Rz. 18
Der Testamentsvollstrecker kann für den Fall, dass die Befolgung der Anordnung des Erblassers zu einer erheblichen Gefährdung des Nachlasses führen würde, die Außerkraftsetzung beim Nachlassgericht nach Maßgabe des Abs. 2 S. 2 beantragen. Dabei ist nicht nur die Aufhebung einer Erblasseranordnung, sondern auch deren inhaltliche Korrektur möglich. Sofern sich der Testamentsvollstrecker bereits eigenmächtig über eine solche den Nachlass gefährdende Verwaltungsanordnung hinweggesetzt hat, so sollte zur Haftungsvermeidung vorsorglich die nachträgliche Entscheidung nach Abs. 2 S. 2 eingeholt werden. Eine Nachlassgefährdung kann nicht nur dann vorliegen, wenn Nachlasswerte sich stark negativ verändern könnten, wenn die Anordnung befolgt wird, sondern auch in einer Gefährdung des Testamentsvollstreckungszwecks. Die Nachlassgefährdung muss nicht von Anfang an vorliegen. Sie kann auch aufgrund einer späteren Umstandsänderung, die der Erblasser offensichtlich nicht vorhergesehen hat, eingetreten sein. Kein Fall des Abs. 2 S. 2 liegt vor, wenn bspw. der Testamentsvollstrecker gem. Anordnung nicht den Pflichtteil des Kindes auszahlen soll, weil eine nachträgliche und damit unwirksame Anrechnung entgegen § 2315 BGB erfolgt ist. Hier ist der Testamentsvollstrecker verpflichtet, die Voraussetzungen für das Pflichtteilsrecht zu überprüfen. An eine derartige Anordnung ist er von vornherein nicht gebunden, da es sich lediglich um einen Wunsch handeln kann, zumal das Pflichtteilsrecht gesetzlich manifestiert ist.
Rz. 19
Das Nachlassgericht wird nicht von Amts wegen tätig. Es bedarf somit eines Antrags, der nicht nur vom Testamentsvollstrecker gestellt werden kann, sondern auch von allen Personen, die an der Aufhebung ein rechtliches Interesse haben. Dies sind Erben, Vermächtnisnehmer und Auflagenberechtigte. Nicht berechtigt sind der Pflichtteilsberechtigte, Nachlass- und Privatgläubiger des Erben. Sofern mehrere Testamentsvollstrecker im Amt und gemeinschaftlich vertretungsbefugt sind, muss der Antrag gemeinsam gestellt werden. Bei getrennten Aufgabenbereichen kann derjenige Testamentsvollstrecker den Antrag stellen, dessen Aufgabenbereich die Verwaltungsanordnung betrifft. Eine Pflicht des Testamentsvollstreckers zur Beantragung, damit die Verwaltungsanordnung außer Kraft gesetzt werden kann, besteht nur in Ausnahmefällen, und zwar dann, wenn kein anderer Beteiligter selbst einen Antrag stellen kann. Ist dies nicht der Fall, kann eine Unterlassung ggf. zu einer Haftung nach Maßgabe des § 2219 BGB führen. Das Nachlassgericht kann neben der Antragsablehnung auch die Verwaltungsanordnung ganz oder teilweise aufheben. Eigene oder abweichende Verwaltungsanordnungen durch das Nachlassgericht sind unzulässig. Gegenstand der Außerkraftsetzung können solche rechtsgeschäftlicher Art sein, ebenso wie wirtschaftliche Maßnahmen. Die Testamentsvollstreckung als solche (Dauer, Zahl der Testamentsvollstrecker, Vergütung) kann nicht Gegenstand sein. Lediglich unzweckmäßige Anordnungen können nicht außer Kraft gesetzt werden, da hier keine erhebliche Gefährdung des Nachlasses vorliegt.
Rz. 20
Nach § 16 Abs. 1 Nr. 3 RPflG entscheidet der Richter am Nachlassgericht. Dabei sind vor der Entscheidung die Beteiligten anzuhören. Der Beschluss wird mit Bekanntgabe an den Testamentsvollstrecker gem. § 40 Abs. 1 FamFG (vormals § 16 Abs. 1 FGG) wirksam. I.R.d. befristeten Beschwerde nach §§ 58 Abs. 1, 63 FamFG (vormals einfache Beschwerde nach §§ 19, 20 FGG) kann sowohl der Testamentsvollstrecker als auch jeder Beteiligte, der durch die Entscheidung beeinträchtigt wird, Rechtsmittel einlegen. Sofern mehrere Testamentsvollstrecker vorhanden sind, ist nach § 355 Abs. 3 FamFG jeder Testamentsvollstrecker einzeln beschwerdeberechtigt. Bestehen keine getrennten Aufgabenbereiche, so sind die gemeinschaftlichen Testamentsvollstrecker auch nur zur gemeinsamen einfachen Beschwerde befugt. Nach KV Nr. 12420 GNotKG fällt eine 0,5 Gebühr für das Verfahren über sonstige anlässlich einer Testamentsvollstreckung zu treffenden Anordnungen an.