Rz. 12
Endet das Scheidungsverfahren vor dem Erbfall ohne Scheidungsbeschluss, kommt § 1933 BGB nicht zum Zuge. Dabei ist es unerheblich, ob eine Antragsrücknahme erfolgt ist oder der Antrag rechtskräftig abgewiesen wurde. Irrelevant ist die bloße Möglichkeit der Rücknahme. Wurde eine Zustimmung bereits erklärt, verliert diese, wenn der Antragsteller seinen Scheidungsantrag zurücknimmt, ihre Wirkung. Die Rechtsfolgen des § 1933 BGB treten hingegen ein, wenn eine nicht rechtskräftige Abweisung bzw. wenn ein nicht rechtskräftiger Ausspruch der Scheidung erfolgt und es dem Erblasser aufgrund seines Todes nicht mehr möglich war, Rechtsmittel einzulegen. Nach einer Mindermeinung soll hingegen § 1933 BGB im Falle nicht rechtskräftiger Entscheidung keine Anwendung finden, denn es sei der Wille des Erblassers, die Auflösung der Ehe herbeizuführen, und dieser Wille sei nicht durch Erklärung im Verfahren kundgetan worden, sondern der Schluss werde vielmehr aus dem Vorverfahren gezogen. Dieser Mindermeinung kann jedoch nicht gefolgt werden. Solange die Entscheidung nicht rechtskräftig ist, konnte der Erblasser noch Rechtsmittel einlegen. Damit wirkt die Antragstellung (Klageerhebung) durch den Erblasser fort. Die ergangene Entscheidung stellt keinen ihm zurechenbaren actus contrarius dar. Die Rechtsfolge des § 1933 BGB, d.h. der Ausschluss des Ehegattenerbrechts, greift ein, sofern der Erblasser Rechtsmittel gegen ein abweisendes Urteil eingelegt hat bzw. wenn er mit seinem Scheidungsantrag obsiegt hat, jedoch vor Eintritt der Rechtskraft verstorben ist.
Rz. 13
Wurde das Scheidungsverfahren ausgesetzt bzw. ein Aussetzungsantrag gestellt, greift § 1933 BGB ein. Dies gilt auch für eine rein abstrakt mögliche Versöhnung.
Wird das Scheidungsverfahren nicht weiter betrieben, wird die Rechtshängigkeit hierdurch nicht beseitigt. Betreibt der Erblasser ein eingeleitetes Verfahren über einen langen Zeitraum hinweg nicht weiter, so ist dieses Verhalten einer Klagerücknahme gleichzustellen. Das längere Nichtbetreiben gilt als Ausdruck der endgültigen Aufgabe des Scheidungswillens mit der Folge, dass die Vorschrift des § 1933 BGB nicht anwendbar ist. Als endgültige Aufgabe des Scheidungswillens ist es zu verstehen, wenn das Scheidungsverfahren 21 Jahre nicht betrieben wird. § 1933 BGB findet dann keine Anwendung.
Rz. 14
Als Todeszeitpunkt gilt im Erbrecht der Eintritt des Gesamthirntodes. Nimmt der Ehegatte des Erblassers seinen begründeten Scheidungsantrag, dem der Erblasser zugestimmt hat, vor Eintritt des Herz- und Kreislaufstillstandes, aber nach Eintritt des Gehirntodes beim Erblasser zurück, so hat dies auf die Anwendbarkeit des S. 1 keinen Einfluss mehr.
Rz. 15
Wird ein Scheidungsantrag vor dem Erbfall zurückgenommen, bedeutet dies die Beseitigung der Wirkungen des § 1933 BGB. Der Rechtsstreit ist als nicht anhängig geworden anzusehen. Auch eine Zustimmung verliert in diesem Falle ihre Wirkung. Wird ein Scheidungsantrag erst nach dem Erbfall zurückgenommen, hat dies auf die Anwendbarkeit von § 1933 BGB keinen Einfluss mehr. Nimmt ein Bevollmächtigter aufgrund einer über den Tod hinausgehenden Vollmacht den Scheidungsantrag nach dem Tod des Erblassers zurück, ist dies ebenfalls bedeutungslos. Nimmt der andere Ehegatte seinen Scheidungsantrag nach Eintritt des Erbfalls zurück, wird hierdurch die an die Zustimmung des anderen Ehegatten geknüpfte Wirkung des § 1933 BGB nicht beseitigt. Das Erbrecht des überlebenden Ehegatten ist ausgeschlossen.