Gesetzestext
Ist mehreren derselbe Gegenstand vermacht, so finden die Vorschriften der §§ 2089 bis 2093 entsprechende Anwendung.
A. Allgemeines/Normzweck
Rz. 1
Der Erblasser kann nicht nur einer Person, sondern auch mehreren Personen einen Vermächtnisgegenstand zuweisen (§ 2157 BGB). Es handelt sich dann um ein sog. gemeinschaftliches Vermächtnis. Hat er dabei keine Angaben über das Beteiligungsverhältnis bei den Bedachten gemacht oder dafür keinen Bestimmungsberechtigten nach den §§ 2151–2153 BGB eingesetzt, erfolgt die Aufteilung nach den gesetzlichen Bestimmungen (§§ 2089–2093 BGB).
B. Tatbestand
I. Derselbe Gegenstand
Rz. 2
Voraussetzung ist zunächst, dass Mehreren derselbe Gegenstand vermacht wurde. Die Zuwendung desselben Gegenstandes an die Bedachten muss nicht in derselben Verfügung von Todes wegen angeordnet sein. Das Vermächtnis kann auch in mehreren Verfügungen ausgesetzt werden, sofern nicht nach § 2258 BGB die spätere Verfügung eine frühere Verfügung aufhebt. Entscheidend ist, ob es dem Erblasser darauf ankam, den Gegenstand den Bedachten insgesamt zuzuweisen. Insbesondere bei teilbaren Leistungen ist durch Auslegung der Wille des Erblassers zu ermitteln, ob ein gemeinschaftliches Vermächtnis oder mehrere Vermächtnisse gewollt waren. Bei ihrer Natur nach nicht teilbaren körperlichen Sachen oder aus Rechtsgründen nicht teilbaren Vermögensgegenständen, wie bspw. einem GmbH-Anteil, wird bereits durch wohlwollende Auslegung (§ 2084 BGB) ein gemeinschaftliches Vermächtnis anzunehmen sein. Wird ein Grundstück zwei Personen vermacht, von denen eine wegfällt, liegt dann kein gemeinschaftliches Vermächtnis vor, wenn der jeweilige Bruchteil selbstständig zugewendet werden sollte. Dafür spricht bspw. die Bestimmung von Ersatzvermächtnisnehmern.
Rz. 3
Hat der Erblasser keine Aufteilung vorgenommen, sodass ein gemeinschaftliches Vermächtnis in Erwägung zu ziehen ist, aber dem Beschwerten oder einem Dritten die Bestimmung der Anteile überlassen hat (§ 2153 Abs. 1 BGB), findet § 2157 BGB keine Anwendung. In diesem Fall ist einem Bestimmungsberechtigten gerade die Bestimmung der Anteile zugewiesen.
Rz. 4
Der auf ein gemeinschaftliches Vermächtnis gerichtete Wille des Erblassers ist nicht bereits deshalb zu verneinen, weil er den einzelnen Vermächtnisnehmern reale Anteile des Gegenstandes zugewiesen hat. Hierin kann nämlich auch die Anordnung einer Teilungsanordnung des Erblassers nach § 2048 BGB liegen.
II. Verweisung auf §§ 2089–2093 BGB
Rz. 5
Die §§ 2089–2093 BGB sind auf den gemeinschaftlichen Vermächtnisanspruch übertragbar. Erschöpfen die vom Erblasser bestimmten Bruchteile nicht das Ganze, tritt eine verhältnismäßige Erhöhung der Bruchteile ein (§ 2089 BGB). Übersteigen die Bruchteile das Ganze, kommt es zu einer verhältnismäßigen Minderung der Bruchteile gem. § 2090 BGB. Sind mehrere Bedachte eingesetzt, ohne dass die Bruchteile im Einzelnen bestimmt sind, ist von einer Einsetzung zu gleichen Teilen auszugehen, soweit sich nicht aus den §§ 2066–2069 BGB etwas anderes ergibt (§ 2091 BGB). Hat der Erblasser nur einige der Vermächtnisnehmer zu Bruchteilen eingesetzt, die anderen aber nicht, erhalten Letztere den freien Vermächtnisanteil (§ 2092 Abs. 1 BGB). Erschöpfen die bestimmten Bruchteile den Vermächtnisgegenstand, tritt eine verhältnismäßige Minderung der Bruchteile ein. Jeder Vermächtnisnehmer, der nicht zu einem Bruchteil eingesetzt ist, erhält so viel wie der mit dem kleinsten Bruchteil bedachte Vermächtnisnehmer (§ 2092 Abs. 2 BGB). Wurden einige von mehreren Vermächtnisnehmern auf einen gemeinschaftlichen Anteil eingesetzt, finden unter den "zu demselben Anteil Berufenen" die §§ 2089–2092 BGB entsprechende Anwendung (§ 2093 BGB).
III. Vermächtnisanspruch
Rz. 6
Bei dem gemeinschaftlichen Vermächtnis sind die Vermächtnisnehmer nicht wie im Fall des § 2151 Abs. 3 S. 1 BGB Gesamtgläubiger gem. § 428 BGB. Die Vermächtnisnehmer haben einen schuldrechtlichen Anspruch, von dem Beschwerten die ihnen vermachte Leistung zu fordern (§ 2174 BGB). Bei der Teilbarkeit der Leistung können die selbstständigen Teile verlangt werden (§ 420 BGB). Ist dagegen eine Teilbarkeit nicht gegeben, weil es sich bspw. um ein Gemälde, einen GmbH-Anteil oder um ein Grundstück handelt, kann jeder Bedachte die Leistung an alle fordern (§ 432 BGB). Wurde die unteilbare Leistung erbracht, ist jeder Vermächtnisnehmer an dem vermachten Gegenstand Mitberechtigter. Ihr Verhältnis untereinander richtet sich dann nach den §§ 741 ff. BGB. Im Falle eines teilbaren Vermächtnisses kann der Berechtigte nach § 747 S. 1 BGB alleine über seinen Anteil verfügen und somit auch einziehen.