Rz. 1
Für die Fälle, dass die Überschuldung des Nachlasses auf Vermächtnissen und Auflagen beruht (sog. Überschwerung, auch Überbeschwerung genannt), trifft § 1992 BGB eine Sonderregelung. Es wird dem Erben die Möglichkeit eröffnet, in diesen Fällen auch ohne Trennung des Nachlasses vom Eigenvermögen (Separation) seine Haftung nach Maßgabe der §§ 1990, 1991 BGB zu beschränken und zwar auch dann, wenn eine die Kosten des Insolvenzverfahrens deckende Masse vorhanden ist. Zum einen berücksichtigt diese Regelung den mutmaßlichen Willen des Erblassers, der – als er die Vermächtnisse und Auflagen verfügte – davon ausgegangen ist, dass der Nachlass auch zur Befriedigung derselben ausreichen werde und es nicht notwendig würde, ein Nachlassinsolvenzverfahren zu eröffnen. Weiter wird die auch in anderen Bestimmungen zum Ausdruck kommende schwächere Stellung gerade der Vermächtnisnehmer und Auflageberechtigten berücksichtigt. Diese drückt sich darin aus, dass Vermächtnisse und Auflagen gegenüber anderen Nachlassverbindlichkeiten rangmäßig zurückgesetzt (§ 327 InsO; § 1973 BGB) werden, dass eine Leistung an einen Vermächtnisnehmer oder Auflageberechtigten vor Eröffnung des Nachlassinsolvenzverfahrens in gleicher Weise anfechtbar ist wie eine unentgeltliche Verfügung des Erben (§ 322 InsO), dass ihnen – außerhalb des Nachlassinsolvenzverfahrens – selbst im Aufgebotsverfahren ausgeschlossene und diesen gleichstehende Nachlassgläubiger vorgehen (§§ 1973 Abs. 1 S. 2, 1974 BGB), dass der Erbe nicht verpflichtet ist, die Eröffnung des Nachlassinsolvenzverfahrens zu beantragen, wenn die Überschuldung nur auf Vermächtnissen und Auflagen beruht (§ 1980 Abs. 1 S. 3 BGB) und dass – außerhalb des Insolvenzverfahrens – die Erfüllung nach § 5 AnfG anfechtbar ist wie eine unentgeltliche Verfügung.
Rz. 2
Insgesamt gesehen ist die sog. Überschwerungseinrede des § 1992 BGB in der Hand des Erben ein besonderes Mittel – ohne die Eröffnung des Nachlassinsolvenzverfahrens beantragen und ein solches durchführen zu müssen –, den Nachlass unter "bestmöglicher" Schonung des Andenkens des Erblassers liquidieren zu können. Die Einrede des § 1992 BGB kann nicht nur der Erbe, sondern auch der Nachlassverwalter, der Testamentsvollstrecker und der Nachlasspfleger geltend machen. Sind die Voraussetzungen des § 1992 BGB erfüllt, ist der Erbe nicht gezwungen, nach dieser Vorschrift vorzugehen. Ihm steht es frei, stattdessen die Eröffnung des Nachlassinsolvenzverfahrens zu beantragen.