Rz. 1

Sollten die zu Bruchteilen eingesetzten Eben die alleinigen Erben des Erblassers unter Ausschluss der gesetzlichen Erbfolge sein, erhöhen sich die einzelnen Bruchteile entsprechend, wenn die verfügten Bruchteile den Nachlass insgesamt nicht erschöpfen. In der Praxis sind dies die Fälle, in denen der Erblasser sich einfach verrechnet hat. Zu beachten ist, dass allerdings immer dann, wenn ein derartiger Ausschlusswille nicht feststellbar ist, nach wie vor § 2088 Abs. 2 BGB und nicht § 2089 BGB Anwendung findet. Zu beachten ist auch, dass weder ein Fall des § 2088 Abs. 2 BGB noch des § 2089 BGB vorliegt, wenn der Erblasser über sein ganzes Vermögen mehrere Erben zu Bruchteilen entsprechend den ihnen zugewendeten Vermögenswerten eingesetzt hat, hierbei keinen Bruchteil offengelassen hat und bei seinem Tod noch weiteres Vermögen vorhanden ist. Beide o.g. Vorschriften setzen nämlich voraus, dass der Erblasser Erben auf Bruchteile eingesetzt hat und die Addition der Bruchteile nicht die gesamte Erbfolge erfasst. Das bei Eintritt des Erbfalls darüber hinaus vorhandene Vermögen fällt dann in den Nachlass, ohne dass sich die Erbquoten verändern.[1]

 

Rz. 2

Problemtisch ist ein sog. Teilwiderruf ohne ersetzende Neuregelung, bspw. durch schlichtes Streichen eines Namens im Testament (§ 2255 BGB). Nach h.M. soll im Zweifel davon auszugehen sein, dass nur die verbleibenden eingesetzten Erben berufen sein sollen, d.h. § 2089 BGB.[2] Vorzugswürdig scheint eine differenzierende Auffassung: Soweit nach dem Teilwiderruf nach wie vor ein Großteil des Nachlasses verteilt ist, die verbleibenden Erben nicht nur unwesentlich mehr als die Hälfte erhalten sollen, ist im Zweifel davon auszugehen, dass es dem Erblasserwillen entspricht, wenn nur die verbleibenden gewillkürten Erben zur Erbfolge berufen sind (§ 2089 BGB). Hat der Erblasser dagegen einen Erben gestrichen, der mindestens die Hälfte der Erbschaft erhalten sollte (Gleiches gilt, wenn mehrere Erben gestrichen werden, die zusammen die Hälfte oder mehr erhalten sollten), ist im Zweifel nicht davon auszugehen, dass der Erblasser einen so gravierenden Teil des Nachlasses den noch verbleibenden Erben zuwenden wollte. Ergeben sich keine Anhaltspunkte, dass der Erblasser die verbleibenden Erben tatsächlich als alleinige Erben sehen wollte, so greift § 2088 BGB.[3]

[1] BayObLG ZErb 2000, 83 = FamRZ 2000, 916.
[2] Z.B. BayObLG FamRZ 2003, 1506; Soergel/Damrau, 11. Aufl., § 2089 Rn 1; Palandt/Weidlich, § 2089 Rn 1; Lange/Kuchinke, § 23 Fn 9; a.A. Kipp/Coing, § 31 II 2 bei Fn 11: § 2088 BGB.
[3] Soergel/Loritz, § 2089 Rn 4; Staudinger/Otte, § 2088 Rn 2; vgl. auch MüKo/Rudy, § 2088 Rn 3 (Fn 8).

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