Rz. 2
Die Frist zur Errichtung des Inventars beginnt – abgesehen von der Ausnahme in Abs. 2 – mit der Zustellung des Beschlusses, durch den die Fristbestimmung erfolgt, an den Erben (§ 40 FamFG); bei mehreren Erben läuft die Frist für jeden gesondert mit der Zustellung an ihn. Die nach Abs. 1 S. 2, Abs. 2 BGB erforderliche Zustellung erfolgt nach den für die Zustellung von Amts wegen nach der Zivilprozessordnung geltenden Bestimmungen der §§ 166–190 ZPO. Deshalb reicht eine wirksame Ersatzzustellung nach den §§ 178 ff. ZPO aus. Der Gefahr, dass der Erbe deshalb von der Fristsetzung ohne sein Verschulden keine Kenntnis verlangt, begegnet § 1996 Abs. 1 S. 2 BGB durch die Möglichkeit, unter bestimmten Voraussetzungen die Bestimmung einer neuen Inventarfrist zu erreichen. Fehlt dem Erben die Prozessfähigkeit, ist nach § 170 ZPO an seinen gesetzlichen Vertreter zuzustellen. Die Berechnung der Frist erfolgt nach den §§ 187 Abs. 1, 188 Abs. 2 und 3 ZPO.
Rz. 3
Nach Abs. 2 beginnt eine Frist, die vor Annahme der Erbschaft (§§ 1943 ff. BGB) bestimmt worden ist, entsprechend dem Rechtsgedanken des § 1958 BGB erst mit der Annahme der Erbschaft zu laufen. Damit soll dem Antragsteller der Nachweis der Annahme der Erbschaft erspart werden. Bei mehreren Erben kommt es darauf an, wann der einzelne Miterbe angenommen hat. Schlägt der Erbe wirksam aus, kommt es nicht zu einer für den Fristbeginn wesentlichen Annahme, so dass ihm keine Inventarfrist mehr gesetzt werden kann und eine wirksam bereits gesetzte Frist wirkungslos wird.
Rz. 4
Nach Abs. 3 kann der Erbe beim Nachlassgericht die Verlängerung der Inventarfrist beantragen. Die Verlängerung setzt denknotwendig – anders als die Bewilligung einer neuen Frist nach § 1996 BGB – voraus, dass die ursprüngliche Frist noch nicht abgelaufen ist. Das Gericht entscheidet nach freiem Ermessen über den Antrag. Stellt der Erbe rechtzeitig vor Ablauf der Inventarfrist einen Verlängerungsantrag, so trifft das Nachlassgericht jedenfalls dann, wenn der Erbe offenkundig von falschen rechtlichen Voraussetzungen ausgeht, eine erweiterte Hinweispflicht. Es muss nach Möglichkeit sicherstellen, dass der Erbe noch vor Fristablauf Gelegenheit erhält, in Kenntnis der Rechtsauffassung des Gerichts das Inventar vorzulegen. Es kann dabei über die Höchstfrist des Abs. 1 hinausgehen und ist auch nicht an den Antrag gebunden. Die Entscheidung des Nachlassgerichts über die Fristverlängerung unterliegt nach § 360 Abs. 2 FamFG i.V.m. § 11 Abs. 1 RPflG der sofortigen Beschwerde, und zwar unabhängig davon, ob dem Antrag stattgegeben wurde oder nicht. Es kann auch ein Nachlassgläubiger wegen der Fristverlängerung sofortige Beschwerde einlegen, mit der Begründung, die dem Erben verlängerte Frist sei zu lang. Eine Verkürzung der Frist ist nicht zulässig, ebenso wenig wie die Rücknahme der Fristsetzung durch das Nachlassgericht.
Rz. 5
Auf Grund der Bestimmungen des § 1997 BGB (Hemmung des Fristablaufs) und des § 1998 BGB (Tod des Erben vor Fristablauf) kann eine automatische Verlängerung der Frist stattfinden. Dazu bedarf es dann weder eines Antrages noch einer Entscheidung des Nachlassgerichts.