Entscheidungsstichwort (Thema)
Windenergieanlagen. Flächennutzungsplan. Ausschlusswirkung. Konzentrationsfläche
Leitsatz (amtlich)
Eine Gemeinde darf Darstellungen in einem Flächennutzungsplan, die die Ausschlusswirkung nach § 35 Abs. 3 Satz 3 BauGB auslösen sollen, nicht als Mittel benutzen, um unter dem Deckmantel der planerischen Steuerung von Windenergieanlagen diese in Wahrheit zu verhindern (Einzelfall, Bestätigung der ständigen Rechtsprechung).
Die Gemeinde muss ihre zunächst gewählten Kriterien (z.B. Pufferzonen) für die Festlegung der Konzentrationsflächen nochmals prüfen und gegebenenfalls ändern, wenn sich herausstellt, dass damit der Windenergie nicht substanziell Raum geschaffen wird. Will sie an den Kriterien festhalten, muss sie auf eine planerische Steuerung nach § 35 Abs. 3 Satz 3 BauGB verzichten.
Normenkette
BauGB § 1 Abs. 3, 7, § 35 Abs. 3 S. 3, § 214 Abs. 1 S. 1 Nr. 1, Abs. 3 S. 2
Verfahrensgang
OVG Rheinland-Pfalz (Urteil vom 18.01.2007; Aktenzeichen 1 C 10350/06) |
Tenor
Die Revision der Antragsgegnerin gegen das Urteil des Oberverwaltungsgerichts Rheinland-Pfalz vom 18. Januar 2007 wird zurückgewiesen.
Die Antragsgegnerin trägt die Kosten des Revisionsverfahrens einschließlich der außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen.
Tatbestand
I
Die Antragstellerin, ein Unternehmen der Windenergiebranche, wendet sich mit ihrem Normenkontrollantrag gegen die zweite Änderung des Flächennutzungsplans der Antragsgegnerin, einer Verbandsgemeinde, soweit darin eine Eignungsfläche für Windenergieanlagen im Bereich der Ortsgemeinden Hambuch/Illerich mit der Folge dargestellt ist, dass die übrigen Flächen des Verbandsgemeindegebiets Ausschlussflächen sein sollen. Unterstützt wird der Normenkontrollantrag durch die Beigeladene, die ebenso wie die Antragstellerin die Errichtung von Windenergieanlagen außerhalb der Konzentrationszone beabsichtigt.
Die Planungsgemeinschaft Mittelrhein-Westerwald, zu der die Antragsgegnerin gehört, hatte beabsichtigt, einen Teilplan Windenergienutzung zum regionalen Raumordnungsplan aufzustellen und darin ein Vorranggebiet auszuweisen, das sich etwa mit dem im vorliegenden Flächennutzungsplan dargestellten Eignungsgebiet deckt. Diese Planung wird nicht weiter verfolgt, nachdem das zuständige Ministerium die Genehmigung abgelehnt hat.
Mit der Änderung des Flächennutzungsplans strebt die Antragsgegnerin eine wirkungsvolle Steuerung der Standortausweisung von Flächen für Windenergieanlagen an. Dabei wurde der Planung zunächst der von der Planungsgemeinschaft Mittelrhein-Westerwald entwickelte Kriterienkatalog zugrunde gelegt. Zur Ermittlung von Potenzialflächen für Vorranggebiete wurden Ausschlussgebiete bestimmt. Dabei wurden Pufferzonen festgelegt, wobei die Antragsgegnerin einen generellen Mindestabstand von 1 000 m zu Wohnbauflächen und von 500 m zu sonstigen Bauflächen und Splittersiedlungen im Außenbereich vorsah. Als weiteres Kriterium für die Auswahl wurde zur Konzentration der Windenergieanlagen in Windparks eine Mindestgröße von ca. 25 ha festgelegt. Im Laufe des Aufstellungsverfahrens wies die Kreisverwaltung Cochem/Zell auf die Beschränkungen für die Errichtung von Windenergieanlagen im Hinblick auf den südwestlich der Verbandsgemeinde gelegenen Militärflugplatz Büchel hin. Ferner erhob sie aus landespflegerischer Sicht Bedenken gegen die vorgesehene Konzentrationsfläche. Auch von verschiedenen privaten Grundstückseigentümern und Windenergieanlagenbetreibern – darunter auch der Antragstellerin und der Beigeladenen – wurde auf die aus deren Sicht fehlende Eignung des vorgesehenen Gebiets verwiesen, die sich daraus ergebe, dass aufgrund zahlreicher Beschränkungen nur sehr wenige Anlagen errichtet werden könnten.
Die Änderung des Flächennutzungsplans, die eine 59 ha große Konzentrationsfläche vorsieht, wurde vom Rat der Antragsgegnerin am 21. Juli 2005 beschlossen und nach der Genehmigung durch die Kreisverwaltung Cochem/Zell am 11. August 2005 ortsüblich bekannt gemacht.
Auf den Normenkontrollantrag der Antragstellerin hat das Oberverwaltungsgericht mit Urteil vom 18. Januar 2007 die zweite Änderung des Flächennutzungsplans – Teilfortschreibung Windenergie – für unwirksam erklärt und dies im Wesentlichen wie folgt begründet: Die zweite Änderung des Flächennutzungsplans sei fehlerhaft und damit unwirksam, weil ihr kein schlüssiges gesamträumliches Planungskonzept zugrunde liege, das den Anforderungen des planungsrechtlichen Abwägungsgebotes gerecht werde; es dränge sich der Gedanke an eine “Verhinderungsplanung” auf. Die Änderung des Flächennutzungsplans werde von der Absicht geprägt, zu einem mit dem Entwurf des regionalen Raumordnungsplans möglichst deckungsgleichen Ergebnis zu gelangen. Die Übernahme der Auswahlkriterien der Regionalplanung zur Bildung von sog. Ausschlussgebieten erscheine aber bedenklich, weil dies geradezu zielgerichtet und erkennbar auf die Ausweisung einer einzigen Konzentrationsfläche hinauslaufe. Die Antragsgegnerin hätte sich daher der Frage stellen müssen, ob die Übernahme des auf eine großräumige Planung abstellenden Kriterienkatalogs den kleinräumigen konkreten Gegebenheiten ihres Verbandsgemeindegebietes gerecht werde. Dies gelte umso mehr, da sie offensichtlich selbst davon ausgehe, dass sich in der letztendlich dargestellten Konzentrationsfläche allenfalls zwei bis drei Windkraftanlagen errichten ließen. Zwar sei es nicht von vornherein zu beanstanden, wenn eine planende Gemeinde zunächst einmal großräumigere Pufferzonen von der weiteren Betrachtung ausschließe, sofern danach noch ausreichend Flächen übrig blieben, auf denen der Windenergienutzung in angemessenem Umfang Raum gegeben werden könne und unter denen die Gemeinde eine Auswahl treffe. Anders liege der Fall jedoch, wenn sich – wie hier – im Rahmen der Planung ergebe, dass bei einer Berücksichtigung der maximal denkbaren Ausdehnung von Pufferzonen fast das gesamte Verbandsgemeindegebiet zur Ausschlussfläche werde und es kaum noch möglich sei, der Windenergienutzung Raum zu geben. In einer solchen Situation bedürfe es einer eingehenden Prüfung und städtebaulichen Begründung für die getroffene Festlegung der Pufferzonen. Das schließe zwar nicht aus, dass eine Gemeinde wegen der konkreten Besonderheiten in ihrem Verbandsgemeindegebiet zu dem sachlich nicht zu beanstandenden Ergebnis gelange, an der großen Ausdehnung der Pufferzonen festzuhalten. Die im vorliegenden Fall hierfür im Erläuterungsbericht dargestellte und sich aus den Beschlüssen des Rats ergebende Begründung überzeuge indessen nicht. Eine Begründung werde ohnehin nur bezüglich der Pufferzonen um Wohnbauflächen und gemischte Bauflächen gegeben, nicht aber für sonstige Bauflächen und Splittersiedlungen. Als örtlich spezifische Kriterien würden lediglich die Bedeutung der Umgebung der Wohngebiete für den Fremdenverkehr und die Absicht, Potenzial für bauliche Erweiterungen zu schaffen, genannt. Die schematische Darstellung von Abstandsflächen wegen der zu befürchtenden Schallimmissionen könne nicht für diejenigen Ortsgemeinden herangezogen werden, die auf der Grundlage entsprechender Untersuchungen bereits rechtswirksam Sonderbauflächen für Windenergienutzung festgesetzt hätten. Entsprechendes gelte für den Raum, in dem bereits eine größere Zahl von Windenergieanlagen genehmigt und errichtet und hierfür die Schallimmissionsbelastung abgeklärt worden sei. Auch die Bedeutung für die Fremdenverkehrsentwicklung könne nicht gleichermaßen jeder einzelnen Ortsgemeinde zugesprochen werden. Die Begründung, durch die Festlegung der Pufferzonen von 1 000 m um Siedlungsgebiete solle Freiraum für bauliche Erweiterungen geschaffen werden, überzeuge nicht. Denn es fehle jegliche Prüfung, in welche Richtung sich die einzelnen Gemeinden überhaupt entwickeln könnten. Die Handhabung der Antragsgegnerin laufe darauf hinaus, gleichsam zwangsweise auch denjenigen Gemeinden Wohnbauerweiterungsflächen zuzuweisen, die durch ihre eigene Bauleitplanung bereits dokumentiert hätten, dass sie derartige Erweiterungen – jedenfalls hinsichtlich bestimmter Teile ihres Gemeindegebiets – überhaupt nicht beabsichtigten. Das starre Festhalten an dem Kriterium der Mindestgröße von 25 ha für die darzustellende Konzentrationsfläche habe dazu geführt, dass die Planung im Ergebnis längerfristig zu einer massiven Reduzierung der Windenergieanlagen im Verhältnis zum derzeitigen Bestand führen werde. Das hinter dem Kriterium der ausreichenden Flächengröße stehende Planungsziel, der Windenergienutzung einerseits hinreichend Raum zu geben, andererseits aber eine ausreichend große Konzentrationsfläche darzustellen, werde vorliegend geradezu ins Gegenteil verkehrt, wenn ein kleinerer Standort, für den bereits zehn raumbedeutsame Windenergieanlagen genehmigt und weitgehend auch errichtet worden seien, auf den Bestandsschutz und damit auf ein absehbares Auslaufen der Windenergienutzung reduziert und stattdessen ein insgesamt zwar größerer Bereich als Konzentrationsfläche dargestellt werde, in dem aber allenfalls zwei bis drei Windenergieanlagen errichtet werden könnten. Daher hätte es sich der Antragsgegnerin aufdrängen müssen, auch kleinere Flächen noch einmal näher zu untersuchen. Im Übrigen habe die Antragsgegnerin nunmehr eine Konzentrationsfläche ausgewiesen, deren Eignung mit hoher Wahrscheinlichkeit als äußerst gering einzuschätzen sei und die der Windenergienutzung deshalb nur unzureichend Raum gebe. Die Antragsgegnerin habe die Eignung der letztlich ausgewählten Konzentrationsfläche nur unzureichend geprüft. Zwar vermittle diese auf den ersten Blick den Eindruck, es werde der Windenergienutzung noch in beachtlichem Umfang Raum gegeben. Tatsächlich sei das jedoch wegen der topographischen Situation sowie weiterer Restriktionen nicht der Fall. Das ausgewählte Gebiet werde durch einen Bach und den beidseits einzuhaltenden Schutzstreifen durchtrennt und damit faktisch in zwei kleinere Teile aufgeteilt. Weitere Beschränkungen für die Nutzbarkeit ergäben sich aus der Nähe zu dem Militärflugplatz Büchel, wegen dessen Radaranlagen bestimmte Mindestabstände eingehalten werden müssten.
Die Antragsgegnerin hat die vom Oberverwaltungsgericht zugelassene Revision eingelegt. Zur Begründetheit des Normenkontrollantrags führt sie aus: Sie sei nicht davon ausgegangen, in der 59 ha großen Konzentrationsfläche könnten nur zwei bis drei Windenergieanlagen errichtet werden; sondern habe lediglich auf eine Rechtsprechung des Oberverwaltungsgerichts hingewiesen, wonach auch in einem derartigen Fall noch nicht eine unzulässige Verhinderungsplanung vorliegen müsse. Ihr könne nicht vorgehalten werden, dass sie ihre Auswahlkriterien nicht nochmals überprüft habe. Denn die Abwägung müsse ergebnisoffen bleiben. Sie sei nicht gehalten, mehr als nur eine Konzentrationsfläche darzustellen. Die einheitlichen Schutzabstände von 1 000 m seien nicht zu beanstanden. Wenn städtebaulich vertretbar begründete Pufferzonen zu einer weitgehenden Reduzierung der Potenzialflächen führten, sei dies hinzunehmende Folge der historisch gewachsenen Siedlungsstruktur und der geringen Entfernungen zwischen den 18 Ortsgemeinden mit ganz überwiegend nur wenigen hundert Einwohnern. Der Entscheidung, die Potenzialfläche bei Düngenheim nicht als Konzentrationsfläche darzustellen, könne nicht entgegengehalten werden, dass dort bereits zehn Anlagen genehmigt worden seien. Denn eine darüber hinausgehende Ausnutzung der Fläche sei nicht möglich. Somit könne dort ohnehin nicht Raum für die Windenergienutzung geschaffen werden. Entgegen der Auffassung des Oberverwaltungsgerichts sei die dargestellte Konzentrationsfläche geeignet. Die Nähe des Flugplatzes Büchel stehe der Planung nicht entgegen. Der Taleinschnitt und der Schutzstreifen könnten in der Abstandsfläche zwischen den Windenergieanlagen liegen.
Entscheidungsgründe
II
Die Revision bleibt ohne Erfolg.
A. Das Oberverwaltungsgericht ist zu Recht davon ausgegangen, dass die zweite Änderung des Flächennutzungsplans Gegenstand der verwaltungsgerichtlichen (prinzipalen) Normenkontrolle sein kann. Hierzu verweist der Senat auf sein Urteil vom 26. April 2007 – BVerwG 4 CN 3.06 – (BVerwGE 128, 382).
B. Das Normenkontrollgericht ist ohne Verstoß gegen Bundesrecht zu dem Ergebnis gelangt, dass diese Änderung des Flächennutzungsplans der Antragsgegnerin für unwirksam zu erklären ist, soweit darin eine Eignungsfläche für Windenergieanlagen im Bereich Hambuch/Illerich dargestellt ist und die übrigen Flächen des Verbandsgemeindegebiets Ausschlussflächen sein sollen.
1. Die Anforderungen an einen Flächennutzungsplan, mit dem die Ausschlusswirkung des § 35 Abs. 3 Satz 3 BauGB herbeigeführt werden soll, sind in mehreren Urteilen des Senats eingehend dargestellt und begründet worden (Urteile vom 17. Dezember 2002 – BVerwG 4 C 15.01 – BVerwGE 117, 287, vom 13. März 2003 – BVerwG 4 C 4.02 – BVerwGE 118, 33 und – BVerwG 4 C 3.02 – BRS 66 Nr. 11 sowie vom 21. Oktober 2004 – BVerwG 4 C 2.04 – BVerwGE 122, 109). Danach stellt § 35 Abs. 3 Satz 3 BauGB die Errichtung von Windenergieanlagen im Außenbereich unter einen Planungsvorbehalt, der sich an die Gemeinden als Träger der Flächennutzungsplanung und an die Träger der Raumordnungsplanung, insbesondere der Regionalplanung, richtet. Dieser Planungsvorbehalt setzt gebietsbezogene Festlegungen des Plangebers über die Konzentration von Windenergieanlagen an bestimmten Standorten voraus, wenn zugleich ein Ausschluss der Anlagen an anderer Stelle im Plangebiet angestrebt und festgeschrieben wird. § 35 Abs. 3 Satz 3 BauGB verleiht derartigen Festlegungen rechtliche Ausschlusswirkung gegenüber dem Bauantragsteller mit der Folge, dass Vorhaben außerhalb der Konzentrationsflächen in der Regel unzulässig sind. In diesem Sinne bedingen die negative und die positive Komponente der festgelegten Konzentrationsflächen einander.
Der Planungsträger ist zwar auch im Hinblick auf die gebotene Förderung der Windenergienutzung nicht gehalten, der Windenergie “bestmöglich” Rechnung zu tragen. Der Ausschluss der Anlagen auf Teilen des Plangebiets lässt sich jedoch nur rechtfertigen, wenn der Plan sicherstellt, dass sich die betroffenen Vorhaben an anderer Stelle gegenüber konkurrierenden Nutzungen durchsetzen. Dem Plan muss daher ein schlüssiges gesamträumliches Planungskonzept zugrunde liegen, das den allgemeinen Anforderungen des planungsrechtlichen Abwägungsgebots gerecht wird. Dagegen ist es einer Gemeinde verwehrt, den Flächennutzungsplan als Mittel zu benutzen, das ihr dazu dient, unter dem Deckmantel der Steuerung Windkraftanlagen in Wahrheit zu verhindern. Mit einer bloßen “Feigenblatt”-Planung, die auf eine verkappte Verhinderungsplanung hinausläuft, darf sie es nicht bewenden lassen. Vielmehr muss sie der Privilegierungsentscheidung des Gesetzgebers Rechnung tragen und für die Windenergienutzung in substanzieller Weise Raum schaffen. Wo die Grenze zur Verhinderungsplanung verläuft, lässt sich nicht abstrakt bestimmen. Wann diese Grenze überschritten ist, kann erst nach einer Würdigung der tatsächlichen Verhältnisse im jeweiligen Planungsraum beurteilt werden. Ob es – wie die Beigeladene meint – in tatsächlicher Hinsicht möglich ist, für bestimmte Arten von Gemeinden Richtwerte zu bestimmen, bei deren Unterschreitung im Regelfall anzunehmen ist, dass der Windenergie nicht in substanzieller Weise Raum geschaffen worden ist, bedarf vorliegend keiner Entscheidung.
Wenn der Träger der Flächennutzungsplanung der Auffassung ist, für seinen Zuständigkeitsbereich sei es im Hinblick auf entsprechende örtliche Besonderheiten nicht möglich, eine ausgewogene Planung zu beschließen, hat er sich darauf zu beschränken, die Zulassung von Windenergieanlagen im Rahmen der Anwendung von § 35 Abs. 1 und Abs. 3 Satz 1 BauGB durch das Geltendmachen von öffentlichen Belangen im Einzelfall zu steuern (Urteil vom 17. Dezember 2002 a.a.O. S. 295 f.).
2. Auf der Grundlage dieser Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts gelangt das Oberverwaltungsgericht ohne Verstoß gegen Bundesrecht zu der Schlussfolgerung, dass der Antragsgegnerin zumindest Fehler im Abwägungsvorgang unterlaufen sind, die, da sie dem Inhalt der Akten entnommen werden können, offensichtlich sowie auf das Abwägungsergebnis von Einfluss gewesen sind (§ 214 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 und Abs. 3 Satz 2 Halbs. 2 BauGB).
2.1 Zu Recht hält das Oberverwaltungsgericht der Antragsgegnerin als Fehler im Abwägungsvorgang vor, sie habe die Pufferzonen in sachwidrig schematisierender Weise ausgewählt und auch dann noch beibehalten, als sie hätte erkennen müssen, dass sie infolgedessen der Windenergie nicht in substanzieller Weise Raum schaffen werde.
Zwar ist es im Grundsatz nicht zu beanstanden, wenn ein Planungsträger das gesamte Planungsgebiet zunächst nach allgemeinen Kriterien untersuchen lässt und dabei vorerst von örtlichen Besonderheiten absieht und auch noch nicht in den Blick nimmt, ob im Ergebnis eine ausreichend große Fläche für die Windenergienutzung verbleibt. Daher kann der Planungsträger in diesem ersten Schritt seiner Untersuchung auch zunächst relativ große Pufferzonen um bestimmte Nutzungen herum zugrunde legen. Wenn er als Ergebnis dieser Untersuchung jedoch erkennt, dass mit der gewählten Methode der Windenergie nicht ausreichend substanziell Raum geschaffen wird, hat er sein Auswahlkonzept nochmals zu überprüfen und gegebenenfalls abzuändern. Je kleiner die für die Windenergienutzung verbleibenden Flächen ausfallen, umso mehr ist das gewählte methodische Vorgehen zu hinterfragen und zu prüfen, ob mit Blick auf die örtlichen Verhältnisse auch kleinere Pufferzonen als Schutzabstand genügen. Will sie dennoch an den bisher vorgesehenen Abständen festhalten, muss sie auf eine planerische Steuerung nach § 35 Abs. 3 Satz 3 BauGB verzichten.
Zu Recht beanstandet das Oberverwaltungsgericht vor diesem Hintergrund das schematische Beibehalten eines Abstands von 1 000 m zu vorhandenen Siedlungsflächen ohne die gebotene Beachtung der jeweiligen örtlichen Besonderheiten. Ein solches Vorgehen ist insbesondere in den Fällen nicht gerechtfertigt, in denen – wie auch das Oberverwaltungsgericht feststellt – beispielsweise bereits eine Sonderbaufläche für die Windenergienutzung festgesetzt worden ist oder schon eine Anzahl von Windenergieanlagen konzentriert genehmigt worden ist. Denn in diesen Fällen ist eine detaillierte Untersuchung der Auswirkungen der Windenergieanlagen auf die Besiedlung erfolgt und eine schematische Handhabung des Schutzabstands nicht sachgerecht. Ebenso wenig zu beanstanden sind die Schlussfolgerungen des Oberverwaltungsgerichts, nicht jede einzelne Ortschaft im Gebiet der Verbandsgemeinde habe dieselbe besondere Bedeutung für den Fremdenverkehr und die Antragsgegnerin habe nicht ausreichend nach den Absichten der Ortsgemeinden differenziert, in welche Richtung eine weitere Siedlungsentwicklung überhaupt beabsichtigt und zu erwarten ist. Dies gilt in besonderer Weise, wenn Ortsgemeinden bereits der Erteilung von Genehmigungen für Windenergieanlagen zugestimmt oder in anderer Weise dokumentiert haben, dass sie keine Erweiterungsabsichten in Richtung auf die Standorte der Windenergieanlagen haben (UA S. 36 f.). Eine Handhabung, bei der den Ortsgemeinden gleichsam zwangsweise Wohnbauerweiterungspotenzialflächen zugewiesen werden, obwohl sie derartige Erweiterungen – jedenfalls an dieser Stelle – überhaupt nicht beabsichtigen (UA S. 37), wird dem Abwägungsgebot nicht gerecht.
Auch die Einwände der Revision gegen die Ausführungen des Oberverwaltungsgerichts zum Kriterium der Mindestgröße von ca. 25 ha greifen nicht durch. Das starre Festhalten führt zu dem Ergebnis, dass dadurch sogar Flächen, auf denen sich bereits Windenergieanlagen befinden, nicht als Konzentrationsflächen dargestellt worden sind. Der Erwägung der Revision, ein Standort, an dem bereits Windenergieanlagen errichtet worden seien und keine weiteren errichtet werden könnten, sei nicht in die Planung der Konzentrationsflächen einzubeziehen, eine solche Planung sei nicht einmal erforderlich im Sinne von § 1 Abs. 3 BauGB, ist nicht zu folgen. Denn mit einer Darstellung der betreffenden Flächen als Konzentrationsflächen ändert sich die rechtliche Situation für die Grundstückseigentümer erheblich. Sie sind nicht auf den Bestandsschutz für ihre Anlagen beschränkt. Außerdem hat der Planungsträger das Interesse gerade der Betreiber, ältere Anlagen durch effizientere neue Anlagen zu ersetzen und diese dabei gegebenenfalls auch neu anzuordnen (Repowering), in der Abwägung zu berücksichtigen.
Revisionsrechtlich nicht zu beanstanden ist ferner, dass das Oberverwaltungsgericht aufgrund des von ihm festgestellten und nicht mit durchgreifenden Verfahrensrügen angegriffenen Sachverhalts auch hinsichtlich der nicht ausgeräumten Zweifel an der Eignung der dargestellten Konzentrationsfläche einen Fehler im Abwägungsvorgang erkannt hat. Entgegen der Auffassung der Revision war es nicht Sache des Normenkontrollgerichts, diesen Zweifeln weiter nachzugehen. Vielmehr hatte sich die Antragsgegnerin im Rahmen der ihr aufgegebenen Abwägung mit ihnen auseinanderzusetzen; dieser Aufgabe ist sie nach den Feststellungen des Normenkontrollgerichts nicht ordnungsgemäß nachgekommen. Zu Recht ist das Oberverwaltungsgericht auch davon ausgegangen, dass bei der Abwägung zu berücksichtigen ist, wenn von vornherein erkennbar ist, dass die Grundstücke einem Eigentümer, beispielsweise einer Gemeinde (Ortsgemeinde), gehören, der erklärtermaßen nicht bereit ist, die Errichtung von Windenergieanlagen zu ermöglichen (UA S. 47).
Soweit die Revision sich darauf beruft, es sei der Antragsgegnerin nicht verwehrt gewesen, sich in methodischer und inhaltlicher Hinsicht an die Planung der Planungsgemeinschaft Mittelrhein-Westerwald als Trägerin der Regionalplanung anzulehnen, kann sie schon deswegen nichts daraus für sich herleiten, da diese Planung nicht genehmigt worden ist und nicht weiter verfolgt wird.
2.2 Die Fehler im Abwägungsvorgang haben das Abwägungsergebnis beeinflusst und sind deshalb beachtlich (§ 214 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 und Abs. 3 Satz 2 Halbs. 2 BauGB). Es besteht die konkrete Möglichkeit, dass die Antragsgegnerin ohne die Fehler, mithin dann, wenn sie die Kriterien für die Ermittlung der Ausschlussflächen und Tabuzonen sachgerecht bestimmt hätte, der Windenergie mehr Flächen zur Verfügung gestellt hätte. Nach den tatrichterlichen Feststellungen im Normenkontrollurteil, an die der Senat nach § 137 Abs. 2 VwGO gebunden ist, hat die Antragsgegnerin bei der Darstellung der Konzentrationsfläche, die lediglich die Errichtung von zwei bis drei Windenergieanlagen ermöglicht, die im Planaufstellungsverfahren von verschiedener Seite erhobenen Einwände ungeprüft beiseite geschoben (UA S. 42). Wäre sie ihnen nachgegangen, hätte Anlass bestanden, die Ausschlusskriterien zu korrigieren, und wäre das Abwägungsergebnis eventuell anders ausgefallen.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 2, § 162 Abs. 3 VwGO.
Unterschriften
Dr. Paetow, Prof. Dr. Rojahn, Gatz, Dr. Jannasch, Dr. Bumke
Fundstellen
Haufe-Index 1959768 |
BauR 2008, 877 |
BauR 2008, 951 |
VR 2008, 251 |
BayVBl. 2008, 478 |
DVBl. 2008, 664 |
Städtetag 2008, 38 |
UPR 2008, 264 |
ZNER 2008, 88 |
BBB 2008, 46 |
FSt 2009, 463 |
FuBW 2008, 631 |
FuB 2008, 238 |