für eine insgesamt rechtmäßige Betätigung. Pflichtwidriges Verhalten eines Beamten - wie im vorliegenden Fall - wird durch § 91 Abs. 2 BBG nicht dadurch gerechtfertigt, daß es im Rahmen der Betätigung für eine Gewerkschaft oder einen Berufsverband erfolgt (vgl. Plog/Wiedow/Beck, BBG, § 91 Rdnr. 12).
e) Die disziplinare Ahndung des Verhaltens der Beamtin stellt auch keine verfassungsrechtlich unzulässige Beschränkung ihres Individualgrundrechts aus Art. 9 Abs. 3 GG dar. Das Recht eines Beamten, sich in einer Gewerkschaft für diese zu betätigen (Koalitionsbetätigungsfreiheit), kann im Rahmen des Art. 33 Abs. 5 GG eingeschränkt werden, soweit dies von Sinn und Zweck des konkreten Dienst- und Treueverhältnisses gefordert wird (vgl. BVerfGE 19, 303 ≪322≫). Zu den hergebrachten Grundsätzen des Berufsbeamtentums im Sinne des Art. 33 Abs. 5 GG zählt auch das Disziplinarrecht (vgl. BVerfGE 7, 129 ≪144≫; 15, 105 ≪121≫; 37, 167 ≪173 f., 178≫; Jarass/Pieroth, GG, 2. Aufl., Art. 33 Rdnr. 15). Die Betätigung für eine Gewerkschaft kann deshalb zugleich einen Disziplinartatbestand erfüllen. Verfassungsrechtlich ist dies unbedenklich, solange die Grundrechtsausübung prinzipiell möglich bleibt und im konkreten Fall Sinn und Zweck des Beamtenverhältnisses eine Grundrechtsbeschränkung erfordern. Diese Voraussetzungen liegen hier vor. Die Koalitionsbetätigungsfreiheit der Beamtin bleibt grundsätzlich unangetastet. Ihre Grundrechtsausübung ist auch nur mittelbar betroffen, denn geahndet werden soll die Verletzung ihrer beamtenrechtlichen Pflicht aus Anlaß ihres Handelns als Mitglied des Personalrats. Sinn und Zweck des konkreten Beamtenverhältnisses machen auch eine disziplinare Ahndung und damit Grundrechtsbeschränkung erforderlich. Das Dienst- und Treueverhältnis ist hier durch das Dienstvergehen einseitig gestört. Die Funktionsfähigkeit der Verwaltung und damit des öffentlichen Dienstes verlangt eine Reaktion gegenüber dieser Beeinträchtigung. Dies ist Aufgabe des Disziplinarrechts.
5. Für die Bemessung der Disziplinarmaßnahme ist von Bedeutung, daß es sich um ein Dienstvergehen von nicht unerheblichem Gewicht handelt. Die Beamtin hat die Arbeitsniederlegung in ihrer Eigenschaft als bei allen Beteiligten bekannte stellvertretende Personalratsvorsitzende veranlaßt. Sie hat durch ihre mangelnde Neutralität als Personalratsmitglied der Personalvertretung insgesamt und damit auch dem Ansehen der Beamtenschaft innerhalb und außerhalb der Behörde Schaden zugefügt. Als freigestellte stellvertretende Personalratsvorsitzende hatte sie außerdem eine herausgehobene Position und damit eine Vorbildfunktion für andere Mitarbeiter. Statt sich an den Rahmen der vom Bundespersonalvertretungsgesetz vorgegebenen rechtlichen Möglichkeiten zu halten und mit der Dienststelle vertrauensvoll zusammenzuarbeiten, hat sie zur Arbeitsniederlegung aufgerufen und damit den Dienstbetrieb spürbar beeinträchtigt. Sie hat hierdurch das ihr entgegengebrachte Vertrauen verletzt und auch als Beamtin mit herausgehobener Funktion ein schlechtes Beispiel gegeben. Eine Pflichtenmahnung ist deshalb erforderlich, gerade auch um der Beamtin die Pflichtwidrigkeit ihres Verhaltens deutlich vor Augen zu führen.
Zugunsten der Beamtin ist zu berücksichtigen, daß der Warnstreik an sich rechtmäßig war und die Störung des Dienstbetriebes nicht lange gedauert hat. Die Beeinträchtigungen der Postbenutzer hielten sich in Grenzen. Nicht zu vernachlässigen ist auch die Tatsache, daß sich die Beamtin bisher tadelfrei geführt hat und seit dem Dienstvergehen bereits sechs Jahre vergangen sind. Der mit der Verfahrensdauer verbundene Druck und die eingetretenen dienstlichen Nachteile dürften bei ihr bereits eine pflichtenmahnende Wirkung entfaltet haben. Der Senat hält deshalb, anders als in ähnlichen, aber gravierenderen Fällen (vgl. Urteile vom 19. September 1984 - BVerwG 1 D 38.84 -, a.a.O. und vom 23. Februar 1994 - BVerwG 1 D 48.92 -), eine im förmlichen Disziplinarverfahren zu verhängende Maßnahme nicht für erforderlich. Die Verhängung einer Geldbuße wird als notwendige, aber auch ausreichende Pflichtenmahnung angesehen.
Da seit dem Dienstvergehen mehr als zwei Jahre verstrichen sind, ist nach § 4 Abs. 1 BDO eine Verfolgung nicht mehr zulässig. Das Verfahren ist einzustellen (§ 87 Abs. 1 Satz 1, § 86, § 76 Abs. 1 und Abs. 3 Satz 1, § 64 Abs. 1 Nr. 1 BDO).
Fundstellen
Haufe-Index 543766 |
BVerwGE 103, 70-80 (LT) |
BVerwGE, 70 |
DokBer B 1994, 175-182 (LT) |
NVwZ 1996, 74-77 (LT) |
ÖD 1994, 163-167 (LT) |
Quelle 1994, Nr 12, 27 (S) |
ZBR 1994, 280-282 (LT) |
PersR 1994, 515-518 (LT) |
PersV 1995, 14-21 (LT) |
ZfPR 1995, 20 (L) |