Rz. 19
Die Erbengemeinschaft als Gesamthand haftet für alle Nachlassverbindlichkeiten, also für Erblasserschulden, Erbfallschulden und Nachlasserbenschulden. Dies stellt Abs. 2 klar, indem er die Gesamthandsklage gegen die Miterben in ihrer Zusammenfassung als Erbengemeinschaft eröffnet. Dabei sind sämtliche Miterben notwendige Streitgenossen.
Rz. 20
Sind nur einzelne Miterben mit der Befriedigung des Nachlassgläubigers aus dem Nachlass nicht einverstanden, ist die Gesamthandsklage auf Befriedigung aus dem Nachlass (Antragsbeispiel: "…, den Beklagten – gesamthänderisch mit den weiteren Miterben A, B und C – zu verurteilen, aus dem Nachlass des am … verstorbenen X an den Kläger … zu zahlen.") allein gegen diese zu richten. Dies gilt auch, wenn die Verfügung über einen Nachlassgegenstand begehrt wird (z.B.: Auflassung eines zum Nachlass gehörenden Grundstücks), die zwar von allen Miterben gemeinsam bewirkt werden muss, wofür aber auch zeitlich aufeinander folgende Erklärungen ausreichen. Soweit § 747 ZPO für die Zwangsvollstreckung in einen Nachlassgegenstand "ein gegen alle Erben ergangenes Urteil" voraussetzt, steht dem auch die Summe von Gesamtschuldtiteln – auch verschiedener Art, wie Urteil, Vollstreckungsbescheid, Vergleich, vollstreckbare Urkunde – gegen die einzelnen Miterben gleich, soweit die Verurteilung nicht auf die Leistung aus dem Erbteil beschränkt ist. Ebenso genügt das allein von einem Beklagten erklärte prozessuale Anerkenntnis, da die Miterben notwendige Streitgenossen i.S.d. § 62 Abs. 1 ZPO sind und die in § 62 Abs. 1 ZPO statuierte Vertretungsfiktion zur Folge hat, dass der einzige nicht säumige Miterbe die übrigen säumigen Miterben bei Abgabe seines Anerkenntnisses vertreten kann und dies gegenüber den übrigen Streitgenossen volle prozessuale Wirkung entfaltet. Zum Haftungsrisiko bei einer nur auf einzelne Miterben beschränkten Gesamthandsklage, die nur gewählt werden sollte, wenn feststeht, dass die übrigen Erklärungen abgegeben sind oder werden (vgl. § 2058 Rdn 23). (Zum Wahlrecht zwischen den Klagearten allgemein vgl. § 2058 Rdn 22). Dabei erscheint regelmäßig die Gesamtschuldklage vorteilhafter, da sie auch nach Teilung einen Zugriff in das Eigenvermögen der Miterben ermöglicht, so dass auch bei einer gegen alle Miterben gerichteten Klage im Zweifel von einer Gesamtschuldklage auszugehen sein wird. Ein eventueller Vorbehalt nach § 780 ZPO ist auch dann für eine Vollstreckung in einen Nachlassgegenstand der Erbengemeinschaft nicht hinderlich.
Rz. 21
Als Einwände gegen eine Gesamthandsklage kommen nur solche in Betracht, die einer Haftung mit dem Nachlass entgegenstehen, also bspw. die Nichtentstehung oder Stundung der Forderung sowie die erbrechtlichen Einreden aus § 1958 BGB (Erbschaft noch nicht angenommen) und §§ 2014 ff. BGB: Dreimonatseinrede, Einrede des Aufgebotsverfahrens. Aufgrund eines Gesamthandsurteils gegen die Erben (Tenorierungsbeispiel: "Die Beklagten werden – ggf. klarstellend: zur gesamten Hand – verurteilt, an den Kläger aus dem Nachlass des am … verstorbenen X … zu zahlen.") kann nicht in das Eigenvermögen eines Miterben vollstreckt werden. Daher ist grundsätzlich die Aufnahme eines Vorbehaltes nach § 780 ZPO in den Urteilsausspruch entbehrlich. Da im Zweifelsfall aber vom Vorliegen einer Gesamtschuldklage auszugehen ist, sollte stets – wenn nicht eindeutig eine Gesamthandsklage erhoben wurde – durch den Miterben auf die Aufnahme des Urteilsvorbehalts gedrängt werden.
Rz. 22
Bei einer angeordneten Testamentsvollstreckung über den gesamten Nachlass ist auch für die Vollstreckung in einzelne Nachlassgegenstände ein Titel gegen den Testamentsvollstrecker erforderlich (§ 748 Abs. 1 ZPO). Erfasst die Testamentsvollstreckung hingegen nur einzelne Nachlassgegenstände, greift § 748 Abs. 2 ZPO, wobei die gemeinsame Geltendmachung von Leistungsanspruch gegen den Miterben und Duldungsanspruch gegen den Testamentsvollstrecker in einem Rechtsstreit (§ 2213 Abs. 3 BGB) möglich ist. Die Bezeichnung der einzelnen Nachlassgegenstände im Duldungstitel erscheint hier zumindest zweckmäßig, wird häufig für einen vollstreckungsfähigen Tenor sogar unerlässlich sein.
Rz. 23
Ein Gläubiger-Miterbe muss seine Gesamthandsklage gegen die übrigen Miterben richten, da er sich nicht selbst verklagen kann. Eines Abzugs des auf seine Erbquote entfallenden Forderungsanteils bedarf es nicht (vgl. § 2058 Rdn 15). Der Gläubiger-Miterbe muss sich aber u.U. auf die Nachlassteilung verweisen lassen, wenn eine vorzeitige Befriedigung treuwidrig wäre (vgl. § 2058 Rdn 16). Hat er bereits zu Lebzeiten des Erblassers einen Titel gegen diesen erlangt, genügt zur Zwangsvollstreckung hieraus eine Vollstreckungsklausel nach § 727 ZPO gegen die übrigen Miterben. Zu den Voraussetzungen für die Erlangung dieser Vollstreckungsklausel nach § 727 ZPO vgl. § 2058 Rdn 13.