Dr. Wolf-Dietrich Deckert†
Normenkette
§ 21 WEG, § 22 Abs. 1 WEG
Kommentar
Besteht Einigkeit der Wohnungseigentümer über das grundsätzliche Erfordernis einer Reparatur am Gemeinschaftseigentum (Dachabdichtungsmaßnahmen) und haben diese darüber entsprechend Beschluss gefasst, die Durchführung aber an die Einholung mehrerer Kostenvoranschläge gebunden, so kann der Anspruch auf ordnungsgemäße Verwaltung ( § 21 WEG) auch durchgesetzt werden, wenn sich eine modernisierende Instandsetzung als erforderlich und wirtschaftlich vernünftig erweist (neuerlich: Verwendung von Ziegeln statt bisher genagelter Wellteerpappe).
In solchen Sanierungsfällen ist einerseits die technische Lösung zu wählen, die eine dauerhafte wirkliche Beseitigung von Mängeln verspricht, andererseits ist auch die Wirtschaftlichkeit zu beachten, die es verbietet, überteuerte Aufträge zu erteilen. Insoweit kann nicht stets allein auf die Wiederherstellung des früheren Zustands abgestellt werden. Ist eine Maßnahme wirtschaftlich sinnvoll und hält sie sich im Bereich erprobter, bewährter Technik, kann eine solche Instandsetzungsmaßnahme auch dann noch ordnungsgemäßer Verwaltung entsprechen, wenn der ursprüngliche Zustand eines Gebäudes verändert wird. Modernisierende oder nur verändernde Maßnahmen müssen sogar noch nicht einmal der allein gebotene oder allgemeine übliche Weg zur Behebung eines Mangels sein. Damit ist die Verwendung von Ziegeln anstelle von Wellpappe auch nicht zwangsläufig eine bauliche Veränderung (vgl. z.B. zur Sanierung eines Flachdachs durch Anbringung eines Pultdachs aus Kupferblech als angemessene Instandsetzungsmaßnahme BayObLG, DWE 1991, 74 = WM 1990, 234, ebenso der Austausch von Holzfenstern gegen ähnlich gestaltete Kunststofffenster, BayObLG, DWE 1991, 33 = WM 1991, 56).
Dient also eine Instandsetzungsmaßnahme der Beseitigung eines Mangels, geht es nicht um bauliche Veränderungen. Die Thematik baulicher Veränderungen setzt erst bei der Umgestaltung des gemeinschaftlichen Eigentums ein, was gleichzusetzen ist mit einer auf Dauer angelegten gegenständlichen Veränderung.
Link zur Entscheidung
( OLG Braunschweig, Beschluss vom 22.12.1993, 3 W 49/93= WM 9/94, 501)
Zu Gruppe 5: Rechte und Pflichten der Miteigentümer
Anmerkung:
Die Entscheidung zu einer Dachsanierung in Änderung des anfänglichen baulichen Status quo entspricht der h.R.M., auch wenn ich die vom OLG zitierte Entscheidung des BayObLG zum mehrheitlich gestatteten Austausch ursprünglich vorhandener Holzfenster in ähnlich gestaltete Kunststofffenster nicht als vergleichbaren Fall zu Gunsten einer modernisierenden Instandsetzung als exemplarisch ansehen würde; insoweit habe ich zu dieser Entscheidung des BayObLG bereits kritisch angemerkt, dass es sich bei einem solchen Sachverhalt um ein "aluid" handelt und hier eigentlich die ursprünglich vorhandene Bausubstanz beibehalten bleiben bzw. andernfalls von nachträglicher nachteiliger baulicher Veränderung gesprochen werden müsste. Weder technischer noch wirtschaftlicher Zwang gebietet es m.E., im Zuge solcher lnstandsetzungen (Ersatz von Fenstern) die ursprünglich vorhandene Bausubstanz zu verändern, zumal - mir bekannt - in solchen Fällen nachträglich eingebauter Kunststofffenster auch zu beachtende gesundheitliche Nachteile entstehen könnten (evtl. Kunststoffallergien, Lungenverätzung im Brandfalle usw.). Auch die technische Fortentwicklung gebietet insoweit nicht zwingend die Änderung einer solchen Fensterbausubstanz.