Entscheidungsstichwort (Thema)
Abgabenrecht. Benutzungsgebühren (Abfallbeseitigungsgebühr). Benutzungsgebühr. Kommunalabgaben. Müllabfuhr. Wohnungseigentum. Eigentümergemeinschaft. Gebührenschuldner. Gebührenbescheid. Adressierung. Unbestimmtheit. Nichtigkeit. Auslegung
Leitsatz (amtlich)
Ein an die „Wohnungseigentümergemeinschaft X-Straße, z.Hd. des Verwalters” gerichteter Müllabfuhrgebührenbescheid ist nach schleswig-holsteinischem Verwaltungsverfahrensrecht nicht wegen Unbestimmtheit des Adressaten nichtig; denn im Wege der vorrangig gebotenen Auslegung ist einem solchen Bescheid jedenfalls dann, wenn die Gebührenfestsetzung die auf die einzelnen Wohnungseigentümer entfallenden Gebühren ausweist, mit hinreichender Deutlichkeit zu entnehmen, daß die einzelnen Wohnungseigentümer herangezogen werden sollen.
Die Bekanntgabe eines solchen Gebührenbescheides durch Übersendung einer Ausfertigung an den Verwalter kann auch ohne Vorliegen einer gesetzlichen Vertretungsmacht gemäß § 27 Abs. 2 WEG oder einer ausdrücklichen rechtsgeschäftlichen Bevollmächtigung nach den Grundsätzen der Anscheins- oder Duldungsvollmacht wirksam sein.
Normenkette
KAG SH § 6 Abs. 5 Fassung 1979-12-18; LVwG SH § 110 Abs. 1, § 112 Abs. 1, § 113 Abs. 1, § 154; VwVfG § 44 Abs. 1; WEG § 27 Abs. 2
Verfahrensgang
Tenor
Das Urteil des Schleswig-Holsteinischen Oberverwaltungsgerichts vom 20. August 1991 wird abgeändert.
Die Berufungen des Klägers gegen die Urteile des Schleswig-Holsteinischen Verwaltungsgerichts vom 29. Juni 1988 – 6 A 681/86 und 6 A 117/88 – werden in vollem Umfang zurückgewiesen.
Der Kläger trägt die Kosten des Revisionsverfahrens, drei Viertel der Kosten des Berufungsverfahrens sowie die Hälfte der Kosten des erstinstanzlichen Verfahrens 6 A 117/88. Die übrigen Kosten des Berufungsverfahrens und des erstinstanzlichen Verfahrens 6 A 117/88 trägt die Beklagte.
Gründe
I.
Die Beteiligten streiten um die Wirksamkeit oder Nichtigkeit zweier Müllabfuhrgebührenbescheide für die Jahre 1986 und 1988. Die Beklagte betreibt die Abfallbeseitigung als öffentliche Einrichtung; sie bedient sich dabei Dritter. Der Kläger ist Eigentümer einer Eigentumswohnung in einem Gebäude, das auf dem Gebiet der Beklagten liegt und in insgesamt 36 Eigentumswohnungen aufgeteilt ist. Entsprechend einer mit Schreiben vom 15. März 1980 unter Angabe der Abgabenkonto-Nummer der Eigentümergemeinschaft erhobenen Bitte des damaligen Verwalters, jede Korrespondenz an ihn zu adressieren, richtete die Beklagte seit 1981 auf der Grundlage ihrer Satzungen berechnete Gebührenbescheide in jeweils einer Ausfertigung unter Angabe der Eigentumswohnungsanlage an die „Wohnungseigentümergemeinschaft”, z.Hd. des namentlich genannten jeweiligen Verwalters. Dieser rechnete dann mit ihr ab. Mit Bescheid vom 3. Januar 1986 erhob sie auf diese Weise für die Abfallbeseitigung im Jahre 1986 eine Gebühr über insgesamt 5 832 DM, wobei sie der Berechnung 36 Behälter (à 70 l) zu je 162 DM zugrunde legte. Widerspruch wurde hiergegen nicht erhoben. Der seinerzeitige Verwalter ermächtigte die Beklagte sodann mit Schreiben vom 2. August 1986 wiederum unter Angabe der Abgabenkonto-Nummer unter der Bezeichnung „WEG-G.-straße 8 …” in Vertretung der Wohnungseigentümergemeinschaft, ab sofort die fälligen Abgaben per Lastschrift von dem näher bezeichneten Konto der Wohnungseigentümergemeinschaft einzuziehen. Mit Bescheid vom 1. Januar 1988 erhob die Beklagte eine in gleicher Weise berechnete Müllabfuhrgebühr in Höhe von (36 × 210 DM =) 7 560 DM; über den hiergegen eingelegten Widerspruch des Klägers wurde noch nicht abschließend entschieden.
Mit seinen – zunächst mit der Zielsetzung einer günstigeren, nämlich auf eine geringere Anzahl von Großbehältern abstellenden Gebührenberechnung erhobenen – Klagen gegen diese beiden Gebührenbescheide hat der Kläger unter anderem die Feststellung ihrer Nichtigkeit infolge der Adressierung an die Wohnungseigentümergemeinschaft begehrt. Das Verwaltungsgericht hat die Klagen durch Urteile vom 29. Juni 1988 – 6 A 681/86 und 6 A 117/88 – abgewiesen, weil die beanstandete Adressierung unter den gegebenen Umständen allenfalls die Anfechtbarkeit, nicht aber die Nichtigkeit der Bescheide begründen könne. Auf die Berufungen des Klägers hat das Oberverwaltungsgericht – nach Verbindung der Verfahren – mit Urteil vom 20. August 1991 unter anderem festgestellt, die angefochtenen Gebührenbescheide für die Jahre 1986 und 1988 seien nichtig. Zur Begründung hat es insoweit ausgeführt: Nach der für die Beurteilung der streitigen Bescheide maßgeblichen früheren Fassung des § 6 Abs. 5 des schleswig-holsteinischen Kommunalabgabengesetzes sei der einzelne Wohnungseigentümer Schuldner der Abfallbeseitigungsgebühr. Ein gleichwohl an die nicht rechtsfähige Eigentümergemeinschaft gerichteter Heranziehungsbescheid sei deshalb nicht nur rechtswidrig, sondern nichtig; er gehe ins Leere, könne nicht vollzogen werden und bleibe deshalb aus Rechtsgründen wirkungslos. Wegen der Einzelheiten wird auf das angefochtene Urteil Bezug genommen.
Hiergegen wendet sich die Revision der Beklagten. Sie rügt die Verletzung des – mit § 44 Abs. 1 VwVfG identischen – § 113 Abs. 1 des schleswig-holsteinischen Landesverwaltungsgesetzes, weil die beanstandete Adressierung der Bescheide entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts die Feststellung der Nichtigkeit nicht trage.
Der Kläger verteidigt das Berufungsurteil.
II.
Die Revision der Beklagten ist begründet. Das Berufungsurteil verletzt – soweit es den Berufungen des Klägers stattgegeben und die Nichtigkeit der streitigen Gebührenbescheide festgestellt hat – revisibles Recht (§ 137 Abs. 1 Nr. 2 VwGO in Verbindung mit § 113 Abs. 1 des schleswig-holsteinischen Landesverwaltungsgesetzes – LVwG –). Aufgrund des festgestellten Sachverhalts (§ 137 Abs. 2 VwGO) erweisen sich die Berufungen des Klägers auch insoweit als unbegründet, weil das Verwaltungsgericht das Feststellungsbegehren im Ergebnis zu Recht abgewiesen hat (§ 144 Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 VwGO).
Das Berufungsgericht hat auf der Grundlage des § 113 Abs. 1 LVwG angenommen, die Adressierung der beiden Gebührenbescheide an die „Wohnungseigentümergemeinschaft …”, z.Hd. des jeweiligen, namentlich genannten Verwalters, begründe deren Nichtigkeit. Diese Auffassung verletzt die insoweit mit § 44 Abs. 1 VwVfG übereinstimmende Vorschrift des für Schleswig-Holstein geltenden Verwaltungsverfahrensgesetzes (§ 137 Abs. 1 Nr. 2 VwGO). Die Annahme der Nichtigkeit setzt danach voraus, daß der Verwaltungsakt an einem Fehler leidet, der besonders schwer wiegt und bei verständiger Würdigung aller Umstände offenkundig ist. Entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts sind die angefochtenen Bescheide mit Blick auf die in diesem Zusammenhang allein streitige Adressierung nicht fehlerhaft, so daß unabhängig von allen weiteren Einwänden gegen das Berufungsurteil bereits aus diesem Grunde die Annahme der Nichtigkeit ausscheidet.
1. Gebührenbescheide sind gegenüber dem Gebührenschuldner zu erlassen; gegen ihn muß die Gebühr festgesetzt werden. Gebührenschuldner bei der Abfallbeseitigung ist nach der hier maßgeblichen landesrechtlichen Regelung des § 6 Abs. 5 Satz 1 des Kommunalabgabengesetzes des Landes Schleswig-Holstein in der auf die angefochtenen Bescheide anzuwendenden, zuletzt durch Gesetz vom 18. Dezember 1979 (GVOBl S. 526) geänderten Fassung vom 17. März 1978 (GVOBl S. 71) der Schuldner der Grundsteuer. Der hierdurch in Bezug genommene § 10 GrStG weist denjenigen als Schuldner aus, dem der Steuergegenstand bei der Feststellung des Einheitswertes zugerechnet ist. Steuergegenstand sind gemäß § 2 Nr. 2 GrStG unter anderem die Grundstücke im Sinne von §§ 68, 70 des Bewertungsgesetzes. Danach bildet jede wirtschaftliche Einheit des Grundvermögens – zu dem das Wohnungseigentum gehört – ein Grundstück im Sinne dieses Gesetzes. Gemäß § 93 Abs. 1 Satz 1 des Bewertungsgesetzes stellt jedes Wohnungseigentum eine wirtschaftliche Einheit dar. Das Berufungsgericht ist deshalb zutreffend davon ausgegangen, daß Schuldner der Abfallbeseitigungsgebühr nach seinerzeitiger Rechtslage entsprechend der Rechtslage für Grundsteuerbescheide der einzelne Wohnungseigentümer mit seinem Wohnungseigentum ist (vgl. Thiem, KAG S.-H., § 8 Rn. 48; Sauer/Ritzer/Schuhmann, Handbuch der Besteuerung des Grundbesitzes, Teil VI, Rn. 317; Kohls, Das Wohnungseigentum im Recht der Kommunalabgaben, Schriften zum deutschen Kommunal recht, Band 26, S. 21).
2. Zwar richten sich die beiden streitigen Gebührenbescheide nicht ausdrücklich an die einzelnen Wohnungseigentümer. Das Berufungsgericht hat jedoch verkannt, daß die Adressierung der Bescheide mit Blick auf die Bezeichnung des Inhaltsadressaten auslegungsfähig ist, die Auslegung etwaige Zweifel an der Bestimmtheit beseitigt und diese Möglichkeit der Annahme der Nichtigkeit wegen Unbestimmtheit vorgeht (vgl. hierzu Meyer, NVwZ 1986, 513 ≪517≫; BFH, Urteil vom 25. September 1990 – IX R 84/88 – BStBl 1991 II, S. 120 ≪121≫). Das Revisionsgericht ist zur Auslegung der angefochtenen Bescheide befugt, wenn – wie hier – die tatsächlichen Feststellungen dafür ausreichen (Urteil vom 9. Juni 1983 – BVerwG 2 C 34.80 – BVerwGE 67, 222 ≪234≫; BFH, Urteil vom 25. September 1990, a.a.O.). Dabei kommt es nicht darauf an, wie ein außenstehender Dritter, sondern allein wie der Betroffene selbst nach den ihm bekannten Umständen den materiellen Gehalt der angefochtenen Bescheide unter Berücksichtigung von Treu und Glauben verstehen mußte. Unter Anlegung dieser Kriterien folgt aus der Adressierung der Gebührenbescheide an die „Wohnungseigentümergemeinschaft G.-straße”, z.Hd. des Verwalters, in Verbindung mit der Aufschlüsselung des Berechnungsvorgangs in den Bescheiden, daß sich die Gebührenerhebung nicht an die Wohnungseigentümer in ihrer gemeinschaftlichen Verbindung (vgl. zur streitigen rechtlichen Einordnung der Wohnungseigentümergemeinschaft Bärmann/Pick, WEG, 13. Auflage, Einleitung, Rz. 8), sondern an jeden einzelnen Wohnungseigentümer richtet. Es handelt sich damit der Sache nach um eine Zusammenfassung mehrerer, an verschiedene Personen gerichtete Verwaltungsakte in einem Bescheid (vgl. hierzu BFH, Urteil vom 25. September 1990, a.a.O. S. 122 m.w.N.) und nicht um einen – ein (hier nicht gegebenes) Gesamtschuldverhältnis voraussetzenden – zusammengefaßten Bescheid im Sinne von § 155 Abs. 3 AO (vgl. Kohls, a.a.O., S. 5, 18, 23).
Dies ergibt sich aus folgenden Erwägungen: Inhaltsadressaten der Gebührenerhebung sollten nach der Formulierung der Bescheide die Wohnungseigentümer und nicht etwa der Verwalter sein. Letzterer ist lediglich als Empfänger der Bescheide und Bevollmächtigter der „Wohnungseigentümergemeinschaft” genannt. Anders ist der Zusatz „z.Hd. von” nicht zu verstehen; dies entspricht auch der Funktion, die der Verwalter in seinen schriftlichen Bitten vom 15. März 1980 und 2. August 1986 an die Beklagte zum Ausdruck gebracht hat. Mit der Bezeichnung der „Wohnungseigentümergemeinschaft” sind ersichtlich im Sinne einer Kurzbezeichnung (vgl. BGH, Urteile vom 25. September 1980 – VII ZR 276/79 –, WM 1981, 20 ≪21≫ und vom 12. Mai 1977 – VII ZR 167/76 –, NJW 1977, 1668; OVG Bremen, Urteil vom 9. Oktober 1984 – 1 BA 43/84 – NJW 1985, 2660; VGH Baden-Württemberg, Urteil vom 18. Februar 1982 – 2 S 968/81 –, ZKF 1983, 36) die einzelnen Wohnungseigentümer und nicht etwa die „Gemeinschaft” als solche gemeint, die nach bürgerlichem Recht nicht rechtsfähig ist. Hierfür spricht entscheidend, daß die angefochtenen Bescheide nicht etwa lediglich einen Gesamtbetrag festsetzen, sondern die Gebührenerhebung erkennbar mit dem Ansatz von 36 Abfallbehältern auf jede einzelne der 36 Eigentumswohnungen in Höhe eines auf sie entfallenden, im Bescheid angegebenen Betrages beziehen. Die Kurzbezeichnung ist auch entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts und des Klägers hinreichend bestimmt. Denn sie ist – was in diesem Zusammenhang genügt – bestimmbar. Ersichtlich werden nicht irgendwelche früheren oder künftigen Mitglieder der Eigentümergemeinschaft, sondern nur diejenigen angesprochen, die bei Bekanntgabe des Gebührenbescheides Wohnungseigentümer sind. Wer dazu gehört, ergibt sich aus dem Grundbuch; die namentliche Aufführung in dem Gebührenbescheid ist nicht erforderlich (vgl. BFH, Urteil vom 11. Februar 1987 – II R 103/84 – BStBl II, 325 ≪326≫). Vernünftige Zweifel daran, wer gemeint ist, bestehen nicht und sind hier auch weder von dem Kläger noch von einem anderen Beteiligten während der langjährigen Dauer dieser Verwaltungspraxis konkret geltend gemacht worden. Dementsprechend hat auch das Bundesverwaltungsgericht die Eintragung einer Gesellschaft bürgerlichen Rechts in den Fahrzeugbrief und den Fahrzeugschein unter der als Kurzform für die Gesamtheit der Gesellschafter verwendeten Bezeichnung für hinreichend deutlich gehalten (Urteil vom 20. Februar 1987 – BVerwG 7 C 14.84 – Buchholz 442.16 § 23 StVZO Nr. 3 S. 1 ≪6≫). Im gleichen Sinne ist die Beiladung der „Gemeinschaft der Wohnungseigentümer” als Beiladung der einzelnen Wohnungseigentümer ausgelegt worden (Beschluß vom 6. Mai 1992 – BVerwG 4 B 139.91 – Buchholz 310 § 65 VwGO Nr. 104 S. 17 ≪18≫). Eine unzulässige Verschiebung der Verantwortung auf den Verwalter – wie der Kläger meint (vgl. ebenso HessVGH, Urteile vom 11. März 1985 – 5 OE 26/83 – KStZ 1986, 196 ≪197≫ und vom 7. September 1983 – V OE 100/81 – NJW 1984, 1645 ≪1646 f.≫) – liegt in dieser Vorgehensweise ebenfalls nicht. Denn die Bestimmung des maßgeblichen Kreises der Wohnungseigentümer wird durch den Bescheid festgelegt. Die Auslegung ergibt auch, daß die einzelnen Wohnungseigentümer nur mit dem auf ihr Wohnungseigentum entfallenden Gebührenanteil – und nicht etwa gesamtschuldnerisch – herangezogen werden.
3. Die in je einem Bescheid für 1986 und 1988 „gebündelte”, in Wirklichkeit an die einzelnen Wohnungseigentümer gerichtete Gebührenerhebung ist auch wirksam geworden (§§ 112 Abs. 1 Satz 1, 110 Abs. 1 Satz 2 LVwG). Nach diesen Vorschriften ist ein Verwaltungsakt dem Beteiligten bekanntzugeben, für den er – seinem Inhalt nach – bestimmt ist; er kann auch gegenüber einem Bevollmächtigten bekanntgegeben werden. Im vorliegenden Fall ist der Verwalter der Wohnungseigentümergemeinschaft, dem die Gebührenbescheide bekanntgegeben worden sind, als „Bevollmächtigter” im Sinne dieser Vorschriften anzusehen. Zwar greift § 27 Abs. 2 Nrn. 1 bis 3 WEG hier nicht ein und vermittelt dem Verwalter deshalb nicht die gesetzliche Vertretungsmacht. Denn diese Vorschrift setzt voraus, daß es sich um „gemeinschaftliche Angelegenheiten” der Wohnungseigentümer und damit um gesamtschuldnerische Gebühren handelt. Dies trifft – wie dargelegt – nach der hier anzuwendenden früheren Rechtslage auf die Abfallbeseitigungsgebühr nicht zu. Ob der Verwalter von den Wohnungseigentümern hier in (zulässiger) Erweiterung seiner gesetzlichen Befugnisse rechtsgeschäftlich bevollmächtigt worden ist (vgl. hierzu Bärmann/Pick, a.a.O., § 27 Rn. 23 m.w.N.), ergibt sich weder aus den tatsächlichen Feststellungen des Berufungsurteils noch aus den beigezogenen Akten. Darauf kommt es jedoch auch nicht entscheidend an. Denn die Bevollmächtigung braucht nicht ausdrücklich erfolgt zu sein; vielmehr gilt auch derjenige als Bevollmächtigter, der wie ein Bevollmächtigter auftritt, wenn der von ihm durch sein Auftreten erzeugte Rechtsschein der Bevollmächtigung dem oder den Vertretenen zurechenbar ist (BFH, Urteil vom 25. September 1990, a.a.O., S. 23; Stelkens/Bonk/Sachs, VwVfG, 4. Auflage, § 41 Rn. 25 a, 30 m.w.N.). Dies kann durch eine Anscheins- oder Duldungsvollmacht bewirkt werden (vgl. Palandt-Heinrichs, BGB, 53. Auflage, § 173 Rn. 9). Ob aufgrund des vorliegenden Sachverhalts von einer Duldungsvollmacht, die unter anderem voraussetzt, daß die vertretenen Wohnungseigentümer das Auftreten des Verwalters kannten (Palandt-Heinrichs, a.a.O., Rn. 10), auszugehen ist, kann dahinstehen. Jedenfalls bestehen nach den tatsächlichen Feststellungen keine Bedenken gegen die Annahme einer Anscheinsvollmacht. Denn dafür genügt, daß der Vertretene das Handeln des angeblichen Vertreters zwar nicht kennt, es aber bei pflichtgemäßer Sorgfalt hätte kennen und verhindern können, und daß ferner der Erklärungsempfänger nach Treu und Glauben annehmen durfte, der Vertretene dulde und billige dieses Handeln (vgl. Palandt-Heinrichs, a.a.O., Rn. 13 f.). Sämtliche Voraussetzungen sind hierfür erfüllt: Der Verwalter hat sich mit seiner schriftlichen Bitte, jede Korrespondenz im Zusammenhang mit der Müllabfuhrgebühr an ihn zu richten sowie mit der jahrelangen tatsächlichen Abrechnung und schließlich mit der Erteilung einer Einziehungsermächtigung für das Konto der Wohnungseigentümer wie ein Vertreter der Wohnungseigentümer aufgeführt, gleichsam als ob es sich um eine Angelegenheit nach § 27 Abs. 2 WEG handelte, in dessen Rahmen der Verwalter nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs Vertreter der Wohnungseigentümer mit gesetzlicher Vertretungsmacht ist (BGH, Urteil vom 25. September 1980, a.a.O.). Dieses den Rechtsschein erzeugende Verhalten wurde seit 1981 praktiziert, war also von einer ausreichenden Dauer (vgl. Palandt-Heinrichs, a.a.O., Rn. 14). Wenn die Wohnungseigentümer – was im übrigen wenig wahrscheinlich sein dürfte – hiervon keine positive Kenntnis gehabt haben sollten, so hätten sie doch bei pflichtgemäßer Sorgfalt im Rahmen der jährlichen Abrechnungen erkennen können, daß der Verwalter in der geschilderten Weise gegenüber der Beklagten auf getreten ist, und dies – wenn sie mit dieser Vorgehensweise nicht einverstanden waren – für die Zukunft verhindern können. Aus der offenbaren Hinnahme der von dem Verwalter erbetenen Abrechnungsweise durfte die Beklagte schließlich nach Treu und Glauben folgern, die Wohnungseigentümer billigten dieses Verfahren. Dies gilt um so mehr, als eine Bevollmächtigung des Verwalters nach Rechtsscheinsgrundsätzen bei Wohnungseigentümergemeinschaften angesichts der weitgehenden gesetzlichen Vertretung durch den Verwalter und der Möglichkeit, diese Befugnisse rechtsgeschäftlich zu erweitern, nicht fernliegt (vgl. ebenso für Bauherrengemeinschaften BFH, Urteil vom 25. September 1990, a.a.O., S. 123).
Im übrigen wäre ein etwaiger Bekanntgabemangel gegenüber dem Kläger mit der tatsächlichen Kenntniserlangung geheilt. Wenn § 154 LVwG, der mit § 9 Abs. 1 VwZG identisch ist, schon für zustellungsbedürftige Verwaltungsakte bei fehlendem Zustellungsnachweis oder der Verletzung zwingender Zustellungsvorschriften als Zustellungszeitpunkt denjenigen des tatsächlichen Empfangs gelten läßt, so gilt dies entsprechend für den hier zu beurteilenden – weniger formstrengen – Grundfall der Bekanntgabe (Stelkens/Bonk/Sachs, a.a.O., § 41 Rn. 10 m.w.N.; zu § 9 Abs. 1 VwZG vgl. Beschluß vom 9. Juli 1986 – BVerwG 2 CB 5.85 – Buchholz 340 § 9 VwZG Nr. 10 S. 1). Das Bundesverwaltungsgericht hat aus der Sicht des revisiblen Rechts zu §§ 43 Abs. 1, 41 Abs. 1 VwVfG ausgeführt, für die Bekanntgabe eines Verwaltungsakts reiche es aus, wenn die Behörde dem Adressaten von seinem Inhalt Kenntnis verschaffe, auch wenn nicht jeder von mehreren Adressaten in den Besitz einer Ausfertigung gelangt sei (Urteil vom 24. Januar 1992 – BVerwG 7 C 38.90 – NVwZ 1992, 565 ≪566≫; Stelkens/Bonk/Sachs, a.a.O., § 41 Rn. 25). Der Kläger hat hier Kenntnis vom Inhalt beider angefochtenen Gebührenbescheide erlangt; er besitzt darüber hinaus offenbar auch jeweils eine Kopie der Bescheide.
Die Kostenentscheidung folgt unter Berücksichtigung der im Berufungsrechtszug erklärten teilweisen Hauptsacheerledigung aus § 155 Abs. 1 Satz 1 VwGO.
Unterschriften
Dr. Kleinvogel, Prof. Dr. Driehaus, Dr. Silberkuhl, Dr. Honnacker, Sailer
Fundstellen