Rz. 2
Der vorläufige Erbe, der die Ausschlagung oder die Anfechtung der Annahme erklärt (§§ 1943, 1957 BGB), ist dem endgültigen Erbe gegenüber für erbschaftsbezogene Geschäftsbesorgungen in der Zeit seiner vorläufigen Erbenstellung nach den Grundsätzen zur Geschäftsführung ohne Auftrag nach §§ 677 ff. BGB berechtigt und verpflichtet (Abs. 1). Das gilt auch dann, wenn sich der vorläufige Erbe irrtümlich für den endgültigen Erben hält; § 687 Abs. 1 BGB ist nicht anwendbar. Erbschaftsbezogene Geschäfte sind alle tatsächlichen und rechtsgeschäftlichen Handlungen, die im Zusammenhang mit dem Nachlass stehen, z.B.:
Erbschaftsbezogenes Geschäft |
Ja |
Nein |
Abschluss von Verträgen im Zusammenhang mit der Beerdigung |
x |
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Abwicklung/Erfüllung von Verträgen des Erblassers und Nachlassverbindlichkeiten |
x |
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Abschluss von Verträgen zur Verwaltung des Nachlasses |
x |
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Fortführung eines Unternehmens des Erblassers |
x |
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Aktivprozesse des vorläufigen Erben betr. den Nachlass |
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x |
Tatsächliche Handlungen, z.B. Reparaturen von Nachlassgegenständen |
x |
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Rz. 3
Im Einzelfall wird die Abgrenzung zu stillschweigenden Annahmeerklärungen und damit die Anwendbarkeit von § 1959 BGB problematisch sein. Das gilt insbesondere bei Aktivprozessen des vorläufigen Erben betr. den Nachlass. Deswegen wird in diesem Fall ein erbschaftsbezogenes Geschäft regelmäßig tatbestandlich auszuschließen sein (vgl. auch § 1959 Rdn 15). Die Voraussetzung eines Fremdgeschäftsführungswillens bei dem vorläufigen Erben braucht i.R.d. entsprechenden Anwendung der §§ 677 ff., 1959 BGB nicht vorzuliegen. Der vorläufige Erbe hat bei erbschaftsbezogenen Geschäften aber den Anforderungen des § 677 BGB zu genügen. Er muss die Interessen und den mutmaßlichen Willen des ihm bekannten endgültigen Erben, des Testamentsvollstreckers oder des Nachlasspflegers wahren. Allerdings wird der vorläufige Erbe den endgültigen Erben nur selten kennen. Regelmäßig ist daher bei objektivierter Betrachtung auf die Interessen eines verständigen und sorgsamen Erben abzustellen; der vorläufige Erbe kann sich – im Falle eines schuldhaften Verstoßes hiergegen – dem endgültigen Erbe gegenüber auch schadensersatzpflichtig machen. Wird der vorläufige Erbe zum endgültigen Erben (vgl. § 1943 BGB), werden durchgeführte Geschäfte rückwirkend seine eigenen Geschäfte. Nach § 684 S. 2 BGB kann der endgültige Erbe die Geschäftsführung des vorläufigen Erben auch genehmigen.
Rz. 4
Erbschaftsbezogene Verpflichtungsgeschäfte bleiben wirksam und berechtigen und verpflichten grds. nur den vorläufigen Erben. Der vorläufige Erbe ist gerade nicht Vertreter des endgültigen Erben, da Abs. 1 keine Vertretungsmacht einräumt. Allerdings kann der vorläufige Erbe bei interessensgerechter Geschäftsführung (vgl. Rdn 3) nach §§ 683, 670 BGB Aufwendungsersatz oder bei notwendiger Fortführung eine Handelsgewerbes sogar Befreiung von Verbindlichkeiten verlangen. Im Einzelfall kann sogar ein Anspruch des vorläufigen Erben auf Genehmigung nach § 177 Abs. 1 BGB bestehen. Der Aufwendungsersatzanspruch des vorläufigen Erben stellt eine Nachlassverbindlichkeit dar (§ 1967 Abs. 2 BGB) und ist in der Nachlassinsolvenz als Masseschulden gem. § 324 Abs. 1 Nr. 6 InsO zu berücksichtigen. Vergütungsansprüche bestehen nach h.M. nur, wenn die Geschäftsbesorgung für den vorläufigen Erben berufseinschlägig war (§§ 670, 683 BGB).
Rz. 5
Herausgabeansprüche nach §§ 681, 667 BGB gegen den vorläufigen Erben sind Ansprüche des Nachlasses.