Rz. 16
Hat der Notar das Nachlassverzeichnis allein aufgrund der Erklärungen Dritter errichtet, ohne eigene Ermittlungen angestrengt zu haben und ohne in der Urkunde zum Ausdruck zu bringen, dass er für den Inhalt verantwortlich sein will, liegt kein ordnungsgemäßes Nachlassverzeichnis vor. Der Erbe hat somit die Möglichkeit wegen fehlender Erfüllung, den Klageweg zu bestreiten oder aber die Zwangsvollstreckung fortzuführen. Der Notar sollte also immer den Versuch eigener Ermittlungen wegen des Nachlassbestandes mit in die Urkunde aufnehmen. Von der Beurkundung einer Willenserklärung nach §§ 8 ff. BeurkG ist abzuraten.
Rz. 17
Ist der Erbe der Ansicht, dass der Testamentsvollstrecker das Nachlassverzeichnis nicht mit der erforderlichen Sorgfalt erstellt hat, so kann er von ihm verlangen, die Vollständigkeit und Richtigkeit an Eides statt zu versichern (vgl. §§ 666, 260 Abs. 2, 261, 2018 Abs. 1 BGB). Ist eine juristische Person Testamentsvollstrecker, kann diese Versicherung nur durch den Vorstand, allenfalls durch den Prokuristen, erfolgen, nicht aber durch Dritte. Für die Entgegennahme der eidesstattlichen Versicherung ist das AG zuständig, in dessen Bezirk die Verpflichtung nach § 2215 BGB zu erfüllen ist. Allerdings trägt der Erbe die Kosten der eidesstattlichen Versicherung. Muss die eidesstattliche Versicherung im Wege der Klage erzwungen werden, ist das Prozessgericht zuständig. Bei einer Verurteilung trifft gem. § 91 ZPO dann den Testamentsvollstrecker persönlich die Kostenfolge.
Rz. 18
Erstellt der Testamentsvollstrecker kein Verzeichnis, so kann der Erbe ihn auf Aufstellung des Verzeichnisses verklagen. Wird die erforderliche Beihilfe nach Abs. 1 verlangt, so muss die gewünschte Beihilfehandlung genau im Klageantrag gem. § 253 ZPO bezeichnet werden. Wird der Testamentsvollstrecker verurteilt, treffen ihn die Kosten persönlich. Ein Aufwendungsersatzanspruch gegenüber dem Nachlass ist nicht möglich. Eine grobe Verletzung der Pflichten zur Erstellung des Nachlassverzeichnisses kann ein Entlassungsgrund gem. § 2227 BGB sein. Ist der Testamentsvollstrecker nicht in der Lage, ein Nachlassverzeichnis umgehend zu erstellen, weil ihm weitere Angaben zur Vollständigkeit des Verzeichnisses fehlen, so sollte der Testamentsvollstrecker den Erben zumindest einen Zwischenbescheid erteilen und die Gründe der Zeitverzögerung darlegen. Die Gefährdung der Interessen der Erben als Voraussetzung für eine Entlassung nach § 2227 BGB kann durch ein derartiges Schreiben verhindert werden.
Rz. 19
Hat der Testamentsvollstrecker selbst festgestellt, dass sein Nachlassverzeichnis unvollständig ist oder sich Änderungen ergeben haben, so ist er zur selbstständigen Nachbesserung verpflichtet, ohne dass ihn die Erben dazu zuvor aufgefordert haben müssen. Eine fehlende Aufforderung kann nach hiesiger Auffassung nicht bereits bei positiver Kenntnis der Erben von der Fehlerhaftigkeit zum Wegfall eines Entlassungsgrundes nach § 2227 BGB führen. Vielmehr gehören hierzu weitere Umstände, auf die der Testamentsvollstrecker vertrauen durfte. Die Pflichtwidrigkeit kann nur beseitigt werden, wenn die Erben tatsächlich auf eine Nachbesserung verzichten wollten.
Rz. 20
Fraglich ist, ob der Testamentsvollstrecker quasi ein (zweites) Nachlassverzeichnis mit dem Stichtag Todestag des Erblassers aufnehmen muss, damit er dem Erben, der gegenüber dem Pflichtteilsberechtigten auskunftspflichtig ist, seinerseits Auskunft geben kann. Nach hiesiger Ansicht besteht dazu keine Verpflichtung. Der Testamentsvollstrecker muss auch nicht im Rahmen von §§ 2218, 666 BGB Auskünfte erteilen für Zeiträume, die vor seiner Amtsannahme liegen. Eine Verpflichtung zur Auskunft nach Maßgabe des § 242 BGB dürfte auch nicht bestehen, da die Informationsrechte des Erben nicht durch die Verwaltungsbefugnis des Testamentsvollstreckers gegenüber der Bank verdrängt werden und er sich die Auskunft selbst beschaffen kann. Nur die Auskünfte, die der Erbe selbst nicht, aber der Testamentsvollstrecker erhalten kann, sind vom Testamentsvollstrecker in den Grenzen mitzuteilen, in denen es ihm zumutbar ist, sich Kenntnis von dem Vermögensstatus vor Amtsannahme zu verschaffen.