Ursula Seiler-Schopp, Michael Rudolf
Rz. 4
Der Erblasser muss selbst über das Schicksal seines Vermögens entscheiden. Er kann es daher nicht einem anderen überlassen zu entscheiden, ob seine letztwillige Verfügung Geltung hat oder nicht, desgleichen kann er die Bestimmung des Empfängers einer Zuwendung oder des Gegenstandes derselben nicht in die Entscheidung eines Dritten stellen.
I. Abs. 1
1. Begriff des "Anderen"
Rz. 5
Unter "ein anderer" i.S.v. Abs. 1 fällt jede Person mit Ausnahme des Erblassers. Unter den Begriff des "Anderen" fallen somit der Ehegatte, der Lebenspartner, Abkömmlinge, der Testamentsvollstrecker, der gesetzliche Vertreter ebenso wie der Beschwerte oder der Bedachte selbst. Der Zuwendungsempfänger hat die Möglichkeit, das Vermächtnis oder das Erbe anzunehmen oder auszuschlagen. Es hängt also von ihm ab, ob sich der Wille des Erblassers verwirklicht oder nicht. Andere Möglichkeiten der Bestimmung stehen dem Bedachten hingegen nicht zu. Der Erblasser hat allerdings die Möglichkeit, ohne dass er hierbei gegen die Vorschrift des § 2065 BGB verstößt, Anordnungen für den Fall der Annahme bzw. der Ausschlagung zu treffen. Das Gericht, das eine letztwillige Verfügung auszulegen hat, ist kein Dritter. Auch der Beschwerte und sonstige Außenstehende fallen unter den Begriff "andere Personen".
2. Geltung oder Nichtgeltung der Verfügung
Rz. 6
Der Erblasser muss selbst darüber entscheiden, ob seine letztwillige Verfügung Geltung haben soll oder nicht. Macht der Erblasser lediglich Vorschläge oder äußert er Wünsche, handelt es sich hierbei nicht um letztwillige Verfügungen. Unabhängig davon, ob der Wille eines Dritten durch Rechtsgeschäft unter Lebenden oder Verfügung von Todes wegen zu äußern ist, darf die Geltung der letztwilligen Verfügung des Erblassers nicht vom Willen einer dritten Person abhängig gemacht werden. Wenn ein Dritter darüber entscheiden soll, ob eine Verfügung, mit welcher eine weitere Person bedacht wird, gültig sein soll oder nicht, verstößt dies gegen Abs. 1. Es würde sich um eine Vertretung im Willen handeln, da der Erblasser selbst unentschlossen ist; dies führt zur Nichtigkeit einer derartigen Verfügung. Verfügungen des Erblassers, die von der Zustimmung eines anderen abhängen oder einen Dritten zu Änderungen ermächtigen, verstoßen gegen Abs. 1 und sind nichtig. Soll die Verfügung nur dann gelten, wenn ein anderer die Rechtsfolge geltend macht (z.B. die Erbringung einer Leistung aus dem Nachlass fordert oder aber die Ernennung eines Testamentsvollstreckers einfordert), liegt hierin ebenfalls ein Verstoß gegen § 2065 BGB. Wenn mehrere Testamente existieren, kann es nicht in die Entscheidungsbefugnis eines Dritten gestellt werden, welches der vorliegenden Testamente gelten soll.
Rz. 7
Es ist umstritten, ob es sich um eine unzulässige Vertretung im Willen des Erblassers handelt und Abs. 1 somit keine Anwendung findet, wenn der überlebende Ehegatte zum Vorerben eingesetzt worden ist und darüber entscheiden kann, wer Nacherbe auf Ableben des Erstverstorbenen wird. Dies bedeutet, dass der überlebende Ehegatte das Recht haben soll, den Nacherben aus einem bestimmten vom Erblasser vorgegebenen Personenkreis zu bestimmen. Teilweise werden solche Verfügungen für wirksam gehalten. Nach a.A. verstößt eine derartige Verfügung gegen Abs. 2 und ist somit nichtig. Zugunsten derartiger Verfügungen könnte argumentiert werden, dass es dem Vorerben erst recht möglich sein muss, eine Änderung der Personen oder Erbteile vorzunehmen, wenn er schon die Nacherbschaft gänzlich beseitigen kann. Zu Recht überwiegen jedoch die diese Ansicht ablehnenden Stimmen. In diesem Zusammenhang kann man nämlich nicht mit der These operieren, der Vorerbe mache sich durch seine abweichende Verfügung zum Vollerben und er verfüge demgemäß nur über seinen eigenen Nachlass. Vielmehr ist es gerade so, dass dem Vorerben durch den Erblasser die Entscheidungsbefugnis darüber übertragen wurde, über den Inhalt der Verfügung zu entscheiden. Solche Verfügungen sind daher nur insoweit zulässig, als auch sonst eine Erbenbestimmung einem Dritten überlassen werden kann. Der Vorerbe kann daher zulässigerweise ermächtigt werden, den Nacherben aus einem bestimmten Personenkreis nach sachlichen Kriterien auszuwählen. Ist der Personenkreis durch den Erblasser nicht bestimmt und gibt der Erblasser nicht genügend Auswahlkriterien vor, so führt dies zur Nichtigkeit der Verfügung. Die weiter sich ergebenden Konsequenzen sind dann im Wege der Auslegung zu ermitteln. Im Wege der Auslegung ist zu ermitteln, ob der Erblasser auch für den Fall Nacherbfolge angeordnet hätte, dass sich die Bestimmung hinsichtlich der Auswahl der Nacherben als nichtig erweisen würde. Sollte dies bejaht werden, ist in einem weiteren Schritt die Person des Nacherben im Wege der Auslegung zu ermitteln. Die A...