Rz. 31
Der Testamentsvollstrecker kann sich durch die Erben zur Fortführung des Handelsgeschäfts bevollmächtigen lassen. Hierdurch kann der Testamentsvollstrecker den Erben mit seinem Privatvermögen verpflichten. Als Inhaber des Handelsgeschäfts wird der Erbe in das Handelsregister eingetragen und haftet nach den §§ 25, 27 Abs. 1 HGB für die Verbindlichkeiten des Erblassers und persönlich und unbeschränkt für alle neu entstehenden Verbindlichkeiten aus dem Handelsgeschäft. Das Problem der Vollmachtslösung liegt darin, dass wegen der Notwendigkeit einer Vollmachtserteilung die Mitwirkung des Erben Voraussetzung ist. Um diese Mitwirkung zu erreichen, wird häufig in der Praxis die Erbeinsetzung von der Bedingung abhängig gemacht, dass eine Vollmacht erteilt wird. Ebenso wird vorgeschlagen, die Erbeinsetzung unter die auflösende Bedingung für den Fall zu stellen, dass die Vollmacht grundlos widerrufen wird. Ferner kann der Erbe auch mit einer Auflage nebst zusätzlichen Straf- oder Verwirkungsklauseln zur Erteilung einer Vollmacht bewegt werden. Teilweise wird es jedoch für unzulässig erachtet, wenn der Erbe testamentarisch gezwungen werden kann, über sein Privatvermögen dem Testamentsvollstrecker die Verpflichtungsbefugnis einzuräumen. Nach hiesiger Auffassung ist eine Verpflichtung zulässig, da sich der Erbe ohne Weiteres gegenüber derartigen Anordnungen durch Ausschlagung schützen kann. In der Praxis ungeeignet sind jedoch Klauseln, wonach der Erbe lediglich aufgefordert wird, dem Testamentsvollstrecker eine Vollmacht zu erteilen. Vielmehr sollte dann auch die Vollmacht ganz konkret vorgegeben und unwiderruflich gestellt werden, wobei ein Widerruf der Vollmacht dann zulässig sein sollte, wenn die Voraussetzungen des § 2227 BGB gegeben sind bzw. das Amt erlischt. Des Weiteren ist zu beachten, dass zwingend die Zustimmung der Mitgesellschafter notwendig ist, wenn die dem Testamentsvollstrecker erteilte Vollmacht sich auf alle Gesellschafterrechte beziehen soll. Insofern sollte bereits in der Satzung Vorsorge getroffen werden und für derartige Fälle die Zustimmung erteilt werden.
Rz. 32
Als weiteres Korrektiv ist anzuraten, dem durch die Testamentsvollstreckung beschwerten Erben oder Vermächtnisnehmer wenigstens die Möglichkeit zu geben bzw. wenigstens die Möglichkeit einzuräumen, auch selbst auf die Verwaltung Einfluss zu nehmen. Um die Probleme einer möglichen Sittenwidrigkeit der Erteilung einer unwiderruflichen Generalvollmacht zu umgehen, empfiehlt es sich, die Vollmacht im Außenverhältnis sowohl inhaltlich als auch zeitlich zu begrenzen und insbesondere die Dauer der Bevollmächtigung auch an die Dauer der Amtszeit der Testamentsvollstreckung zu koppeln. Sofern eine Gefährdung des Privatvermögens der Erben durch die Erteilung der Vollmacht in Betracht kommt, kann dem dadurch begegnet werden, dass die Eingehung von Verbindlichkeiten von der Zustimmungspflicht der Erben abhängig gemacht werden kann.
Rz. 33
Übersicht: Vollmachtslösung
Inhaber des Geschäfts |
Erbe |
Handelsregistereintragung lautet auf |
Erbe |
Eigentümer des Betriebsvermögens |
Erbe |
Haftung für Altschulden aus Handelsgeschäft |
Nur Erben, aber wegen §§ 25 Abs. 2, 27 HGB Haftungsbeschränkung möglich |
Haftung für neue Geschäftsschulden |
Erben |
Zwangsvollstreckungsmöglichkeit für Eigengläubiger der Erben |
Keine Möglichkeit wegen § 2214 BGB |
Zwangsvollstreckungsmöglichkeit für Gläubiger des Testamentsvollstreckers |
Keine Möglichkeit |
Vorteile |
Keine persönliche Haftung des Testamentsvollstreckers bei Geschäftsverbindlichkeiten |
Nachteile |
Testamentsvollstrecker kann über Nachlass verfügen; da Erben ebenfalls verfügungsberechtigt, besteht Blockademöglichkeit |