Rz. 43
Das Rechtsinstitut der Totenfürsorge beinhaltet das Recht und die Pflicht der nächsten Angehörigen, über den Leichnam zu bestimmen und die Art der Bestattung, den Bestattungsort, die Grabgestaltung und die Grabpflege festzulegen. Das Totenfürsorgerecht beinhaltet auch das Entscheidungsrecht über den Zugang anderer Angehöriger zum Leichnam des Verstorbenen. Nach h.M. steht das Recht zur Totenfürsorge grundsätzlich nicht den Erben, sondern den nahen Angehörigen des Erblassers zu. Sind mehrere Angehörige vorhanden, so steht das Recht dem Ehegatten bzw. dem Lebenspartner einer eingetragenen Lebenspartnerschaft, danach den Kindern, sukzessive den Eltern und Geschwistern des Erblassers zu. Zu beachten gilt es, dass auch hier der Wille des Erblassers vorrangig ist, der mit allen zulässigen Beweismitteln und auch als konkludenter Wille ermittelt werden kann. Nach Ansicht Steins soll das Recht zur Totenfürsorge den nahen Angehörigen nur dann zustehen, wenn gesetzliche Erbfolge eingetreten ist. Stein will daher stets prüfen, ob mit der Entziehung des gesetzlichen Erbteils durch letztwillige Verfügung nicht gleichzeitig auch ein Entzug des Rechts zur Totenfürsorge enthalten ist. Das Recht zur Totenfürsorge wird i.Ü. auch durch das öffentlich-rechtliche Friedhofs- und Bestattungsrecht bestimmt, wobei es für das zivilrechtliche Totenfürsorgerecht in erster Linie auf den Willen des Verstorbenen ankommt und die öffentlich-rechtlichen Bestimmungen nur Anhaltspunkte dafür geben, wer als Totenfürsorgeberechtigter anzusehen ist, wenn sich ein Wille des Erblassers nicht ermitteln lässt.
Rz. 44
Der Erblasser kann grundsätzlich auch Dritte, die nicht Angehörige sind und die auch nicht zu Erben bestimmt sind, mit der Wahrnehmung dieser Aufgaben betrauen. Ergibt sich, dass das Totenfürsorgerecht dem langjährigen Lebensgefährten des Erblassers zusteht, kann dieser die Umbettung des Erblassers auch entgegen den von den Eltern des Erblassers vorgenommenen Beerdigungsmaßnahmen verlangen. Ansonsten unterliegt auch die Umbettung eines bereits beerdigten Erblassers dem Recht zur Wahrnehmung der Totenfürsorge, allerdings mit erheblichen Einschränkungen. Aus der Würde des Toten, der Totenehrung und dem sittlichen Empfinden der Allgemeinheit folgt der Grundsatz, dass eine Umbettung und eine damit verbundene Störung der Totenruhe nicht zulässig ist, wenn es lediglich um die Beilegung von "Verwandtenzank" geht. Eine Umbettung ist daher nur zulässig, wenn ganz besondere Gründe vorliegen, die eine Umbettung erforderlich machen, und diese deshalb dem mutmaßlichen Willen des Erblassers entspricht. Nicht ausreichend ist dabei der Wegzug von Angehörigen und eine dadurch erschwerte Pflege. Angenommen wird ein wichtiger Grund hingegen bei unerlaubter Entwendung einer Urne oder dem Wunsch der Witwe, mit ihrem Ehemann gemeinsam beerdigt zu werden, ebenso, wenn der Erblasser den Wunsch hatte, an einem anderen Ort beerdigt zu werden. Für die Frage der Zulässigkeit einer Umbettung ist es unerheblich, ob es sich um eine Urne mit Überresten oder um einen bestatteten Leichnam handelt. Die Darlegungs- und Beweislast für die besonderen Umstände trägt derjenige, der eine Umbettung beantragt.