Rz. 98
Die Entlastung des Geschäftsführers durch Beschluss der Gesellschafterversammlung kann zu einem Ausschluss des Anspruchs aus § 43 Abs. 2 GmbHG führen. Die Gesellschafterversammlung ist gemäß § 46 Nr. 5 GmbHG für die Entlastung zuständig. Die Entlastungswirkung wird wie folgt formuliert: "Die Entlastung schließt solche Ansprüche aus, die innerhalb des Entlastungszeitraums entstanden sind und deren Existenz aufgrund der von den Geschäftsführern abgelegten Rechenschaft bei sorgfältiger Prüfung erkennbar war, oder von denen alle Gesellschafter privat Kenntnis haben." Die Entlastung hat eine vergangenheits- und eine zukunftsbezogene Wirkung. Für die Vergangenheit billigt die Gesellschafterversammlung die Arbeit des Geschäftsführers, gleichzeitig bekundet sie mit der Entlastung ihr Vertrauen für die Zukunft. Aus der zukunftsbezogenen Wirkung werden indes keine Rechtsfolgen abgeleitet. Anders ist dies hingegen wegen der rückwärtsgewandten Wirkung. Der Billigungsfunktion kann eine Präklusionswirkung zukommen. Grenze der Präklusionswirkung sind die Ansprüche aus § 43 Abs. 3 GmbHG i.V.m. § 30 bzw. § 33 GmbHG. Auf diese kann weder verzichtet werden, noch hat eine Entlastung Wirkung. Ist der Entlastungsbeschluss nichtig, kann sich jedermann darauf berufen.
Rz. 99
Ein Anspruch des Geschäftsführers, dass ihm Entlastung erteilt wird, besteht grundsätzlich nicht. Die Rechtsnatur der Entlastung ist strittig. Überwiegend wird angenommen, dass es ein gesellschaftsrechtliches Institut sui generis sei, also nicht etwa nur ein zivilrechtlicher Erlassvertrag. Dafür spricht vor allem, dass auch Ersatzansprüche erfasst werden, die die Gesellschafterversammlung nicht kannte. Erfasst von einem Entlastungsbeschluss werden aber nicht Ansprüche, die der Geschäftsführer verschleiert hat oder die die Gesellschafterversammlung nicht erkennen konnte. Eine Entlastung führt aber auch nur dann zu einem Untergang etwaiger Ansprüche aus § 43 Abs. 2 GmbHG, wenn der Gesellschafterversammlung diese Ansprüche erkannt hat bzw. wenn sie diese bei Prüfung der vorgelegten Unterlagen hätte erkennen können. Ist z.B. im vorgelegten Jahresabschluss eine Prozessrückstellung enthalten und wird diese im Anhang oder einem Bericht der Geschäftsführung erörtert, kann sich daraus eine Kenntnis oder ein Kennenmüssen von Schadenersatzansprüchen gegen die Geschäftsführung ergeben. Meint die Gesellschafterversammlung, dass sich aus dem Sachverhalt ein Regressanspruch gegenüber dem Geschäftsführer ergibt, sollte sie die Entlastung verweigern bzw. diesen Sachverhalt ausdrücklich ausnehmen.
Rz. 100
Die Eigenschadenklausel in A-3 AVB D&O enthält die Fallgruppe der Entlastung nicht, so dass im Falle der Entlastung der Gesellschaft kein Direktanspruch gegen den D&O-Versicherer erwächst. Mangels Haftung bestünde kein Freistellungsanspruch, ggf. ist aber Abwehrdeckung zu leisten.