Detlef Burhoff, Michael Eggers
Rdn 2046
Literaturhinweise:
Amelung, Anm. zu BGH III ZR 3/86, "Entschädigung für Schäden infolge Beschlagnahme", StV 1988, 326
Grau/Blechschmidt, Ersatzansprüche für Schäden durch strafprozessuale Maßnahmen – insbesondere Durchsuchungsaktionen und Beschlagnahmen, BB 2011, 2378
Kotz, Hinweise zur Geltendmachung der Entschädigung für Strafverfolgungsmaßnahmen – Teil 1, StRR 2010, 164
ders., Hinweise zur Geltendmachung der Entschädigung für Strafverfolgungsmaßnahmen – Teil 2, StRR 2010, 204
ders., Hinweise zur Geltendmachung der Entschädigung für Strafverfolgungsmaßnahmen – Teil 3, StRR 2010, 244
s.a. die Hinw. bei → Durchsuchung, Allgemeines, Teil D Rdn 1770.
Rdn 2047
1. Die Durchsuchung kann für den Betroffenen erhebliche wirtschaftliche Nachteile zur Folge haben.
Rdn 2048
a) Hat der Mandant durch die Durchsuchung nach §§ 102, 103 einen Schaden erlitten, muss er diesen, wenn es sich um eine rechtmäßige Maßnahme gehandelt hat, entschädigungslos hinnehmen (OLG Naumburg NJ 2007, 83; LG Magdeburg, Urt. v. 10.7.2011 – 10 O 787/11). Ggf. kann, wenn er später freigesprochen oder das Verfahren eingestellt wird, nach § 2 Abs. 1 Nr. 4 StrEG eine Entschädigung in Betracht kommen (AG Ansbach, Beschl. v. 24.4.2020 – 5 Gs 421/20, StraFo 2020, 350; wegen der Einzelh. die Komm. zu den Vorschriften des StrEG bei Meyer-Goßner/Schmitt, § 2 StrEG Rn 7; Burhoff, HV, Rn 1816 ff.; Burhoff/Kotz/Kotz, Nachsorge, Teil I Rn 1 ff. und Kotz StRR 2010, 164; ders., StRR 2010, 204; ders., StRR 2010, 244; Grau/Blechschmidt BB 2011, 2378; zur Erstattung der Gebühren eines zur Durchsuchung hinzugezogenen Rechtsanwalts → Durchsuchung, Anwesenheit des Verteidigers, Teil D Rdn 1895). Soweit das Verhalten der durchsuchenden Beamten, namentlich bei der Ausübung unmittelbaren Zwangs schuldhaft und rechtswidrig war, kommt Schadensersatz nach Amtshaftungsgrundsätzen gem. § 839 BGB i.V.m. Art. 34 GG in Betracht, z.B. wenn durch gewaltsames Öffnen von Türen oder Behältnissen Schäden entstanden sind, die durch Herbeirufen eines Handwerkers hätten vermieden werden können.
☆ Der Erlass der Durchsuchungsanordnung ist jedoch nur dann amtspflichtwidrig i.S.v. § 839 BGB, wenn die Bejahung des sog. → Anfangsverdachts , Teil A Rdn 562 , unvertretbar war (vgl. BGH NJW 1989, 1924; ebenso NJW 1989, 96 [für die unberechtigte Einleitung eines EV]).Bejahung des sog. → Anfangsverdachts, Teil A Rdn 562, unvertretbar war (vgl. BGH NJW 1989, 1924; ebenso NJW 1989, 96 [für die unberechtigte Einleitung eines EV]).
Rdn 2049
b) Etwas anderes dürfte hinsichtlich der durch die Durchsuchung entstandenen Kosten gelten, wenn also z.B. der Beschuldigte nach der Durchsuchung einen anderen mit der Wiedereinräumung des Inventars oder anderer Sachen beauftragt hat. Dies ist an sich Aufgabe der Ermittlungsbeamten. Beauftragt der Beschuldigte nach Durchführung der Durchsuchung nun damit einen Dritten, weil die Ermittlungsbeamten ihre Aufgabe nicht erfüllt haben, kann er die ihm dadurch entstehenden Auslagen nicht nach dem StrEG geltend machen. Vielmehr handelt es sich dabei um Verfahrensauslagen, die unter KV Nr. 9009 GKG fallen und die im Fall des Freispruchs die Staatskasse zu tragen hat. Hat der Beschuldigte den Dritten bezahlt, kann er die insoweit "vorgeschossenen" Auslagen von der Staatskasse ersetzt verlangen, und zwar im Wege der Kostenfestsetzung gem. den §§ 464a, 464b (s.a. LG Flensburg JurBüro 1997, 147; zust. Lappe NJW 1998, 1116 [Rspr.-Übersicht]).
Rdn 2050
2.a) Sind bei Dritten, z.B. bei einem Hauseigentümer im Falle der gewaltsamen Öffnung einer Wohnungstür, Schäden entstanden, kann ggf. eine Entschädigung nach Enteignungsgrundsätzen in Betracht kommen (wegen der Einzelh. BGH NJW 1987, 2573, der aber eine Entschädigung für [Folge-]Schäden infolge einer Beschlagnahme verneint; NJW 2013, 1736; s.a. OLG Naumburg NJ 2007, 83 [keine Entschädigung für den Vater des Beschuldigten wegen Schäden an einem geleasten Fahrzeug]; ähnlich LG Magdeburg, Urt. v. 10.7.2011 – 10 O 787/11; noch Amelung StV 1988, 326). Ein dem Anspruch aus enteignendem Eingriff zugrunde liegendes gleichheitswidriges Sonderopfer kann nach Auffassung des BGH (a.a.O.) jedoch dann zu verneinen sein, wenn der Vermieter des Betroffenen weiß bzw. davon erfährt oder es sich ihm aufdrängen muss, dass die vermietete Wohnung für die Begehung von Straftaten, die Lagerung von Diebesgut oder von Drogen benutzt wird oder werden soll, und er gleichwohl den Mietvertrag abschließt oder von einem Kündigungsrecht keinen Gebrauch macht.
Rdn 2051
b) Der Dritte/Vermieter kann sich aber ggf. auch beim Beschuldigten schadlos halten. Denn ein Mieter überschreitet die Grenze vertragsgemäßen Gebrauchs und verstößt gegen seine mietvertragliche Obhutspflicht (§§ 535, 538, 241 Abs. 2 BGB), wenn er in der angemieteten Wohnung illegale Betäubun...