Entscheidungsstichwort (Thema)
Zweckbindung der Enteignung. Rückübereignung. Verteidigungszwecke. Truppenunterkünfte. Soldatenwohnungen;. Wohnungsfürsorge. Grundstücksveränderungen. Verhältnismäßigkeit der Rückübereignung
Leitsatz (amtlich)
1. Die Beschaffung von Wohnraum für Soldaten der Bundeswehr und ihre Familien im Rahmen der allgemeinen Wohnungsfürsorge dient grundsätzlich nicht Zwecken der Verteidigung im Sinne von § 1 Abs. 1 Nr. 1 LBG.
2. Tatsächliche Veränderungen des enteigneten Grundstücks sind im Rahmen des § 57 Abs. 3 LBG erheblich, wenn sie sich so nachhaltig auf das Grundstück auswirken, dass es bei natürlicher Betrachtung nicht mehr als gleichartig angesehen werden kann (hier bejaht für den Bau von Reihen- und Doppelhäusern auf landwirtschaftlichen Nutzflächen).
3. Die Enteignungsbehörde kann einen Rückübereignungsantrag im Ermessenswege grundsätzlich nur dann ablehnen, wenn die Rückabwicklung auf unverhältnismäßige Schwierigkeiten stößt.
Normenkette
LBG §§ 1, 57, 64
Verfahrensgang
OVG für das Land NRW (Entscheidung vom 30.04.1999; Aktenzeichen 23 A 7611/95) |
VG Düsseldorf (Entscheidung vom 31.10.1995; Aktenzeichen 16 K 1460/95) |
Tenor
Die Revision der Beigeladenen gegen das Urteil des Oberverwaltungsgerichts für das Land Nordrhein-Westfalen vom 30. April 1999 wird zurückgewiesen.
Die Beigeladene trägt die Kosten des Verfahrens.
Tatbestand
I.
Die Kläger, die als Gesellschaft bürgerlichen Rechts handeln, sind teils die früheren Eigentümer, teils die Rechtsnachfolger verstorbener Eigentümer der Flurstücke 242 bis 246 der Flur 11 in Ratingen. Die seinerzeit landwirtschaftlich genutzten Grundstücke wurden am 15. November 1954 von der britischen Besatzungsmacht zur Schaffung von Unterkünften für Angehörige der Stationierungsstreitkräfte beschlagnahmt. In den folgenden beiden Jahren wurden auf den Flurstücken 242, 244 und 246 vier Reihen- und vier Doppelhäuser mit insgesamt 24 Wohnungen errichtet sowie auf den Flurstücken 243 und 245 eine Erschließungsstraße, angelegt.
Durch Enteignungsbeschluss vom 16. August 1963 entzog der Regierungspräsident Düsseldorf den damaligen Eigentümern die Grundstücke „zugunsten der Bundesrepublik Deutschland für Verteidigungsaufgaben, und zwar zur Errichtung und Unterhaltung von Wohnbauten für Angehörige der britischen Stationierungsstreitkräfte”.
Unter dem 10. April 1991 teilten die britischen Streitkräfte dem Bundesverteidigungsministerium mit, dass sie einen Teil der Unterkünfte nicht mehr benötigten und zum 31. Juli 1991 freigäben. Wie aus einem beigefügten Lageplan zu ersehen war, handelte es sich um die Flurstücke 242 und 244 sowie Teile des Flurstücks 243 (Straßengrundstück).
Das Bundesvermögensamt Düsseldorf unterrichtete die Kläger mit Schreiben vom 20. Juni 1991 von der Mitteilung der britischen Streitkräfte. Es wies auf die Möglichkeit der Rückenteignung hin. Die Kläger stellten einen Rückenteignungsantrag. Durch Beschluss vom 1. Juni 1992 verpflichtete der Regierungspräsident Düsseldorf die Beigeladene, das Eigentum an den freigegebenen Grundstücken auf die Kläger zu übertragen. Auf den Widerspruch der Beigeladenen hob er diesen Beschluss durch Widerspruchsbescheid vom 5. November 1992 wieder auf. Er lehnte den Rückenteignungsantrag ab. Unter dem 3. Januar 1995 erließ er einen neuen Widerspruchsbescheid, in dem er diese Entscheidung mit folgender Begründung bestätigte: Selbst wenn davon auszugehen wäre, dass der ursprüngliche Enteignungszweck entfallen sei, würden die Grundstücke nach wie vor für Verteidigungszwecke benötigt. Eine Rückenteignung käme nur in Betracht, wenn die Grundstücke für keinen der im Gesetz genannten Zwecke gebraucht würden. Ein solcher Fall liege nicht vor. Der zivile Verteidigungsbereich umfasse auch die Errichtung und die Bereitstellung von Wohnungen für Soldaten. Von einer Auswechslung des Enteignungszwecks könne in diesem Zusammenhang keine Rede sein, wenn sich nur die Nationalität der Bewohner ändere. Abgesehen hiervon komme eine Rückenteignung auch deshalb nicht in Betracht, weil die Grundstücke nach der Beschlagnahme erheblich verändert worden seien und im Rahmen der Ermessensausübung das öffentliche Interesse an der Bereitstellung von Wohnungen für Angehörige der Bundeswehr das private Interesse an einer Gewinn bringenden Verwertung des Grundeigentums überwiege. Der Personenkreis, der in den vorhandenen Wohnungen untergebracht sei, sei auf preisgünstigen Wohnraum angewiesen und nicht in der Lage, die Mieten zu zahlen, die auf dem freien Wohnungsmarkt verlangt würden. Der Umstand, dass der Wert des Baubestandes gemessen an dem jetzigen Grundstückswert nicht erheblich ins Gewicht falle, rechtfertige keine abweichende Interessenbewertung.
Das Verwaltungsgericht Düsseldorf hat die gegen den neu gefassten Widerspruchsbescheid gerichtete Anfechtungsklage der Kläger abgewiesen: Die Grundstücke würden zwar nicht mehr für die Aufgaben benötigt, für deren Erfüllung sie enteignet worden seien. Gleichwohl habe die Rückenteignung abgelehnt werden dürfen, weil die Grundstücke nach der Beschlagnahme bebaut worden seien. Hierin liege eine erhebliche Veränderung. Die Beklagte habe bei ihrer Ermessensentscheidung berücksichtigen dürfen, dass die Wohnungen dringend für Bundeswehrangehörige benötigt würden. Das öffentliche Interesse der Beigeladenen, preisgünstigen Wohnraum zur Verfügung stellen zu können, habe dem privaten Interesse der Kläger vorgezogen werden dürfen, die seit der Enteignung erheblich im Wert gestiegenen Grundstücke wirtschaftlich bestmöglich zu verwerten.
Das Berufungsgericht hat auf die Berufung der Kläger mit Urteil vom 30. April 1999 die Entscheidung des Verwaltungsgerichts geändert und den Widerspruchsbescheid der Beklagten vom 3. Januar 1995 aufgehoben. Zur Begründung hat es u.a. ausgeführt: Der ursprüngliche Enteignungszweck sei entfallen. Es spreche vieles dafür, dass auch in einem solchen Fall eine Rückenteignung nur in Betracht komme, wenn das Grundstück für keine der im Gesetz genannten Aufgaben weiterhin benötigt werde. Das vom Beklagten verfolgte Ziel, im Rahmen der allgemeinen Wohnungsfürsorge für Soldaten der Bundeswehr Wohnraum zur Verfügung zu stellen, rechtfertige indes keine Enteignung im Wege der Landbeschaffung. Es diene nicht der Landesverteidigung. Abzustellen sei auf die jeweilige Funktion der Wohnbauten. Der Wohnungsbau für Bundeswehrangehörige und ihre Familien weise in aller Regel keinen unmittelbaren Bezug zur Landesverteidigung auf. Eine Ausnahme komme in Betracht, wenn Soldaten, wie etwa an Einöd-Standorten, andernfalls auf unüberwindliche Schwierigkeiten bei der Wohnungssuche stoßen würden oder wenn eine Unterbringung in Kasernennähe aus Gründen der Einsatzfähigkeit der Truppe geboten sei. Fehle der räumlich-funktionale Zusammenhang, so sei für eine Enteignung kein Raum. Die Wohngrundstücke, deren Rückenteignung die Kläger begehrten, seien nicht in die Struktur der Einrichtungen der Landesverteidigung eingebunden. Sie würden im Rahmen der allgemeinen Wohnungsfürsorge für Bundeswehrangehörige bereitgehalten. Der Rückenteignung stehe auch die Bebauung der Grundstücke nicht entgegen. Rechtliche oder tatsächliche Veränderungen seien nur dann relevant, wenn die Rückabwicklung durch sie unzumutbar erschwert werde. Davon könne bei den streitigen Grundstücken keine Rede sein. Die Rückübertragung stoße weder auf rechtliche noch auf tatsächliche Schwierigkeiten.
Die Beigeladene trägt zur Begründung der vom Senat zugelassenen Revision vor: Die Rückenteignung setze voraus, dass das Grundstück zur Erfüllung von Verteidigungsaufgaben schlechthin nicht mehr benötigt werde. Auf den ursprünglichen konkreten Enteignungszweck komme es nicht an. Zwecken der Verteidigung diene über die militärischen Anlagen hinaus der gesamte zivile Verteidigungsbereich, dem als Teil der Infrastruktureinrichtungen durchweg und nicht bloß ausnahmsweise auch die Errichtung und die Bereitstellung von Wohnungen für Soldaten und deren Familien zuzurechnen sei. Der Rückenteignungsanspruch der Kläger scheitere jedenfalls daran, dass die seinerzeit enteigneten Grundstücke erheblich verändert worden seien. Erheblich seien Veränderungen nicht erst dann, wenn sie eine Rückübertragung technisch vereitelten oder unzumutbar erschwerten. Entscheidend sei der Gesichtspunkt, ob das Grundstück so tiefgreifend verändert worden sei, dass es eine andere Qualität erworben habe. Abzustellen sei auf die tatsächlichen Verhältnisse. Insbesondere die Errichtung von Gebäuden und der Bau von Straßen wirke sich erheblich auf die Nutzbarkeit und das Erscheinungsbild eines Grundstücks aus. Ob die Rückenteignung technisch und rechtlich möglich sei, sei erst auf der Stufe der Ermessensausübung zu berücksichtigen.
Die Beigeladene beantragt,
das Urteil des Berufungsgerichts vom 30. April 1999 zu ändern und die Berufung der Kläger gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts Düsseldorf vom 31. Oktober 1995 zurückzuweisen.
Die Kläger beantragen,
die Revision zurückzuweisen.
Sie machen geltend: Die Beigeladene könne die freigegebenen Grundstücke schon deshalb nicht behalten, weil diese nicht zur Schaffung von Wohnraum für Bundeswehrangehörige enteignet worden seien. Der im Enteignungsbeschluss genannte konkrete Enteignungszweck sei entfallen. Ein Zweckaustausch sei unzulässig; denn ein Privatgrundstück dürfe dem Eigentümer nur zur Erfüllung einer bestimmten öffentlichen Aufgabe entzogen werden. Im konkreten Fall komme hinzu, dass die freigegebenen Grundstücke zu dem Zweck, Angehörige der deutschen Streitkräfte mit Wohnraum zu versorgen, ohnehin nicht enteignet werden dürften. Die Bundeswehr habe genug Möglichkeiten, Wohnungen an anderen Standorten zu beschaffen. Auf dem freien Markt würden so viele Baugrundstücke und Wohnungen angeboten, dass es keineswegs unabweisbar notwendig sei, zum Mittel der Enteignung zu greifen. Die verkehrliche Infrastruktur und die Mobilität der Gesellschaft hätten dazu geführt, dass Soldaten, anders als im Zeitpunkt der Beschlagnahme im Jahre 1954, nicht mehr darauf angewiesen seien, in der unmittelbaren Nähe ihrer Dienststelle zu wohnen. Soweit die Beigeladene vortrage, die Grundstücke brauchten nicht rückübertragen zu werden, da sie erheblich verändert worden seien, sei die Revision mangels Zulassung unstatthaft. Im Übrigen sei in der Rechtsprechung geklärt, dass eine Rückübertragung selbst dann in Betracht komme, wenn ein Grundstück mit erheblichem Aufwand bebaut worden sei.
Der Oberbundesanwalt beteiligt sich am Verfahren: Eine Rückenteignung komme nicht in Betracht, solange auf dem enteigneten Grundstück Aufgaben wahrgenommen würden, die ihrerseits eine Enteignung zu rechtfertigen geeignet wären. Zu diesen Aufgaben gehöre auch die Beschaffung und das Vorhalten von Wohnraum für Angehörige der Streitkräfte. Ob ein Grundstück erheblich verändert worden sei, hänge nicht davon ab, ob die Rückübertragung technisch oder rechtlich unmöglich sei. Es genügten tatsächliche Veränderungen, die den Schluss rechtfertigten, dass das Grundstück nicht mehr mit den enteigneten Flächen identisch sei.
Entscheidungsgründe
II.
Die Revision der beigeladenen Bundesrepublik Deutschland ist zulässig. Sie ist jedoch unbegründet. Das Berufungsgericht hat den Widerspruchsbescheid der Beklagten vom 3. Januar 1995 zu Recht aufgehoben. Der Rückenteignungsbeschluss vom 1. Juni 1992 entspricht den gesetzlichen Anforderungen. Die Kläger fordern zu Recht, dass ihnen die von den britischen Stationierungsstreitkräften freigegebenen Grundstücke rückübertragen werden.
Der geltend gemachte Rückenteignungsanspruch ergibt sich aus § 57 Abs. 1 Satz 1 LBG. Danach kann der „enteignete frühere Eigentümer” unter bestimmten Voraussetzungen verlangen, dass das nach den Vorschriften des Landbeschaffungsgesetzes enteignete Grundstück zu seinen Gunsten „wieder enteignet” wird. Aus dem Kreis der Eigentümer, die durch den Enteignungsbeschluss vom 16. August 1963 betroffen wurden, sind zwar nur noch der Kläger zu 1 und die Klägerin zu 3 übrig geblieben, während es sich bei den anderen Klägern um Erben bereits verstorbener früherer Eigentümer handelt. Die Erbenstellung schließt die Anspruchsberechtigung jedoch nicht aus. Denn nach der Rechtsprechung des Senats (vgl. Urteil vom 17. September 1998 – BVerwG 4 C 18.97 – BVerwGE 107, 196) kann auch der Gesamtrechtsnachfolger des enteigneten ursprünglichen Eigentümers den Anspruch auf Rückübereignung geltend machen, unabhängig davon, ob die Nutzung des Grundstücks für Verteidigungszwecke vor oder nach Eintritt der Gesamtrechtsnachfolge aufgegeben wurde.
Die Rückenteignung ist nach § 57 Abs. 1 Satz 1 LBG an die Voraussetzung geknüpft, dass das Grundstück nicht mehr für Aufgaben im Sinne des § 1 LBG benötigt wird oder mit der Ausführung des Vorhabens, dessentwegen das Grundstück enteignet wurde, nicht binnen zweier Jahre, nachdem der Enteignungsbeschluss unanfechtbar geworden ist, begonnen wurde.
Zwischen den Beteiligten ist unstreitig, dass die Grundstücke nicht mehr zur Erfüllung der Aufgaben benötigt werden, für die sie im Jahre 1963 enteignet wurden und denen sie in der Folgezeit auch tatsächlich gedient haben. Sie wurden seinerzeit auf der Grundlage des § 1 Abs. 1 Nr. 2 LBG „zur Erfüllung der Verpflichtungen des Bundes aus zwischenstaatlichen Verträgen über die Stationierung und Rechtsstellung von Streitkräften auswärtiger Staaten im Bundesgebiet” enteignet und jahrelang entsprechend genutzt. Der mit der Enteignung verfolgte Zweck ist inzwischen weggefallen, nachdem die britischen Streitkräfte die auf den Grundstücken errichteten Wohngebäude geräumt und zum 31. Juli 1991 freigegeben haben. In der Rechtsprechung des Senats ist geklärt, dass über die Fälle hinaus, in denen der Enteignungszweck vor Realisierung des Enteignungsvorhabens verfehlt wird, ein Grundstück auch dann nicht mehr benötigt wird, wenn der Enteignungszweck nachträglich entfällt (vgl. BVerwG, Urteile vom 15. Dezember 1989 – BVerwG 4 C 16.89 – Buchholz 406.33 § 57 LBG Nr. 1 und vom 17. September 1998 – BVerwG 4 C 18.97 – a.a.O.). Davon ist auszugehen, wenn die Nutzung, die durch die Enteignung hat ermöglicht werden sollen, aufgenommen, später aber wieder aufgegeben worden ist. § 57 Abs. 1 Satz 1 LBG geht in dieser Frage weiter als die Mehrzahl der übrigen Rückübertragungsvorschriften (vgl. § 102 BauGB sowie die Landesenteignungsgesetze), welche die Rückenteignung auf die Fälle der Zweckverfehlung beschränken.
Dahinstehen kann, ob § 57 Abs. 1 Satz 1 LBG, wie die Kläger meinen, schon dann eingreift, wenn das enteignete Grundstück nicht mehr für die Aufgaben benötigt wird, für deren Erfüllung es enteignet worden ist, oder erst dann einschlägig ist, wenn das Grundstück für keine der in § 1 LBG bezeichneten Aufgaben mehr gebraucht wird. Behalten dürfte die Beigeladene sie jedenfalls auch dann nicht, wenn die Enteignungszwecke im Rahmen des § 57 Abs. 1 Satz 1 LBG austauschbar sind. Die Beigeladene beruft sich insoweit auf § 1 Abs. 1 Nr. 1 LBG, der zur Landbeschaffung „für Zwecke der Verteidigung” ermächtigt. Ihr Vorhaben, in den früher von den britischen Streitkräften genutzten Wohnungen Bundeswehrangehörige unterzubringen, fällt indes nicht in den Anwendungsbereich dieser Vorschrift.
Der Begriff der Verteidigung umfasst zwar nicht bloß Vorkehrungen zur Abwehr militärischer Angriffe, sondern schließt alle Einrichtungen ein, die dazu dienen, die Funktionsfähigkeit der Bundeswehr zu gewährleisten (vgl. BVerfG, Urteile vom 30. Juli 1958 – 2 BvF 3, 6/58 – BVerfGE 8, 104 ≪116≫ und vom 13. April 1978 – 2 BvF 1, 2, 4, 5/77 – BVerfGE 48, 127 ≪159≫; Beschluss vom 8. Dezember 1982 – 2 BvL 12/79 – BVerfGE 62, 354 ≪373≫). Das bedeutet aber nicht, dass jede Maßnahme, die der Verteidigung in irgendeiner Weise förderlich ist, den Zugriff auf fremdes Grundeigentum nach § 1 Abs. 1 Nr. 1 LBG rechtfertigt. Vielmehr muss die Landbeschaffung in einem unmittelbaren Zusammenhang mit der Erfüllung von Verteidigungsaufgaben stehen. Nur Maßnahmen, die als solche dazu beitragen, die Funktionsfähigkeit der bewaffneten Verbände oder der Bundeswehrverwaltung zu gewährleisten, weisen die nach § 1 Abs. 1 Nr. 1 LBG vorausgesetzte Zweckrichtung auf. Das Anliegen, Angehörige der Streitkräfte mit Wohnraum zu versorgen, hat nicht bereits für sich genommen einen unmittelbaren Bezug zur Wahrnehmung von Verteidigungsaufgaben. Der erkennende Senat hat hierzu erwogen:
Die Erfüllung des Verteidigungsauftrages erfordert die Aufstellung einer stehenden Truppe, die jederzeit einsatzbereit ist. Um dies sicherzustellen, trifft der Gesetzgeber in § 18 Satz 1 SG die verfassungsrechtlich unbedenkliche Anordnung, dass die Soldaten grundsätzlich in Gemeinschaftsunterkünften zusammengefasst werden (vgl. BVerwG, Beschluss vom 4. Mai 1972 – 1 WB 170.71 – NZWehrr 1973, 68). Der Bau von Kasernen gehört dementsprechend zu den Aufgaben, die im Wege der Landbeschaffung erfüllt werden können. Der Gesetzgeber eröffnet freilich die Möglichkeit, von der Verpflichtung zum Wohnen in einer Gemeinschaftsunterkunft freizustellen. Er lässt es insbesondere im Interesse des Schutzes von Ehe und Familie zu, dass verheiratete Soldaten außerhalb der Truppenunterkunft wohnen. Er trägt auf diese Weise dem Umstand Rechnung, dass Soldaten die häusliche Trennung von ihrem Partner oder ihren sonstigen Familienangehörigen nicht auf unabsehbare Zeit oder gar auf Dauer zumutbar ist. Stellt er für diesen Personenkreis Wohnungen zur Verfügung, so bewegt er sich in dem durch § 1 Abs. 1 Nr. 1 LBG abgesteckten Rahmen, sofern sich diese Maßnahme in ähnlicher Weise wie die Bereitstellung von Gemeinschaftsunterkünften als ein zur Aufrechterhaltung der Einsatzbereitschaft der Truppe geeignetes Mittel erweist. Die Wohnungen müssen, um Verteidigungszwecken zu dienen, durch spezifische Standortmerkmale gekennzeichnet sein. Sie können sich zwar außerhalb des Kasernenbereichs oder des sonstigen Truppengeländes befinden. Zwischen den Wohngrundstücken und dem Ort, an dem der Dienst zu verrichten ist, muss jedoch ein räumlich-funktionaler Zusammenhang bestehen. Fehlt es hieran, so ist die jederzeitige Verfügbarkeit, die im Regelfall mit der Unterbringung in Gemeinschaftsunterkünften bezweckt wird, nicht mehr gewährleistet.
Von der Verpflichtung, in einer Truppenunterkunft oder jedenfalls in der Nähe einer solchen Einrichtung zu wohnen, kann der Bund freilich befreien, soweit ihm dies unter Beachtung der dienstlichen Erfordernisse vertretbar erscheint. Nach den „Verwaltungsvorschriften über die Verpflichtung zum Wohnen in Gemeinschaftsunterkunft”, die der Bundesminister der Verteidigung aufgrund der in § 18 Satz 2 SG enthaltenen Ermächtigung erlassen hat, ist es insbesondere verheirateten Soldaten allgemein gestattet, sich außerhalb des Kasernenbereichs eine Wohnung zu suchen. Ist ein Soldat der Verpflichtung enthoben, in einer Gemeinschaftsunterkunft oder einer unter Verfügbarkeitsgesichtspunkten gleichwertigen Dienstunterkunft zu wohnen, so gehört es zum Kreis seiner persönlichen Angelegenheiten, sich eine Wohnung zu beschaffen. Insoweit befindet er sich in keiner anderen Situation als Angehörige der Bundeswehrverwaltung oder sonstiger Verwaltungsbehörden, deren Eigeninitiative es überlassen ist, wie sie ihre Wohnraumbedürfnisse befriedigen. Auf die dienstlichen Belange hat er dabei, wie aus den Verwaltungsvorschriften zu ersehen ist, lediglich insofern Rücksicht zu nehmen, als er bei seiner Wohnungswahl in der Regel auf den Dienstort beschränkt ist. Nimmt der Bund sich, etwa durch die Vergabe eigener Wohnungen oder die Begründung von Belegungsrechten, der Aufgabe an, Soldaten, die aus persönlichen Gründen von der Verpflichtung freigestellt sind, sich in einer Gemeinschaftsunterkunft oder einer Familienwohnung im Kasernenbereich oder im näheren Umkreis unterbringen zu lassen, anderwärts geeigneten Wohnraum zur Verfügung zu stellen, so lässt er sich bei dieser Hilfeleistung von sozialen Erwägungen und nicht von Zwecken der Verteidigung leiten, die allein es rechtfertigen, nach den Grundsätzen des Landbeschaffungsgesetzes auf fremdes Eigentum zuzugreifen. Soweit er sich außerhalb der Erfüllung des Verteidigungsauftrages der Wohnungsfürsorge widmet, unterscheidet er sich nicht von anderen Dienstherren, die ihren Bediensteten aus sozialer Verantwortung bei der Beschaffung von Wohnraum behilflich sind (vgl. hierzu BVerwG, Urteile vom 3. März 1989 – BVerwG 8 C 98.85 – Buchholz 401.71 AFWoG Nr. 3 und vom 7. Juni 1996 – BVerwG 8 C 23.94 – BVerwGE 101, 211).
Die von den britischen Streitkräften geräumten Wohnungen sind nicht durch spezifische Standortmerkmale gekennzeichnet, die es rechtfertigen, sie als Einrichtungen zu qualifizieren, die Verteidigungszwecken dienen. Es deutet nichts darauf hin, dass es aus Gründen der Einsatzfähigkeit der Truppe erforderlich sein könnte, Bundeswehrangehörige gerade an dieser Stelle unterzubringen. Die Beigeladene räumt selbst ein, dass die Soldaten, für die sie diese Wohnungen bereithalten will, nicht in Ratingen, sondern in Düsseldorf und in Hilden stationiert sind. Sie möchte die Grundstücke nicht deshalb für Wohnzwecke weiter nutzen, weil militärische Bedürfnisse dies aus ihrer Sicht geboten oder auch nur ratsam erscheinen lassen, sondern weil ihr das Grundeigentum ohne ihr Zutun zugefallen ist und es ihr sinnvoll erscheint, die Nutzung mit derselben Zweckrichtung wie in der Vergangenheit fortzusetzen. Nach ihren Angaben ist ähnlich günstiger Wohnraum im Raum Düsseldorf auf dem freien Wohnungsmarkt zu zumutbaren Bedingungen, insbesondere für kinderreiche Familien mit mittlerem Einkommen, nicht erhältlich. Das Schicksal, mit den von ihr beschriebenen Schwierigkeiten kämpfen zu müssen, teilen Soldaten mit allen Angehörigen des öffentlichen Dienstes in vergleichbarer Position. Zeichnet sich das Areal durch keine besonderen Standortvorteile aus, die sich als Beleg dafür werten lassen, dass zur Aufrechterhaltung der Verteidigungsbereitschaft gerade an dieser Stelle Unterkünfte für Bundeswehrangehörige erforderlich sind, so erfüllt das Vorhaben schon aus diesem Grunde keine Verteidigungszwecke im Sinne des § 1 Abs. 1 Nr. 1 LBG.
Das Senatsurteil vom 3. Dezember 1992 – BVerwG 4 C 24.90 – (BVerwGE 91, 227) steht dieser Einschätzung nicht entgegen. Der Entscheidung ist zu entnehmen, dass im Rahmen des NATO-Truppenstatuts ausgeführte Wohnbauvorhaben für die ausländische Truppe und ihr ziviles Gefolge grundsätzlich der Landesverteidigung im Sinne von § 37 Abs. 2 BauGB dienen. Was für diese Vorschrift gilt, beansprucht Geltung auch für den Anwendungsbereich des Landbeschaffungsgesetzes, zumal es für den Fall, dass bauliche Anlagen auf Grundstücken errichtet werden sollen, die nach diesem Gesetz beschafft werden, nach § 37 Abs. 4 Satz 2 BauGB eines Verfahrens nach § 37 Abs. 2 LBG nicht bedarf. Wohnungsbauvorhaben unterliegen indes einem unterschiedlichen rechtlichen Regime, je nachdem, ob sie der Unterbringung von Angehörigen der Bundeswehr oder der ehemaligen Stationierungsstreitkräfte dienen. § 1 Abs. 1 LBG eröffnet die Möglichkeit der Landbeschaffung nicht nur für „Zwecke der Verteidigung” (Nr. 1), sondern „insbesondere auch zur Erfüllung der Verpflichtungen des Bundes aus zwischenstaatlichen Verträgen über die Stationierung und Rechtsstellung von Streitkräften auswärtiger Staaten im Bundesgebiet” (Nr. 2). Wie der Senat im Urteil vom 3. Dezember 1992 dargelegt hat, trifft die Bundesrepublik Deutschland nach Art. IX Abs. 3 des NATO-Truppenstatuts die Verantwortung für die Unterbringung der Angehörigen der ausländischen Streitkräfte oder eines zivilen Gefolges. Der jeweilige NATO-Partner bestimmt, in welcher Weise seiner Truppe, dem zivilen Gefolge und den Angehörigen Unterkünfte zur Verfügung zu stellen waren. Die Entscheidung erstreckt sich auch darauf, ob seine Soldaten von den Angehörigen getrennt in Kasernen oder zusammen mit den Familienmitgliedern in Wohnungen untergebracht werden sollten.
Der Gesichtspunkt, der es nach Ansicht des Senats rechtfertigt, Wohnbauvorhaben der Stationierungsstreitkräfte als vom Verteidigungszweck gedeckt anzusehen, kommt bei Bundeswehrangehörigen nicht zum Tragen. Die Reichweite des § 1 Abs. 1 Nr. 1 LBG lässt sich nicht von der Erfüllung völkervertraglicher Verpflichtungen her bestimmen, die den Gesetzgeber veranlasst haben, diese Vorschrift um die in § 1 Abs. 1 Nr. 2 LBG getroffene Regelung zu ergänzen. Die Dienstleistung in der Bundeswehr führt auch bei verheirateten Soldaten nicht auf unabsehbare Zeit zu einer Trennung von dem Ehepartner und der Familie. Für Wehrpflichtige versteht sich dies von selbst. Aber auch Zeit- und Berufssoldaten nötigen zu keiner abweichenden Beurteilung. Ihren Angehörigen ist es durchweg möglich und zumutbar, ihnen an den Dienstort zu folgen. Im Gegensatz zu den Ausländern, die sich auf der Grundlage der Stationierungsverträge in Deutschland aufhalten und denen nicht angesonnen wird, bei der Wohnraumbeschaffung Eigeninitiative zu entwickeln, ist die Ausgangslage auf dem Wohnungsmarkt für die Soldaten der Bundeswehr nicht schlechter als für vergleichbare andere Wohnungssuchende. Wohnungen, die ihnen vom Bund an beliebiger Stelle außerhalb des Kasernenbereichs zur Verfügung gestellt werden, mögen geeignet sein, die familiäre Lebensführung zu erleichtern. Zwecken der Verteidigung im Sinne des § 1 Abs. 1 Nr. 1 LBG dienen sie nicht. Das verständliche Interesse der öffentlichen Hand, im Rahmen der Wohnungsfürsorge auf einen möglichst breit gestreuten Bestand zurückgreifen zu können, lässt sich der Rückenteignung nach § 57 Abs. 1 LBG nicht mit Erfolg entgegenhalten.
Das Recht, die von den Klägern herausverlangten Grundstücke zu behalten, lässt sich auch aus § 57 Abs. 3 LBG nicht herleiten. Danach kann die Enteignungsbehörde die Rückenteignung u.a. ablehnen, wenn das enteignete Grundstück erheblich verändert worden ist. Das Berufungsgericht ist davon ausgegangen, dass diese Voraussetzung hier nicht erfüllt ist. Ob diese Ansicht zutrifft, kann der Senat ungeachtet der von den Klägern erhobenen revisionsrechtlichen Bedenken überprüfen. Die Revision ist unbeschränkt zugelassen worden. Sie auf einzelne Rechtsfragen zu beschränken, war unabhängig davon, wie die Zulassung begründet worden ist, ersichtlich nicht beabsichtigt und wäre aus Rechtsgründen auch gar nicht möglich gewesen.
Das Berufungsurteil erweist sich unter dem Blickwinkel des § 57 Abs. 3 LBG entgegen der Ansicht der Kläger nicht schon deshalb als richtig, weil die Grundstücke bereits vor der Enteignung verändert worden sind. Abzustellen ist insoweit nicht auf den Zeitpunkt des Enteignungsbeschlusses, sondern auf den der Requisition durch die britischen Stationierungsstreitkräfte. Das folgt aus § 64 Abs. 2 LBG. Danach konnten Grundstücke, die von den Behörden einer Besatzungsmacht beschlagnahmt worden waren, nach den Vorschriften des Landbeschaffungsgesetzes in Anspruch genommen werden, sofern ihre Inanspruchnahme nach Art. 48 des Truppenvertrages vom 23. Oktober 1954 (BGBl 1955 II S. 321) und dem Gesetz über die vorläufige Fortgeltung der Inanspruchnahme von Gegenständen für Zwecke der ausländischen Streitkräfte und ihrer Mitglieder vom 3. Juli 1956 (BGBl I S. 639) am 31. Dezember 1956 noch fortbestand und die Grundstücke für die in § 1 Abs. 1 LBG genannten Zwecke weiterhin benötigt wurden. § 64 Abs. 2 LBG schuf die Grundlage dafür, die von Behörden der Besatzungsmächte beschlagnahmten Grundstücke nachträglich zu enteignen. § 64 Abs. 3 LBG vervollständigte diese Regelung mit der Fiktion, dass die Grundstücksinanspruchnahme ab dem 5. Mai 1955 als vorzeitige Besitzeinweisung im Sinne des § 38 LBG galt. Aus der Gesamtsystematik ergibt sich, dass der Gesetzgeber auf die Inanspruchnahme unter Einsatz hoheitlichen Zwanges als maßgebliches Kriterium für die Landbeschaffung abhebt. Die Enteignung stellt in diesem Zusammenhang nur eines von mehreren denkbaren Mitteln dar. Ist ihr eine Requisition auf besatzungsrechtlicher Grundlage vorausgegangen, so ist hierin der Eingriffstatbestand zu sehen, an den § 57 LBG anknüpft. Die Kläger stellen nicht in Abrede, dass die Grundstücke, die sie herausverlangen, zwar vor dem Enteignungsbeschluss vom 16. August 1963, aber nach der Beschlagnahmeverfügung vom 15. November 1954 bebaut worden sind.
§ 57 Abs. 3 LBG stellt darauf ab, dass das enteignete Grundstück „erheblich” verändert worden ist. In Betracht kommen neben rechtlichen Veränderungen, die sich aus der Vereinigung mehrerer Grundstücke oder Grundstücksteile oder der Teilung des Enteignungsgrundstücks ergeben können, auch Veränderungen tatsächlicher Art, die außer der Veränderung des Geländereliefs durch Aufschüttungen oder Abgrabungen die Errichtung von Bauwerken mit einschließen können (vgl. BVerwG, Urteil vom 18. Juli 1986 – BVerwG 4 C 21.84 – Buchholz 11 Art. 14 GG Nr. 232; vgl. zu § 102 Abs. 4 BauGB auch BGH, Urteil vom 14. März 1997 – V ZR 9/96 – BGHZ 135, 93). Eine Veränderung ist dann als erheblich im Sinne des § 57 Abs. 3 LBG einzustufen, wenn das Grundstück so tiefgreifend verändert worden ist, dass es bei natürlicher Betrachtungsweise nicht mehr als gleichartig angesehen werden kann (vgl. BVerwG, Urteil vom 18. Juli 1986 – BVerwG 4 C 21.84 – a.a.O.).
Die von den Klägern herausverlangten Grundstücke erfüllen diese Voraussetzung. Im Zeitpunkt der Beschlagnahme wiesen sie als landwirtschaftliche Nutzflächen keinerlei Bebauung auf. Im Vergleich mit diesem ursprünglichen Zustand hat sich dadurch, dass auf ihnen Reihen- und Doppelhäuser errichtet wurden, ihr Charakter grundlegend geändert. Entgegen der Auffassung der Kläger kommt es in diesem Zusammenhang nicht darauf an, dass der Wert der Gebäude gemessen am derzeitigen Bodenwert nicht sonderlich ins Gewicht fällt. Die Wertverhältnisse spielen im Rahmen des § 57 Abs. 3 LBG keine Rolle. Sie sind kein Gradmesser dafür, ob vorgenommene Veränderungen als erheblich im Sinne dieser Vorschrift zu qualifizieren sind oder nicht. Ihnen kommt erst dann Bedeutung zu, wenn eine Rückabwicklung stattfindet. In welchem Umfange dann etwaige Grundstückswertsteigerungen oder –minderungen oder Aufwendungen des Rückenteignungsverpflichteten auszugleichen sind, richtet sich nach § 57 Abs. 4 LBG. Dessen Regelungskonzept hebt sich übrigens sowohl von § 103 Satz 4 BauGB als auch von § 43 Abs. 3 BLG insofern ab, als er u.a. die für die Enteignungsentschädigung maßgeblichen Bestimmungen (§§ 17 bis 24 LBG) sinngemäß für anwendbar erklärt.
Auch wenn § 57 Abs. 3 LBG tatbestandlich eingreift, bedeutet dies indes nicht, dass der Rückenteignungsverpflichtete die Rückgewähr aus allen Gründen verweigern darf, die ihm vernünftig und angemessen erscheinen. Die Enteignungsbehörde kann zwar auf der Grundlage dieser Vorschrift die Rückenteignung ablehnen. Rechtmäßig ist ihre Entscheidung aber nur dann, wenn sie sich maßgeblich von den Überlegungen leiten lässt, die den Gesetzgeber zu dieser Regelung veranlasst haben (vgl. § 40 VwVfG). Die Tatsache, dass durch bauliche Maßnahmen erhebliche Veränderungen eingetreten sind, rechtfertigt es für sich genommen nicht ohne weiteres, dem früheren Eigentümer ein Grundstück vorzuenthalten, das nicht mehr für Aufgaben im Sinne des § 1 LBG benötigt wird. Selbst wenn der Rückenteignungsverpflichtete das Grundstück mit hohem Kostenaufwand verbessert hat, ist es ihm im Regelfall zumutbar, einem Rückenteignungsverlangen zu entsprechen; denn § 57 Abs. 4 LBG trägt seinem Interesse, hierfür einen wirtschaftlichen Ausgleich zu erlangen, hinreichend Rechnung. Es müssen weitere Gründe hinzukommen, um eine Rückgabe unzumutbar erscheinen zu lassen. Der Zweck des § 57 Abs. 3 LBG ist es vor allen Dingen, den Rückenteignungsverpflichteten davor zu bewahren, dass er das Eigentum auch dann zurückübertragen muss, wenn absehbar ist, dass die Rückabwicklung auf unverhältnismäßige Schwierigkeiten stößt. Steht fest, dass die Wiederherstellung der ursprünglichen Eigentumsverhältnisse nicht durch einfache Umkehrung des Enteignungsvorgangs erreicht werden kann, sondern mit zusätzlichen Komplikationen verbunden ist, die die Grenzen des Zumutbaren überschreiten, so gestattet der Gesetzgeber dem ursprünglich Enteignungsbegünstigten, das Rückenteignungsverlangen im Ermessenswege abzuwehren (vgl. BVerwG, Urteil vom 18. Juni 1986 – BVerwG 4 C 21.84 – a.a.O.; BGH, Urteil vom 14. März 1997 – V ZR 9/96 – a.a.O.; vgl. auch BVerfG, Kammerbeschluss vom 26. Februar 1998 – 1 BvR 1114/86 – NVwZ 1998, 724).
Dass es solche Schwierigkeiten gäbe, ist vom Berufungsgericht nicht festgestellt und wird auch von der Beigeladenen selbst nicht geltend gemacht. Es ist nicht ersichtlich, welche unzumutbaren Belastungen der Beigeladenen daraus entstehen sollten, dass sie das Eigentum an den Grundstücken zurücküberträgt. Der den Widerspruch der Beigeladenen stattgebende Bescheid vom 3. Januar 1995 wird ausschließlich von der Erwägung getragen, dass es im öffentlichen Interesse liege, die von den britischen Streitkräften geräumten Wohnungen Angehörigen der Bundeswehr zur Verfügung zu stellen, die nicht ohne weiteres imstande seien, die Mieten zu zahlen, die auf dem freien Wohnungsmarkt verlangt werden. In dieser Begründung kommt lediglich zum Ausdruck, dass die Beigeladene ein Interesse daran hat, die Grundstücke in Zukunft weiterhin für Wohnzwecke zu nutzen. Diese Wohnnutzung, die übrigens durch den Eigentumswechsel auf die Kläger unmittelbar nicht berührt wird, stellt keinerlei Schwierigkeit für die Rückabwicklung dar. Denn die Übertragung des Eigentums an Grundstücken, die mit Wohngebäuden bebaut sind, ist in der Praxis des Bodenverkehrs ein alltäglicher Routinevorgang.
Die Kostenentscheidung ergibt sich aus § 154 Abs. 2 VwGO.
Unterschriften
Gaentzsch, Berkemann, Lemmel, Halama, Rojahn
Veröffentlichung
Veröffentlicht am 31.08.2000 durch Kurowski Justizangestellte als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle
Fundstellen
NWB 2000, 3560 |
BVerwGE, 29 |
BauR 2000, 1909 |
NVwZ 2001, 198 |
DÖV 2001, 77 |
ZfBR 2001, 192 |
UPR 2001, 118 |
GuGA 2000, 47 |
VA 2001, 46 |