Gesetzestext
(1)Der Vorerbe trägt dem Nacherben gegenüber die gewöhnlichen Erhaltungskosten.
(2)1Andere Aufwendungen, die der Vorerbe zum Zwecke der Erhaltung von Erbschaftsgegenständen den Umständen nach für erforderlich halten darf, kann er aus der Erbschaft bestreiten. 2Bestreitet er sie aus seinem Vermögen, so ist der Nacherbe im Falle des Eintritts der Nacherbfolge zum Ersatz verpflichtet.
A. Kosten- und Lastenverteilung
Rz. 1
Die §§ 2124–2126 BGB regeln die Kosten- und Lastenverteilung im Innenverhältnis zwischen Vor- und Nacherben. Unterschieden wird insoweit zwischen
(a) |
gewöhnlichen Erhaltungskosten, Abs. 1, |
(b) |
anderen Aufwendungen, die der Vorerbe zum Zweck der Erhaltung von Erbschaftsgegenständen für erforderlich halten durfte, Abs. 2, |
(c) |
sonstigen Verwendungen, § 2125 BGB, und |
(d) |
außerordentlichen Lasten, die auf dem Stamm der Erbschaft liegen, § 2126 BGB. |
Die Kosten- und Lastenverteilung beruht auf dem Grundsatz, dass dem Vorerben die Nutzungen des Nachlasses gebühren, § 2111 Abs. 1 S. 1 BGB, während dem Nacherben der Stammwert der Erbschaft zugutekommen soll. Eine Befreiung des Vorerben von diesen Pflichten ist nicht möglich, § 2136 BGB, doch kann der Erblasser im Vermächtniswege von der Ersatzpflicht nach §§ 2130, 2134 BGB befreien. Da der befreite Vorerbe die Nachlasssubstanz für sich verwenden darf (§ 2134 BGB), ist ihm allerdings erst recht die Verwendung für den Nachlass gestattet, so dass er ihm obliegende Kosten aus dem Stamm bestreiten kann. Der Erblasser kann spiegelbildlich den Vorerben durch Vermächtnis zugunsten des Nacherben verpflichten, auch außerordentliche Lasten den Nutzungen zu entnehmen. Vor- und Nacherbe können schließlich Regelungen vereinbaren, die von den §§ 2124–2126 BGB abweichen. Diese gelten dann ipso iure als ordnungsgemäß i.S.d. § 2130 BGB.
B. Gewöhnliche Erhaltungskosten
Rz. 2
Gewöhnliche Erhaltungskosten (Abs. 1) sind die Kosten, die nach den rechtlichen und wirtschaftlichen Umständen des Nachlasses für die tatsächliche und rechtliche Erhaltung der Nachlassgegenstände regelmäßig aufgewendet werden müssen. Diese Kosten sind sozusagen das Korrelat der dem Vorerben zugewiesenen Nutzungen. Sie sind daher, wie auch die Fruchtziehungskosten (§ 102 BGB), vom Vorerben zu tragen. Zu den Erhaltungskosten gehören auch die gewöhnlichen Lasten der Erbschaft. Ob diese Kosten tatsächlich aus den Nutzungen des Nachlasses bestritten werden können, ist grundsätzlich ohne Belang, notfalls hat der Vorerbe die Kosten aus eigenem Vermögen zu decken. Soweit Erhaltungskosten nicht mehr durch Nutzungen gedeckt sind, kann dies jedoch im Einzelfall dazu führen, dass es sich nicht mehr um gewöhnliche Aufwendungen handelt; so waren in dem Fall des OLG Frankfurt die Kosten der Ausbesserung der Fassade eines der Zwangsbewirtschaftung unterliegenden Hauses als außergewöhnliche Aufwendungen anzusehen, weil auch die Erträge einer mehrjährigen Bewirtschaftung nicht zu ihrer Deckung ausreichten. Hat der Vorerbe die Mittel für die Begleichung gewöhnlicher Erhaltungskosten nicht den Nutzungen, sondern dem Stamm der Erbschaft entnommen, ist er, sofern keine Befreiung vorliegt, dem Nacherben gegenüber nach Eintritt der Nacherbfolge ersatzpflichtig. Der Vorerbe wird gem. §§ 2130, 2131 BGB ersatzpflichtig, wenn er gewöhnliche Erhaltungskosten nicht aufwendet und dadurch die Erbschaft vernachlässigt.
Rz. 3
Zum gewöhnlichen Erhaltungsaufwand zählen die regelmäßigen Instandhaltungs- und Instandsetzungskosten, wie etwa der Renovierungsaufwand für eine Mietwohnung oder die Kosten für die gewöhnliche Ausbesserung oder Erneuerung eines Gebäudes, nicht jedoch Kosten, die zu einer Wertsteigerung führen sollen, wie bspw. die Umstellung auf eine moderne Heizungsanlage oder der Einbau neuer Fenster mit Isolierglas. Gewöhnliche private und öffentliche Lasten sind z.B. Versicherungsprämien, Zinsen auf Nachlassschulden, auf Erbschaftsgegenstände anfallende Steuern (Grundsteuer, Kfz-Steuer), Hypothekengewinnabgaben. Gehört zum Nachlass ein gewerblicher Betrieb, so sollen unter die gewöhnlichen Erhaltungskosten alle regelmäßigen Betriebsausgaben fallen wie Löhne und Gehälter, notwendige Rohstoffe, Aufwendungen für Werbung, u.U. auch kleinere Investitionen. Nach den beachtlichen Gründen bei Grunsky gehören die laufenden Betriebskosten nicht zu den Aufwendungen i.S.d. Abs. 1, da sie in die Bilanz eingehen, wodurch sich der dem Vorerben als Nutzung zustehende Gewinn mindert, was spiegelbildlich den Nacherben doppelt bereicherte. Die Kosten eines vom Vorerben im Interesse der Erbschaft geführten Rechtsstreits, der sich nicht lediglich auf die dem Vorerben zustehenden Nutzungen bezieht, sind indessen keine gewöhnlichen Erhaltungskosten; sie kann der Vorerbe nach Abs. 2 aus der Erbschaft bestreiten.