Gesetzestext
(1)1Ist ein in Gütergemeinschaft lebender Ehegatte Erbe und gehört die Erbschaft zum Gesamtgut, so ist die Bestimmung der Inventarfrist nur wirksam, wenn sie auch dem anderen Ehegatten gegenüber erfolgt, sofern dieser das Gesamtgut allein oder mit seinem Ehegatten gemeinschaftlich verwaltet. 2Solange die Frist diesem gegenüber nicht verstrichen ist, endet sie auch nicht dem Ehegatten gegenüber, der Erbe ist. 3Die Errichtung des Inventars durch den anderen Ehegatten kommt dem Ehegatten, der Erbe ist, zustatten.
(2)Die Vorschriften des Absatzes 1 gelten auch nach der Beendigung der Gütergemeinschaft.
A. Allgemeines
Rz. 1
Die Bestimmung regelt Elemente der Inventarerrichtung einschließlich der Inventarfrist in dem besonderen Fall, dass Ehegatten im vertraglichen Güterstand der Gütergemeinschaft (§§ 1415–1518 BGB) leben. Dabei werden die Besonderheiten des ehelichen Güterstandes berücksichtigt, sowohl hinsichtlich der haftungsrechtlichen Aspekte als auch in Bezug auf die einbezogenen Personen. Sinn und Zweck der Regelung ist es, in Ergänzung weiterer materiell-rechtlicher Bestimmungen zu verhindern, dass der das Gesamtgut (mit-)verwaltende Ehegatte die ihm zur Verfügung stehenden Mittel der Haftungsbeschränkung dadurch verliert, dass der Ehegatte, der Erbe ist, eine für ihn bestimmte Inventarfrist versäumt (§ 1994 Abs. 1 S. 2 BGB) oder eine sonstige Inventarverfehlung i.S.d. §§ 2005 Abs. 1, 2006 Abs. 3 BGB begeht. Seit dem Inkrafttreten des Lebenspartnerschaftsgesetzes wird in der Lit. die Frage gestellt, ob Lebenspartner die Möglichkeit haben, durch einen Lebenspartnerschaftsvertrag eine der Gütergemeinschaft entsprechende Vermögensgemeinschaft einzugehen. Ist den Lebenspartnern die Möglichkeit eröffnet, dann gelten für sie die nachfolgenden Ausführungen entsprechend. Da seit dem 1.10.2017 nach § 1353 BGB die Ehe auch von zwei Personen gleichen Geschlechts geschlossen werden kann, wird diese Problematik allenfalls für diejenigen Lebenspartner relevant, die nicht von dem Recht Gebrauch gemacht haben, die Lebenspartnerschaft gem. § 20a LPartG in eine Ehe umzuwandeln.
B. Tatbestand
I. Haftung des Ehegatten des Erben bei der Gütergemeinschaft
Rz. 2
Die Regelung des § 2008 BGB ist nicht bzw. wenig verständlich, wenn die Haftungssituation der Ehegatten, die im vertraglichen Güterstand der Gütergemeinschaft leben, im Erbfall nicht gegenwärtig ist. Es soll deshalb ein kurzer Überblick gegeben werden. Anders bei Ehegatten, die im gesetzlichen Güterstand der Zugewinngemeinschaft leben, hat die Erbenstellung des einen Ehegatten durchaus Auswirkungen auf die Haftung des anderen Ehegatten im Güterstand der Gütergemeinschaft. Ist ein Ehegatte Erbe, so kann die Haftung für die Nachlassverbindlichkeiten nicht nur ihn, sondern auch den anderen Ehegatten, der nicht Erbe ist, treffen. Denn aus dem Gesamtgut (§ 1416 BGB) können sich i.d.R. die Gläubiger beider Ehegatten befriedigen (§ 1437 Abs. 1 BGB bei Verwaltung durch nur einen Ehegatten; § 1459 Abs. 1 BGB bei gemeinschaftlicher Verwaltung des Gesamtguts). Das gilt dann auch unabhängig davon, ob der Nachlass zum Gesamtgut gehört, wenn der Ehegatte bereits bei Eintritt der Gütergemeinschaft als Erbe haftbar war. Hat der Ehegatte die Erbschaft während der Gütergemeinschaft erworben und verwaltet der Ehegatte, der nicht Erbe ist, das Gesamtgut mit, haftet das Gesamtgut für die durch den Erbschaftserwerb entstehenden Verbindlichkeiten nur dann, wenn die Erbschaft als Gesamtgut und nicht etwa als Vorbehaltsgut (§ 1418 Abs. 2 Nr. 1 und 2 BGB) oder als Sondergut (§§ 1439, 1461 BGB) erworben wurde.
Rz. 3
Sind Nachlassverbindlichkeiten zugleich Gesamtgutsverbindlichkeiten, haftet für sie auch der Ehegatte, der nicht Erbe ist, als Mitinhaber des Gesamtguts mit diesem im Falle der Allein- bzw. Mitverwaltung auch persönlich als Gesamtschuldner. Während die Haftung im ersten Fall auch nach Beendigung des Gesamtguts bestehen bleibt (§§ 1475, 1480, 1498 BGB), erlischt die persönliche Mithaftung bei Beendigung der Gütergemeinschaft (§§ 1437 Abs. 2 S. 2, 1441 Nr. 2, 1459 Abs. 2 S. 2, 1463 Nr. 2 BGB). Diese Art der Mithaftung desjenigen Ehegatten, der nicht Erbe ist, zeigt, dass dieser stets ein erhebliches Interesse daran hat, diese Mithaftung auf den Nachlass zu beschränken. Das einfachste Mittel der Haftungsbeschränkung in diesem Fall, nämlich die Ausschlagung der Erbschaft (§§ 1942 ff. BGB), steht dem nicht erbenden Ehegatten nicht zu (§§ 1432 Abs. 1 S. 1, 1455 Nr. 1 BGB).
Rz. 4
Der Ehegatte, der nicht Erbe ist und das Gesamtgut allein oder mit dem anderen Ehegatten gemeinschaftlich verwaltet, kann jedoch dann, wenn der Nachlass zum Gesamtgut gehört, unabhängig von der Zustimmung des anderen Ehegatten die folgenden Rechte wahrnehmen: das Aufgebot der Nachlassgläubiger beantragen (§ 462 FamFG; § 1973 BGB), die Eröffnung des Nachlassinsolvenzverfahrens beantragen (§ 318 InsO; vgl. §§ 1975, 1989 BGB), die Anordnung der Nachlassve...