Ursula Seiler-Schopp, Michael Rudolf
Rz. 14
Die Regelungen der § 2085 BGB und § 139 BGB unterscheiden sich in der Darlegungs- und Beweislast. Gem. § 2085 BGB im Gegensatz zur Regelung des § 139 BGB trägt derjenige, der behauptet, dass die Unwirksamkeit einer Verfügung die Unwirksamkeit des gesamten Testaments zur Folge hat, die Darlegungs- und Beweislast. Der Wille zum Zeitpunkt der Testamentserrichtung ist hier maßgeblich, wobei auch spätere Umstände bei der Beurteilung berücksichtigt werden können.
Hat der Erblasser sowohl ein handschriftliches als auch ein maschinenschriftliches Testament verfasst, und nimmt er auf ein maschinenschriftliches Schriftstück Bezug und beinhaltet dieses die wesentlichen Verfügungen, das handschriftliche Testament hingegen nur Ergänzungen, so liegt insgesamt Unwirksamkeit vor.
Rz. 15
Im Übrigen ist es str., ob § 2085 BGB oder § 139 BGB für den Fall anzuwenden ist, dass nur ein Teil einer einzelnen Verfügung unwirksam ist. Dies ist bspw. bei einer Anfechtung oder einem Testamentswiderruf der Fall. Hier ist nur ein Teil einer einzigen Verfügung unwirksam, die Verfügung im Übrigen jedoch wirksam. Einigkeit besteht lediglich dahingehend, dass die Verfügung überhaupt teilbar sein muss. Liegt keine Teilbarkeit vor, scheidet sowohl die Anwendung von § 2085 BGB als auch die von § 139 BGB aus. Haben Ehegatten ein gemeinschaftliches Testament verfasst und enthält dieses eine Schlusserbeneinsetzung, wobei der überlebende Ehegatte dahingehend freigestellt ist, hinsichtlich einer im Nachlass befindlichen Eigentumswohnung abweichende Verfügungen zu treffen, so ist eine völlig abweichende Erbeinsetzung durch den überlebenden Ehegatten mangels Teilbarkeit insgesamt unwirksam. Teilbarkeit wird bejaht, wenn der Gegenstand einer Erbeinsetzung oder eines Vermächtnisses teilbar ist, wenn mehrere Erben mit einem Vermächtnis belastet werden, bei Anordnung einer Testamentsvollstreckung für mehrere Erben oder wenn eine Teilungsanordnung verfügt worden ist. Teilbarkeit wird auch bejaht bei einer Erbeinsetzung und Anordnung einer Schiedsverfügung sowie bei einer Erb- und Ersatzerbeneinsetzung.
Diese Frage wurde seitens des BGH noch nicht einheitlich entschieden. Entschieden wurde, dass die Anwendbarkeit des § 2085 BGB als auch die Anwendbarkeit des § 139 BGB voraussetze, dass die einzelne unwirksame Verfügung teilbar sei. Zum Teil wird im Fall der Teilbarkeit von der Rspr. § 139 BGB angewandt, zum Teil ließ die Rspr. die Frage offen. Teilweise hat die Rspr. auf die Anwendbarkeit von § 2085 BGB hingedeutet. Im Jahre 1983 hat der BGH die Restwirksamkeit einer Verfügung auf § 2085 BGB gestützt. Stimmen in der Lit. vertreten die Auffassung, in diesem Falle könne § 2085 BGB analog angewendet werden. Andere Stimmen wenden § 139 BGB für diese Fälle an. Eine dritte Ansicht differenziert nach dem Unwirksamkeitsgrund. Der Ansicht, wonach § 2085 BGB analog für die Fälle anzuwenden ist, in denen nur ein Teil einer einzelnen Verfügung unwirksam ist, ist der Vorzug zu geben. Ziel des Erbrechts ist es durchgängig, dem Willen des Erblassers Geltung zu verschaffen. Diesem Prinzip trägt die analoge Anwendung des § 2085 BGB besser Rechnung als die Anwendung des § 139 BGB. Die Vorschrift des § 139 BGB ist eher auf die Vernichtung der Verfügung ausgelegt.
Trifft ein ausländischer Erblasser in seiner letztwilligen Verfügung eine Rechtswahl, wonach sein gesamter Nachlass, auch das inländische Immobilienvermögen, der Anwendbarkeit des deutschen Rechts unterliegen soll, ist diese Rechtswahlklausel jedoch hinsichtlich des gesamten Nachlasses unwirksam, kann diese dennoch, begrenzt auf die in Deutschland belegenen Immobilien, aufrechterhalten werden, und zwar dann, wenn kein anderer Wille des Erblassers anzunehmen ist.
Rz. 16
Wenn der Erblasser Vor- und Nacherbschaft angeordnet hat, die Einsetzung des Vorerben jedoch wegen Todes oder Anfechtung gegenstandslos bzw. unwirksam geworden ist, so ist gem. § 2085 BGB analog zu entscheiden, ob der Nacherbe gem. der Vorschrift des § 2102 BGB Vollerbe wurde.