Rz. 2

Da die Testierfähigkeit gem. § 2229 Abs. 1 BGB bereits mit der Vollendung des 16. Lebensjahres eintritt und damit nicht mit der allg. Geschäftsfähigkeit zusammenfällt, gibt es testierfähige Minderjährige. Während dies heute nur diejenigen betrifft, die zwar das 16. (§ 2229 Abs. 1 BGB), nicht aber auch schon das 18. Lebensjahr (§ 2 BGB) vollendet haben, ist insoweit für Testamente, die vor dem 1.1.1975 errichtet worden sind, besonders zu beachten, dass damals die Volljährigkeitsgrenze erst mit Vollendung des 21. Lebensjahres erreicht war. Dies bedeutet, dass deren Testamente in privatschriftlicher Form oder durch Übergabe einer verschlossenen Schrift nur dann wirksam sind, wenn sie aufgrund der damaligen §§ 35 BGB durch Gerichtsbeschluss für volljährig erklärt waren.[4]

 

Rz. 3

Grundsätzlich aber geht der Gesetzgeber davon aus, dass Minderjährige hinsichtlich ihrer Testiermöglichkeiten der Beratung und des Schutzes bedürfen und schränkt damit deren Testierfreiheit dahingehend ein, dass ihnen nur solche Testamentsformen offenstehen, bei denen eine entsprechende Beratung gewährleistet ist. Dies sind die beiden öffentlichen Testamentsformen der Erklärung gegenüber einem Notar oder der Übergabe einer offenen Schrift an den Notar. Ausgeschlossen bleiben damit das öffentliche Testament durch Übergabe einer verschlossenen Schrift (§ 2233 Abs. 1 BGB), das privatschriftliche Testament nach § 2247 Abs. 4 BGB sowie nach bestrittener Ansicht[5] auch das Nottestament vor drei Zeugen, da auch hier keine ausreichende sichernde Beratung gewährleistet ist.[6] Ein Verstoß hiergegen hat die Nichtigkeit des Testaments zur Folge. Einer Einwilligung des gesetzlichen Vertreters bedarf es nach § 2229 Abs. 2 BGB ebenso wenig wie der familiengerichtlichen Genehmigung. Ein privatschriftliches Testament, das dem Notar in verschlossener Schrift mit der Erklärung des Minderjährigen übergeben wurde, es enthalte seinen letzten Willen, wird auch dann nicht mit Erreichung der Volljährigkeitsgrenze wirksam, wenn dieses den Erfordernissen des § 2247 BGB entspricht.[7] Ansonsten nämlich würde der Schutzzweck des § 2233 Abs. 1 BGB, wonach ein Minderjähriger nur mit notarieller Beratung von Todes wegen verfügen können soll, unterlaufen. Daher kommt es auch insoweit allein auf den Zeitpunkt der Errichtung an.[8]

[4] Zu Sinn und Zweck siehe Naczinsky, NZFam 2017, 713, 715.
[5] A.A. Voit, in: Reimann/Bengel/Mayer, § 2233 Rn 3; MüKo/Hagena, § 2233 Rn 6.
[6] Staudinger/Baumann, § 2233 Rn 24.
[7] MüKo/Hagena, § 2233 Rn 5; Staudinger/Baumann, § 2233 Rn 12; Soergel/Mayer, § 2233 Rn 2; Voit, in: Reimann/Bengel/Mayer, § 2233 Rn 3.
[8] Erman/Schmidt, § 2233 Rn 2: Staudinger/Baumann, § 2233 Rn 12.

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