Entscheidungsstichwort (Thema)
Beamter auf Widerruf. Personalrat, Mitwirkung des – bei Entlassung eines Beamten auf Widerruf, Zeitpunkt der Mitwirkung, Nachholbarkeit der Mitwirkung bis zum Abschluß eines Vorverfahrens. Mitwirkung, – des Personalrats bei Entlassung eines Beamten auf Widerruf, Zeitpunkt der –, Nachholung der –
Leitsatz (amtlich)
Die Mitwirkung des Personalrats bei der Entlassung eines Beamten auf Widerruf unter Einhaltung einer Frist kann bis zum Abschluß eines Vorverfahrens nachgeholt werden (im Anschluß an BVerwGE 66, 291 ff.).
Normenkette
LBG Schleswig-Holstein, F. 1971 § 43 Abs. 3, § 44 Abs. 1, § 225; Personalvertretungsgesetz für das Land Schleswig-Holstein F. 1974 §§ 67, 72 Abs. 1 Nr. 1, Abs. 2 S. 2; Landesverwaltungsgesetz Schleswig-Holstein F. 1967 §§ 114, 304
Verfahrensgang
Schleswig-Holsteinisches OVG (Urteil vom 13.05.1981; Aktenzeichen 5 OVG A 24/80) |
VG Schleswig-Holstein (Urteil vom 18.10.1979; Aktenzeichen 11 A 34/78) |
Tenor
Das Urteil des Oberverwaltungsgerichts für die Länder Niedersachsen und Schleswig-Holstein vom 13. Mai 1981 und das Urteil des Schleswig-Holsteinischen Verwaltungsgerichts vom 18. Oktober 1979 werden aufgehoben.
Der Entlassungsbescheid des Kultusministers des Landes Schleswig-Holstein vom 18. November 1976 und dessen Widerspruchsbescheid vom 31. Januar 1977 werden aufgehoben.
Der Beklagte trägt die Kosten des Verfahrens.
Tatbestand
I.
Der Kläger, der am 1. Dezember 1969 von der Medizinischen Fakultät der Universität Göttingen die Lehrbefugnis für das Fach Geburtshilfe und Frauenheilkunde erhalten hatte, wurde am 1. November 1971 von der Universitäts-Frauenklinik Kiel als wissenschaftlicher Assistent übernommen und am 19. November 1971 zum Oberarzt ernannt. Er blieb Beamter auf Widerruf.
Mit Schreiben vom 13. Juli 1976 unterrichtete der Beklagte den Kläger davon, daß der Widerruf des Beamtenverhältnisses zum 31. Dezember 1976 beabsichtigt sei, weil der Kläger trotz langjähriger wissenschaftlicher Tätigkeit die Qualifikation für den Beruf eines Hochschullehrers (sog. „Lehrstuhlreife”) nicht habe nachweisen können. Der Personalrat (WBK) der Universität Kiel erhielt eine Durchschrift dieses Schreibens. Der Kläger, der bereits im Jahre 1974 dem Beklagten mitgeteilt hatte, daß er für den Fall eines Widerrufs seines Beamtenverhältnisses eine Beteiligung des Personalrats fordern würde, machte mit Schreiben vom 16. November 1976 den Beklagten nochmals darauf aufmerksam, daß er die Befassung der für ihn zuständigen Personalräte in der Angelegenheit eines möglichen Widerrufs seines Beamtenverhältnisses beantragt habe. Mit Bescheid vom 18. November 1976 widerrief der Beklagte gemäß § 44 Abs. 1 und § 43 Abs. 3 des Beamtengesetzes für das Land Schleswig-Holstein (LBG) das Beamtenverhältnis des Klägers mit Ablauf des Monats Dezember 1976. Hierüber wurde der Hauptpersonalrat (K) beim Kultusminister des Landes Schleswig-Holstein am gleichen Tage mündlich unterrichtet. Dieser bat mit Schreiben vom 24. November 1976 um umgehende Befassung mit der Sache gemäß § 72 des Personalvertretungsgesetzes für das Land Schleswig-Holstein (PersVG). Hierauf antwortete der Beklagte mit Schreiben vom 29. November 1976, es sei ihm infolge längerer Vergleichsverhandlungen aus Zeitgründen nicht möglich gewesen, den zuständigen Personalrat in formeller Hinsicht rechtzeitig bei dem Widerruf des Beamtenverhältnisses des Klägers zu beteiligen; die bereits am 13. Juli 1976 angekündigte Personalmaßnahme habe keinen weiteren Aufschub geduldet; gemäß §§ 67, 72 PersVG werde um Mitwirkung gebeten. Mit Schreiben vom 8. Dezember 1976 stellte der Hauptpersonalrat (K) fest, daß der Widerruf zu dem vorgesehenen Zeitpunkt nicht erfolgen könne, weil diese Maßnahme nicht rechtzeitig vor ihrer Durchführung mit dem zuständigen Personalrat erörtert worden sei. Der Sprecher der Beamtengruppe im Hauptpersonalrat (K) sei am 18. November 1976 erstmals über die Personalmaßnahme, die weder eilbedürftig noch als vorläufige Regelung gekennzeichnet gewesen sei, unterrichtet worden. Dem Widerruf des Beamtenverhältnisses des Klägers werde auch im Grundsatz nicht zugestimmt: Das Fehlen der sogenannten „Lehrstuhlreife” sei kein Grund zum Widerruf des Beamtenverhältnisses als Oberarzt; als solcher sei er auch nicht verpflichtet, die Verleihung des Titels „außerplanmäßiger Professor” zu beantragen. Hierauf erwiderte der Beklagte mit Schreiben vom 28. Januar 1977: Die beabsichtigte Personalmaßnahme sei bereits im Juli 1976 mit dem Personalrat der Universität Kiel besprochen worden; deshalb habe man davon ausgehen können und müssen, daß dieser örtliche Personalrat die Gruppenvertretung des Hauptpersonalrats über den Sachstand in der Angelegenheit des Klägers rechtzeitig und ausreichend unterrichtet habe. Auch ohne Kennzeichnung als „vorläufige Regelung” sei erkennbar gewesen, daß es sich bei dem Widerruf um eine keinen weiteren Aufschub duldende Eilmaßnahme gehandelt habe. Zum Widerruf des Beamtenverhältnisses selbst werde – falls erforderlich – um umgehende abschließende Stellungnahme gebeten. Den vom Kläger gegen den Widerruf eingelegten Widerspruch wies der Beklagte mit Bescheid vom 31. Januar 1977 zurück.
Das Schleswig-Holsteinische Verwaltungsgericht hat die Klage mit dem Antrag, die Entlassungsverfügung und den Widerspruchsbescheid aufzuheben, abgewiesen. Die Berufung des Klägers hat das Oberverwaltungsgericht für die Länder Niedersachsen und Schleswig-Holstein mit Urteil vom 13. Mai 1981 zurückgewiesen, im wesentlichen aus folgenden Gründen:
Der Kläger habe als Beamter auf Widerruf aus sachgerechtem Grund jederzeit entlassen werden können. Die fehlende Lehrstuhlreife stelle einen solchen sachgerechten Grund dar. Ein Verstoß gegen Beurteilungsgrundsätze oder unsachliche Erwägungen des Beklagten seien nicht ersichtlich; die Entlassungsfrist sei eingehalten worden. Die Entlassung des Klägers sei auch nicht wegen eines Fehlers bei der Beteiligung des Hauptpersonalrats (K) rechtswidrig: Gemäß § 72 Abs. 1 PersVG wirke die Gruppenvertretung u.a. bei der Entlassung eines Beamten auf Widerruf mit, sofern dieser es beantrage. Mängel in der vorgeschriebenen Beteiligung der Personalvertretung machten die Maßnahme zwar nicht unwirksam, wohl aber fehlerhaft, sofern nicht die allgemeine Vorschrift über die Heilung von Verfahrensmängeln im Sinne des § 114 des Landesverwaltungsgesetzes (LVwG) eingreife. Zuständig für die Mitwirkung im Falle des Klägers sei der Hauptpersonalrat (K) beim Beklagten, nicht dagegen der Personalrat (WBK) bei der Universität Kiel, den der Beklagte unter dem 13. Juli 1976 über den beabsichtigten Widerruf unterrichtet habe. Der Hauptpersonalrat (K) habe von der beabsichtigten Maßnahme zwar gewußt. Die ihm durch den Personalrat (WBK) vermittelte Information entspreche jedoch nicht einer Befassung mit der vom Dienstherrn beabsichtigten Maßnahme im Sinne der §§ 67, 72 PersVG. Der damit gegebene Verstoß gegen Verfahrensvorschriften sei auch nicht durch die mündliche Unterrichtung am 18. November 1976 über den am gleichen Tage ausgesprochenen Widerruf ausgeräumt worden. Unter Würdigung der besonderen Umstände des Falles sei indessen von einer Heilung des zunächst eingetretenen Verfahrensmangels gemäß § 114 Abs. 1 Nr. 4 bzw. Nr. 5 LVwG auszugehen. Der Hauptpersonalrat (K) sei, wenn nicht als Behörde im Sinne des § 114 Abs. 1 Nr. 5 LVwG, dann jedenfalls als Ausschuß im Sinne des § 114 Abs. 1 Nr. 4 LVwG zu qualifizieren. Er sei am 29. November 1976 mit der Angelegenheit befaßt und um Mitwirkung gebeten worden. Seine Stellungnahme habe er unter dem 8. Dezember 1976 mitgeteilt. Das Vorverfahren sei erst am 31. Januar 1977 mit dem Erlaß des Widerspruchsbescheides abgeschlossen worden. Zwar sei grundsätzlich davon auszugehen, daß die Mitwirkung vor dem Ausspruch der Maßnahme erfolgen solle, um einerseits die in § 67 PersVG vorgesehene Möglichkeit der Verständigung zu gewährleisten und andererseits auch die Interessen und Rechte des von der Maßnahme betroffenen Beamten vor der – wenn auch rechtlich noch nicht endgültigen – Entscheidung des Dienstherrn in den Meinungsbildungsprozeß einzubringen. Dies spreche gegen eine generelle Nachholbarkeit der Beteiligung der Personalvertretung bei Widerrufsakten. Im vorliegenden Fall könne aber von einer Verletzung des Schutzzwecks der Verfahrensvorschrift nicht die Rede sein: Der Beklagte habe zusammen mit der langfristig vor dem Widerrufszeitpunkt erfolgten Unterrichtung des Klägers auch den Personalrat (WBK) informiert. Er habe sodann den Hauptpersonalrat (K) am 18. November 1976 mündlich und am 29. November 1976 schriftlich mit der Angelegenheit befaßt. Darüber hinaus habe er sich zwischen dem 13. Juli und dem 18. November 1976 wiederholt um eine gütliche Regelung der Angelegenheit durch Abschluß eines Vergleichs bemüht und dadurch gezeigt, daß er die Interessen des Klägers stets im Auge gehabt habe. Deshalb lasse sich nicht ernstlich geltend machen, daß der Beklagte nicht geneigt gewesen sei, die nachgeholte Stellungnahme des Personalrats aufgeschlossen zu berücksichtigen.
Gegen dieses Urteil hat der Kläger die vom erkennenden Senat zugelassene Revision eingelegt. Er rügt die Verletzung materiellen Rechts und beantragt,
das Urteil des Oberverwaltungsgerichts für die Länder Niedersachsen und Schleswig-Holstein vom 13. Mai 1981 und das Urteil des Schleswig-Holsteinischen Verwaltungsgerichts vom 18. Oktober 1979 sowie die Bescheide des Beklagten vom 18. November 1976 und 31. Januar 1977 aufzuheben.
Zur Begründung führt er im wesentlichen aus: Der Wortlaut des Gesetzes fordere die Beteiligung der zuständigen Personalvertretung vor Erlaß der Verfügung. Mit dem Widerruf habe sich der Beklagte auf eine Beendigung des Beamtenverhältnisses festgelegt. Eine nachträgliche Beteiligung laufe dem Schutzzweck der Norm zuwider. Die nach § 67 PersVG vorgesehene Verständigung sei nicht mehr gewährleistet. Die vor Ausspruch einer Entlassung gebotene Anhörung habe auch den Sinn, den Entlassungszeitpunkt hinauszuschieben. Eine nachträgliche Anhörung greife auch insoweit in ein sehr bedeutsames Schutzinteresse des Betroffenen ein. Selbst bei Vorliegen besonderer Umstände sei im Falle der Entlassung eines Beamten – anders als bei einer Versetzung – eine Nachholung der Beteiligung der zuständigen Personalvertretung nicht zulässig.
Der Beklagte beantragt,
die Revision zurückzuweisen.
Er verteidigt das angefochtene Urteil. Das Bundesverwaltungsgericht habe in seinem Urteil vom 24. Juni 1965 – BVerwG 6 C 176.61 – (BVerwGE 21, 240) auf die unterschiedlichen Interessenlagen bei der Regelung des Schwerbehindertengesetzes einerseits und der Personalvertretungsgesetze andererseits hingewiesen und den Besonderheiten des Falles Bedeutung beigemessen. Solche besonderen Umstände hätten auch das Berufungsgericht zu Recht zu der Auffassung bewogen, daß der ursprüngliche Verfahrensfehler durch die nachgeholte Mitwirkung der Personalvertretung im Widerspruchsverfahren geheilt worden sei. Im übrigen habe sich die Rechtslage, seitdem durch das Inkrafttreten des Landesverwaltungsgesetzes Schleswig-Holstein im Jahre 1967 und des Verwaltungsverfahrensgesetzes des Bundes von 1976 geändert. In beiden Gesetzen sei vorgesehen, daß Verfahrens- und Formfehler wegen eines Mangels des notwendigen Beschlusses eines Ausschusses oder der erforderlichen Mitwirkung einer anderen Behörde durch Nachholung bis zum Abschluß des Vorverfahrens geheilt werden könnten. Damit habe sich der Gesetzgeber für eine Nachholbarkeit der vorgeschriebenen Mitwirkung entschieden.
Entscheidungsgründe
II.
Die Revision ist begründet. Unter Aufhebung der Urteile der Vorinstanzen ist der Klage stattzugeben. Der Beklagte hat das bei der Entlassung des Klägers aus dem Beamtenverhältnis auf Widerruf bestehende Mitwirkungsrecht der zuständigen Personalvertretung vor dem Ausspruch der Entlassung nicht beachtet. Diese Mitwirkung hätte zwar grundsätzlich noch bis zum Abschluß des Widerspruchsverfahrens nachgeholt werden können. Nach den vom Berufungsgericht getroffenen tatsächlichen Feststellungen ist jedoch auch bis zum Erlaß des Widerspruchsbescheides vom 31. Januar 1977 kein ordnungsgemäßes Mitwirkungsverfahren durchgeführt worden.
Der Kläger war als wissenschaftlicher Assistent und Oberarzt an einer Universitätsklinik Beamter auf Widerruf (§§ 225, 226 des Beamtengesetzes für das Land Schleswig-Holstein – Landesbeamtengesetz – LBG – in der Fassung vom 10. Mai 1971, GVOBl. S. 254). Der Beklagte hat ihn mit Bescheid vom 18. November 1976 gemäß § 44 Abs. 1 und § 43 Abs. 3 LBG mit Wirkung zum 31. Dezember 1976 durch Widerruf entlassen. Bei dieser Maßnahme hatte gemäß § 72 Abs. 1 Nr. 1 und Abs. 2 Satz 2 des Personalvertretungsgesetzes für das Land Schleswig-Holstein (Personalvertretungsgesetz – PersVG –) vom 17. Januar 1974 (GVOBl. S. 3) die Gruppenvertretung mitzuwirken, denn der Kläger hatte für den Fall seiner Entlassung aus dem Beamtenverhältnis auf Widerruf die Beteiligung der zuständigen Personalvertretung bereits im Jahre 1974 beantragt und im übrigen den Beklagten auf diesen Antrag mit Schreiben vom 16. November 1976 erneut hingewiesen.
Soweit Vorschriften der Landespersonalvertretungsgesetze regeln, ob und in welcher Weise die Personalvertretung an beamtenrechtlichen Maßnahmen zu beteiligen ist, sind sie materiell dem Landesbeamtenrecht zuzuordnen; ihre Auslegung und Anwendung unterliegt daher gemäß § 127 Nr. 2 BRRG der revisionsrichterlichen Prüfung (vgl. BVerwGE 66, 291 [292]; Beschluß vom 10. Juni 1977 – BVerwG 2 B 15.77 – [Buchholz 230 § 127 BRRG Nr. 34]). Diese ergibt folgendes: Der Beklagte hätte die beabsichtigte Entlassung des Klägers mit dem hier zuständingen Hauptpersonalrat (K) schon im Stadium des Entwurfs mit dem Ziel einer Verständigung rechtzeitig und eingehend schriftlich oder mündlich erörtern müssen (§ 67 Abs. 1 PersVG). Das ist ausweislich der für das Revisionsverfahren gemäß § 137 Abs. 2 VwGO bindenden tatsächlichen Feststellungen des Berufungsgerichts nicht geschehen. Der Beklagte hat eine Abschrift seines Schreibens vom 13. Juli 1976, mit dem er den Kläger von der beabsichtigten Entlassung zum 31. Dezember 1976 unterrichtet hat, lediglich dem Personalrat (WBK) der Universität Kiel unter Hinweis auf § 72 PersVG übersandt. Ob und in welchem Umfang dieser (örtliche) Personalrat den Hauptpersonalrat (K) beim Kultusminister über den Sachstand in der Angelegenheit des Klägers unterrichtet hat, ist unerheblich. Unterliegt eine Personalmaßnahme des Dienstherrn dem Mitwirkungsrecht der Personalvertretung, so ist es nach dem Gesetz Aufgabe der Dienststelle, die gemeinsame Erörterung zu suchen (vgl. BVerwGE 21, 240 [247]). Den zuständigen Hauptpersonalrat (K) hat der Beklagte von der Entlassung des Klägers erst am Tage ihres Ausspruchs mündlich unterrichtet; die Bitte um Mitwirkung an der Maßnahme erfolgte sogar erst mit Schreiben vom 29. November 1976, nachdem der Hauptpersonalrat (K) in seinem Schreiben vom 24. November 1976 seinerseits um umgehende Befassung mit der Sache gebeten hatte.
Die Voraussetzungen für eine Abweichung von dem in § 67 Abs. 1 PersVG vorgeschriebenen Verfahren gemäß § 67 Abs. 6 in Verbindung mit § 65 Abs. 5 PersVG waren nicht erfüllt: Bei der vom Beklagten bereits seit längerer Zeit beabsichtigten und dem Kläger schon mit Schreiben vom 13. Juli 1976 angekündigten Entlassung zum 31. Dezember 1976 handelte es sich nicht um eine Maßnahme, die der Natur der Sache nach keinen Aufschub duldete; die Entlassungsverfügung vom 18. November 1976 stellt im übrigen auch keine vorläufige Regelung bis zu einer endgültigen Entscheidung dar und ist vom Beklagten auch nicht als vorläufige Regelung gekennzeichnet worden.
Die hiernach vor dem Ausspruch der Entlassung zu Unrecht unterbliebene Mitwirkung der zuständigen Personalvertretung gemäß § 67 Abs. 1 PersVG ist auch nicht bis zum Abschluß des Widerspruchsverfahrens durch den Bescheid vom 31. Januar 1977 wirksam nachgeholt worden.
Die bei der Entlassung – hier: auf Antrag des Beamten – vorgesehene Beteiligung der Personalvertretung in der Form der Mitwirkung soll dem Personalrat nach den dafür in § 67 PersVG getroffenen Bestimmungen Gelegenheit geben, auf die Willensbildung der Dienststelle wirkungsvoll Einfluß zu nehmen. Hierfür ist der Dienststelle nicht nur die rechtzeitige und eingehende, schriftliche oder mündliche, mit dem Ziel einer Verständigung erfolgende Erörterung der beabsichtigten Maßnahme schon im Stadium des Entwurfs aufgegeben (§ 67 Abs. 1 PersVG), sondern ferner die Verpflichtung auferlegt, sich mit vom Personalrat erhobenen Einwendungen, soweit ihnen nicht entsprochen wird, in einer schriftlichen Entscheidung unter Angabe der Gründe zu befassen (§ 67 Abs. 3 PersVG). Obwohl insbesondere § 67 Abs. 1 PersVG dafür spricht, daß die Beteiligung der Personalvertretung – einschließlich einer etwa erforderlich werdenden Einschaltung der nächsthöheren Dienststelle und der bei ihr bestehenden Stufenvertretung (§ 67 Abs. 4 und 5 PersVG) – in der Regel vor dem Ausspruch der Entlassung gegenüber dem Beamten zu erfolgen hat, ist eine Nachholung des personalvertretungsrechtlichen Mitwirkungsverfahrens bis zum Ergehen einer weiteren das Entlassungsverfahren abschließenden Entscheidung des Dienstherrn nicht aus Rechtsgründen von vornherein ausgeschlossen, zumal die Entlassung wegen eines Mangels der vorgesehenen Beteiligung der Personalvertretung nicht etwa nichtig ist (vgl. BVerwGE 66, 291 [294]).
Im Gegensatz zur Auffassung des Berufungsgerichts ergibt sich eine solche rechtliche Möglichkeit allerdings nicht aus den Vorschriften des § 114 des Allgemeinen Verwaltungsgesetzes für das Land Schleswig-Holstein (Landesverwaltungsgesetz – LVwG –), hier noch anzuwenden in der zur Zeit des Widerspruchsbescheides geltenden Fassung vom 18. April 1967 (GVOBl. S. 131; vgl. jetzt die ab 1. April 1979 geltende Fassung vom 19. März 1979, GVOBl. S. 181), die gemäß § 304 LVwG (Art. 99 GG) revisibel sind. Was der erkennende Senat in seinem Urteil vom 1. Dezember 1982 – BVerwG 2 C 59.81 – (BVerwGE 66, 291 [295]) zur Anwendbarkeit des § 45 des Verwaltungsverfahrensgesetzes für das Land Nordrhein-Westfalen vom 21. Dezember 1976 (GV.NW. S. 438) im Falle einer unterbliebenen Anhörung des Personalrats vor einer fristlosen Entlassung eines Beamten auf Probe ausgeführt hat, gilt entsprechend auch im vorliegenden Fall: Der Personalrat ist keine Behörde im Sinne des § 114 Abs. 1 Nr. 6 LVwG. Er ist ferner auch kein Beteiligter im Sinne des § 114 Abs. 1 Nr. 3 LVwG. Vielmehr ist er aufgrund besonderer gesetzlicher Vorschriften des Personalvertretungsrechts zu beteiligen. Dadurch wird er aber nicht im Sinne des Verwaltungsverfahrensrechts Beteiligter am Entlassungsverfahren einschließlich eines Widerspruchsverfahrens. Die in dem soeben genannten Urteil des erkennenden Senats noch offengebliebene Frage, ob der Personalrat ein Ausschuß im Sinne des Verwaltungsverfahrensrechts (hier: §§ 114 Abs. 1 Nr. 5, 100 Abs. 1 LVwG) ist, ist ebenfalls zu verneinen. Der erkennende Senat geht im Anschluß an den Beschluß des 6. Senats des Bundesverwaltungsgerichts vom 21. Juni 1982 – BVerwG 6 P 13.79 – (BVerwGE 66, 15 [18]) davon aus, daß auch die verfahrensrechtlichen Bestimmungen des Landesverwaltungsgesetzes Schleswig-Holstein (vgl. §§ 1, 74 LVwG) sich nur mit der Tätigkeit der Verwaltungsbehörden nach außen (hier: gegenüber dem Beamten als Träger eigener subjektiver Rechte) befassen, nicht aber die innere Willensbildung der Behörden ihrer Regelung unterwerfen, um die es bei der Beteiligung der Personalvertretung geht. Dies hat zur Folge, daß verwaltungsverfahrensrechtliche Vorschriften auf das eigenständige Verfahren der Beteiligung der Personalvertretung an einer beamtenrechtlichen Maßnahme des Dienstherrn insgesamt nicht anwendbar sind und demgemäß auch eine „Heilung” des Mangels im Sinne des Verwaltungsverfahrensrechts durch Nachholung der Mitwirkung bis zum Abschluß eines Vorverfahrens nicht in Betracht kommen kann.
Die zu entscheidende Frage, bis zu welchem Zeitpunkt eine im Einzelfall vorgeschriebene Beteiligung der Personalvertretung an einer beamtenrechtlichen Maßnahme des Dienstherrn erfolgen kann, beantwortet sich hiernach allein in Anwendung personalvertretungsrechtlicher Vorschriften. Diese lassen nach Auffassung des erkennenden Senats zu, daß die bei einer Entlassung eines Beamten gemäß § 72 Abs. 1 Nr. 1 und Abs. 2 Satz 2 PersVG vorgeschriebene Mitwirkung der Personalvertretung noch bis zum Ergehen der letzten Verwaltungsentscheidung im Entlassungsverfahren durchgeführt und in diesem Sinne nachgeholt werden kann. Bis zum Erlaß des vor der Anfechtung beamtenrechtlicher Maßnahmen stets erforderlichen Widerspruchsbescheides (§ 126 Abs. 3 Nr. 1 BRRG) ist die Willensbildung des Dienstherrn noch nicht endgültig abgeschlossen. Die Personalvertretung hat noch die Möglichkeit, im Verfahren nach § 67 PersVG ihre Auffassung zur Geltung zu bringen und auf die Entschließung des Dienstherrn Einfluß zu nehmen, bevor diese in der Form des Widerspruchsbescheides gegenüber dem Beamten abschließend verlautbart wird (vgl. auch Lorenzen-Eckstein, Bundespersonalvertretungsgesetz [4. Aufl., Stand: Mai 1983], § 72 RdNr. 7 sowie § 69 RdNrn. 4 a und 59 zur Mitbestimmung; Grabendorff, ZBR 1960, 97 [99]). Dem Sinn und Zweck des Mitwirkungsrechts, seiner Funktion im Entlassungsverfahren und seiner Stellung im Gesamtzusammenhang der Beteiligungsrechte der Personalvertretung kann auch eine bis zu diesem Zeitpunkt nachgeholte Mitwirkung grundsätzlich noch genügen (vgl. in diesem Sinne schon – wenn auch nicht abschließend – BVerwGE 21, 240 [248 ff.]).
Der erkennende Senat hat allerdings in seinem bereits erwähnten Urteil vom 1. Dezember 1982 – BVerwG 2 C 59.81 – (a.a.O.) entschieden, daß die unterbliebene Anhörung des Personalrats vor einer fristlosen Entlassung eines Beamten auf Probe im Widerspruchsverfahren nicht nachgeholt werden kann. Hierfür war neben dem Wortlaut des in jenem Fall anzuwendenden § 74 des Personalvertretungsgesetzes für das Land Nordrhein-Westfalen vom 3. Dezember 1974 (GV.NW. S. 1514; vgl. auch § 72 Abs. 4 PersVG Schleswig-Holstein) im wesentlichen maßgebend, daß mit der speziellen Regelung über die Anhörung der Personalvertretung einer in der Regel bestehenden besonderen Eilbedürftigkeit von fristlosen Entlassungen Rechnung getragen werden sollte, daß eine im Widerspruchsverfahren nachgeholte Anhörung sich häufig auf bereits vollendete Tatsachen beziehen würde und daß die der Anhörung zugedachte Funktion, dem Beamten ein Mindestmaß an Entlassungsschutz zu gewährleisten und ihn in begrenztem Umfang vor übereilten Entscheidungen zu sichern, nicht mehr oder nur noch entscheidend geschwächt zum Tragen kommen könnte, wenn sie erst erfolgt und der Personalrat sich erst äußern kann, nachdem die fristlose Entlassung schon verfügt worden ist (vgl. im einzelnen BVerwGE 66, 291 [295 ff.]). – Diese Erwägungen lassen sich auf den hier zu entscheidenden Fall der Mitwirkung der Personalvertretung an einer Entlassung eines Beamten unter Einhaltung einer Frist nicht ohne weiteres übertragen. Für die rechtliche Beurteilung fällt hier vielmehr entscheidend ins Gewicht, daß das Mitwirkungsrecht infolge seiner andersartigen Ausgestaltung der Personalvertretung eine wesentlich stärkere Rechtsposition einräumt als ein bloßes Anhörungsrecht. Das letztere erschöpft sich darin, daß der Personalvertretung Gelegenheit gegeben wird, unverzüglich – spätestens innerhalb von drei Arbeitstagen – ihre Bedenken gegen die beabsichtigte Maßnahme unter Angabe der Gründe der Dienststelle schriftlich mitzuteilen (vgl. § 72 Abs. 4 PersVG). Die Dienststelle ist nicht gehalten, mit der Personalvertretung in eine Erörterung der Maßnahme einzutreten und sich mit den dagegen vorgebrachten Einwendungen unter Angabe ihrer Gründe im einzelnen auseinanderzusetzen. Hieraus folgt, daß eine solche bloße Anhörung nicht mehr sinnvoll, d.h. mit hinreichender Gewähr für eine ernsthafte Berücksichtigung etwaiger Einwendungen, nachgeholt werden kann, wenn der Dienstherr seine erstmalige Entschließung bereits gefaßt und die (fristlose) Entlassung gegenüber dem Beamten ausgesprochen hat. Hingegen sieht das Gesetz für die Mitwirkung in § 67 PersVG ein in einzelne Abschnitte gegliedertes förmliches Verfahren mit längeren Fristen (Absatz 2) vor, das gemäß Absatz 4 auch zur Einschaltung der nächsthöheren Dienststelle und der bei ihr bestehenden Stufenvertretung führen kann. Der Dienststelle sind in § 67 Abs. 1 und Abs. 3 PersVG besondere Erörterungs- bzw. Begründungspflichten gegenüber der Personalvertretung auferlegt. Es kommt hinzu, daß bei den vom Mitwirkungsrecht erfaßten Fällen der fristgemäßen Entlassung – anders als bei der Anhörung vor fristlosen Entlassungen (vgl. BVerwGE 66, 291 [297]) – eine nachgeholte Beteiligung sich in der Regel nicht auf bereits vollendete Tatsachen beziehen wird. Angesichts dieser Umstände ist deshalb grundsätzlich davon auszugehen, daß die Dienststelle auch eine nach dem Ausspruch der Entlassungsverfügung bis zum Abschluß eines Widerspruchsverfahrens abgegebene Stellungnahme der Personalvertretung im Mitwirkungsverfahren noch aufgeschlossen berücksichtigen wird (vgl. BVerwGE 21, 240 [250]). Damit kann die Mitwirkung der Personalvertretung an der Entlassung ihren Sinn und Zweck, Bedenken gegen das Entlassungsvorhaben, die sich aus den Verhältnissen in der Dienststelle im allgemeinen oder aus der Person des einzelnen Beamten und der Beurteilung seines zur Entlassung führenden Verhaltens ergeben, beim Dienstherrn vor dessen Entschließung hinreichend geltend zu machen (vgl. BVerwGE 66, 291 [297]), auch dann noch erfüllen, wenn sie vor einer abschließenden Entscheidung im Entlassungsverfahren nachgeholt wird.
Voraussetzung hierfür ist indes, daß eine solche nachgeholte Mitwirkung sich nicht in einer formalen Anhörung der Personalvertretung erschöpft. Vielmehr ist bei der Dienststelle, welche die Entlassung ausgesprochen hat, das Mitwirkungsverfahren so durchzuführen, wie es in § 67 PersVG vorgeschrieben ist. Stimmt die Personalvertretung aufgrund der Erörterung nach § 67 Abs. 1 PersVG der Entlassung nicht nachträglich zu und gilt die Maßnahme auch nicht gemäß § 67 Abs. 2 PersVG als gebilligt, sondern erhebt die Personalvertretung Einwendungen gegen die Entlassung, so muß über diese gemäß § 67 Abs. 3 PersVG ihr gegenüber schriftlich unter Angabe der Gründe entschieden werden. Dies wird in der Regel eine neue Willensbildung der Dienststelle über die Entlassung unter Berücksichtigung der von der Personalvertretung vorgebrachten Einwendungen erforderlich machen (vgl. insoweit auch Grabendorff, ZBR 1960, 97 [99]). In welcher Weise dies geschehen kann, insbesondere ob es stets einer neuen Entlassungsverfügung bedarf und welche Rolle hierbei ein sich zeitlich auswirkender gesetzlicher Schutzzweck des Mitwirkungsrechts spielt (vgl. hierzu BVerwGE 21, 240 [249, 251]), bedarf im vorliegenden Fall keiner Entscheidung. Nach dem vom Berufungsgericht für das Revisionsverfahren bindend festgestellten Sachverhalt hat der Beklagte über die vom Hauptpersonalrat (K) in seiner Stellungnahme vom 8. Dezember 1976 gegen den Widerruf des Beamtenverhältnisses des Klägers in der Sache erhobenen Einwendungen nicht gemäß § 67 Abs. 3 PersVG entschieden. Vielmehr hat er in seinem Antwortschreiben vom 28. Januar 1977, das keine Auseinandersetzung mit den vom Hauptpersonalrat (K) gegen den Widerruf vorgebrachten Gründen erkennen läßt, noch – „falls erforderlich” – um eine umgehende abschließende Stellungnahme des Hauptpersonalrats (K) zum Widerruf des Beamtenverhältnisses des Klägers gebeten, dessen ungeachtet aber den Widerspruch des Klägers bereits mit Bescheid vom 31. Januar 1977 zurückgewiesen. Den gesetzlichen Erfordernissen eines ordnungsgemäßen Mitwirkungsverfahrens ist damit vor der abschließenden Verwaltungsentscheidung im Entlassungsverfahren nicht genügt worden. Wegen dieses Mangels der vorgeschriebenen Beteiligung der Personalvertretung ist der Widerruf des Beamtenverhältnisses des Klägers fehlerhaft (vgl. BVerwGE 66, 291 [294] mit weiteren Nachweisen). Die angefochtenen Bescheide waren deshalb aufzuheben.
Gemäß § 154 Abs. 1 VwGO trägt der Beklagte die Kosten des Verfahrens.
Unterschriften
Fischer, Dr. Franke, Dr. Lemhöfer, Sommer, Dr. Müller
Fundstellen
Haufe-Index 1528573 |
BVerwGE, 189 |