Rz. 9
Problematisch sind die Fälle, in denen der Testamentsvollstrecker zugleich gesetzlicher Vertreter eines minderjährigen Erben ist. Dann stellt sich die Frage, ob zur Wahrnehmung der Rechte aus § 2218 BGB ein Pfleger bestellt werden muss. Nach alter Rspr. war grundsätzlich bei Doppelstellung als gesetzlicher Vertreter und Testamentsvollstrecker immer eine Ergänzungspflegschaft anzuordnen. Dies wurde mit dem Interessengegensatz i.S.v. § 1629 Abs. 2 S. 3 BGB i.V.m. § 1796 BGB begründet. Dieser Gegensatz sei so erheblich, dass er die Wahrung der Aufgaben der beiden Ämter durch ein und dieselbe Person ausschließt. Demgegenüber hält das neuere Schrifttum fast einhellig die Bestellung eines Ergänzungspflegers in den Fällen für entbehrlich, in denen der betreffende Elternteil unabhängig von seiner Stellung als Testamentsvollstrecker nach § 1640 Abs. 1 BGB ohnehin verpflichtet ist, ein Verzeichnis über das von Todes wegen erworbene Vermögen zu erstellen und dieses mit der Versicherung und Vollständigkeit dem Familiengericht vorzulegen.
Rz. 10
Sofern der Testamentsvollstrecker im Rahmen seiner Doppelfunktion als gesetzlicher Vertreter das Nachlassverzeichnis entgegennimmt, sei § 181 BGB nicht anwendbar, da die Überprüfung des Nachlassverzeichnisses selbst kein Rechtsgeschäft darstellt. Gegen die Bestellung eines Ergänzungspflegers spricht zudem, dass ein gesetzlicher Vertreter über die Dauer seiner elterlichen Gewalt dem Familiengericht gegenüber nicht rechenschaftspflichtig ist. Eine Ausnahme bilden lediglich die §§ 1666, 1667 BGB, wonach die Eltern dann rechenschaftspflichtig sind, wenn sie ihr Vermögenssorgerecht missbraucht haben.
Rz. 11
Das OLG Hamm argumentiert, dass nach § 1629 Abs. 2 BGB der Vater und die Mutter das minderjährige Kind insoweit nicht vertreten können, als nach § 1795 BGB ein Vormund von der Vertretung des Kindes ausgeschlossen ist; außerdem kann das Familiengericht beiden Eltern nach § 1796 BGB die Vertretung entziehen. Dies bedeutet, dass ein Elternteil das Kind bei Rechtsgeschäften oder Rechtsstreitigkeiten mit dem anderen Ehegatten oder Verwandten in gerader Linie nicht vertreten kann, ausgenommen den Fall, dass das Rechtsgeschäft ausschließlich in der Erfüllung einer Verbindlichkeit nach Maßgabe des § 1795 Abs. Nr. 1 und 3 BGB besteht. Eine Pflegerbestellung, die eine Beschränkung der Vertretungsmacht unmittelbar gem. § 1794 BGB zur Folge hat, wird nur dann entbehrlich, wenn kein Interesse des Kindes zu dem Interesse der Eltern im erheblichen Gegensatz steht. Dabei genügt nicht jeder Interessengegensatz, sondern es muss eine Verschiedenheit der Interessen in der Art vorliegen, dass die Förderung des einen Interesses nur auf Kosten des anderen geschehen kann. Das OLG Hamm führt ferner zu diesem Problemkreis aus, dass es zu den Aufgaben des gesetzlichen Vertreters der minderjährigen Erben gehört, deren Rechte gegenüber dem Testamentsvollstrecker geltend zu machen. Dieser Pflicht zur Wahrnehmung der Rechte der Kinder als Erben steht das gem. §§ 181, 1629 Abs. 2, 1795 Abs. 2 BGB für die Eltern der Kinder geltende Verbot des Selbstkontrahierens an sich nicht generell entgegen, da diese Interessenwahrnehmung noch nicht als Rechtsgeschäft anzusehen ist und das Verbot des Selbstkontrahierens sich nur auf Rechtsgeschäfte bezieht. Die Vorfrage, ob und wann Ansprüche auf Einhaltung oder solche aus der Verletzung von entsprechenden Pflichten geltend gemacht werden sollen, kann grundsätzlich der Inhaber der elterlichen Sorge selbst beantworten, weil seine Entscheidung nicht Teil eines Rechtsgeschäfts und auch keine geschäftsähnliche Rechtshandlung ist und daher nicht dem § 181 BGB unterliegt.
Rz. 12
Bereits aus den vorgenannten Pflichten des Testamentsvollstreckers ergäbe sich, dass bei der Doppelstellung als Testamentsvollstrecker einerseits und als gesetzlicher Vertreter der Erben andererseits ein Interessengegensatz i.S.d. § 1796 BGB besteht, der so erheblich ist, dass er die Wahrnehmung beider Aufgaben durch ein und dieselbe Person ausschließt, denn die dem durch seinen gesetzlichen Vertreter vertretenen minderjährigen Erben gegenüber dem Testamentsvollstrecker zustehenden Überwachungs- und Auskunftsrechte und ggf. Schadensersatzansprüche kann der Testamentsvollstrecker nicht gegen sich selbst geltend machen bzw. ausüben, da niemand sein eigener Aufseher sein kann. Bei dieser Argumentation wird aber übersehen, dass auch der Umweg über § 1796 BGB zur Umgehung der Problematik des § 1795 Abs. 2 BGB nicht weiterführt. Als Tatbestandsvoraussetzung bei § 1796 BGB wird ein Rechtsgeschäft, nämlich eine rechtsgeschäftliche Vertretung i.S.d. § 1796 Abs. 1 BGB, und nicht nur eine Tathandlung benötigt, die hier nicht gegeben ist.
Nach der Rspr. des BGH besteht jedoch kein genereller Interessengegensatz zwischen elterlichem Sorgerecht und Testamentsvollstreckung, so dass z.B. der überlebende Elternteil ohne Weiteres Testamentsvollstrecker über den Erbteil seines Kindes werden ka...