Entscheidungsstichwort (Thema)

Ersatzmitglied, Begriff des – einer Jugendvertretung. Jugendvertretung, Weiterbeschäftigungsanspruch des Ersatzmitgliedes einer –. Weiterbeschäftigungsanspruch, – des Ersatzmitgliedes einer Jugendvertretung

 

Leitsatz (amtlich)

Ein erfolgloser Wahlbewerber, der in der Jugendvertretung nur an wenigen, zeitlich weit auseinanderliegenden Sitzungen als Ersatzmitglied mitgewirkt hat, kann nicht verlangen, nach Beendigung seiner Berufsausbildung in der Dienststelle gemäß § 9 BPersVG in einem Dauerarbeitsverhältnis weiterbeschäftigt zu werden.

 

Normenkette

BPersVG §§ 9, 107

 

Verfahrensgang

OVG für die Länder Niedersachsen und Schleswig-Holstein (Urteil vom 04.07.1984; Aktenzeichen 19 OVG L 3/83)

VG Schleswig-Holstein (Entscheidung vom 28.03.1983; Aktenzeichen PL 13/82)

 

Tenor

Die Revisionen der Beklagten und der Beteiligten gegen das Urteil des Oberverwaltungsgerichts für die Länder Niedersachsen und Schleswig-Holstein – Fachsenat für Personalvertretungssachen des Landes Schleswig-Holstein – vom 4. Juli 1984 werden zurückgewiesen.

Die Beklagte und die Beteiligten tragen die Kosten des Revisionsverfahrens je zur Hälfte.

 

Tatbestand

I.

Der Kläger bildete die Beklagte von Oktober 1979 bis September 1982 zur Krankenschwester aus. Im Jahre 1981 kandidierte die Beklagte bei der Wahl zur Jugend- und Ausbildungsvertretung beim Krankenhaus für Kinder- und Jugendpsychiatrie S., der Beteiligten zu 2), wurde aber nicht gewählt. Als nächstberufene Nachrückerin nahm sie jedoch am 6. November 1981 und am 22. Juli 1982 jeweils für ein verhindertes Mitglied an Sitzungen dieser Vertretung teil.

Unter dem 8. Juli 1982 bat die Beklagte unter Hinweis auf § 9 BPersVG, sie nach Beendigung ihrer Ausbildung in einem unbefristeten Arbeitsverhältnis weiterzubeschäftigen. Der Kläger verweigerte das mit dem Hinweis, als Ersatzmitglied der Beteiligten zu 2) genieße sie nicht den Schutz des § 9 BPersVG, so daß durch ihre Erklärung kein unbefristetes Arbeitsverhältnis zustande gekommen sei.

Gestützt auf diese Rechtsauffassung hat der Kläger sodann am 12. Oktober 1982 das Verwaltungsgericht angerufen und beantragt,

festzustellen, daß ein Arbeitsverhältnis mit der Beklagten nicht begründet worden ist,

hilfsweise,

das mit der Beklagten nach § 9 Abs. 2 BPersVG begründete Arbeitsverhältnis aufzulösen.

Ergänzend hat er vorgetragen, er könne die Beklagte nicht in ein unbefristetes Angestelltenverhältnis übernehmen, weil eine entsprechende Planstelle nicht verfügbar sei. Die im Stellenplan und in der Stellenübersicht ausgewiesenen 714 Stellen im Pflegedienst seien sämtlich besetzt.

Das Verwaltungsgericht hat durch Urteil vom 28. März 1983 festgestellt, daß ein Arbeitsverhältnis zwischen dem Kläger und der Beklagten nicht begründet worden ist. Die dagegen gerichtete Berufung wurde vom Berufungsgericht durch Urteil vom 4. Juli 1984 zurückgewiesen, im wesentlichen aus folgenden Gründen:

Als Ersatzmitglied der Beteiligten zu 2) genieße die Beklagte nicht den Schutz des § 9 BPersVG, weil sich dieser auf die ordentlichen Mitglieder des Personalrats und der Jugendvertretung beschränke. Den Status eines ordentlichen Mitgliedes der Beteiligten zu 2) habe die Beklagte in der von April 1981 an laufenden Amtsperiode nicht dadurch erlangt, daß sie an zwei Sitzungen der Beteiligten zu 2) teilgenommen habe. Die Rechtsstellung eines Mitgliedes der Jugendvertretung erlange ein Ersatzmitglied erst, wenn es anstelle eines ausgeschiedenen Mitgliedes in die Vertretung einrücke, nicht hingegen schon dann, wenn es als Stellvertreter eines zeitweise abwesenden ordentlichen Mitgliedes an einzelnen Sitzungen der Vertretung teilnehme.

Sinn und Zweck des § 9 BPersVG geböten es auch nicht, die Beklagte im Anwendungsbereich dieser Vorschrift dem Mitglied einer Jugendvertretung gleichzustellen. Die Materialien zu dieser Vorschrift ließen erkennen, daß der Weiterbeschäftigungsschutz die kontinuierliche Erfüllung der Aufgaben des Personalrats oder der Jugendvertretung sicherstellen solle und dementsprechend vom Gesetzgeber auf die Mitglieder dieser Vertretungen beschränkt worden sei. Eine analoge Anwendung der Vorschrift auf Ersatzmitglieder komme allenfalls in Betracht, wenn deren stellvertretende Tätigkeit für das Wirken der Vertretung von einigem Gewicht sei. Das lasse sich für die Mitarbeit der Beklagten in der Jugendvertretung nicht feststellen.

Gegen dieses Urteil richten sich die vom Berufungsgericht zugelassenen Revisionen der Beklagten, des Personalrats des Landeskrankenhauses S., des Beteiligten zu 1), und der Beteiligten zu 2), mit denen die Verletzung materiellen Rechts gerügt wird. Die Revisionen beanstanden die dem angefochtenen Urteil zugrundeliegende Auslegung des § 9 BPersVG. Sie meinen, das Ziel der Vorschrift, die unabhängige Ausübung des Amtes eines Personalratsmitglieds oder eines Jugendvertreters durch den Weiterbeschäftigungsanspruch zu sichern, sei uneingeschränkt nur dann zu erreichen, wenn auch Ersatzmitglieder, die in der jeweiligen Vertretung tätig geworden seien, dieses Schutzes teilhaftig würden. Das Bundesarbeitsgericht erkenne dies für Ersatzmitglieder des Betriebsrates an. Zwischen dem Kläger und der Beklagten sei mithin ein Arbeitsverhältnis begründet worden.

Der Hilfsantrag des Klägers, dieses Arbeitsverhältnis aufzuheben, könne nicht durchdringen, ohne daß es der Zurückverweisung der Sache an die Vorinstanz bedürfe. Denn der Kläger habe bei Abschluß des Ausbildungsverhältnisses der Beklagten mehrere Beschäftigte teils unbefristet, teils auf Zeitvertrag eingestellt. Jedenfalls auf der Grundlage eines Zeitvertrages habe er auch die Beklagte weiterbeschäftigen müssen.

Die Beklagte und die Beteiligten zu 1) und 2) beantragen,

die Urteile des Oberverwaltungsgerichts für die Länder Niedersachsen und Schleswig-Holstein – Fachsenat für Personalvertretungssachen des Landes Schleswig-Holstein – vom 4. Juli 1984 und des Schleswig-Holsteinischen Verwaltungsgerichts vom 28. März 1983 zu ändern und die Klage abzuweisen.

Der Kläger tritt den Revisionen entgegen und verteidigt das angefochtene Urteil.

 

Entscheidungsgründe

II.

Die Revisionen bleiben ohne Erfolg. Die Vorinstanzen haben die Klage zu Recht als im Hauptantrag begründet angesehen. Die Beklagte erfüllt nicht die persönlichen Voraussetzungen des § 9 Abs. 1 BPersVG, der gemäß § 107 Satz 2 BPersVG im Landesbereich entsprechend gilt. Ihr Verlangen, sie nach Beendigung ihrer Berufsausbildung weiterzubeschäftigen, begründete daher kein Arbeitsverhältnis zwischen ihr und dem Kläger.

Die Beklagte ist in der im April 1981 durchgeführten Wahl unstreitig nicht zum Mitglied der Jugend- und Ausbildungsvertretung beim Krankenhaus für Kinder- und Jugendpsychiatrie S. gewählt worden. Gegenstand des personalvertretungsrechtlichen Streits ist allein die Frage, ob sie, soweit es den Weiterbeschäftigungsanspruch nach § 9 BPersVG angeht, gleichwohl als Mitglied der Beteiligten zu 2) zu behandeln ist, weil sie in zwei Sitzungen dieser Vertretung ein – offenbar nur zeitweise – verhindertes Mitglied vertreten hat. Das hat das Berufungsgericht zu Recht verneint.

In seinem den Verfahrensbeteiligten bekannten Beschluß vom 27. September 1984 – BVerwG 6 P 38.83 – (NJW 1985, 2842; ZBR 1985, 60) hat der Senat zu der rechtsähnlichen Vorschrift des § 47 Abs. 2 Satz 1 BPersVG ausgeführt:

„Den Schutz des § 47 Abs. 2 Satz 1 BPersVG genießen nach alledem nur die Mitglieder des Personalrats. Dazu zählen zwar auch dessen Ersatzmitglieder. Der Zivilkraftfahrer K. war jedoch in dem hier maßgebenden Zeitpunkt nicht Ersatzmitglied des Antragstellers. Dessen gegenteilige Auffassung beruht auf einem unrichtigen Gebrauch des Begriffes ‚Ersatzmitglied’, der allerdings auch im Schrifttum verbreitet ist und dem sich auch die Vorinstanzen im vorliegenden Verfahren angeschlossen haben. Folgende Klarstellung ist deswegen zunächst geboten:

Als ‚Ersatzmitglied’ bezeichnet § 31 Abs. 1 Sätze 1, 2 BPersVG ein Mitglied des Personalrats, das nicht gewählt worden ist, sondern lediglich ein gewähltes Personalratsmitglied nach dessen Ausscheiden oder bei dessen Verhinderung im Personalrat ersetzt; dieses ‚Ersatzmitglied’ ist nach Maßgabe des Absatzes 2 der Vorschrift aus den nicht gewählten Beschäftigten der Vorschlagsliste zu entnehmen, der das zu ersetzende Personalratsmitglied angehört. Das bedeutet, daß ein solcher Beschäftigter ‚Ersatzmitglied’des Personalrats erst in dem Zeitpunkt wird, zu dem er für ein gewähltes Mitglied in den Personalrat eintritt, und nur so lange bleibt, wie das gewählte Personalratsmitglied, das er ersetzt, nicht imstande ist, sein Personalratsamt wieder selbst auszuüben. Mit dem Enden seiner so zu verstehenden Ersatzmitgliedschaft verliert der Betreffende auch die Stellung eines ‚Ersatzmitgliedes’ des Personalrats wieder. Er tritt in den Stand eines auf einer Wahlvorschlagsliste aufgeführten, aber nicht gewählten Beschäftigten zurück, der lediglich die – je nach seinem Listenplatz auf der Wahlvorschlagsliste größere oder geringere – Chance hat, im Falle der (erneuten) Verhinderung oder des Ausscheidens von gewählten Personalratsmitgliedern (wiederum) als Ersatzmitglied in den Personalrat einzutreten. Den auf Wahlvorschlagslisten aufgeführten, nicht gewählten Beschäftigten aber gibt das Personalvertretungsrecht keinen stärkeren Schutz gegen ihnen nicht genehme Personalmaßnahmen der Dienststelle als anderen Beschäftigten.”

Das gilt im Regelungsbereich des § 9 BPersVG gleichermaßen. Denn die Erwägungen, die dafür maßgebend sind, daß Mitgliedern von Personalräten und Jugendvertretungen nach Abschluß ihrer Berufsausbildung im Regelfall die Weiterbeschäftigung gewährleistet wird, stimmen mit denjenigen überein, auf denen der Versetzungsschutz von Personalratsmitgliedern beruht. In beiden Fällen soll der Begünstigte vor Personalmaßnahmen bewahrt werden, die ihn an der Ausübung seines Personalrats- oder Jugendvertreteramtes hindern oder seine Unabhängigkeit in diesem Amt beeinträchtigen können (vgl. den Beschluß vom 27. September 1984 – BVerwG 6 P 38.83 – ≪a.a.O.≫).

Entgegen der Auffassung der Beteiligten setzt sich der Senat damit nicht in Widerspruch zur Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts. In dem von den Beteiligten als Beleg für ihre Ansicht angeführten Urteil vom 15. Januar 1980 – 6 AZR 726/79 – (AP § 78 a BetrVG 1972 Nr. 8) beschränkt sich das Bundesarbeitsgericht vielmehr auf die Feststellung, daß das Ersatzmitglied während der zeitweiligen Verhinderung des Jugendvertreters Mitglied dieses betriebsverfassungsrechtlichen Organs sei und ihm „jedenfalls während dieser Zeit” die aus der Mitgliedschaft erwachsenden Rechte zuständen. Hingegen läßt es in dieser Entscheidung ausdrücklich offen, ob dem Kläger jenes Verfahrens der nachwirkende Schutz des § 78 a Abs. 3 BetrVG auch zustände, wenn er seine Übernahme in ein unbefristetes Arbeitsverhältnis erst im Anschluß an seine Vertretungstätigkeit, d.h. zu einem Zeitpunkt verlangt hätte, zu dem er nicht als Ersatzmitglied in der Jugendvertretung tätig war. Damit hat das Bundesarbeitsgericht seine an den in § 15 Abs. 1 Satz 2 KSchG enthaltenen Tatbestand der „Beendigung der Amtszeit” anknüpfende, möglicherweise weitergehende Rechtsprechung zur Schutzwirkung dieser Vorschrift (Urteil vom 6. September 1979 – 2 AZR 548/77 – ≪AP § 15 KSchG 1969 Nr. 7≫) jedenfalls nicht uneingeschränkt auf den – allein mit § 9 BPersVG vergleichbaren – Anwendungsbereich des § 78 a BetrVG übertragen. Vielmehr nimmt es in seinem Urteil vom 15. Januar 1980 – 6 AZR 726/79 – (a.a.O.) lediglich insoweit auf diese Rechtsprechung Bezug, als es Ersatzmitgliedern einer Jugendvertretung den Schutz des § 78 a BetrVG überhaupt nur unter der Voraussetzung zubilligt, daß diese vertretungsweise im Personalrat oder in der Jugendvertretung tätig geworden sind und damit jedenfalls zeitweise Mitgliedschaftsrechte in der Vertretung erlangt haben. In der Beurteilung der Frage, unter welchen Voraussetzungen das Ersatzmitglied eines Personalrats oder einer Jugendvertretung den Schutz des § 78 a BetrVG bzw. des § 9 BPersVG in Anspruch nehmen kann, weicht die Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts mithin nicht von der Rechtsauffassung des Senats ab. Es besteht daher kein Anlaß, das Verfahren entsprechend der Anregung der Beteiligten auszusetzen und die Sache dem Gemeinsamen Senat der obersten Gerichtshöfe des Bundes zur Entscheidung vorzulegen.

Der – bereits erörterte – Schutzzweck des § 9 BPersVG, auf den die Beklagte hinweist, gebietet im vorliegenden Fall keine andere Auslegung der Vorschrift als die dem angefochtenen Urteil zugrundeliegende. § 9 BPersVG beschränkt den Weiterbeschäftigungsanspruch seinem Wortlaut nach auf diejenigen in einem Berufsausbildungsverhältnis nach dem Berufsbildungsgesetz stehenden Beschäftigten (Auszubildenden), die Mitglied einer Personalvertretung oder einer Jugendvertretung sind. Damit erfaßt er auch die Ersatzmitglieder dieser Vertretungen für die Dauer ihrer vertretungsweisen Mitwirkung im Personalrat oder in der Jugendvertretung. Denn während dieses Zeitraumes sind sie nach der zitierten Rechtsprechung des Senats – zwar ersatzweise eingerückte, aber mit allen Rechten ausgestattete – Mitglieder dieser Vertretungen und können insoweit auch ihre Weiterbeschäftigung nach Beendigung des Berufsausbildungsverhältnisses verlangen. Danach hat die Beklagte keinen Weiterbeschäftigungsanspruch, weil sie zu dem Zeitpunkt, als sie vom Kläger ihre Weiterbeschäftigung nach Beendigung der Berufsausbildung verlangte, nicht Mitglied der Beteiligten zu 2) war.

Fraglich könnte allenfalls sein, ob die Beklagte den nachwirkenden Schutz des § 9 Abs. 3 BPersVG für sich in Anspruch nehmen kann, weil sie an zwei in weitem zeitlichen Abstand voneinander liegenden Tagen als Nachrückerin in dem erörterten Sinne Mitglied der Beteiligten zu 2) war. Auch das ist aber zu verneinen. Ein Nachrücker, der nur einige wenige Male in rechtlich erheblichem zeitlichen Abstand als Verhinderungsvertreter – und damit Ersatzmitglied – an Sitzungen des personalvertretungsrechtlichen Organs teilnimmt, für das er erfolglos kandidiert hat, erfüllt die Voraussetzungen des § 9 Abs. 3 BPersVG schon deswegen nicht, weil er keine „Amtszeit” im Sinne der Vorschrift in dem Organ verbracht hat. Bereits seinem Wortsinn nach bezeichnet dieser Begriff die Wahrnehmung des Amtes eines Mitgliedes des Personalrats oder der Jugendvertretung für einen gewissen, hier nicht näher einzugrenzenden, zusammenhängenden Zeitraum, der jedenfalls die Dauer einzelner, zeitlich getrennter Tage überschreiten muß. Auch Sinn und Zweck der Gesamtregelung des § 9 BPersVG gebieten es, dem ausgeschiedenen Mitglied eines personalvertretungsrechtlichen Organs den weitreichenden Schutz dieser Vorschrift nur dann zuteil werden zu lassen, wenn es dem Organ über einen längeren, in sich geschlossenen Zeitraum angehört hat. Die gesetzliche Begründung eines Dauerarbeitsverhältnisses nach Beendigung der Berufsausbildung, d.h. das unmittelbare Übertreten von einem sachnotwendig befristet einzunehmenden Ausbildungsplatz auf einen Dauerarbeitsplatz ohne Mitwirkung des Dienstherrn bzw. Arbeitgebers, greift derart tief in dessen Personalhoheit bzw. Vertragsfreiheit ein, daß sie mit dem Demokratieprinzip, dem Rechtsstaatsgrundsatz und der durch Art. 2 Abs. 1 GG verfassungsrechtlich gesicherten Entschließungsfreiheit nur zu vereinbaren ist, wenn ein besonders hoher Wert die Einschränkung dieser Verfassungsgebote und -gewährleistungen erfordert. Das ist bei gewählten Mitgliedern des Personalrats und der Jugendvertretung und solchen Mitgliedern, die der Vertretung auf längere Zeit als Ersatz für ein verhindertes oder ausgeschiedenes gewähltes Mitglied angehören, der Fall, weil ihnen die verantwortliche Wahrnehmung ihres Amtes in innerer Freiheit kaum möglich ist, wenn sie als Folge dessen „Repressalien” des Dienstherrn oder Arbeitgebers in ihrem Dienst- oder Arbeitsverhältnis gewärtigen müssen. Auf Ersatzmitglieder, die nur zufällig in einzelnen Sitzungen der Vertretung mitwirken, trifft das hingegen nicht zu. Zwar kann es geschehen, daß ein solches Ersatzmitglied gerade in der Sitzung, an der es zufällig und einmalig teilnimmt, an einer Entscheidung mitzuwirken hat, die der Dienststellenleiter als belastend empfindet. Geht man davon aus, daß der Dienststellenleiter beabsichtigen könnte, denjenigen, die die Entscheidung des personalvertretungsrechtlichen Organs getragen haben, ihre Mitwirkung im Rahmen des Dienst- oder Arbeitsverhältnisses „heimzuzahlen”, so wird sich diese Absicht doch in aller Regel kaum gegen ein Ersatzmitglied richten, das im Rahmen eines punktuellen Vertretungsfalles zufällig an der Entscheidung mitgewirkt hat. Ferner ist zu bedenken, daß ein Ersatzmitglied, welches in größeren zeitlichen Abständen punktuell an der Arbeit eines personalvertretungsrechtlichen Organs mitwirkt, schon wegen der Art seiner Mitwirkung kaum in die Gefahr geraten wird, sich bei dem Dienststellenleiter oder Arbeitgeber in der dargestellten Weise „unbeliebt” zu machen. Im übrigen steht solchen Ersatzmitgliedern das Benachteiligungsverbot des § 107 Satz 1 BPersVG zur Seite. Den erheblich weiterreichenden Schutz des § 9 BPersVG können sie hingegen nicht für sich in Anspruch nehmen, weil er in keinem rechtlich zu begründenden Verhältnis zu dem Schutzbedürfnis solcher kurzfristig tätig gewordener Ersatzmitglieder stände, sondern sich bei ihnen als eine unverhältnismäßige und daher mit § 107 Satz 1 BPersVG nicht zu vereinbarende Begünstigung darstellte.

Die Revisionen sind nach alledem mit der Kostenfolge aus § 154 Abs. 2 VwGO zurückzuweisen.

 

Unterschriften

Prof. Dr. Gützkow, Dr. Eckstein, Dr. Schinkel, Nettesheim, Dr. Seibert

 

Fundstellen

Haufe-Index 1212431

BVerwGE, 280

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