Gesetzestext
Der Erblasser kann durch Testament einen Verwandten, den Ehegatten oder den Lebenspartner von der gesetzlichen Erbfolge ausschließen, ohne einen Erben einzusetzen.
A. Allgemeines
Rz. 1
Der Erblasser muss in seinem Testament keinen Erben bestimmen. Gem. § 1938 BGB ist es ihm gestattet, lediglich zu verfügen, dass ein Verwandter und/oder der Ehegatte/Lebenspartner von der gesetzlichen Erbfolge ausgeschlossen ist (negatives Testament). Das BGB konnte das negative Testament zulassen, da es die gesetzliche und die gewillkürte Erbfolge nicht als einander ausschließende Gegensätze auffasst, sondern die gesetzlichen Erben insoweit zum Zuge kommen lässt, als der Erblasser keine positive Erbeinsetzung verfügt. Diese Bestimmung führt zu einer Erweiterung der Testierfreiheit. Der Erblasser muss sich nicht darüber äußern, wer den freigewordenen Erbteil erhalten soll. Eine Enterbung kann jedoch in einem gemeinschaftlichen Testament nicht wechselbezüglich, d.h. nach dem Tode des Erstversterbenden bindend, getroffen werden. Eine derartige Verfügung kann auch in einem Erbvertrag nicht vertragsmäßig bindend verfügt werden (§ 2278 Abs. 2 BGB). Ggf. ist jedoch der Ausschluss der Vertragspartei in einen Erbverzicht umzudeuten. Das Gesetz spricht von Ausschluss von der gesetzlichen Erbfolge. Synonym hierzu ist der Begriff der Enterbung. Dieser wird jedoch umgangssprachlich oft weiter ausgelegt. Hiervon ist in der Alltagssprache auch der Entzug des Pflichtteilsrechts mit umfasst.
B. Enterbung, ohne dass gleichzeitig ein Erbe eingesetzt wird
I. Ausschluss des gesetzlichen Erbrechts
Rz. 2
Das gesetzliche Erbrecht des Staates gem. § 1936 BGB kann ohne Erbeinsetzung nicht ausgeschlossen werden, nur das gesetzliche Erbrecht des Ehegatten/Lebenspartners oder eines Verwandten. In den Fällen, in denen der Erblasser demnach seine gesetzlichen Erben pauschal von der Erbfolge ausschließt, ohne eine oder mehrere Personen zu Erben zu berufen, ist der Fiskus zum gesetzlichen Erben berufen. Eine Auslegung ist diesbzgl. nicht erforderlich. Nach a.A. ist ein Testament, das den Ausschluss der gesetzlichen Erben enthält, nur für den Fall wirksam, dass die Auslegung ergibt, dass das Staatserbrecht hierdurch nicht betroffen ist. Dieser Ansicht kann jedoch nicht gefolgt werden. Eine Auslegung ist gerade nicht erforderlich. Dies ergibt sich bereits aus der Vorschrift des § 1936 BGB. Für den Fall, dass weder ein Verwandter, ein Lebenspartner noch ein Ehegatte vorhanden ist, ist der Staat zum Erben berufen. Auf den Willen des Erblassers bzw. eine sich hierauf stützende Auslegung kommt es nicht an.
Rz. 3
Hat der Erblasser letztwillig dahingehend verfügt, dass jegliche Forderungen von Verwandten, mit denen seit Jahrzehnten keinerlei Kontakt mehr besteht, ausgeschlossen sind, kann die Auslegung ergeben, dass hierin eine Enterbung zu sehen ist.
Die Enterbung muss nicht begründet werden. Eine Enterbung muss zwar nicht ausdrücklich erklärt werden, allerdings ist bei einem stillschweigenden Ausschluss Zurückhaltung geboten. Aus dem Testament muss sich zweifelsfrei ergeben, dass ein Ausschließungswille des Erblassers vorliegt.
Rz. 4
Ergeben sich aus den landesrechtlichen Vorschriften Erbrechte, ist die Frage, ob diese überhaupt bzw. durch negatives Testament ausgeschlossen werden können, nach Landesrecht zu beurteilen.
Rz. 5
Werden Personen von der Erbfolge ausgeschlossen, deren Rechte gegenüber dem beim Tod des Erblassers lebenden Erben im Rang nachgehen, kann dies dann Bedeutung haben, wenn der im Rang vorgehende Berechtigte ausschlägt. Mit der Ausschlagung fällt dieser mit Wirkung auf den Erbfall weg.
II. Umfang
Rz. 6
Das Erbrecht kann in vollem Umfang, aber auch nur zu einem Bruchteil ausgeschlossen werden. Erstrecken kann sich die Enterbung auf alle gesetzlichen Erben, auf alle Verwandten oder auch nur auf einzelne Personen. Erfolgte eine Zuwendung in Höhe eines Erbteils, der unter dem gesetzlichen Erbteil liegt, kann hinsichtlich der Differenz eine Ausschließung von der gesetzlichen Erbfolge liegen. Es ist entweder eine ausdrückliche Erklärung im Testament erforderlich oder die Enterbung kann durch Auslegung ermittelt werden. I.d.R. ist eine Entziehung des Pflichtteils auch als Enterbung auszulegen. Auch dann, wenn der Erblasser einem Pflichtteilsberechtigten den Pflichtteil entzogen hat, diese Pflichtteilsentziehung jedoch gem. § 2333 BGB unwirksam ist, wird die Auslegung regelmäßig dazu führen, dass eine Enterbung des Pflichtteilsberechtigten gewollt ist, wenn dieser nicht einmal den Pflichtteil erhalten sollte.