Rz. 5
Unter Auseinandersetzung ist nicht lediglich die Verteilung des Nachlasses unter den Erben entsprechend den gesetzlichen oder/und testamentarischen Vorschriften zu verstehen. Zur Auseinandersetzung gehört vorrangig die Berichtigung der Nachlassverbindlichkeiten, § 2046 BGB. Bevor die Nachlassverbindlichkeiten nicht vollständig beglichen sind, kann eine Verteilung des Vermögens nicht erfolgen. Die Pflicht zur Berichtigung der Nachlassverbindlichkeiten besteht jedoch nur im Verhältnis der Erben untereinander, nicht im Verhältnis zu den Gläubigern. Durch die Auseinandersetzung müssen alle Rechtsbeziehungen der Gesamthand abgewickelt werden. Daher müssen auch Rechtsgeschäfte der Gesamthand mit Dritten – auch mit Miterben – erledigt und Vorempfänge ausgeglichen werden. Die Auseinandersetzung wird durch die Verteilung des Nachlasses vorrangig entsprechend den letztwilligen Anordnungen des Erblassers und im Übrigen entsprechend den gesetzlichen Regelungen vollzogen. Einvernehmlich können sich die Erben freilich über die testamentarischen Anordnungen hinwegsetzen. Dies wird nur durch die Anordnung einer Testamentsvollstreckung verhindert. Die Auseinandersetzung muss sich stets auf den gesamten Nachlass beziehen. Grundsätzlich besteht kein Anspruch auf Teilauseinandersetzung der Erbengemeinschaft. Eine gegenständlich beschränkte Teilauseinandersetzung wird nur dann zugelassen, wenn besondere Gründe hierfür bestehen. Dies soll bspw. dann der Fall sein, wenn Nachlassverbindlichkeiten nicht mehr bestehen und berechtigte Belange der Erbengemeinschaft und der einzelnen Miterben nicht gefährdet werden. Auf eine persönlich beschränkte Auseinandersetzung lediglich hinsichtlich eines Miterben hat kein Miterbe einen Anspruch (siehe Rdn 8).
Rz. 6
In der Praxis läuft die Auseinandersetzung einer Erbengemeinschaft regelmäßig in Teilauseinandersetzungen ab. Die in Natur zu teilenden Nachlassgegenstände (z.B. Bank- und Depotguthaben) werden "vorab" verteilt. Die Verteilung der übrigen Nachlassgegenstände erfolgt nach Veräußerung bzw. Einigung über Ausgleichszahlungen innerhalb der Erbengemeinschaft. Diese Teilauseinandersetzung birgt jedoch die Gefahr der unbeschränkten Haftung für Nachlassverbindlichkeiten. Der Anspruch auf das Auseinandersetzungsguthaben kann erst dann isoliert durch einen Miterben abgetreten werden, wenn die Erbengemeinschaft aufgelöst ist. Vorher verstößt eine Abtretung gegen § 2040 BGB. Dies gilt auch, wenn ein Nachlassgegenstand zur Vorbereitung der Teilung "versilbert" worden ist: in diesem Fall fällt der Erlös als Surrogat gem. § 2041 BGB in das gesamthänderisch gebundene Vermögen (Beziehungssurrogation, siehe § 2041 Rdn 5).
Rz. 7
Ist Testamentsvollstreckung angeordnet, so ist die Auseinandersetzung durch den Testamentsvollstrecker vorzunehmen, § 2204 BGB.
Folgende Wege der Auseinandersetzung sind denkbar, wobei sich selbstverständlich auch "Mischformen" ergeben können:
a) Auseinandersetzungsvertrag
Rz. 8
Der Vertrag mit dem sich die Miterben auf eine Auseinandersetzung einigen, ist grundsätzlich an keine Form gebunden. Zu beachten sind ggf. Formvorschriften, die sich bei der Übertragung einzelner Nachlassgegenstände i.R.d. Vollzugs der Auseinandersetzung ergeben (z.B. bei Übertragung von Grundstücken, § 311b Abs. 1 BGB, oder Geschäftsanteilen einer GmbH, § 15 Abs. 3, 4 GmbHG). Es liegt jedoch auf der Hand, dass in der Praxis schon aus Beweisgründen mindestens die Schriftform vorzuziehen ist (siehe im Einzelnen Rdn 71; zu den Rechtsfolgen des Auseinandersetzungsvertrags siehe Rdn 53, zu Haftungsfallen Rdn 72). Scheiden lediglich einige Miterben durch Teilauseinandersetzung aus einer sonst fortbestehenden Erbengemeinschaft aus, wachsen die Anteile der ausscheidenden Miterben den in der Erbengemeinschaft verbleibenden Miterben im Verhältnis ihrer bisherigen Anteile an.
Übernimmt ein Miterbe den einzigen Nachlassgegenstand gegen Abfindung der übrigen Miterben und gerät der übernehmende Miterbe dann mit der Leistung in Verzug, können die übrigen Miterben vom Vertrag zurücktreten und Rückgewähr an die Erbengemeinschaft verlangen. Damit wird die Erbengemeinschaft nicht "vertraglich begründet" und auch nicht "nach Aufhebung wiederhergestellt". Denn solange zu der Erbengemeinschaft noch der Rücktrittsanspruch als Vermögensbestandteil gehört, ist sie nicht "rechtsgültig auseinandergesetzt". Anstelle des übertragenen Nachlassgegenstandes gehört nunmehr als Beziehungssurrogat gem. § 2041 BGB der Rückgewähranspruch gem. § 346 BGB zum Nachlassvermögen.