Rz. 6

Für die Bestimmbarkeit genügt es, wenn der Erblasser den Personenkreis der Vermächtnisnehmer allg. bestimmt hat und die endgültige Auswahl dem Beschwerten oder einem Dritten überlässt. Der Personenkreis muss dabei allerdings auch hinreichend genau bestimmt sein.[3] Das RG setzte das "Vorhandensein eines beschränkten, leicht überschaubaren Personenkreises" voraus.[4] Bleibt zweifelhaft, wer zu dem Kreis der von dem Erblasser bestimmten Personen gehört, liegt kein wirksames Vermächtnis vor.[5] Möglicherweise liegt in diesem Fall eine Auflage nach § 2193 Abs. 1 BGB vor, da bei einer Auflage keine Angaben über die Person gemacht werden muss, an die geleistet werden soll. So wurde ein Vermächtnis "an verschiedene Vereine und wohltätige oder gemeinnützige Anstalten sowie bedürftige Personen" in eine Auflage umgedeutet.[6] Eine Umdeutung (§ 140 BGB) in eine Auflage ist jedoch immer dann ausgeschlossen, wenn auch der von dem Erblasser verfolgte Zweck nicht erkennbar ist.[7] Zu dem Kreis der Bedachten können auch die Erben oder der Beschwerte und sogar der Bestimmungsberechtigte gehören, wenn ein entsprechender Wille des Erblassers einwandfrei festzustellen ist.[8] Änderungen im Personenkreis der Vermächtnisnehmer sind grundsätzlich ohne Bedeutung, wenn der potenzielle Vermächtnisnehmer nach dem Erbfall als solcher ausfällt. In diesem Fall kann er gleichwohl ausgewählt werden mit der Folge, dass seinen Erben das Vermächtnis zusteht.[9] Durch einen Erbfall kann es zu einer Erweiterung des Personenkreises kommen: bspw., wenn unter den Nichten und Neffen des Erblassers die Auswahl zu erfolgen hat und ein Kind in diesen Kreis hineingeboren wird. Dies gilt nicht, wenn der Erblasser nur die ihm bekannten Kinder gemeint hat.

 

Rz. 7

Entfällt der potenziell Bedachte vor dem Erbfall, kommt er aufgrund entsprechender Anwendung des § 2160 BGB für die Auswahl nicht mehr in Betracht. Insbesondere treten auch nicht seine Erben an seine Stelle. Nicht ausgeschlossen ist jedoch eine Ersatzberufung, bspw. nach § 2069 BGB (Abkömmlinge des Erblassers). Grundsätzlich sind insoweit die §§ 20662071 BGB zu beachten.

[3] Vgl. Bsp. bei Lange/Kuchinke, § 29 III 2 b.
[4] RG v. 13.5.1919 – VII 89/19, RGZ 96, 15–20.
[5] Staudinger/Otte, § 2151 Rn 3.
[6] RG v. 13.5.1919 – VII 89/19, RGZ 96, 15–20.
[7] Staudinger/Otte, § 2151 Rn 3 m.w.N.
[8] Palandt/Weidlich, § 2151 Rn 2.
[9] MüKo/Rudy, § 2151 Rn 4.

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