Rz. 9
Die Zustimmung des Erblassers zur Scheidung setzt voraus, dass das Scheidungsverfahren vom längstlebenden Ehegatten eingeleitet und der Antrag dem Erblasser zugestellt worden ist. Ist der Erblasser geschäftsunfähig, kann ihn ein Betreuer mit dem Aufgabenkreis "Rechtsangelegenheiten" bei der Zustimmungserklärung vertreten. Hat ein Betreuer einen Scheidungsantrag gestellt und ist dieser mangels betreuungsrechtlicher Genehmigung nicht wirksam, kann dieser Antrag in eine Zustimmung zum Scheidungsantrag des Ehegatten umgedeutet werden.
Die Zustimmung ist Prozesshandlung und kann in mehrfacher Weise erklärt werden, und zwar zu Protokoll der Geschäftsstelle oder in der mündlichen Verhandlung.
Rz. 10
Ob eine Erklärung als Zustimmung zur Scheidung i.S.v. §§ 1566 Abs. 1, 1933 S. 1, 2077 Abs. 1 S. 2 BGB, § 134 Abs. 1, 2 S. 2 FamFG auszulegen ist, richtet sich nach den für die Auslegung entwickelten Rechtsgrundsätzen, die auch für die Auslegung von Prozesshandlungen mit Erklärungswert gelten. Entscheidend ist der Wille der Beteiligten, wie er aus dem Wortlaut der Erklärung i.V.m. der Erklärungs- und Handlungssituation erkennbar wird. Hat der Erblasser in dem von seinem Ehegatten anhängig gemachten Scheidungsverfahren in der mündlichen Verhandlung zur Niederschrift des FamG eine Erklärung (vorliegend: "Ich möchte grundsätzlich nicht geschieden werden, sehe aber ein, dass ich mich nicht wehren kann.") abgegeben, deren Zweck darin bestand, eine streitige Auseinandersetzung über die Voraussetzungen der Scheidung zu vermeiden und eine Scheidung auf der Basis des Einverständnisses sicherzustellen, um sich, von der Scheidungsproblematik entlastet, den erforderlichen Folgeregelungen zuwenden zu können, und ist die Erklärung von den an dem Scheidungsverfahren Beteiligten auch so verstanden worden, so ist sie i.S.v. §§ 1566 Abs. 1, 1933 S. 1, 2077 Abs. 1 S. 2 BGB als Zustimmung zur Scheidung aufzufassen.
Rz. 11
Desgleichen kann die Zustimmung per Schriftsatz des Prozessbevollmächtigten erfolgen. Aufgrund der Vorschrift des § 134 FamFG genügt eine schriftliche Erklärung der Partei an das Gericht, auch wenn diese nicht anwaltlich vertreten ist. Die Abgabe der Erklärung im Schriftsatz des Bevollmächtigten entspricht nach h.M. den formalen Anforderungen. Wird die Zustimmung in einem vorangegangenen Verfahrenskostenhilfeverfahren erklärt, wird dies als ausreichend akzeptiert. Bei anderen als den vorgenannten Einverständniserklärungen treten die Rechtsfolgen des § 1933 BGB nicht ein. Eine Zustimmung, die lediglich dem anderen Ehegatten gegenüber erklärt worden ist, reicht demnach nicht aus. Nach a.A. genügt eine dem anderen Ehegatten gegenüber erklärte formlose Zustimmung. Der Auffassung, wonach eine formlose Zustimmung genügt, kann jedoch nicht gefolgt werden. Die Zustimmung wird in § 1933 BGB wie auch in § 2077 BGB dem Scheidungsantrag gleichgestellt. Da dieser nicht formlos gestellt werden kann, kann auch eine Zustimmung zu einem gestellten Scheidungsantrag nicht formlos erfolgen. Die Unterzeichnung einer Scheidungsfolgenvereinbarung ist ebenfalls nicht ausreichend, um als Zustimmung gewertet werden zu können. Desgleichen ist der Hinweis, einen eigenen Scheidungsantrag stellen zu wollen, nicht ausreichend. Wurde eine Zustimmung im Prozesskostenhilfe- bzw. Verfahrenskostenhilfeverfahren erklärt, wird diese mit Rechtshängigkeit des Scheidungsverfahrens wirksam. Nach überwiegender richtiger Ansicht ist das Erbrecht des überlebenden Ehegatten auch dann ausgeschlossen, sofern eine Zustimmung des Erblassers erfolgt ist, die auf § 1566 Abs. 2 BGB gestützt war. Wird die Zustimmung bis zum Schluss der mündlichen Verhandlung widerrufen (§§ 134 Abs. 2 FamFG), entfallen damit die Rechtsfolgen des § 1933 BGB. Ist ein eigener Scheidungsantrag nicht wirksam gestellt worden, kann dieser in eine Zustimmungserklärung umzudeuten sein. Wie bereits ausgeführt, kann sich eine Zustimmung auch im Wege der Auslegung ergeben, keinesfalls ausreichend ist aber, dass der Erblasser dem Scheidungsantrag nicht entgegengetreten ist.