Rz. 26
Im Gesetz nicht erwähnt sind die Verbindlichkeiten, die der Erbe bei der Verwaltung des Nachlasses, etwa bei der Fortführung eines zum Nachlass gehörenden Handelsunternehmens oder eines sonstigen Betriebes eingeht. Es ist von größter praktischer Bedeutung, ob es sich hierbei um Nachlassverbindlichkeiten oder nur (z.B.) auch um Eigenverbindlichkeiten des Erben handelt. Im ersten Fall kann sich der Erbe durch Herbeiführung der Haftungsbeschränkung seiner Haftung entziehen, im zweiten haftet er überhaupt nur mit seinem Eigenvermögen (bis zur Separation allerdings auch mit dem Nachlass), während bei Annahme einer Nachlassverbindlichkeit, die auch Eigenverbindlichkeit ist, den Gläubigern solcher Schulden auch im Falle der Separation der Zugriff auf Nachlass wie Eigenvermögen des Erben offen steht. Dabei ist ein solcher Erbe noch schlechter gestellt als der unbeschränkt haftende, weil er sich gegenüber einer Forderung, die auch Eigenverbindlichkeit ist, nicht einmal auf § 2013 BGB berufen kann. Es war lange Zeit streitig, wie derartige Verbindlichkeiten zu behandeln sind.
Rz. 27
Durchgesetzt hat sich in Rspr. und Lit. diejenige Auffassung, die solchen Schulden eine Doppelstellung als Nachlassverbindlichkeit und Eigenschuld zuspricht. Man nennt sie Nachlasserbenschulden.
Rz. 28
Nachlasserbenschulden sind alle Verpflichtungen des vorläufigen und des endgültigen Erben sowie des Vorerben aus Verträgen, die diese in ordnungsgemäßer Verwaltung des Nachlasses abgeschlossen haben, wobei es gleichgültig ist, ob dem Vertragspartner bekannt war, dass der Erbe für den Nachlass handelt. Begründet der Erbe durch Verträge, die sich auf die ordnungsgemäße Verwaltung des Nachlasses beziehen, Nachlasserbenschulden, so wird die aus einer Pflichtverletzung des Erben entstandene Schadensersatzverpflichtung ebenfalls eine Nachlasserbenschuld. Gleiches gilt nach überwiegender Meinung aber auch in dem Fall, dass der Erbe eine reine (etwa noch vom Erblasser begründete) Nachlassverbindlichkeit verletzt und dadurch dem Nachlassgläubiger ersatzpflichtig wird. Hier hat der Erbe durch eigenes Handeln den Grund für die Entstehung der Schadensersatzpflicht gesetzt.
Rz. 29
Die Entstehung einer Nachlasserbenschuld setzt, abgesehen vom Fall des Verstoßes gegen eine Handlungspflicht, stets ein Handeln des Erben bei der Verwaltung des Nachlasses voraus, sei es ein rechtsgeschäftliches Handeln, sei es durch die Führung von Aktiv- oder Passivprozessen oder den in die Tat umgesetzten Entschluss, vorübergehend als Fahrzeug- oder Tierhalter an die Stelle des Erblassers zu treten. Fehlt es an einem solchen Verwaltungshandeln, können Verbindlichkeiten in der Person des Erben nur insoweit entstehen, als er Träger des Nachlasses ist. Wird der Nachlass von einem Nachlasspfleger, Nachlassverwalter oder Testamentsvollstrecker verwaltet, so begründet deren Handeln nur Nachlassverbindlichkeiten. Führt der Erbe einen zum Erwerb eines Kfz geschlossenen Darlehensvertrag des Erblassers für einen längeren Zeitraum nach dem Erbfall weiter, indem er die Darlehensverbindlichkeiten bedient und das Kfz als eigenes nutzt, sind die Verbindlichkeiten, die der Darlehensgeber bei Gesamtfälligstellung des Darlehens nach einer Kündigung geltend machen kann, zumindest dann als Nachlasserbenschulden anzusehen, wenn das Kfz zur Sicherung der Darlehensrückzahlung an den Darlehensnehmer sicherungsübereignet wurde und dem Darlehensgeber nach vollständiger Rückzahlung ein Anspruch auf Rückübereignung zusteht.
Rz. 30
Der Erbe kann vereinbaren, dass er für die Erfüllung einer im Rahmen ordnungsgemäßer Verwaltung eingegangenen Verbindlichkeit nur mit dem Nachlass haftet.
Rz. 31
Keine Nachlassverbindlichkeiten sind die Eigenschulden des Erben. Für sie haftet der Erbe nicht in dieser seiner Eigenschaft; es handelt sich vielmehr um Verbindlichkeiten, die vor oder nach dem Erbfall in der Person des Erben entstanden sind und die ihn als Träger seines Eigenvermögens berühren. Allerdings wird nicht vorausgesetzt, dass es an jedem Zusammenhang mit dem Nachlass fehlt. Eine Eigenschuld des Erben stellt auch der Ersatzanspruch der Nachlassgläubiger gegen ihn wegen fehlerhafter Verwaltungsmaßnahmen dar (§§ 1978, 1979 BGB), und auch die Verpflichtung aus einer vom Erben im Zusammenhang mit der Verwaltung des Nachlasses begangenen unerlaubten Handlung oder aus unverantwortlichen Kreditgeschäften des Vorerben in Bezug auf den Nachlass. Die Eigenverbindlichkeiten des Erben unterscheiden sich dadurch von den Nachlassverbindlichkeiten, dass für diese der Nachlass stets haftet, während den Gläubigern der Eigenschulden der Zugriff auf den Nachlass nach der Vermögenssonderung (Nachlassabsonderung) verwehrt ist (§ 1984 Abs. 2 BGB). Umgekehrt steht den Nachlassgläubigern nach der Vermögenssonderung nur noch der Nachlass als Haftungsobjekt zur Verfügung, während der Erbe seinen Eigengläubigern mit seinem sonstigen Vermögen unbeschränkt haftet.
Rz. 32
Wegen der Kosten eines Zivilprozesses ...