Dr. Wolf-Dietrich Deckert†
Leitsatz
Normenkette
§ 14 Nr. 1 WEG
Kommentar
1. Eine zwar in statischer Hinsicht und vom optischen Eindruck her unbedenkliche Begrünung einer Dachterrasse durch den Sondereigentümer kann das gemeinschaftliche Eigentum bereits dadurch im Sinne des § 14 Nr. 1 WEG beeinträchtigen, dass mögliche Schäden am gemeinschaftlichen Dach nur unter Erschwerungen festgestellt und behoben werden können. Insoweit kann Streit in der Gemeinschaft vorprogrammiert sein, ob für eingetretene Schäden bauliche Veränderungen ursächlich waren oder nicht. Ferner ist bei größeren Baumaßnahmen in Rechnung zu stellen, dass ihre tatsächliche Ausführung von der unbedenklichen Planung abweichen kann (BayObLGZ 1990, 120, 124; NJW-RR 96, 1165 und OLG Hamm, Entscheidung vom 8. 11. 1993, Az.: 15 W 174/93).
Eine "Intensivbegrünung"einer Dachterrasse, die das Aufschütten entsprechend dicker Drainage- und Erdschichten bedingt und eine Bepflanzung mit Gehölzen sowie die Anlage einer Quelle mit zahlreichen Findlingen (bis zu 1 m Durchmesser) aufweist, ist danach nicht zulässig, bedenkt man auch das sich entwickelnde kräftige Wurzelwachstum. Überdies sollte im vorliegenden Fall Bewässerung nicht nur durch Niederschlagswasser, sondern mit der Hilfe der Installation zweier Bewässerungsautomaten künstlich erfolgen. Auch eine etwaige Wurzelschutzbahn in der Terrassenunterkonstruktion gewährleistet im vorliegenden Fall nicht entsprechende Funktion als Wasserschutzschicht. Auch aus einem Folienteich (hier in Form einer Quellanlage) können latente Gefahren für Undichtigkeiten im Gemeinschaftseigentum und/oder darunterliegenden Sondereigentums ausgehen.
2. Ein Wohnungseigentümer ist auch nach Durchführung einer Flachdachsanierung nicht berechtigt, erneut eine in der Zwischenzeit als Baumangel erkannte großflächige Verlegung von Bodenplatten im Mörtelbett vorzunehmen.
3. Nach h.R.M. kann der Antragsgegner in einem Wohnungseigentumsverfahren unter den Voraussetzungen der Zulässigkeit einer Widerklage nach den §§ 33, 530 Abs. 1 ZPO auch einen Gegenantrag stellen, und zwar auch noch im Erstbeschwerdeverfahren. Mangels Einwilligung des Antragstellers ist die Stellung des Gegenantrags im Beschwerdeverfahren allerdings nur zuzulassen, wenn die Geltendmachung des mit dem Gegenantrag verfolgten Anspruchs im anhängigen Verfahren als sachdienlich erscheint (vorliegend gegeben). Antrag und Gegenantrag betrafen hier gleichermaßen denselben Streitpunkt der Wohnungseigentümer, nämlich die Frage, in welcher Weise die oberste begehbare Schicht der Dachterrasse nach Durchführung der Dachsanierung wiederherzustellen ist.
§ 14 Nr. 1 WEG gebietet es, einen Oberflächenbelag im Bereich des Sondereigentums nach den anerkannten Regeln der Technik und Baukunst erstellen zu lassen (BayObLG, WM 92, 324, 325; 1992, 497). Dies begründet zwar keine eigene Verpflichtung zur ständigen Anpassung an die jeweiligen Neubauvorschriften, da zur ordnungsgemäßen Verwaltung die Erhaltung der Wohnanlage gehört, grundsätzlich dagegen nicht ihre Verbesserung (OLG Stuttgart, OLGZ 94, 524, 526). Das Gebot der möglichen Rücksichtnahme nach § 14 Nr. 1 WEG verbietet es jedoch, im Falle einer ohnehin notwendigen Neuerstellung des begehbaren Belags die in der Zwischenzeit als Baufehler erkannte großflächige Verlegung wieder von Bodenplatten im Mörtelbett vorzunehmen.
4. Keine außergerichtliche Kostenerstattung bei Geschäftswertansatz in Änderung der landgerichtlichen Entscheidung von DM 60.000,-.
Link zur Entscheidung
( OLG Hamm, Beschluss vom 23.12.1996, 15 W 362/96)
zu Gruppe 5: Rechte und Pflichten der Miteigentümer