Entscheidungsstichwort (Thema)
Bei den Eltern wohnen i.S.v. § 2 Abs. 1 a Satz 1 BAföG;. Wohnen bei den Eltern i.S.v. § 2 Abs. 1 a Satz 1 BAföG
Leitsatz (amtlich)
Ein Auszubildender wohnt im Sinne des § 2 Abs. 1 a Satz 1 BAföG nur dann bei seinen Eltern, wenn er mit ihnen in einer Haushaltsgemeinschaft lebt; die Fiktion des § 12 Abs. 3 a BAföG ist in diesem Zusammenhang nicht anzuwenden.
Normenkette
BAföG § 2 Abs. 1 S. 1 Nr. 1, Abs. 1a, § 12 Abs. 3a
Tenor
Die Revision des Beklagten gegen das Urteil des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs vom 11. Februar 1999 wird zurückgewiesen.
Der Beklagte trägt die Kosten des Revisionsverfahrens. Gerichtskosten werden nicht erhoben.
Tatbestand
I.
Die Klägerin begehrt die Bewilligung von Ausbildungsförderung für den Besuch einer Berufsfachschule im Schuljahr 1991/1992. Sie bewohnte damals mit ihren beiden 13 und 5 Jahre alten Kindern im Haus ihrer Mutter eine Vier-Zimmer-Wohnung, die sie für DM 1 100,– incl. Betriebskosten gemietet hatte.
Der Beklagte lehnte den Antrag der Klägerin vom 7. August 1991 auf Gewährung von Ausbildungsförderung mit der Begründung ab, für Schüler von einjährigen Berufsfachschulen der Klasse 10 werde gemäß § 2 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1, Abs. 1 a BAföG Ausbildungsförderung nur geleistet, wenn der Auszubildende nicht bei seinen Eltern wohne. Die Klägerin wohne bei ihren Eltern, da sie eine im Eigentum ihrer Mutter stehende Wohnung bewohne (Bescheid vom 16. September 1991). Mit ihrem Widerspruch machte die Klägerin geltend, daß das im Eigentum ihrer Mutter stehende Haus zu einem Zweifamilienhaus umgebaut worden sei; die Miete diene der Tilgung der Schulden, die aus dem Umbau herrührten. Mit Bescheid vom 24. Oktober 1991 wies die Widerspruchsbehörde den Widerspruch der Klägerin zurück.
Auf die hierauf erhobene Klage auf Verpflichtung des Beklagten zur Bewilligung von Ausbildungsförderung hat das Verwaltungsgericht den Beklagten unter Aufhebung der genannten Bescheide verpflichtet, den Antrag der Klägerin unter Berücksichtigung der Rechtsauffassung des Gerichtes neu zu bescheiden. Die hiergegen eingelegte Berufung des Beklagten hat der Verwaltungsgerichtshof zurückgewiesen und zur Begründung im wesentlichen ausgeführt:
Nach den Angaben der Klägerin in der mündlichen Verhandlung stehe fest, daß sie mit ihrer Mutter nicht im Sinne einer Haushaltsgemeinschaft zusammengewohnt habe. § 12 Abs. 3 a BAföG, wonach ein Auszubildender auch dann bei seinen Eltern wohne, wenn der von ihm bewohnte Raum im Eigentum der Eltern stehe, sei im Zusammenhang des § 2 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 BAföG nicht anzuwenden. Die Gesetzesgeschichte ergebe keine Anhaltspunkte dafür, daß die vor dem 1. Juli 1990 in § 68 Abs. 2 Nr. 1 BAföG in der Fassung des Gesetzes vom 21. Juni 1988 (BGBl I S. 829) geregelte Förderung des Besuchs der 10. Berufsfachschulklasse durch die mit dem 12. BAföG-Änderungsgesetz vorgenommene Übertragung in den § 2 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 und Absatz 1 a BAföG eine inhaltliche Änderung habe erfahren sollen; für die Schülerförderung nach § 68 Abs. 2 Nr. 1 BAföG sei aber in der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts geklärt gewesen, daß ein Wohnen in der Wohnung der Eltern eine Haushaltsgemeinschaft voraussetze und die – dem jetzigen § 12 Abs. 3 a BAföG entsprechende – Fiktionsregelung in § 13 Abs. 3 a BAföG betreffend die Bedarfsbestimmung für Studierende nicht darauf übertragen werden könne. Auch Sinn und Zweck der in § 12 Abs. 3 a BAföG getroffenen Regelung sprächen gegen eine Anwendung im Kontext des § 2 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 BAföG. Während § 12 Abs. 3 a BAföG als bedarfsorientierte Vorschrift auf der Erwägung beruhe, daß ein Vermietergewinn der Eltern nicht berücksichtigt werden solle, weise § 2 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 BAföG die Kosten der dort genannten Ausbildung im Grundsatz den Eltern zu, wenn nicht die besonders hohen Kosten notwendiger auswärtiger Unterbringung eine Förderung rechtfertigten. Wohne der Auszubildende in Haushaltsgemeinschaft mit seinen Eltern, so würden durch das gemeinsame Wohnen die Unterhaltsaufwendungen der Eltern typischerweise wesentlich gemindert. Es gebe aber keinen Erfahrungssatz des Inhalts, daß die Unterhaltsaufwendungen der Eltern für ein notwendig auswärts wohnendes Kind (auch) dann wesentlich gemindert seien, wenn das Kind eine im Eigentum der Eltern stehende Wohnung bewohne; die Eltern realisierten in der Regel lediglich einen Vermietergewinn nicht. Dem trage das Gesetz durch einen niedrigeren Bedarfssatz (§ 12 Abs. 1 BAföG) Rechnung. Der Klägerin sei es auch nicht zumutbar gewesen, bei ihrer Mutter zu wohnen, da sie im Bewilligungszeitraum einen eigenen Haushalt geführt habe und verheiratet gewesen sei (§ 2 Abs. 1 a Satz 1 BAföG). Bei seiner erneuten Entscheidung habe der Beklagte den Bedarf nach § 12 Abs. 1 Nr. 1 Buchst. b BAföG zugrunde zu legen; den erhöhten Bedarf nach § 12 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 Buchst. b BAföG könne die Klägerin nicht beanspruchen, weil sie im Sinne von § 12 BAföG bei ihrer Mutter gewohnt habe (§ 12 Abs. 3 a BAföG).
Mit der vom Verwaltungsgerichtshof zugelassenen Revision rügt der Beklagte fehlerhafte Auslegung des § 2 Abs. 1 a BAföG; der Begriff „bei den Eltern wohnen” sei innerhalb des Bundesausbildungsförderungsgesetzes einheitlich zu bestimmen und die Fiktion des § 12 Abs. 3 a BAföG auch im Rahmen des § 2 Abs. 1 a BAföG anzuwenden.
Die Klägerin verteidigt das angefochtene Urteil.
Entscheidungsgründe
II.
Die Revision des Beklagten ist nicht begründet. Das Berufungsgericht hat zu Recht entschieden, daß § 12 Abs. 3 a BAföG, wonach ein Auszubildender auch dann bei seinen Eltern wohnt, wenn der von ihm bewohnte Raum seinen Eltern gehört, im Rahmen der Förderungsgrundentscheidung nach § 2 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1, Abs. 1 a BAföG keine Anwendung findet, sondern erst bei der Bedarfsberechnung zu berücksichtigen ist.
Nach § 2 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 BAföG in der hier maßgeblichen Fassung des 12. BAföG-Änderungsgesetzes vom 22. Mai 1990 (BGBl I S. 936) wird Ausbildungsförderung geleistet u.a. für den Besuch von Berufsfachschulen ab Klasse 10, deren Besuch eine abgeschlossene Berufsausbildung nicht voraussetzt, wenn der Auszubildende die Voraussetzungen des Absatzes 1 a erfüllt; nach Absatz 1 a Satz 1 wird für den Besuch der in Absatz 1 Satz 1 Nr. 1 bezeichneten Ausbildungsstätten Ausbildungsförderung nur geleistet, wenn der Auszubildende nicht bei seinen Eltern wohnt und weitere Voraussetzungen gemäß Nr. 1 bis 3 dieses Satzes vorliegen, die hier nicht zweifelhaft und erörterungsbedürftig sind.
Die Vorinstanz hat sich bei der Auslegung des Rechtsbegriffs des Wohnens bei den Eltern in § 2 Abs. 1 a Satz 1 BAföG zutreffend an der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts zu der insoweit wort- und inhaltsgleichen Vorgängerbestimmung in § 68 Abs. 2 Nr. 1 BAföG orientiert, welche bis zum Inkrafttreten des 12. BAföG-Änderungsgesetzes galt, und zwar zuletzt in der Fassung vom 21. Juni 1988 (BGBl I S. 829). Zu dieser Vorgängerbestimmung und zu den den Bedarf für Schüler bzw. Studierende betreffenden Regelungen in § 12 Abs. 2 und § 13 Abs. 2 BAföG hat das Bundesverwaltungsgericht wiederholt festgestellt, daß der in diesen Bestimmungen enthaltene Begriff „bei seinen Eltern wohnt” in Hinblick auf seine wortgleiche Verwendung einheitlich auszulegen ist (vgl. nur BVerwG, Urteil vom 24. November 1977 – BVerwG 5 C 68.76 – ≪BVerwGE 55, 54, 56 ff. = Buchholz 436.36 § 13 BAföG Nr. 1 S. 2 f.≫; Urteil vom 17. Februar 1993 – BVerwG 11 C 10.92 – ≪Buchholz 436.36 § 68 BAföG Nr. 15 S. 23 m.w.N.≫). Die durch die Präposition „bei” geprägte Formulierung erfaßt danach das nahe räumliche Zusammenleben mit den Eltern bzw. einem Elternteil in einem Haushalt, wobei auf das tatsächliche Erscheinungsbild abzustellen ist (BVerwG, Urteil vom 24. November 1977, a.a.O. S. 56 bzw. S. 2; Urteil vom 13. April 1978 – BVerwG 5 C 54.76 – ≪BVerwGE 55, 325, 328 = Buchholz 436.36 § 13 BAföG Nr. 2 S. 9≫). An diesen Maßstäben, welche die Vorinstanz ihrer Bewertung zugrunde gelegt hat und wonach zwischen der Klägerin und ihrer Mutter eine Haushaltsgemeinschaft nicht vorlag, hält der Senat auch für die Auslegung des § 2 Abs. 1 a Satz 1 BAföG fest. Demgemäß greift die in § 12 Abs. 3 a (betreffend Bedarf für Schüler) wie in § 13 Abs. 3 a BAföG (betreffend Bedarf für Studierende) enthaltene gesetzliche Fiktion, wonach ein Auszubildender auch dann bei seinen Eltern wohnt, wenn der von ihm bewohnte Raum im Eigentum der Eltern steht, nicht schon im Rahmen der Förderungsgrundentscheidung gemäß § 2 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1, Abs. 1 a BAföG ein, sondern erst im Rahmen der Bedarfsberechnung nach § 12 BAföG.
Zutreffend hat das Berufungsgericht dargelegt, daß bereits die systematische Stellung des § 12 Abs. 3 a BAföG gegen eine Anwendung im Rahmen des § 2 Abs. 1 a BAföG spricht. Während § 2 BAföG bestimmt, unter welchen Voraussetzungen Ausbildungen an bestimmten Ausbildungsstätten dem Grunde nach förderungsfähig sind, regeln die §§ 12, 13 BAföG den konkreten Bedarf einer förderungsfähigen Ausbildung von Schülern bzw. Studenten; im Falle des § 12 Abs. 3 a BAföG ebenso wie im Falle des § 13 Abs. 3 a BAföG handelt es sich um eine spezielle gesetzliche Fiktionsregelung aus der Bedarfsbestimmung für Schüler bzw. Studierende, deren analoge Übertragung auf die Förderungsgrundregel schon daran scheitert, daß eine Gesetzeslücke in der Förderungsgrundregel nicht festgestellt werden kann. Dies hat der 11. Senat des Bundesverwaltungsgerichts in seinem Urteil vom 17. Februar 1993 (a.a.O. S. 26) mit Blick auf eine Übertragung der Fiktionsregelung in § 13 Abs. 3 a BAföG auf die seinerzeit maßgebliche Förderungsgrundregel des § 68 Abs. 2 Nr. 1 BAföG festgestellt; die vom 11. Senat damals ausdrücklich offengelassene Frage, ob dies auch für die zeitgleich mit der Einfügung des § 12 Abs. 3 a BAföG durch das 12. BAföG-Änderungsgesetz erfolgte systematische Verlagerung der Förderungsgrundregel in den § 2 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1, Abs. 1 a Satz 1 BAföG gilt, ist zu bejahen.
Die Gesetzesgeschichte spricht gegen die Übertragung der Fiktionsregelungen des § 12 Abs. 3 a und des § 13 Abs. 3 a BAföG auf den Förderungsgrundtatbestand des § 2 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1, Abs. 1 a Satz 1 BAföG. Vor der Einfügung des Absatz 1 a durch das 12. BAföG-Änderungsgesetz war in § 2 Abs. 1 Nr. 3 BAföG in für eine Förderungsgrundnorm unvollständiger Weise lediglich geregelt, daß Ausbildungsförderung für den Besuch von Berufsfachschulen geleistet wird; § 68 Abs. 2 BAföG als für das gesamte Gesetz maßgebliche Vollzugsnorm enthielt hierzu die jetzt in § 2 Abs. 1 a BAföG enthaltene Voraussetzung, daß Ausbildungsförderung aufgrund des Bundesausbildungsförderungsgesetzes u.a. für „Schüler von … Berufsfachschulen ab Klasse 10 …, deren Besuch eine abgeschlossene Berufsausbildung nicht voraussetzt” (nur) geleistet wird, „wenn der Auszubildende nicht bei seinen Eltern wohnt und die Voraussetzungen des § 12 Abs. 2 oder 3 erfüllt”; § 12 Abs. 2 Satz 2 BAföG in der maßgeblichen Fassung regelte dabei im wesentlichen, daß von der Wohnung der Eltern aus eine entsprechende zumutbare Ausbildungsstätte nicht erreichbar sein durfte, von welcher Einschränkung § 12 Abs. 3 Auszubildende ausnahm, welche einen eigenen Haushalt führten und verheiratet waren oder mit mindestens einem Kind zusammenlebten. Im Verhältnis zu diesen Vorgängerregelungen brachte die Regelung in § 2 Abs. 1 a Satz 1 Nrn. 2 und 3 BAföG somit substantiell keine Neuerung. Der Unterschied zwischen der Neuregelung in § 2 Abs. 1 a BAföG und der früheren Regelung in § 68 Abs. 2 Nr. 1 BAföG besteht allein darin, daß der Sachverhalt des Wohnens bei den Eltern, der in § 68 BAföG gesetzessystematisch im Rahmen der Übergangs- und Schlußvorschriften geregelt war, aber den maßgebenden Vollzugsrahmen für das gesamte Gesetz bestimmte (vgl. BVerwG, Urteil vom 11. Dezember 1986 – BVerwG 5 C 71.85 – ≪Buchholz 436.36 § 68 BAföG Nr. 5≫), in der Neufassung – in gesetzessystematisch klarerer Weise – die grundsätzliche Förderungsfähigkeit der Ausbildung betrifft. Der Umstand, daß der Gesetzgeber es für nötig hielt, § 12 BAföG durch das 12. BAföG-Änderungsgesetz um die mit § 13 Abs. 3 a BAföG identische Regelung des § 12 Abs. 3 a BAföG zu ergänzen, belegt zum einen, daß § 13 Abs. 3 a BAföG nicht als eine für das ganze Ausbildungsförderungsrecht maßgebliche Bestimmung angesehen worden ist, und zum anderen, daß der Anwendungsbereich der Fiktionen bewußt auf die Bedarfssatzregelung beschränkt werden sollte (so auch Ramsauer/Stallbaum, BAföG, 3. Aufl. 1991, § 12 Rn. 12). Hätte der Gesetzgeber mit der zeitgleichen Einfügung der § 12 Abs. 3 a und § 2 Abs. 1 a durch das 12. BAföG-Änderungsgesetz eine Änderung dieser Grundkonzeption bezweckt, hätte es zumindest nahegelegen, dies durch eine entsprechende Formulierung im Rahmen des § 2 Abs. 1 a BAföG zum Ausdruck zu bringen. Die Begründung des Regierungsentwurfs zum 12. BAföG-Änderungsgesetz (BTDrucks 11/5961) ergibt jedoch keine Anhaltspunkte dafür, daß durch die Einfügung des § 2 Abs. 1 a BAföG eine substantielle Neuregelung der Ausbildungsförderung für die in § 2 Abs. 1 Nr. 1 BAföG genannten Auszubildenden vorgenommen werden sollte; abgesehen von dem allgemeinen Hinweis, das Bundesausbildungsförderungsgesetz solle strukturell verbessert werden (vgl. a.a.O. S. 1 unter A 1., S. 13 vor 1.) und bei der Schülerförderung sollten Verbesserungen u.a. bei Schülern von Berufsfachschulen und Fachschulen erfolgen (Teil A. 1.5. a.a.O. S. 14/15), heißt es in der Begründung zu der Regelung in § 2 Abs. 1 und 1 a BAföG lediglich, die Änderungen dienten der Vereinfachung und besseren Übersichtlichkeit des Gesetzes, indem die „bisher in den §§ 2 Abs. 1, 10 Abs. 1 und 2, 12 Abs. 2 und 3 und § 68 Abs. 2 enthaltenen Teilregelungen über die Förderungsfähigkeit einer Ausbildung … in § 2 Abs. 1 und 1 a zusammengefaßt” würden (Teil B. zu Artikel 1 Nummer 1 Buchstaben a und b, a.a.O. S. 18). Auch dies spricht dagegen, daß dem Gesetzgeber bei der Formulierung der Förderungsgrundnorm eine Regelungslücke unterlaufen sein könnte.
Auch aus dem Zusammenhang mit der zeitgleichen Einfügung des § 12 Abs. 3 a BAföG ergeben sich keine Anhaltspunkte für die Auffassung des Beklagten, diese Bestimmung sei bereits im Rahmen der Förderungsgrundnorm anzuwenden. In der Begründung des Regierungsentwurfs zum 12. BAföG-Änderungsgesetz heißt es zur Einfügung des § 12 Abs. 3 a BAföG lediglich (a.a.O. S. 20), im Verwaltungsvollzug habe „sich die Notwendigkeit ergeben, auch im Bereich der Schülerförderung eine Regelung zu schaffen, wie sie für den Bereich der Förderung von Studierenden nach § 13 in dessen Absatz 3 a bereits besteht”. Als Sinn und Zweck der Regelung in § 13 Abs. 3 a BAföG hat die Rechtsprechung angesehen, einen Vermietergewinn der Eltern des Auszubildenden oder Vorteile, die diesem durch das Bewohnen einer den Eltern gehörenden Wohnung erwachsen, von der Förderung auszunehmen (vgl. BVerwG, Urteil vom 15. August 1996 – BVerwG 5 C 15.95 – ≪BVerwGE 101, 344, 346 = Buchholz 436.36 § 13 BAföG Nr. 8 S. 2 f.≫). Auch dies spricht gegen die Annahme, den Regelungen in § 12 Abs. 3 a, § 13 Abs. 3 a BAföG komme eine über den Bereich der Bedarfsermittlung hinausreichende Geltung zu.
Soweit der Beklagte geltend macht, bei dieser Auslegung bestehe eine Ungleichbehandlung im Verhältnis von Berufsfachschülern und von Schülern an allgemeinbildenden Schulen, welche jeweils einen im Eigentum der Eltern stehenden Raum bewohnen, stellt dies das Auslegungsergebnis nicht in Frage. § 12 Abs. 1 Nr. 1 BAföG nennt als Förderungsadressaten Berufsfachschüler, aber nicht Schüler an weiterführenden allgemeinbildenden Schulen; soweit diese unterschiedliche gesetzliche Ausgestaltung zu einer Besserstellung der Berufsfachschüler führt, wenn diese einen im Eigentum der Eltern stehenden Raum bewohnen, bedarf es im vorliegenden Verfahren nicht der Klärung, ob diese Ungleichbehandlung mit dem allgemeinen Gleichheitssatz (Art. 3 Abs. 1 GG) vereinbar wäre. Auf die Frage der Unvereinbarkeit eines Begünstigungsausschlusses mit dem Grundgesetz kommt es nämlich nicht an, wenn in einem Rechtsstreit lediglich beanstandet wird, der Gesetzgeber habe eine am Verfahren überhaupt nicht beteiligte Personengruppe zu Unrecht bei der Gewährung einer Leistung außer acht gelassen (vgl. BVerfGE 66, 100, 105 f.).
Damit steht, wie die Vorinstanz zutreffend festgestellt hat, der Klägerin auf der Grundlage des § 2 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1, Abs. 1 a BAföG Ausbildungsförderung unter Zugrundelegung eines Bedarfs nach § 12 Abs. 1 Nr. 1 BAföG zu.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 2 VwGO, die Gerichtskostenfreiheit auf § 188 Satz 2 VwGO.
Unterschriften
Dr. Säcker, Dr. Pietzner, Dr. Bender, Schmidt, Dr. Franke
Veröffentlichung
Veröffentlicht am 24.02.2000 durch Müller Justizangestellte als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle
Fundstellen
NJW 2000, 2369 |
FamRZ 2000, 1191 |
NVwZ 2000, 1059 |
SGb 2001, 502 |
WissR 2000, 358 |
ZfSH/SGB 2000, 403 |
BayVBl. 2000, 668 |
DVBl. 2000, 1214 |
VA 2000, 191 |