Rz. 15

Eine Verwirkungsklausel oder auch Strafklausel, kassatorische bzw. privatorische Klausel genannt, liegt dann vor, wenn der Erblasser anordnet, dass derjenige, der gegen seinen Willen handelt, nichts oder nur seinen Pflichtteil erhalten soll.[26] Deren Zulässigkeit ist allgemein anerkannt.[27] Es soll durch die Verfügung solcher Klauseln mittelbar Druck auf den Bedachten ausgeübt werden, den Willen des Erblassers tatsächlich auch zu verwirklichen sowie Streitigkeiten unter den Hinterbliebenen zu vermeiden.[28] Demjenigen, der gegen den letzten Willen vorgeht, wird seitens des Erblassers mit Enterbung gedroht.[29] Des Weiteren ist es Ziel des Erblassers, Streitigkeiten unter den Erben und Vermächtnisnehmern zu vermeiden.[30] Kennzeichen, aber auch ausreichend für die Verwirkungsklauseln ist es, wenn der Bedachte durch einen irgendwie gearteten Angriff gegen die Erblasseranordnungen vorgeht oder diesen zuwiderhandelt.[31] Welches Verhalten des Bedachten dazu führt, dass die Zuwendung entfällt, ist im Wege der Auslegung zu ermitteln und richtet sich demgemäß nach dem Willen des Erblassers.[32]

Dabei ist zwischen allgemeinen und besonderen bzw. speziellen Verwirkungsklauseln zu unterscheiden:[33] Eine allgemeine Verwirkungsklausel setzt nur voraus, dass gegen den Willen des Erblassers vorgegangen wird; eine spezielle Verwirkungsklausel hingegen ordnet genaue Verhaltensregeln an und macht ihre Einhaltung zur Bedingung.

Zu den besonderen Verwirkungsklauseln gehören u.a.

das Veräußerungsverbot für bestimmte Nachlassgegenstände,
die Pflichtteilsstrafklauseln,[34]
die Verwirkungsklauseln zur Sicherung des Vollzuges eines Vermächtnisses oder einer Auflage.
 

Rz. 16

Nach allg. Ansicht handelt es sich für den Fall, dass der Bedachte im Falle der Zuwiderhandlung der testamentarischen Zuwendung verlustig geht, im Zweifel um eine auflösende Bedingung i.S.d. § 2075 BGB.[35] Es ist aber auch möglich, von einer aufschiebend bedingten Enterbung auszugehen. Ordnet der Erblasser an, dass dem Erben für den Fall, dass er die letztwilligen Verfügungen angreift, sein gesetzliches Erbrecht entzogen werden soll, handelt es sich um eine aufschiebend bedingte Enterbung. Der Bedachte ist in diesem Fall bis zum Bedingungseintritt Vorerbe.[36] Im Übrigen könnte man auch von einer aufschiebend bedingten Pflicht des Erben zur Herausgabe des zugewendeten Gegenstandes an einen Vermächtnisnehmer ausgehen.[37]

[26] BayObLGZ 1962, 47, 56 f.; BayObLG NJW 1964, 205; Hilgers, MittRhNotK 1962, 384; Haegele, JurBüro 1969, 1; Birk, DNotZ 1972, 284.
[27] BGH ZEV 2006, 501; OLG Dresden NJW-RR 1999, 1165.
[28] Natter, DRZ 1946, 163, 164; Kehrer, BWNotZ 1957, 125, 132; Birk, DNotZ 1972, 284, 286.
[30] BayObLGZ 1962, 47, 56; Kehrer, BWNotZ 1957, 125, 132.
[33] Nieder/Kössinger, § 15 Rn 184.
[34] Teilweise wird auch eine Wiederverheiratungsklausel als besondere Verwirkungsklausel bezeichnet, vgl. Nieder/Kössinger, § 15 Rn 184; Buchholz, Erbfolge und Wiederverheiratung, S. 25.
[35] BayObLG MittRhNotK 1982, 40, 42; Soergel/Loritz, § 2075 Rn 31.
[36] MüKo/Leipold, § 2074 Rn 29.
[37] BayObLGZ 1962, 48 = NJW 1962, 1060.

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