Rz. 4
Für die Auslegung der Zuwendung als Erbeinsetzung ist entscheidend, dass der Erblasser den Bedachten zur Gesamtrechtsnachfolge berufen wollte. Weniger rechtstechnisch betrachtet/formuliert: Entscheidend ist, ob der Erblasser durch den Bedachten seine wirtschaftliche Stellung fortgesetzt wissen wollte, ob er dem Bedachten unmittelbar die materielle Rechtsinhaberschaft (Verfügungsbefugnis) zukommen lassen wollte, ob der Bedachte unmittelbar Rechte am Nachlass oder aber als Vermächtnisnehmer nur Ansprüche gegen andere Bedachte erwerben sollte.
Rz. 5
Die Berufung zum Erben setzt nicht notwendig voraus, dass dem Erben letztendlich ein mehr oder weniger großer oder sogar der größte Teil des Nachlasses verbleibt.
Rz. 6
Wesentliche Indizien dafür, dass eine Person als Erbe zur Gesamtrechtsnachfolge berufen ist, ergeben sich daraus, wer nach dem Willen des Erblassers den Nachlass zu regeln, die Nachlassverbindlichkeiten zu tilgen sowie für Bestattung und Grabpflege zu sorgen hat. Für eine Erbeinsetzung können daneben sprechen ein besonderer ideeller Wert an einem zugewendeten Gegenstand ("Haus darf nicht verkauft werden") und ein im Vergleich zu anderen zugewendeten Gegenständen besonders hoher wirtschaftlicher Wert (Hauptnachlassgegenstand, dazu siehe Rdn 20 f. und 28 ff.).
Rz. 7
Hat der Erblasser den Bedachten als Vertrauensperson gesehen, so kann auch dieser – außerhalb der Verfügung von Todes wegen liegende – Umstand von Bedeutung sein. Hierfür kann bereits die Erteilung einer (Bank-)Vollmacht sprechen, in Kombination mit der Übergabe des Originaltestaments zur Verwahrung. War dem Bedachten (neben einer transmortalen Bankvollmacht) eine transmortale Generalvollmacht (auch zur Durchführung einer Patientenverfügung, Vorsorgevollmacht) erteilt, können diese Umstände – bei einem gewissen zeitlichen Zusammenhang zur Errichtung der Verfügung von Todes wegen – für eine Erbeinsetzung sprechen; das gilt allerdings nicht, wenn dem Bedachten im Testament lediglich die wertlose Wohnungseinrichtung zugewendet ist.
Rz. 8
Bedenken sich Ehegatten in gemeinschaftlichen Testamenten (oder Erbverträgen) neben anderen Personen, so ist hierin regelmäßig eine (Allein-)Erbeinsetzung zu sehen.