Ursula Seiler-Schopp, Michael Rudolf
Rz. 22
Bei der Anfechtungsfrist des § 2082 BGB handelt es sich, wie vorstehend dargelegt, nicht um eine Verjährungsfrist (siehe Rdn 5). Dies führt dazu, dass die Vorschriften über die Unterbrechung überhaupt nicht anwendbar sind. In bestimmten Fällen kommt allerdings gem. Abs. 2 S. 2 eine Hemmung in Betracht. Die 30-jährige Frist des Abs. 3 kann jedoch nicht gehemmt werden.
1. § 206 BGB
Rz. 23
Eine Hemmung kommt bei höherer Gewalt in Betracht. Unter höherer Gewalt ist hierbei ein Ereignis zu verstehen, das auch durch äußerste, billigerweise zu erwartende Sorgfalt nicht abgewendet werden konnte, wobei schon das geringste Verschulden die höhere Gewalt ausschließt. Es ist auf das "Maß der Sorgfalt abzustellen, das von einer beteiligten Person aus dem jeweiligen Lebens- und Bildungskreis bei besonnenem und gewissenhaftem Verhalten erwartet werden muss".
Rz. 24
Als Fälle höherer Gewalt wurden bejaht: die unrichtige Belehrung durch das Gericht; wenn der Anfechtungsberechtigte aufgefordert wird, die Anfechtungserklärung gegenüber dem Nachlassgericht abzugeben, obwohl es sich um einen Widerruf einer Vermächtnisanordnung handelt; die falsche Sachbehandlung durch den beurkundenden Notar; die Erteilung eines Erbscheins, der von gesetzlicher Erbfolge ausgeht, obwohl dem Nachlassgericht das anfechtbare Testament vorlag.
2. § 210 BGB
Rz. 25
Es handelt sich hier zum einen um das Fehlen eines gesetzlichen Vertreters. Auch dann, wenn der Anfechtungsberechtigte beschränkt geschäftsfähig ist und ihm eine Anfechtung nur einen rechtlichen Vorteil bringen würde, was wiederum heißt, dass er die Anfechtung selbst erklären kann, tritt Hemmung gem. § 210 BGB ein. Die Anfechtungsfrist, die ein Jahr beträgt, endet gem. Abs. 2 i.V.m. § 210 BGB sechs Monate nach Erreichen der Volljährigkeit. Dies hängt damit zusammen, dass der Minderjährige während seiner Minderjährigkeit ohne gesetzlichen Vertreter ist. Nach den Vorschriften der §§ 181, 1629, 1795 BGB kann ihn sein gesetzlicher Vertreter nicht vertreten, so dass auch bei Verhinderung des gesetzlichen Vertreters § 181 u. § 210 BGB gilt, d.h. Hemmung eintritt.
3. § 211 BGB
Rz. 26
Im Fall des § 211 BGB tritt Hemmung nur ein, wenn das Anfechtungsrecht zum Nachlass gehört. Das Anfechtungsrecht gehört dann zum Nachlass, wenn entweder der Anfechtungsberechtigte verstorben ist und das Anfechtungsrecht auf seine Erben übergegangen ist oder wenn derjenige, gegenüber dem die Anfechtung zu erklären ist, verstorben ist.