Rz. 5
Die Haftung des Testamentsvollstreckers hat mehrere Voraussetzungen:
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objektive Verletzung der ihm obliegenden Verpflichtung; |
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subjektives Verschulden (Vorsatz oder Fahrlässigkeit); |
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haftungsbegründende und haftungsausfüllende Kausalität. |
Rz. 6
Die vom Testamentsvollstrecker zu beachtenden Pflichten ergeben sich sowohl aus dem Willen des Erblassers als auch aus dem Gesetz gem. § 2216 Abs. 1 BGB (ordnungsmäßige Verwaltung). Die Beweislast für eine nicht in einer Verfügung von Todes wegen niedergelegte Willensäußerung trägt der Testamentsvollstrecker. Etwaige Weisungen der Erben spielen keine Rolle. Ob tatsächlich eine Pflichtverletzung vorliegt, hängt wiederum von den Aufgaben des Testamentsvollstreckers ab, die ihm vom Erblasser zugedacht wurden. Haben sich die Umstände nach dem Erbfall geändert, ist auf den mutmaßlichen Willen des Erblassers abzustellen, hilfsweise auf die allg. Lebenserfahrung. Insgesamt ist der Testamentsvollstrecker zu besonderer Gewissenhaftigkeit und Sorgfalt verpflichtet. Berücksichtigt eine Testamentsvollstreckerin bei der von ihr vorgenommenen Verteilung fast der gesamten vorhandenen und durch Verkauf der Nachlassimmobilien generierten Barmittel die im Testament gemachten Vorgaben zur Anrechnung der bereits erfolgten Zahlungen an die Miterbinnen nicht, obwohl sich die Vorgabe der Erblasserin, die Zahlungen als Vorempfang auf den Erbteil anzurechnen, klar aus den testamentarischen Bestimmungen ergibt, so stellt dies eine zumindest fahrlässige Pflichtverletzung dar.
Rz. 7
Eine objektive Pflichtverletzung kann in folgenden Fällen vorliegen:
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Auseinandersetzung der Erbengemeinschaft ohne Beachtung der §§ 2042 ff. BGB; |
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keine ordnungsmäßige Verwaltung des Nachlasses; |
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Nichtbeachtung der Verkehrssicherungspflicht bei Grundstücken; |
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fehlende Tätigkeit des Testamentsvollstreckers; |
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Fehler bei der Geldanlage; |
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fehlerhafte Erstellung der Erbschaftsteuererklärung; |
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Unterlassen der Erbauseinandersetzung ohne Grund; |
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verspätete Klageerhebung und damit bedingter Verjährungseintritt; |
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Erfüllung unwirksam angeordneter Vermächtnisse; |
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öffentliche Versteigerung statt günstigerem freihändigen Verkauf; |
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Unterlassen von gerechtfertigten Mieterhöhungen; |
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Unterlassen von Zwangsvollstreckungsmaßnahmen; |
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Bewilligung einer Vormerkungslöschung, ohne dass die gesicherte Leistung erbracht wurde; |
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Einreichen haltloser Klagen; |
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erkennbar überflüssige und leichtfertige Prozessführung; |
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Einlegen unsinniger Rechtsmittel. |
Rz. 8
Hinsichtlich des Verschuldens fehlt es an einer Sonderregelung für den Testamentsvollstrecker, so dass ein Rückgriff auf § 276 BGB erfolgt. Danach haftet der Testamentsvollstrecker für Vorsatz oder leichte, mittlere bzw. grobe Fahrlässigkeit. Somit haftet er nicht nur für die Sorgfalt, die er in seinen eigenen Angelegenheiten zu beachten pflegt. Sofern eine bestimmte sorglose Handhabung verkehrsüblich ist, entlastet das den Testamentsvollstrecker nicht. Er haftet nicht, wenn er aus von ihm nicht zu vertretenden Gründen ein Verschaffungsvermächtnis nicht erfüllen kann. Es gilt ein objektiver Sorgfaltsmaßstab, wobei im Hinblick auf die Vertrauensstellung des Testamentsvollstreckers hohe Sorgfaltsanforderungen zu stellen sind. Weitere Voraussetzung einer fahrlässigen Handlung ist die Vorhersehbarkeit eines schädigenden Erfolgs, wobei der konkrete Ablauf der Schadensentwicklung nicht vorhersehbar gewesen sein muss. Dabei hat aus der Sicht des damals zur Handlung berufenen Testamentsvollstreckers für die Beurteilung seines Verschuldens eine "Ex-Ante-Betrachtung" zu erfolgen. Wie bei jedem Schadensersatzanspruch muss auch die haftungsbegründende und haftungsausfüllende Kausalität gegeben sein. Dementsprechend muss der Fehler des Testamentsvollstreckers für die Rechtsgutverletzung ursächlich sein und ein Ursachenzusammenhang zwischen Rechtsgutverletzung und dem geltend gemachten Schaden bestehen. Von besonderer Bedeutung sind dabei die Problemkreise "Zurechnungszusammenhang und rechtmäßiges Alternativverhalten", für deren Lösung es insbesondere auf den Schutzzweck der Norm ankommt. Einem Testamentsvollstrecker, der einen zum Nachlass gehörenden Geschäftsanteil an einer GmbH zu verwalten hat, ist dabei ein hinreichend weiter Ermessensspielraum zuzubilligen. Auch wenn sich eine unternehmerische Entscheidung im Nachhinein als nachteilig erweist, folgt daraus nicht zwangsläufig deren Pflichtwidrigkeit. Für veruntreuende Verfügungen eines Testamentsvollstreckers über ein Konto des Erben haftet eine Bank nur, wenn massive Verdachtsmomente vorliegen. Wird eine Testamentsvollstreckung durch eine Bank durchgeführt, ist eine verschärfte Haftung aus dem Gesichtspunkt der fehlerhaften Anlageberatung und Prospekthaftung gerechtfertigt. Es hat insbesondere eine anleger- und objektgerechte Anlageberatung zu erfolgen.