Gesetzestext
Nach der Teilung des Nachlasses haftet jeder Miterbe nur für den seinem Erbteil entsprechenden Teil einer Nachlassverbindlichkeit:
1. |
wenn der Gläubiger im Aufgebotsverfahren ausgeschlossen ist; das Aufgebot erstreckt sich insoweit auch auf die in § 1972 bezeichneten Gläubiger sowie auf die Gläubiger, denen der Miterbe unbeschränkt haftet; |
2. |
wenn der Gläubiger seine Forderung später als fünf Jahre nach dem in § 1974 Abs. 1 bestimmten Zeitpunkt geltend macht, es sei denn, dass die Forderung vor dem Ablauf der fünf Jahre dem Miterben bekannt geworden oder im Aufgebotsverfahren angemeldet worden ist; die Vorschrift findet keine Anwendung, soweit der Gläubiger nach § 1971 von dem Aufgebot nicht betroffen wird; |
3. |
wenn das Nachlassinsolvenzverfahren eröffnet und durch Verteilung der Masse oder durch einen Insolvenzplan beendigt worden ist. |
A. Allgemeines
Rz. 1
Auch nach der Teilung bleibt die gesamtschuldnerische Haftung der Miterben für nicht bereits vor Teilung getilgte Nachlassverbindlichkeiten grundsätzlich bestehen. Dabei bestimmt sich nach den allg. Grundsätzen, ob der einzelne Miterbe beschränkt oder unbeschränkbar haftet. Zur Abwendung der Inanspruchnahme seines Eigenvermögens steht dem Miterben zu diesem Zeitpunkt regelmäßig nur noch die Herbeiführung der Eröffnung eines Nachlassinsolvenzverfahrens offen (§§ 316 Abs. 2, 320 InsO). Daneben begründen §§ 2060, 2061 BGB für die dort aufgeführten Ausnahmefälle eine Einschränkung der grundsätzlich den ganzen Betrag umfassenden gesamtschuldnerischen Haftung des Miterben auf den seiner Erbquote entsprechenden Bruchteil der Verbindlichkeit. Hintergrund ist, dass die Miterben diese von einem Nachlassgläubiger verspätet geltend gemachten (oder einem Nachlassinsolvenzverfahren unterworfenen) Nachlassverbindlichkeiten nicht nach § 2046 Abs. 1 BGB vor der Teilung berücksichtigen konnten, so dass die vorgenommene Erbauseinandersetzung schützenswert erscheint und nicht dadurch unterlaufen werden soll, dass einen Miterben eine über seinen quotenmäßigen Anteil an der Nachlassverbindlichkeit hinausgehende Haftung trifft. Schutzgut der §§ 2060, 2061 BGB ist demnach der befriedete Zustand nach der Auseinandersetzung, der nun möglichst nicht mehr gestört werden soll. Im Ergebnis kann dies sogar dazu führen, dass ein Nachlassgläubiger – obwohl der ungeteilte Nachlass seine vollständige Befriedigung ermöglicht hätte – einen teilweisen Forderungsausfall hinnehmen muss, wenn er bei einem Miterben keine Zahlung erlangen, auf die anderen aber nur in Höhe von deren Anteil an der Verbindlichkeit Zugriff nehmen kann. Der daraus abgeleitete Vorwurf an den Gesetzgeber erscheint jedoch unberechtigt, da dieses als unbillig empfundene Ergebnis erst dann eintreten kann, wenn auch der Nachlassgläubiger die Beitreibung seiner Forderung nur nachlässig betrieben hat.
B. Tatbestand
I. Allgemeines
Rz. 2
Unter der Teilung des Nachlasses versteht man hier wie bei § 2059 BGB den Vollzug der Erbauseinandersetzung (vgl. § 2059 Rdn 4–9 m. zahlreichen Einzelfällen). Dabei bilden §§ 2060, 2061 BGB die Fortsetzung des interessengerechten Schutzes der Miterben nach der Teilung des Nachlasses. In Folge dessen sehen diejenigen, die bei einem einzelnen Miterben, mit dem die Auseinandersetzung bereits abgeschlossen ist, das Kriterium der eingetretenen Teilung bejahen und ihn damit des Schutzes des § 2059 BGB verlustig erklären, den Anwendungsbereich der §§ 2060, 2061 BGB als eröffnet an (vgl. § 2059 Rdn 13). Gleiches trifft auf jene Konstellation zu, bei der ein Miterbe aus nachlassfremden Mitteln die Anteile sämtlicher übriger Miterben erwirbt (vgl. § 2059 Rdn 6) oder auch der Erwerb der Anteile durch Zuweisung von Nachlassgegenständen abgewickelt wird.
Rz. 3
Vereinzelt spricht sich das Schrifttum auch für das Erfordernis einer Unkenntnis vom Bestand der Forderung zum Zeitpunkt der Teilung als ungeschriebenes Tatbestandsmerkmal aus. Dem Hinweis auf ein angenommenes gesetzgeberisches Redaktionsversehen, ist aber zumindest bei der Fallgruppe der Nr. 1 entgegenzuhalten, dass hierdurch die Allgemeingültigkeit und Rechtskraft des ergangenen Ausschlussurteils ausgehöhlt würde. Nr. 2 wiederum sieht schon tatbestandlich eine ausdrückliche Regelung zur Kenntnis vor.