Rz. 42
Die isolierte Anordnung eines Übernahmerechts (siehe Rdn 11) führt regelmäßig in der Erbengemeinschaft zu Meinungsverschiedenheiten über den anzusetzenden Übernahmewert. Der Erblasser hat hier die Möglichkeit, den Wert selbst vorzugeben. Der Vorteil hierbei ist scheinbar, dass jedenfalls insoweit zwischen den Erben kein Streit entstehen kann. Jedenfalls kann der Erblasser im Detail so die Verteilung seines Vermögens unter den Erben der Höhe nach festlegen. Piltz führt als Beispiel an, der Erblasser könne so bestimmen, dass der Wert einer GmbH-Beteiligung als gleichwertig mit dem übrigen Nachlass – bspw. Wohngrundstück und Bargeld – zu behandeln ist. Diese Möglichkeit finde lediglich ihre Grenze im Pflichtteilsrecht: Der Pflichtteilsanspruch dürfe hierdurch nicht gemindert werden. Piltz führt weiter aus, dass ein Ausgleich auch dann nicht stattfinde, wenn die Verkehrswerte tatsächlich voneinander abweichen. So verlockend dies erscheinen mag, so problematisch werden starre Festlegungen bei Wertänderungen zwischen Errichtung der Verfügung und dem Erbfall. Je größer der zeitliche Abstand und je höher die Wertveränderungen werden, umso wahrscheinlicher ist es, dass benachteiligte Miterben durch Auslegung oder Anfechtung (§ 2078 BGB) versuchen werden, das Testament "zu Fall zu bringen". Der Streit der Miterben ist so vorauszusehen. Sinnvoller dürfte daher die Bestimmung durch den Erblasser sein, wie der anzurechnende Übernahmewert ermittelt und die Ausgleichung vorgenommen werden soll. Im Ergebnis sind derartige Bestimmungen zweckmäßiger und spiegeln den Wunsch des Erblassers auch Jahre nach Errichtung der Verfügung noch zutreffend wider. Die Verfügung bleibt so auch für die Erben meist nachvollziehbar und akzeptabel. Insbesondere in den Fällen, in denen der Erblasser einerseits seinen Nachlass umfassend in bestimmter Art und Weise verteilen möchte, andererseits jedoch einzelne Miterben nicht "zufällig" aufgrund später eingetretener Änderungen bevorzugen oder benachteiligen möchte, ist dies eine "elegante" Gestaltungsmöglichkeit (der Festlegung eines konkreten Wertes durch den Erblasser käme es sonst noch am nächsten, wenn der Erblasser die Bezifferung des Übernahmewertes i.V.m. einer Wertsicherungsklausel vornimmt, bspw. eine Anpassung nach dem Verbraucherpreisindex). Denkbar ist auch die Anordnung, dass der Wert des Nachlasses oder einzelner Gegenstände durch einen neutralen Sachverständigen festgestellt werden soll. Schließlich kann der Erblasser die Art der Wertermittlung festlegen. Insbesondere im Bereich der Übernahme von Immobilien und Gesellschaftsanteilen kann der Erblasser durch Anordnungen über die Wertermittlungsmethode die Begünstigung eines Erben beeinflussen (z.B. Stuttgarter Verfahren statt Discounted-Cash-Flow-Methode). Zu beachten ist bei der Gestaltung und Festlegung des Anrechnungswertes, dass der Erblasser nicht statt einer Teilungsanordnung nunmehr ein Vorausvermächtnis angeordnet hat: Dies wird i.d.R. dann anzunehmen sein, wenn objektiv eine Wertverschiebung eintritt und subjektiv Begünstigungswille beim Erblasser vorgelegen hat (siehe Rdn 5 f.).