Dr. Wolf-Dietrich Deckert†
Normenkette
§ 1 Abs. 1 WEG, § 10 Abs. 1 S. 2 WEG, § 14 Nr. 1 WEG, § 242 BGB, § 877 BGB, § 873 BGB, § 1004 BGB
Kommentar
1. Die bei der Begründung von Wohnungseigentum notwendige Festlegung als Wohnungseigentum oder Teileigentum enthält eine Zweckbestimmung dahin, dass die im Sondereigentum stehenden Räume bei einem Wohnungseigentum nur zu Wohnzwecken und beim Teileigentum nicht zu Wohnzwecken genutzt werden dürfen. Eine Änderung dieser Zweckbestimmung erfordert eine Änderung des dinglichen Rechtsaktes. Bei der Festlegung von Sondereigentum in einer Teilungserklärung handelt es sich nicht um eine Vereinbarung der Wohnungseigentümer über ihr Verhältnis untereinander im Sinne von § 5 Abs. 4, § 10 Abs. 1 Satz 2, § 15 Abs. 1 WEG, sondern um einen notwendigen Teil des dinglichen Aktes zur Begründung von Wohnungs- oder Teileigentum. Einer Änderung durch Vereinbarung der Wohnungseigentümer im Sinne des § 10 Abs. 1 Satz 2 WEG ist dieser Begründungsakt entzogen (a. A. Weitnauer, 7. Auflage, § 15 Rn. 15). Zur Umwandlung von Wohnungseigentum in Teileigentum oder umgekehrt ist damit eine Änderung des dinglichen Begründungsaktes notwendig, die der Eintragung in das Grundbuch bedarf (§§ 877, 873 BGB).
2. Im vorliegenden Fall war nach Sachverhalt im Teilungsvertrag Teileigentum an einer im Dachgeschoß gelegenen, nicht zu Wohnzwecken dienenden Räumlichkeit begründet worden (1977); in seinerzeitiger Bauherrenversammlung (1976) wurde allerdings der Ausbau des Dachraums als Wohnung einstimmig genehmigt. 1992 sprachen sich die Eigentümer in der Eigentümerversammlung mit großer Mehrheit jedoch gegen die Nutzung des Raumes zu Wohnzwecken aus. Ein Rechtsnachfolger (Erwerb einer Wohnung 1991) hatte hier beantragt, den Dachgeschoßeigentümer zu verpflichten, die Nutzung seiner Räumlichkeiten zu Wohnzwecken einzustellen und wieder im Teilungsvertrag vereinbarter Zweckbestimmung zuzuführen. Das BayObLG bestätigte die landgerichtliche Entscheidung (im Gegensatz zum Amtsgericht) und sah den Verpflichtungsantrag als begründet an.
3. Zulässig ist nach Meinung des Senats nur eine Nutzung von Sondereigentum, die nicht mehr stört als eine zweckbestimmungsmäßige Nutzung; andernfalls bedarf es hierzu einer Vereinbarung der Wohnungseigentümer. Die Störung ergibt sich hier schon aus der wesentlich intensiveren Nutzung der Räumlichkeiten, wenn sie als Wohnung zum Lebensmittelpunkt einer oder mehrerer Personen gemacht wird.
4. Eine Vereinbarung der Wohnungseigentümer über ihr Verhältnis untereinander bedarf grundsätzlich keiner besonderen Form; sie kann auch durch konkludentes (stillschweigendes) Verhalten zustandekommen (Senat vom 15. 7. 1993, 2 Z BR 68/93). Offen bleiben kann, ob hier durch eine jahrelange Duldung der Nutzung des Dachgeschosses als Wohnung eine Vereinbarung zustandegekommen ist. Der Antragsteller als Rechtsnachfolger (1991) muß auch konkludente Vereinbarungen (wie auch ausdrückliche) nicht gegen sich gelten lassen, wenn eine Vereinbarung nicht im Grundbuch eingetragen wurde.
5. Selbst wenn sich ein Rechtsnachfolger die Verwirkung eines Unterlassungsanspruches seines Rechtsvorgängers entgegenhalten lassen muß, konnte im vorliegenden Fall eine Verwirkung verneint werden, was mit dem Zeitmoment und Umstandsmoment ( § 242 BGB) näher in den Gründen erläutert wird; zu verneinen waren hier die Anforderungen hinsichtlich des Umstandsmoments (langjähriges kontroverses Diskutieren der Nutzungssituation, Erkundigungen über Ausbau-Baugenehmigung beim Bauamt usw.).
Von einem Einverständnis der Nutzung auch für die Zukunft konnte im vorliegenden Fall nicht ausgegangen werden (nach korrekter, vom Rechtsbeschwerdegericht grundsätzlich nicht nachprüfbarer, tatrichterlicher Beweiswürdigung). Gestattende Eigentümerbeschlüsse, die sich wenigstens mittelbar mit der Nutzung des Dachraumes befaßt hätten und als Grundlage für einen Vertrauensschutz angesehen werden könnten, waren im vorliegenden Fall nicht gefaßt.
6. Auch außergerichtliche Kostenerstattung der Antragsgegnerseite bei Geschäftswertansatz von DM 5.000,-.
Link zur Entscheidung
( BayObLG, Beschluss vom 13.01.1994, 2Z BR 130/93).
zu Gruppe 5: Rechte und Pflichten der Miteigentümer