Rz. 55

Gerichtliche Genehmigungserfordernisse entfallen, wenn ein Vormund oder ein Familienangehöriger zum Testamentsvollstrecker ernannt wird. Ggf. kann es aufgrund dieser Doppelstellung zum Interessengegensatz i.S.d. § 1796 BGB kommen, so dass im Einzelfall eine Ergänzungspflegschaft anzuordnen wäre.[110] Nach neuerer Rspr. des BGH[111] besteht jedoch kein genereller Interessengegensatz zwischen elterlichem Sorgerecht und Testamentsvollstreckung, so dass z.B. der überlebende Elternteil ohne Weiteres Testamentsvollstrecker über den Erbteil seines Kindes werden kann.[112] Es führt aber zu einem erheblichen Interessengegensatz, wenn konkrete Umstände dafür vorliegen, dass der alleinsorgeberechtigte Elternteil als Testamentsvollstrecker die Belange des Kindes nicht in dem gebotenen Maß wahren und fördern wird. In diesem Fall ist dem gesetzlichen Vertreter die sorgerechtliche Vertretung des Kindes zur Wahrnehmung seiner Rechte gegenüber als Testamentsvollstrecker sowie die Vertretung des Kindes bzgl. der sich aus der Erbenstellung ergebenden Rechte gegenüber dem Nachlassgericht zu entziehen und Ergänzungspflegschaft anzuordnen.[113] Der Erblasser, der dem anderen Elternteil insoweit das Sorgerecht entzogen hat, kann bestimmen, dass der Testamentsvollstrecker zugleich als Ergänzungspfleger die Vermögenssorge hinsichtlich des geerbten Vermögens ausüben soll. Der somit zulässigerweise berufene Ergänzungspfleger kann ohne seine Zustimmung nur in den in § 1778 Abs. 1 Nr. 5 BGB genannten Fällen übergangen werden. Für die Annahme einer dazu erforderlichen Kindeswohlgefährdung reicht allein die abstrakte Möglichkeit einer schädlichen Auswirkung potenziell widerstreitender Interessen nicht aus.[114]

[110] Dazu Damrau, ZEV 1994, 1.
[112] So bereits Bonefeld, ZErb 2007, 2.

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