Rz. 50
Hinsichtlich der sog. Innenseite, also der personenrechtlichen Sphäre, ist die Kernrechtsbereichtheorie entwickelt worden. Danach sind die Gesellschafterrechte im eigentlichen Sinne wegen ihrer höchstpersönlichen Natur der Ausübung durch einen Dritten nicht zugänglich und können somit der Testamentsvollstreckung grundsätzlich nicht unterliegen. Dementsprechend können Verwaltungsmaßnahmen des Testamentsvollstreckers nicht die Innenseite der Beteiligung betreffen. Gesellschaftsrechtliche Mitwirkungsrechte wie z.B. die Teilnahme an Gesellschafterversammlungen und Beschlüssen, das Informations- und Kontrollrecht sowie das Stimmrecht sind der Kompetenz des Testamentsvollstreckers zwingend entzogen. Ausnahmsweise ist ein Zustimmungsbedarf des Testamentsvollstreckers anzunehmen, wenn die Mitwirkungsrechte auch die vermögensrechtliche Außenseite betreffen. Auf dieser sog. Außenseite der Beteiligung kann der Testamentsvollstrecker eine den Erben beaufsichtigende Funktion wahrnehmen. Hierunter fallen z.B. die Verwaltung und Fälligkeit von Gewinnansprüchen und das Auseinandersetzungsguthaben. Der Erbe kann daher ohne Mitwirkung des Testamentsvollstreckers nicht über seinen geerbten Gesellschaftsanteil verfügen, welcher wegen § 2214 BGB auch dem Zugriff von Eigengläubigern des Erben entzogen ist.
Rz. 51
Aufgrund der Kernrechtsbereichstheorie dürfte der Testamentsvollstrecker ohne Zustimmung des Erben in die unentziehbaren Rechte nicht eingreifen. Diese unentziehbaren Rechte sind nicht durch Mehrheitsbeschluss abänderbar, sondern nur durch die ursprüngliche Satzung oder den Ur-Gesellschaftsvertrag. So kann der Testamentsvollstrecker bspw. nicht das Recht zur Kündigung aus wichtigem Grund ausüben oder Änderungen des Kapitalanteils oder der handelsrechtlichen Haftung vornehmen. Hat der Erblasser angeordnet, dass der Testamentsvollstrecker die Personengesellschaft in eine Kapitalgesellschaft umwandeln darf, bedarf dies nicht der Zustimmung der Erben, sofern diese durch die Umwandlung nicht weitergehend persönlich verpflichtet werden. Aufgrund des Verbots unentgeltlicher Verfügungen aus S. 3 und des Gebots der ordnungsgemäßen Verwaltung des Nachlasses aus §§ 2206 Abs. 1, 2216 Abs. 1 BGB kann der Testamentsvollstrecker nicht an Satzungsänderungen oder Beschlüssen mitwirken, die eine Leistungspflicht einführen, die durch die Nachlassmittel nicht erfüllt werden kann. Gleiches gilt für Handlungen, die zu einem einseitigen Rechtsverlust für die Gesellschafter führen. Die Kernbereichslehre wird jedoch zu Recht zunehmend abgelehnt. Es bedarf nicht eines Rückgriffs auf die Kernbereichslehre, da der erforderliche Schutz des Gesellschafter-Erben vor der "Fremdherrschaft" des Testamentsvollstreckers durch die erbrechtlichen Vorschriften der §§ 2205, 2206, 2216, 2218, 2219 gewährleistet ist.
Rz. 52
Hat ein Gesellschafter einen verstorbenen Mitgesellschafter beerbt, ist fraglich, ob eine Testamentsvollstreckung unzulässig ist. Nach der Rspr. kommt es zu einer vermögensmäßigen Trennung beider Gesellschaftsanteile. Insofern wird eine Spaltung vorgenommen, wonach der ererbte Gesellschaftsanteil dem Nachlassvermögen zuzuordnen ist, der beim Erbfall bereits vorhandene Gesellschaftsanteil wird hingegen dem Privatvermögen zugeordnet.
Rz. 53
Die Rechtslage ist durch die Rspr. noch nicht endgültig entschieden. Vorsorglich sollte daher als Alternative eine Umwandlung von einer Personengesellschaft in eine Kapitalgesellschaft erwogen werden, wozu eine ausdrückliche Erblasseranordnung in die letztwillige Verfügung aufgenommen werden sollte. Weidlich empfiehlt zur Entschärfung der Haftungsproblematik der Ersatzlösungen, dass aufgrund einer entsprechenden gesellschaftsvertraglichen Regelung die Geschäftsführungs- und Vertretungsbefugnis mit dem Erblassertod erlischt und die Vertretungsbefugnis des Testamentsvollstreckers durch Erteilung einer Vollmacht bzw. einer Prokura durch die übrigen Gesellschafter herbeigeführt wird.
Rz. 54
Um eine direkte Testamentsvollstreckung über eine der vorgenannten Beteiligungen zu erreichen, bietet sich die Möglichkeit der sog. beaufsichtigenden Testamentsvollstreckung an. Wegen der noch weitgehend ungeklärten Abgrenzungsfragen ist dringend zu empfehlen, bei einer bestehenden Testamentsvollstreckung nur bei der laufenden Geschäftsführung und Gesellschaftsvertragsänderungen, die nur geringfügig in die Rechtsstellung des Gesellschaftererben eingreifen, auf die Zustimmung des Testamentsvollstreckers zu verzichten. Seine Beteiligung ist jedenfalls schon beim Ergebnisverwendungsbeschluss erforderlich, da andernfalls Nichtigkeit droht.
Rz. 55
Die einzelnen Auswirkungen der beaufsichtigenden Testamentsvollstreckung sind unübersichtlich. Der Testamentsvollstrecker kann nicht Verwaltungsmaßnahmen vornehmen, die die sog. Innenseite der Beteiligung betreffen. Allerdings kann er eine beaufsichtigende Funktion über den Erben haben und damit an der Außenseite der Beteiligung. Wie oben festgestel...