Rz. 33
§ 743 BGB Früchteanteil; Gebrauchsbefugnis
(1)Jedem Teilhaber gebührt ein seinem Anteil entsprechender Bruchteil der Früchte.
(2)Jeder Teilhaber ist zum Gebrauch des gemeinschaftlichen Gegenstands insoweit befugt, als nicht der Mitgebrauch der übrigen Teilhaber beeinträchtigt wird.
a) Zu Abs. 1
Rz. 34
Der Bruchteil an den Früchten berechnet sich nicht nach Köpfen, sondern nach der Erbquote eines jeden Miterben. Der Begriff der "Früchte" ist in § 99 BGB legal definiert. Unter Abs. 1 sind aber auch Nutzungen i.S.v. § 100 BGB zu verstehen. Früchte von Nachlassgegenständen sind zunächst Gesamthandsvermögen der Erbengemeinschaft, §§ 953, 2041 BGB. Die Regelung, dass jedem Miterben ein "Anteil" der Früchte "gebührt", sagt somit ausschließlich etwas über die Beteiligung an vorhandenen Nutzungen. Die Voraussetzungen der Nutzungen werden jedoch durch Entscheidung der Erbengemeinschaft geregelt. Abs. 1 ist eine Regelung für das Innenverhältnis der Erbengemeinschaft, nicht für das Außenverhältnis. Wurde bspw. ein Nachlassgegenstand vermietet, so hat nicht etwa jeder Miterbe nun nach Abs. 1 gegen den Mieter einen eigenen Anspruch auf Zahlung des Mietzinses entsprechend seiner Erbquote. Der Anspruch des Miterben auf seinen Anteil an den Früchten und Nutzungen kann nicht durch Mehrheitsbeschluss ausgeschlossen werden, § 745 Abs. 3 S. 2 BGB.
b) Zu Abs. 2
Rz. 35
Abs. 2 gewährt jedem Miterben ein selbstständiges Recht zum Besitz an den Nachlassgegenständen. Der Miterbe muss etwaigen Widerspruch nicht erst durch Klage brechen. So wie Abs. 1 sich auf die Regelung der Beteiligung beschränkt, regelt Abs. 2 lediglich das Maß des Gebrauches, nicht jedoch die Art und Weise. Auch hier gilt: Art und Weise des Gebrauchs werden durch Mehrheitsbeschluss geregelt. I.R.d. von den Miterben getroffenen Regelung über die Art und Weise der Nutzung bestimmt dann Abs. 2, dass jeder Miterbe insoweit zum Gebrauch berechtigt ist.
Rz. 36
Ein Miterbe kann einen Ausgleich in Geld für Benachteiligungen bei der Nutzung nur dann verlangen, wenn
a) |
eine entsprechende – auch stillschweigende – Benutzungsvereinbarung vorliegt oder |
b) |
mit hinreichender Deutlichkeit vergeblich eine Neuregelung der Verwaltung und Benutzung des Miteigentums nach billigem Ermessen gem. § 745 Abs. 2 BGB verlangt wurde ("Eine bloße Zahlungsaufforderung reicht nicht aus"; ganz anders klingt dies hingegen in der Entscheidung des II. Senats, wonach ein unbeziffertes "Zahlungsbegehren" ausreichend ist) oder |
c) |
die Miterben den Gebrauch hartnäckig verweigern. |
Allein der Umstand, dass ein Miterbe von seinem Recht gem. § 743 Abs. 2 BGB keinen Gebrauch macht, gewährt ihm noch keinen Ersatzanspruch gegen die übrigen Miterben. Eine Nutzungsentschädigung steht dem Miterben daher frühestens ab dem Zeitpunkt zu, ab der er gem. § 745 Abs. 2 BGB eine Neuregelung von Verwaltung und Benutzung verlangen kann und auch tatsächlich mit hinreichender Deutlichkeit verlangt (zu taktischen Hinweisen vgl. Rdn 70). Jedoch hat der benachteiligte Miterbe auch in den Fällen b) und c) nicht ohne weiteres einen Anspruch auf Nutzungsentschädigung. Bei der Prüfung ist stets darauf zu achten, ob die begehrte Nutzungsentschädigung billigem Ermessen entspricht. Dies betrifft nicht bloß den Anspruch der Höhe nach, sondern auch dem Grunde nach. Verweigern einer oder mehrere Miterben ihre Zustimmung zu einer Benutzungsvereinbarung oder Zahlung einer Nutzungsentschädigung, die billigem Ermessen entspricht, so können sie sich dadurch schadensersatzpflichtig machen. Ein etwaiger Anspruch auf Nutzungsentschädigung kann sogleich in Form einer Zahlungsklage verfolgt werden, weil sich der Anspruch auf Neuregelung der Benutzung aus dem Gesetz ergibt und vom Richter nur festgestellt, nicht aber erst im Wege der Gestaltungsklage begründet wird.
Im Gegensatz zur Regelung in Abs. 1 über den Anteil an Früchten und Nutzungen kann die Mehrheit der Erben gem. § 745 Abs. 1 BGB eine von Abs. 2 abweichende Regelung treffen.