Rz. 9
Ist das Feststellungsverfahren unter Beachtung des § 1965 BGB durchgeführt worden, ohne dass Erben ermittelt werden konnten, hat das Nachlassgericht gem. Abs. 1 die Feststellung zu treffen, dass ein anderer Erbe als der Fiskus nicht vorhanden ist. Die Feststellung erfolgt durch Beschluss nach § 38 FamFG, nachdem das Aufforderungsverfahren des § 1965 BGB durchgeführt wurde. Welcher Fiskus Erbe ist, bestimmt sich nach § 1936 BGB. Danach ist grundsätzlich der Fiskus desjenigen Bundeslandes Erbe, in welchem der Erblasser zum Zeitpunkt seines Todes seinen Wohnsitz oder gewöhnlichen Aufenthalt hatte. Bei Auslandsdeutschen wird gem. § 1936 Abs. 2 BGB der Bundesfiskus Erbe (siehe im Einzelnen Kommentierung zu § 1936).
Rz. 10
Ihrer Wirkung nach begründet die Feststellung gem. Abs. 2 lediglich die – widerlegbare – Vermutung, dass der Fiskus gesetzlicher Erbe sei. Damit wird durch den Feststellungsbeschluss weder ein Erbrecht begründet noch werden Erbrechte unmittelbar vorrangiger Erben ausgeschlossen. Der Feststellungsbeschluss hat also keine rechtsbegründende Wirkung und schließt weder eine anderweitige Feststellung des tatsächlichen Erben im Wege des Zivilprozessverfahrens noch die Erteilung eines Erbscheins mit abweichender Erbfolge aus. Gelingt dem Erben die Erteilung des beantragten Erbscheins, ist der Feststellungsbeschluss gem. § 48 Abs. 1 FamFG wegen Unrichtigkeit aufzuheben. Hintergrund dieses Konzepts einer bloßen Vermutungswirkung ist das in § 1929 BGB niedergelegte unbegrenzte Verwandtensystem, wonach es nahezu ausgeschlossen ist, dass es keinen Erben einer entfernteren Ordnung gibt. Bezogen auf die Vermutungswirkung verschafft der Feststellungsbeschluss dem Fiskus die "im Rechtsverkehr erforderliche Legitimation" für den Nachlass. Allerdings genießt der Feststellungsbeschluss nicht den im Interesse der Verkehrssicherheit zugunsten des rechtsgeschäftlichen Erwerbs durch Dritte in § 2366 BGB anerkannten öffentlichen Glauben eines Erbscheins. Damit wird der rechtsgeschäftliche Erwerb eines gutgläubigen Dritten nicht geschützt. Diese fehlende Wirkung des Feststellungsbeschlusses kann dadurch überwunden werden, dass der Fiskus nach § 2353 BGB beim Nachlassgericht die Erteilung eines Erbscheins beantragt. Im Erbscheinsverfahren obliegt dem Fiskus der Nachweis der in § 352 FamFG geforderten Angaben. Die Erteilung eines Erbscheins ist etwa für Grundbucheintragungen erforderlich, da der Feststellungsbeschluss nach Abs. 1 den im Grundbuchverfahren erforderlichen Erbschein nicht ersetzt. Nach § 35 Abs. 1 S. 1 GBO kann Nachweis der Erbfolge nur durch Erbschein oder Europäisches Nachlasszeugnis geführt werden. Die Feststellung nach Abs. 1 ist weiter Grundlage für die Aushändigung des Nachlasses an den Fiskus. Nach § 1942 Abs. 2 BGB kann der Fiskus die ihm als gesetzlichem Erben angefallene Erbschaft nicht ausschlagen, obwohl er wie jeder andere Erbe auch Gesamtrechtsnachfolger ist. Damit fällt auch der überschuldete Nachlass zwangsläufig an. Hinter § 1942 Abs. 2 BGB steht die Ordnungsfunktion des § 1936 BGB, der durch die Anerkennung eines gesetzlichen Erbrechts des Fiskus herrenlose Nachlässe vermeiden und eine ordnungsgemäße Nachlassabwicklung sicherstellen will.
Rz. 11
Eine möglicherweise zur Sicherung des Nachlasses angeordnete Nachlasspflegschaft ist aufzuheben. Schließlich hat die Feststellung nach § 1966 BGB die Begründung der aktiven und passiven Prozessführungsbefugnis des Fiskus zur Folge (siehe § 1966 Rdn 1 und 4).
Rz. 12
Wird der Feststellungsbeschluss später aufgehoben, z.B. wegen nichterschöpfender Ermittlung der Erben, so entfällt die Vermutungswirkung. Ist aufgrund der Feststellung eine Eintragung im Grundbuch erfolgt, so ist der Nachweis der Aufhebung des Feststellungsbeschlusses zur Widerlegung der Vermutung des § 891 BGB ausreichend. Denn damit ist der Erwerbsgrund widerlegt, die Erben müssen nicht beweisen, dass kein anderer Erwerbsgrund vorlag.