Rz. 5
Ist der Erblasser während eines Scheidungsverfahrens verstorben, ist der "Noch-Ehegatte" von der gesetzlichen Erbfolge ausgeschlossen, wenn der Erblasser die Scheidung beantragt oder ihr zugestimmt hat. Dies gilt jedoch nur, wenn die rechtlichen Voraussetzungen für eine Scheidung gegeben sind.
Für solche Verfahren, die seit dem 1.9.2009, d.h. dem Inkrafttreten des FamFG, eingeleitet wurden, sind die Voraussetzungen anhand der §§ 124, 133 Abs. 1 Nr. 1 bis 3 FamFG i.V.m. §§ 1564 ff. BGB zu prüfen. Altverfahren sind gem. Art. 111 FGG-RG nach altem Recht zu beurteilen.
I. Rechtshängiges Scheidungsverfahren
1. Scheidungsantrag durch den Erblasser
Rz. 6
Vor seinem Tod muss der Erblasser, nicht hingegen sein Ehegatte, die Scheidung beantragt haben. Eine erbrechtliche Wirkung erlangt die Antragstellung (§§ 121, 124, 133, 134 FamFG) jedoch erst mit Rechtshängigkeit. Rechtshängigkeit tritt hingegen durch Zustellung an den Antragsgegner ein (§ 124 FamFG i.V.m. §§ 253 Abs. 1, 261 Abs. 1 ZPO). Wenn sich dies auch nicht eindeutig aus dem Wortlaut ergibt, ist nach h.M. im Falle des § 1933 BGB auf die Zustellung abzustellen. Diese hat vor dem Erbfall zu erfolgen. Dies bedeutet somit, dass der Scheidungsantrag vor Eintritt des Erbfalls zugestellt sein muss. Nach einer Ansicht würde es der Zielsetzung des § 1933 BGB entsprechen, wenn die Einreichung entsprechend der Vorschrift des § 167 ZPO als ausreichend angesehen würde. Nach h.M. hingegen, der auch zu folgen ist, findet für den Fall, dass eine Zustellung nach dem Erbfall erfolgt, eine Rückdatierung auf den Zeitpunkt der Einreichung nicht statt. Es geht nämlich nicht um die Wahrung einer Frist i.S.v. § 167 ZPO. Nur in diesem Fall käme eine Rückdatierung in Frage. Im Übrigen ist die Regelung des § 1933 BGB aufgrund ihrer Zielsetzung auch eher eng auszulegen. Eine analoge Anwendung kommt somit ebenfalls nicht in Betracht. Im Übrigen ist auch die Regelung des § 131 FamFG zu beachten. Danach ist die Antragsschrift im Falle des Todes eines Ehegatten nicht mehr zuzustellen. Auch aus diesem Grund muss eine Zustellung vor Eintritt des Erbfalls erfolgen. Im Rahmen der erbrechtlichen Beratung ist daher zu beachten, dass die erbrechtlichen Folgen erst mit Zustellung des Scheidungsantrages eintreten. Ggf. sind daher noch andere Wege, wie bspw. der Rücktritt vom Erbvertrag, zu empfehlen. Eine öffentliche Zustellung ist ausreichend. Eine Berufung auf Rechtshängigkeit ist dann treuwidrig, wenn die Zustellung erschlichen wurde.
Rz. 7
Hinsichtlich der Zulässigkeit des zugestellten Scheidungsantrages hat das FamFG strengere formelle Voraussetzungen eingeführt. Die Antragschrift muss gem. der Vorschrift des § 133 Abs. 1 FamFG zwingende Angaben enthalten. Bei Fehlen der Angaben hat das Gericht hierauf hinzuweisen und deren Behebung zu verlangen. Diese Angaben gehören zwar nicht zum schlüssigen Vortrag des Rechtsbegehrens, bei Unvollständigkeit unter der Voraussetzung, dass eine Behebung gefordert wurde, kann das Fehlen jedoch dennoch Sachlagen ergeben, aufgrund derer der Antrag als unzulässig oder unbegründet abzuweisen ist. Die Erklärungen gem. § 133 Abs. 1 Nr. 2 FamFG gehören nach überwiegender Ansicht jedoch nicht zu den Voraussetzungen der Scheidung i.S.v.§ 1933 BGB. Auf die Zulässigkeit des zugestellten Scheidungsantrages kommt es, soweit es sich um heilbare Mängel handelt, bei der Beurteilung gem. § 1933 BGB demgemäß nicht an. Ein Ausschluss des Ehegattenerbrechts erfolgt auch dann, wenn der Erblasser seinen Scheidungsantrag nicht beim örtlich zuständigen FamG eingereicht hat. Ebenfalls ausreichend ist die Erhebung einer Widerklage, d.h. das Stellen eines Anschlussantrages in der mündlichen Verhandlung oder die Zustellung einer Widerklage.
Rz. 8
Ein Antrag auf Prozesskostenhilfe (jetzt Verfahrenskostenhilfe, § 76 FamFG) ist zur Herbeiführung der Folgen gem. § 1933 BGB hingegen nicht ausreichend. Stellt der überlebende Ehegatte den Scheidungsantrag und hat sich der Erblasser passiv verhalten, bleibt das Erbrecht des überlebenden Ehegatten bestehen. Die Wirkungen des § 1933 BGB werden auch nicht ausgelöst, sofern der Antragsteller geschäftsunfähig war und das Verfahren nicht durch den gesetzlichen Vertreter geführt wurde, was § 125 Abs. 2 S. 2 FamFG vorsieht. Gleiches gilt, wenn die erforderliche Genehmigung des Familien- oder Betreuungsgerichts nicht vorlag. Im Falle der Geschäftsunfähigkeit des Antragsgegners ist eine Zustellung unwirksam, sofern der Antragsgegner nicht vertreten ist. Dies führt dazu, dass § 1933 BGB nicht eingreift.