Entscheidungsstichwort (Thema)
Redlicher Erwerb. gerichtlicher Verkauf. Hoheitsakt. Vollstreckung in Grundstücke und Gebäude. Stichtag. Veräußerung
Leitsatz (amtlich)
- Der Grundstückserwerb im Vollstreckungsverfahren auf Grund gerichtlichen Verkaufs ist einer Redlichkeitsprüfung zugänglich.
- Er unterliegt nicht der Stichtagsregelung des § 4 Abs. 2 Satz 2 VermG.
Normenkette
VermG § 4 Abs. 2-3; GGVVO (DDR) § 1 Abs. 3
Verfahrensgang
VG Meiningen (Urteil vom 13.11.2002; Aktenzeichen 2 K 1065/00.Me) |
Tenor
Das Urteil des Verwaltungsgerichts Meiningen vom 13. November 2002 wird aufgehoben.
Die Sache wird zur anderweitigen Verhandlung und Entscheidung an das Verwaltungsgericht zurückverwiesen.
Die Entscheidung über die Kosten bleibt der Schlussentscheidung vorbehalten.
Tatbestand
I.
Den Klägern gehörte das Wohn- und Geschäftsgrundstück G.…straße 10, Flurstück 294 in M.… Der Kläger zu 1 betrieb dort seit 1976 als selbstständiger Bäckermeister eine Bäckerei.
Der Kläger zu 1 und seine Ehefrau, die Klägerin zu 2, unternahmen am 12. Oktober 1988 eine genehmigte Besuchsreise in die Bundesrepublik Deutschland, von der sie nicht zurückkehrten.
Der Beigeladene zu 1, der von Beruf ebenfalls Bäckermeister ist und von dessen Eltern die Kläger das Grundstück erworben hatten, beantragte unter dem 30. Oktober 1988 die Fortführung der Bäckerei, die er am 2. Mai 1989 nach Erteilung der Erlaubnis eröffnet hat.
Der Rat des Kreises M.… – Abteilung Finanzen – führte nach Bekanntwerden, dass die Kläger nicht in die DDR zurückkehren würden, umfangreiche Ermittlungen zu deren privaten und betrieblichen Vermögen durch und veranlasste eine steuerliche Nachprüfung. Er erließ am 11. Januar 1989 steuerliche Nachforderungsbescheide über insgesamt 473 727,14 Mark. Der im Auftrag des Rates des Kreises tätige Sachverständige kam in seinem Gutachten vom 18. Januar 1989 zu einem Zeitwert des Grundstücks von 124 000 Mark.
Der Rat des Kreises M.… beantragte unter dem 26. Mai 1989 beim Kreisgericht M.… den gerichtlichen Verkauf des streitbefangenen Grundstücks. Zur Begründung gab er an, die Steuerbescheide vom 11. Januar 1989 seien rechtskräftig geworden. Die Verwertung des übrigen gepfändeten Vermögens habe die Steuerschulden nicht begleichen können, so dass zur Erfüllung der Geldforderung des Staatsorgans die Vollstreckung in das Grundstück begehrt werde.
Der Sekretär des Kreisgerichts M.… ordnete mit Beschluss vom 28. Juni 1989 den gerichtlichen Verkauf des Grundstücks an. Als höchstzulässigen Verkaufspreis setzte der Rat des Bezirkes S.… den Betrag von 124 000 Mark fest und erteilte den Beigeladenen in der gerichtlichen Verkaufssache die Kaufgenehmigung (Bietergenehmigung).
Mit Beschluss des Kreisgerichts M.… vom 15. November 1989 wurde das Grundstück zu einem Kaufpreis in Höhe von 124 000 Mark an die Beigeladenen verkauft. Die Eigentumsumschreibung im Grundbuch erfolgte am 7. Februar 1990.
Die Kläger haben mit Schreiben vom 19. August 1990 die Rückübereignung ihrer ehemaligen Bäckerei und des Grundstücks beantragt.
Auf ihre Klage hin hat das Thüringer Finanzgericht mit Urteil vom 25. November 1998 die Steuerbescheide vom 11. Januar 1989 aufgehoben, weil sie mit rechtsstaatlichen Grundsätzen unvereinbar seien.
Das Thüringer Landesamt zur Regelung offener Vermögensfragen hat mit Bescheid vom 30. November 2000 unter anderem festgestellt, dass die Kläger zwar hinsichtlich des Grundstücks Berechtigte im Sinne des Vermögensgesetzes seien, die Rückübertragung des Eigentums aber abgelehnt, weil die Beigeladenen das Grundstück redlich erworben hätten.
Mit ihrer Klage haben die Kläger vorgebracht, dass die Rückübereignung nicht wegen redlichen Erwerbs ausgeschlossen sei. Die Beigeladenen hätten das Grundstück am 15. November 1989 – mithin nach dem Stichtag vom 18. Oktober 1989 – erworben. Eine Anbahnung vor dem Stichtag läge nicht vor. Die Regelungen über den redlichen Erwerb würden auch nur den rechtsgeschäftlichen Erwerb erfassen. Ein hoheitlicher Erwerb werde von der Norm nicht geschützt. Außerdem habe der Beigeladene zu 1 an der Wertschätzung des Grundstücks manipulativ mitgewirkt.
Die Kläger haben beantragt,
den Beklagten zu verpflichten, an die Kläger das Grundstück G.…straße 10 in M.…, Flurstück 294, zurückzuübertragen und den Bescheid des Thüringer Landesamtes zur Regelung offener Vermögensfragen vom 30. November 2000 aufzuheben, soweit er dem entgegensteht.
Der Beklagte und die Beigeladenen haben den angefochtenen Bescheid verteidigt und Klageabweisung beantragt. Die Beigeladenen machen geltend, sie hätten das Grundstück redlich erworben.
Das Verwaltungsgericht hat der Klage mit Urteil vom 13. November 2002 stattgegeben und ausgeführt: Die Kläger hätten einen Anspruch auf Rückübertragung des streitgegenständlichen Grundstücks. Die Rückübertragung sei nicht auf Grund redlichen Erwerbs ausgeschlossen. Der hier durchgeführte gerichtliche Verkauf führe zu einem Rechtserwerb, welcher der Redlichkeitsprüfung entzogen sei. Die Käufer hätten in solchen Fällen keinen Einfluss auf den Erwerbsvorgang nehmen können; denn der Eigentumserwerb beruhe nicht auf der freien Willensentscheidung der Beteiligten, sondern auf gesetzlichen Vorgaben.
Mit ihrer vom Verwaltungsgericht zugelassenen Revision tragen die Beigeladenen vor: Auf die Art der Übertragung oder Rechtsbegründung der Eigentumsrechte komme es nicht an. Sowohl der rechtsgeschäftliche Erwerb als auch der Erwerb auf Grund eines behördlichen oder gerichtlichen Hoheitsaktes genieße Redlichkeitsschutz. Voraussetzung sei nur, dass der Eigentumserwerb redlich erfolgt sei. Das sei der Fall.
Die Beigeladenen beantragen,
das Urteil des Verwaltungsgerichts Meiningen vom 13. November 2002 aufzuheben und die Klage abzuweisen.
Die Kläger beantragen,
die Revision zurückzuweisen.
Sie halten dagegen, dass der Begriff der Redlichkeit schon im allgemeinen Sprachgebrauch ein subjektives Element beschreibe und nicht nur objektive Umstände. Die Entfaltung eines subjektiven Elements, mithin Redlichkeit, sei im vorliegenden Falle nicht möglich gewesen. Es handele sich um einen hoheitlichen Erwerb, auf den Redlichkeitserwägungen keinen Einfluss hätten nehmen können. Bei dem “gerichtlichen Verkauf” hinge alles vom Zuschlag des Gerichts und nicht von dem Konsens zweier Vertragsparteien ab. Das Verfahren gleiche einer Zwangsversteigerung nach bundesdeutschem Recht. Im Übrigen sei der Erwerb nicht redlich gewesen.
Der Beklagte tritt der Revision ohne eigene Antragstellung bei und stellt darauf ab, ob der Erwerbsvorgang seiner Art nach die Prüfung der Redlichkeit des Erwerbs zulasse. Das sei beim Erwerb im Rahmen eines gerichtlichen Verkaufs der Fall. Zudem trage ein gerichtlicher Verkauf Elemente rechtsgeschäftlicher Art.
Entscheidungsgründe
II.
Die Revision ist mit der Maßgabe begründet, dass die Sache zur anderweitigen Verhandlung und Entscheidung an das Verwaltungsgericht zurückverwiesen wird.
Das angefochtene Urteil beruht auf der Verletzung von Bundesrecht. Die Annahme des Verwaltungsgerichts, dass der gerichtliche Verkauf nach der Verordnung über die Vollstreckung in Grundstücke und Gebäude vom 18. Dezember 1975 (GBl DDR I 1976 S. 1 – GGVVO –) einen Rechtserwerb ergeben habe, welcher der Redlichkeitsprüfung entzogen sei, ist mit § 4 Abs. 2 VermG nicht vereinbar (1.). Das Urteil stellt sich auch aus anderen Gründen nicht als richtig dar (2.). Es ist daher aufzuheben und die Sache zurückzuverweisen (3.).
Nach § 4 Abs. 2 Satz 1 VermG ist die Rückübertragung eines Eigentumsrechts ausgeschlossen, wenn natürliche Personen nach dem 8. Mai 1945 in redlicher Weise an dem Vermögenswert Eigentum oder dingliche Nutzungsrechte erworben haben. Das Verwaltungsgericht ist der Auffassung, dass diese Regelung nur den rechtsgeschäftlichen Erwerb in Form des zweiseitigen Rechtsgeschäfts erfasse. Das ergebe sich aus § 4 Abs. 3 VermG, der in allen drei Tatbestandsalternativen jeweils ein subjektives Element auf Seiten des Erwerbers enthalte. Damit unterfalle der Erwerb von Eigentumsrechten durch Gerichtsentscheidungen nicht dem Regelungsbereich von § 4 Abs. 2 VermG; denn hier könne der “Erwerber” subjektiv keinen Einfluss auf den Erwerbsvorgang nehmen.
Diese Rechtsauffassung ist weder im Ansatz noch in Bezug auf den Streitfall zutreffend. Erwerb im Sinne dieser Bestimmung ist nicht nur der Erwerb durch zweiseitiges Rechtsgeschäft. Dies folgt schon daraus, dass die in § 4 Abs. 2 VermG ausdrücklich genannten dinglichen Nutzungsrechte nicht durch Rechtsgeschäft erworben, sondern durch staatlichen Hoheitsakt verliehen wurden (Urteil vom 17. Mai 2000 – BVerwG 8 C 16.99 – BVerwGE 111, 182 ≪187≫ = Buchholz 428 § 1 Abs. 7 VermG Nr. 4).
Für die Anwendbarkeit von § 4 Abs. 2 VermG kommt es entscheidend darauf an, ob der Erwerbsvorgang einer eigenständigen Beurteilung mit Blick auf die Redlichkeit des Erwerbs zugänglich ist (vgl. Beschluss vom 14. Februar 1997 – BVerwG 7 B 44.97 – Buchholz 428 § 4 VermG Nr. 39). So setzte die Verleihung eines dinglichen Nutzungsrechts einen Antrag des Bewerbers voraus und ermöglichte damit in gleicher Weise wie bei einem normalen Verkehrsgeschäft die Beurteilung der Redlichkeit nach der Motivation des Erwerbers und den Begleitumständen des Erwerbs. Der Eigentumswechsel, um den es hier geht, lässt seiner Art nach ebenfalls eine Prüfung der Redlichkeit der Übereignung zu. Die Vollstreckung in Grundstücke und Gebäude erfolgte nach § 1 Abs. 3 GGVVO durch gerichtlichen Verkauf, die dem Sekretär des zuständigen Kreisgerichts oblag. Zur Teilnahme als Kaufinteressent an der Verkaufsverhandlung bedurfte es eines Kaufangebots des Kaufinteressenten, das der staatlichen Genehmigung unterlag (§ 11 Nr. 4 GGVVO); die Übereignung des Eigentums erforderte die rechtzeitige Bezahlung des Kaufpreises (§ 17 Abs. 1, § 18 Abs. 2 Nr. 1 GGVVO; zum Ganzen: Wallis, NJ 1976, 168 ff.). Anhand dieser Mitwirkungsakte des Erwerbers lässt sich die Redlichkeit des Erwerbs nach den Kriterien, die in § 4 Abs. 3 VermG beispielhaft aufgeführt sind, beurteilen. Davon ist das Bundesverwaltungsgericht schon in seinem Urteil vom 15. Dezember 1994 – BVerwG 7 C 26.93 – (Buchholz 428 § 1 VermG Nr. 35) ausgegangen.
Die angegriffene Entscheidung stellt sich auch nicht aus anderen Gründen als richtig dar (§ 144 Abs. 4 VwGO). Ein die Restitution verhindernder redlicher Erwerb ist nicht deshalb ausgeschlossen, weil der gerichtliche Verkauf in die Zeit nach dem 18. Oktober 1989 fällt. Zwar ist gemäß § 4 Abs. 2 Satz 2 VermG ein redlicher Erwerb bei der Veräußerung von Grundstücken und Gebäuden grundsätzlich nicht mehr möglich, sofern das dem Erwerb zugrunde liegende Rechtsgeschäft nach dem 18. Oktober 1989 ohne Zustimmung des Berechtigten geschlossen worden ist. Der hier dem Erwerb zugrunde liegende gerichtliche Verkauf hat aber keine “Veräußerung” im Sinne dieser Vorschrift zum Gegenstand.
Es kann dahinstehen, ob es bei der Auslegung des Rechtsbegriffs “Veräußerung” auf das Rechtsverständnis im Zeitpunkt des für die Redlichkeitsprüfung maßgeblichen Erwerbs oder auf den bei Erlass der den Begriff enthaltenen Norm ankommt. Nach der Grundstücksvollstreckungsverordnung der DDR war der Eigentumswechsel in die Rechtsform eines Vertrages gekleidet worden. Der Sekretär des Kreisgerichts nahm den so genannten gerichtlichen Verkauf als Verkäufer vor, indem er das (gepfändete) Grundstück an den Kaufinteressenten mit dem höchsten zulässigen Kaufangebot verkaufte. Darin ist jedoch keine “Veräußerung” zu sehen. Die “Veräußerung” ist als Rechtsbegriff dem Rechtskreis der Rechtsgeschäfte zugeordnet. Um ein Rechtsgeschäft war es aber nach dem damaligen Rechtsverständnis der DDR bei dem gerichtlichen Verkauf nicht gegangen. Das ist Folgendem zu entnehmen: Nach § 25 ZGB vollzog sich der Eigentumsrechtserwerb in vier Erwerbsformen: erstens durch Vertrag, zweitens durch Erbschaft, drittens auf Grund der Entscheidung eines staatlichen Organs und viertens kraft Gesetzes. Der gerichtliche Verkauf gepfändeter Sachen nach § 122 ZPO (DDR), der dem von Grundstücken und Gebäuden nach der Grundstücksvollstreckungsverordnung glich, wurde nicht der Erwerbsform “Vertrag” (§§ 26 ff. ZGB), sondern dem hoheitlichen Bereich (§ 29 ZGB) zugeordnet (vgl. Kommentar zum ZGB, herausgegeben vom Ministerium der Justiz, 2. Aufl. 1985, § 29 Anm. 2).
Die Zivilprozessordnung der DDR verwandte zwar den Begriff der “Zwangs-” Vollstreckung nicht, der Sache nach aber handelte es sich auch bei der Vollstreckung gepfändeter Grundstücke um eine staatliche Exekution zur Durchsetzung eines dem Gläubiger gegen den Schuldner zustehenden Anspruchs. Erwerbsbezogene Hoheitsakte unterfallen jedoch nicht dem Regelungsbereich von § 4 Abs. 2 Satz 2 VermG.
Das wird anhand der Entstehungsgeschichte der Norm deutlich. Der Satzteil “bei der Veräußerung” ist anlässlich des In-Kraft-Tretens des Zweiten Vermögensrechtsänderungsgesetzes in den neu gefassten § 4 Abs. 2 Satz 2 VermG eingefügt worden. Erklärtes Ziel war es klarzustellen, dass der Erwerb dinglicher Nutzungsrechte zum Bau von Eigenheim von der Stichtagsregelung ausgenommen sei (vgl. BTDrucks 12/2480 S. 44 bei Nr. 6 b), weil der Erwerb solcher Nutzungsrechte (§§ 287 ff., 291 ff. ZGB) durch den Hoheitsakt der Verleihung oder Zuweisung und nicht auf Grund eines Veräußerungsvertrages erfolgte. Die Einfügung stellte damit die auf rechtsgeschäftliche Erwerbsvorgänge beschränkte Zielsetzung des § 4 Abs. 2 Satz 2 VermG klar. Denn “die Regelung verfolgt im wesentlichen den Zweck, die noch bis in die jüngste Zeit hinein in großer Zahl vollzogenen Veräußerungen aufgrund des Gesetzes über den Verkauf volkseigener Gebäude vom 7. März 1990 (GBl I S. 157) insoweit rückgängig zu machen, als von solchen Veräußerungen Immobilien betroffen waren bzw. sind, an denen Ansprüche im Sinne des § 3 Abs. 1 VermG bestehen”. Das Interesse dieser Erwerber an der Rechtsbeständigkeit des Erwerbs sollte hinter dem Restitutionsinteresse der früheren Eigentümer zurücktreten (BTDrucks 11/7831, S. 5 f.).
Das Verwaltungsgericht hat von seinem Standpunkt aus, dass der gerichtliche Verkauf keinem Redlichkeitsschutz unterliege, folgerichtig eine Redlichkeitsprüfung unterlassen. Die vorliegenden tatbestandlichen Feststellungen ermöglichen dem Senat keine abschließende Beurteilung. Die Beigeladenen tragen zwar mit ihrer Revision vor, dass sie den Erwerbsvorgang in keiner Weise durch Handlungen beeinflusst hätten, die den Regelbeispielen für ein unredliches Verhalten gemäß § 4 Abs. 3 VermG entsprechen würden. Die Kläger haben jedoch in der Begründung ihrer Klage behauptet, der Beigeladene zu 1 habe an der im Vorfeld des Vollstreckungsverfahrens erfolgten Bewertung des streitbefangenen Grundstücks manipulativ mitgewirkt, so dass der Betrag des höchstzulässigen Kaufpreises niedriger ausgefallen sei. Dieser Vorwurf ist erheblich. Mit ihm würde zwar keiner der Beispielsfälle von § 4 Abs. 3 VermG erfasst. Insbesondere kann in der vermeintlichen Vorteilsverschaffung keine Korruption liegen; denn sie würde die pflichtwidrig bewusste Bevorzugung durch einen anderen (hier etwa durch den Sachverständigen) voraussetzen, was indes nicht behauptet wird. Aber § 4 Abs. 3 VermG legt nicht abschließend fest, in welchen Fällen ein Erwerb als unredlich zu beurteilen ist.
Ein Erwerb ist unredlich, wenn er auf einer sittlich anstößigen Manipulation beruht, an welcher der Erwerber in vorwerfbarer Weise beteiligt war (Urteile vom 3. November 1999 – BVerwG 8 C 19.98 – Buchholz 428 § 4 Abs. 2 VermG Nr. 8 und vom 13. September 2000 – BVerwG 8 C 33.99 – Buchholz 428 § 4 Abs. 3 VermG Nr. 6). Für die Annahme mangelnder Redlichkeit kommen dabei nur Umstände in Betracht, die in dem Sinne erwerbsbezogen sind, dass sie den Erwerbsvorgang als solchen betreffen und diesen als auf einer sittlich anstößigen Manipulation beruhend erscheinen lassen. Es genügt allerdings nicht, dass sich die Anstößigkeit auf einen Vorgang bezieht, der bei bloßer Kausalitätsbetrachtung ursächlich für die sich später eröffnende Erwerbschance gewesen ist. Hinzukommen muss vielmehr, dass der sittlich anstößige Vorgang auf den späteren Erwerb ausstrahlt (Beschluss vom 15. April 1998 – BVerwG 7 B 114.98 – Buchholz 428 § 4 VermG Nr. 54). Besteht ein enger zeitlicher Zusammenhang zwischen einer manipulativ erwirkten Voraussetzung für den nachfolgenden Eigentumserwerb, so indiziert dies die Anstößigkeit des Erwerbs (Urteil vom 22. November 2001 – BVerwG 7 C 8.01 – Buchholz 428 § 4 Abs. 3 VermG Nr. 15).
Das Verwaltungsgericht wird daher der Frage nachzugehen haben, ob die Einflussnahme des Beigeladenen zu 1 auf die Wertermittlung von einer Art war, dass sie zu einer wesentlichen Unrichtigkeit geführt hat.
Hingegen steht auf Grund der im Verwaltungsverfahren ergangenen Entscheidung fest, dass die Kläger ihr Eigentum an dem Grundstück infolge einer Schädigung gemäß § 1 VermG verloren haben. Die Beigeladenen haben weder im Klage- noch im Revisionsverfahren diese Feststellung angegriffen, die daher Bestandskraft erlangt hat. Es kommt deshalb nicht darauf an, ob der den Beigeladenen das Eigentum an dem streitbefangenen Grundstück verschaffende Beschluss (über den gerichtlichen Verkauf) des Kreisgerichts gemäß Art. 18 Abs. 1 Satz 1 EV wirksam geblieben ist (vgl. Beschluss vom 29. Oktober 2003 – BVerwG 8 B 111.03 – Buchholz 111 Art. 18 EV Nr. 1).
Unterschriften
Gödel, Dr. Pagenkopf, Golze, Dr. von Heimburg, Postier
Fundstellen